Ciliaten: Gattung Loxodes EHRENBERG,1830

Begonnen von M.Butkay, Juni 03, 2020, 15:39:16 NACHMITTAGS

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M.Butkay

Liebe Tümplerfraktion und Foristen,

ich möchte hier einige Arten aus der Gattung Loxodes vorstellen, die überwiegend in der Faulschlammzone leben, sich aber auch in der Wassersäule auf und ab bewegen und daher ins Planktonnetz gelangen können. Im Freiwasser habe ich meist L. rostrum gefunden, während ich L. magnus und L. striatus oft gemeinsam am Grund vorgefunden habe. In der Literatur wird angegeben, dass es Nachweise über Funde im Belebtschlamm von L. rostrum in Kläranlagen gegeben haben soll. Diese Bestimmung halte ich für fraglich, da ich ein halbes Jahr in einer Kläranlage ein Praktikum absolvierte und im Schönungsteich nur, L. magnus oder L. striatus gefunden habe. Obwohl im Schönungsteich der Mittagstisch sehr gut zu L. rostrum passen würde, Bakterien, Algen, Pilzsporen, Ciliaten und Detritus. Unterscheiden können wir die drei Arten durch die Makronuclei. Bei L. magnus, liegen sie verstreut in der Zelle, oft in zwei Reihen 3- 31 Ma, meist aber um die 17 (Ma) Abb. 1, 3. L. rostrum hat zwei zusammenstehende (Ma) und besitzt als einzige Art, symbiontischen Algen, Abb. 4, 4a. Zwei weit auseinanderstehende (Ma) hat L. striatus Abb.2. Die Mikronuklei (Mi) liegt sehr dicht an den Ma an, Abb. 3, 11.



Abb. 1. L. magnus in seiner für ihn typischen bräunlichen Färbung, Ectoplasma. Sein Sichelförmiger Mund, ist deutlich zu erkennen.



Abb. 3: L. magnus im hyalinen Körper. Die Makronuclei und Mikronuclei sind hier im Bild zur Verdeutlichung, grün makiert.



Abb. 4: L. rostrum mit symbiontische Grünalgen, die neben der Makronuklei, im Bild durch zwei Nahrungsvakuolen verdeckt, ein sicheres Erkennungsmerkmal ist.
            Der Makronukleus ist sehr gut auf der Seite von Michael Plewka zu sehen. http://www.plingfactory.de/Science/Atlas/KennkartenProtista/source/Loxodes-rostrum.html



Abb. 2: L. striatus kann Größen zw. 100 - 300 µm erreichen. Die Makronuleusteile (Ma) liegen unter <10 µm, MO = Müllerschen-Organellen.


Weiter fallen uns die Müllerschen-Organellen (MO) auf, die um die 7 µm Größe liegen, auf, Abb. 5.  Die bei den drei genannten Arten in unterschiedlicher Anzahl (5 – 25) vorliegen.
 


Es handelt sich hier um Vakuolen, in der eine Kugel in verschiedenen Farbtönen schwimmt. Welche Funktionen den Müllerschen-Organellen zugeschrieben werden können, kann nur erahnt werden. Eine Funktion kann vermutet werden, dass sie Aufgrund ihrer Morphologie den Statocysten, wie in meinem Beitrag von Catenula lemnae den Vielzellern zuzuschreiben sind, die also als Schwererezeptoren wirken. Hier hat man herausgefunden, dass die Kügelchen aus Bariumsulfalt bestehen und in einer mit Flüssigkeit gefüllten Vakuole mit je einer Spezialwimper, nur im REM erkennbar, verbunden sind und ein hohes spezifisches Gewicht haben. Loxodes rostrum zum Beispiel besitzt 5 – 7 solcher Organellen.


Untersuchung in der Blockschale

In der Blockschale unter dem Stereomikroskop können wir beobachten, wie Loxodes mit der dicht ,,bewimperten rechten Seite", sich über den Boden bewegt. Seine Gestalt ist breit ellipsoid und hat einen Schnabelförmigen (rostrum) Vorderende. Seine Zellfarbe kann bräunlich bis fast hyalin sein, Abb. 1, 3. Nach eigenen Beobachtungen, hat Loxodes viele Facetten und zeigt immer wieder die unterschiedlichsten Körperformen. Seine Lateralseite, wir sehen den Ciliaten von der Seite, sieht stark abgeflacht aus. Seine Bewegungen sind manchmal mit Loxophyllum melagris (das wallende Blatt) zu vergleichen, Abb. 13. Es fallen uns auch vereinzelt Individuen auf, die wie angefressen aussehen. Das sind, ich nenne sie mal ,,skurrile" Teilungen, Abb. 6, 6a., die anscheinend Loxodes nicht so genau nimmt und man sich die Frage stellen kann, wie können die sich je wieder Regenerieren? Aber: ,,Die schaffen das schon"!




Abb. 6 und 6a, zeigt uns die etwas skurrilen Teilungsvorgänge.  Abb. 6b, Hier können wir eine beginnende Teilung erkennen. Der Mund (Mt) ist schon etwas zu erkennen.


Unter dem Deckglas

Haben wir unter dem Deckglas genügend Wasser und Loxodes kann sich von allen seinen Seiten zeigen, fällt uns auf, dass er auf der linken Seite unbewimpert und auf der rechten Seite bewimpert ist, Abb. 7. Mit etwas Glück zeigt er uns seine starren, borstenartigen Cilien, die an der Bauchkante liegen, Abb. 8. Die Sichelförmige Mundöffnung fällt einen sofort auf, die von drei unterschiedlichen Cilienreihen ausgekleidet ist. Seine große Mundöffnung liegt direkt hinter dem Schnabel und den röhrenförmigen Schlund, der seine typische Pigmentierung zeigt und daher sehr auffällig ist, Abb. 9a.

