Obertrumia aurea ein ausgesprochener Einzelgänger

Begonnen von M.Butkay, Juni 19, 2019, 22:05:36 NACHMITTAGS

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M.Butkay

Liebe Tümplerfreunde,

im Seniebach bei Wilkenburg fand ich in einer Probe einen ,,einzigen" Einzelgänger, Obertrumia aurea, mit einer Länge von ca. 240µm, der oft noch mit den Namen Nassula aurea in Verbindung gebracht wird.
Zuerst dachte ich an Nassula ornata, Kern und auch die Körperform sprachen für sich, doch beim genaueren hinschauen konnte ich eines Besseren belehrt werden.
Eine komplizierte Nomenklatur der nassuliden Gattungen Nassula, Obertrumia, Zosterograptus, Naxella und Rhinakis, wurde 1987 durch FOISSNER (1987) durchgeführt und
so wurde aus Nassula aurea dann Obertrumia aurea.  ,,Vermutlich gehören noch weitere der zahlreichen (wohl über 50) ungenügend beschriebene Nassula – Arten in diese Gattung".
Betrachte ich mir den Makronukleus von dem hier gefunden Ciliaten, würde ich auf eine andere Art tippen. Ich lasse ihn aber hier als O. aurea stehen, solange es hierzu keine neueren Erkenntnisse gibt.
Die Artbestimmung der Nassuliden erweist sich immer etwas schwierig.



Obertrumia aurea in seiner typischen ellipsoiden Form sobald ein Deckglas aufgelegt wird.
MA= Makronukleus; Kv= Kontraktile Vakuole; CC= Caudale Cilien, die nur sehr schwer in Vivo zu erkennen sind.

Die Zelle ist durch die vielen Nahrungsvakuolen mit Cyanobakterien (Blaualgen) und Algen gefüllt und zeigt oftmals verschiedene Verdauungsstadien, die meist auffallend bunt gefärbt sind.



O. aurea ist wegen der bunten Färbung und der Reuse leicht als ein ,,nassulides Ciliat" erkennbar.

Ein typisches Erkennungsmerkmal und die Unterscheidung zu Nassula ornata ist der Mundtrichter, der im vorderen Körperdrittel liegt und einen deutlichen Ring besitzt.
Dieser Ring besteht aus 26-28 leicht tordierten, derben Stäben.



In der richtigen Lage kann man sehr gut den Ring, siehe Pfeile, der Reuse sehen, die mit ein wichtiges Bestimmungsmerkmal darstellt.



Ausschnitt der Reuse von O. aurea mit Ring, Objektiv 100x.

Zusätzlich habe ich etwas Acridin orange-Zinkchlorid der Probe zugesetzt, um so auf einfache Weise den Makronukleus anzufärben. Der Mikronukleus kann bei O. aurea mit 1 – 4 Kernen vorliegen.



Linkes Bild: Groß- und Kleinkern von O. aurea. Laut Literatur müsste der Großkern ,,rund" sein, obwohl er bei dieser gefundenen Art mehr wurst- oder leicht nierenförmig aussieht.
In der Bildebene ist nur ein Mikronukleus (Mi) zu erkennen, Objektiv 100x.
Rechtes Bild: Durch Anfärbung mit einem flurochrom (AO-Z), lässt sich sehr einfach und schnell der Kern abbilden, Objektiv Plan-Neofluar 16x.
MA= Makronukleus; Mi= Makronukleus; R= Reuse.

Viel Spaß beim schauen...,

Michael

Literatur:
Foissner, W.; Blatterer, H.; Berger, H.; Kohmann, F. (1991): Taxonomische und ökologische Revision der Ciliaten des Saprobiensystems – Band III: Hymenostomata, Prostomatida, Nassulida. Informationsberichte des Bayer. Landesamt für Wasserwirtschaft, Heft 1/94, 415 – 484

Kahl, A. (1935): Urtiere oder Protozoa I: Wimperntiere oder Ciliata (Infusoria) 7. Familie Nassulidae  - Tierwelt Dtl., 216 – 228

Zur Info:
Alle Fotos am BX50 geblitzt mit Doppelkollektor, direkt ohne Zwischenoptik auf den Sensor von der Canon eos R , oder mit 1,5x PlanApo Fotookular von B&W Optik, für Olympus Mikroskope und
ein Foto in Auflicht Fluoreszenz am BHS 2 mit Canon eos D700, Fotookular 1,67.

Captain Kirk (Wächter des Plankton...)

limno

Hallo Michael!
Wunderbare Fotos, gut erläutert!  Danke! :)
Viele Mikrogrüße von
Heinrich
So blickt man klar, wie selten nur,
Ins innre Walten der Natur.

sushidelic

Hallo Michael,

echt spannend zu lesen und tolle Fotos. Da werde ich doch das nächste mal, wenn ich eine vermeindliche Nassula ornata finde, genauer hinsehen!

LG und danke,
Michael

anne

Hallo Michael,
toller Fund, super Bilder und ausführliche Doku - was will man mehr!

lg
anne

Michael L.

Hallo Michael,

eine ausgezeichnete Dokumentation! Eine Frage zur Vitalfärbung warum Zinkchlorid und in welcher Konzentration?

Gruß,

Michael

M.Butkay

Hallo Tümpler,
hier noch ein paar Bilder von einer Obertrumia aurea, gefunden im Büntesee, die diesmal statt einer oviden-, ein pyriformis (Birnenförmig) Form hatte.
Und wieder in der gesamten Probe nur einen einzigen O. aurea gefunden. Der Makronukleus war diesmal rund, statt leicht nierenförmig.
Ansonsten stimmten alle anderen Bestimmungsmerkmale.


Das Aussehen von O. aurea hat sich von Untersuchungsanfang nicht verändert und hielt seine birnenförmige Form bis zum Zelltod bei.

Der Tod jeder Zelle ist bestimmt. Veränderte Umweltbedingungen, werden meist durch eine Depression (Niederdrücken) ausgelöst und durch Plasmaaustritt
in Form von Bläschenbildung angezeigt, was den sicheren Tod der Zelle herbeiführt.


O. aurea, der kleine Pfeil zeigt den auf den Ring in der Reuse, der nur kurz vorm Zelltod, sichtbar wurde. Ma= Makronukleus; Kv= Kontraktile Vakuole.

Ausschnitts Vergrößerung, um besser die Caudalcilien zu zeigen.


CC= Caudalcilien, Objektiv 60x.

Alle Aufnahmen bis auf das erste Bild, Objektive 40x sind mit dem 60iger Objektiv aufgenommen worden.
Als Fotookular wurde das 1,5x Apochromat von B&W Optik verwendet.

Viel Spaß beim Weiterlesen,
Michael

@ Michael L., Acridinorange-Zinkchlorid ist eine schnelle und einfache Methode, um Zellkerne darzustellen. In die Untersuchungsprobe (50µM) werden (10µM)
aus einer Stammlösung Acridinorange-Zinkchlorid mit Hilfe einer einstellbarer Mikroliter-Pipette hinzugefügt und so für die mikroskopische Untersuchung vorbereitet.
Du kannst auch mit einer Pipette eine bestimmte Größe an Tropfen festlegen, z.B. 5:1, 10:2, damit die Zellen nicht überfärbt werden. Das Fluorchrom braucht etwas Zeit,
um in Zelle einzudringen, daher empfiehlt es sich, die Vorbereitete Probe ins dunkle zu stellen, damit das Tageslicht ect. nicht zu früh die Zellen schädigen. Nach einer guten
Stunde oder auch etwas früher, kann die Probe dann untersucht und dokumentiert werden.

@ Anne, Heinrich und Michael, schön dass es euch gefallen hat, vielen Dank fürs Feedback!
Captain Kirk (Wächter des Plankton...)