 

Abb. 7 und 9: Loxodes ist auf der linken Bauchseite unbewimpert und kann in seiner Schwimmbewegung sehr gut beobachtet werden. In Abb.9 ist der sichelförmige Mund vergrößert rausgestellt, RK= rechte bukkale Kinete, LIK= linke innere bukkale Kinete im Bild etwas flau dargestellt.



Abb. 8: Mit etwas Glück, kann an seiner Bauchseite, die starren Cilien beobachtet werden.


In seinem großen Mund sehen wir auch die Schlund Fibrillen (Sf), Abb. 9.



Der Schlund ist sehr schön auf der Seite von Michael Plewka dargestellt, letztes Bild.

http://www.plingfactory.de/Science/Atlas/KennkartenProtista/source/Loxodes-magnus.html


Einige Individuen haben eine sehr auffällige Pigment Granula im Cortes (Abb. 1) die vermutlich als Rezeptoren für Licht und Sauerstoff dienen. Es gibt aber auch Individuen unter ihnen, wo diese Pigment Granula nicht so stark ausgeprägt ist, Abb. 3. Beim Durchfokussieren der Zelle fällt uns mitunter ihre ausgeprägte schaumige Struktur auf, die nicht immer von mir beobachtet wurde, Abb. 10.



Abb. 10: Das Entoplasma sieht bei Loxodes wabig aus.

Eine pulsierende Vakuole soll es laut Literatur bei allen drei Arten nicht geben. Eine pulsierende Vakuole hat nur L. vorax am Hinterende, der sonst dem L. rostrum sehr ähnlich aussieht, außer dass er keine symbiontischen Algen und einen nicht zuspitzenden Schnabel besitzt, der eher etwas abgerundet aussieht. L. vorax wurde seiner Zeit, nur in den USA gefunden. In einer Probe habe ich L. magnus gefunden, wo ein leichtes Pulsieren von Vakuolen zu erkennen war. Diese ,,Vakuolen" sind umrandet von kleinen runden Granula, Abb. 11, 11a.



Abb. 11: L. magnus ist ca. 420 µm lang. Die pulsierenden Vakuolen sind im normalen Zustand ca. 4,2 µm und im pulsierenden 9,8 µm groß. Die Makronuklei (Ma) liegt bei 5,6 µm und die Mikronuklei (Mi) bei ca. 2,8 µm.



Abb. 11a: Die Pfeile weisen auf die von mir beobachteten kontraktilen Vakuolen (cV) hin, linkes Bild. EHRENBERG (1938) hat in seinem Fund auch zwei Stellen markiert, Zufall?

Was die für eine Bedeutung haben, kann ich nicht sagen. Es stellt sich aber die Frage: Wurden die cV in früheren Veröffentlichungen Übersehen, oder hat sie Loxodes so gut getarnt, dass sie niemanden aufgefallen sind? In den Bild von EHRENBERG (1938) wurde bei L. striatus zwei Stellen markiert (cV?), genauso wie ich sie beobachtet habe, Abb. 14. In der vorhandenen Literatur habe ich bisher nichts darüber gefunden. Vielleicht hat jemand hier aus dem Forum eine ähnliche Beobachtung gemacht, würde mich sehr interessieren!

Zu guter Letzt, habe ich zur Verdeutlichung die Kerne von Loxodes magnus mit Acridin-Orange-Zinkchlorid angefärbt.




Abb. 11b,  L. magnus, mit Acridin-Orange-Zinkchlorid angefärbten Kernen. Ma= Makronukleus, Mi= Mikronukleus




Außer den oben genannten 3, bzw. vier Arten mit L. vorax ohne Abbildung, kommen noch L. magnus var. fasciola und L. magnus var. pernadi vor die sich wie folgt unterscheiden:

L. magnus var. fasciola; Kernapperat und Größe wie L. magnus, Schnabel kaum vorspringend, Schlund Fibrillen nach hinten und nicht nach dorsal gerichtet.

L. magnus var. pernadi; Größe um 400 µm, Schnabel kaum vorspringend, mehre Makronucleus-Teile in einer Reihe.


Verwechselungen

Durch seine Größe passiert es oft Anfängern, dass sie Loxodes für Strudelwürmer oder ähnliches halten. Er wurde auch schon mit Amphileptus Abb. 12, verwechselt.



Abb. 12: Amphileptus pleurosigma, wird oft im ersten Moment mit Loxodes verwechselt.



Abb. 13: Die Bewegungsabläufe sind leicht mit Loxodes zu verwechseln. Obwohl Loxophyllum melagris sich meist sehr gemächlich bewegt.


Abkürzungen: cV= kontraktile Vakuole; lK= linke Körperseite; Ma= Makronukleus; Mi= Mikronukleus; MO= Müllersche-Organellen; RK= rechte bukkale Kinete; LIK= linke innere bukkale Kinete; Sy= Schlund Fibrillen;

Diese kurze Zusammenfassung soll uns zeigen, dass Loxodes ein sehr bewegtes Leben mit skurrilen Teilungsvorgängen besitzt.

Ich wünsche euch viel Spaß beim Lesen und wie immer sind weitere Anregungen erwünscht. Nobody is perfect!

Herzliche Grüße,
Michael

Literaturangaben

Hausmann K.; Mikrokosmos, 72. Jahrgang, Heft 10/ Oktober 1983, Loxodes rostrum, pp. 310 – 313
Streble H.; Krauter D.; Bäuerle A.; (2017) Das Leben im Wassertropfen- Frankh-Kosmos Verlags GmbH &Co.KG, Stuttgart., pp 222 – 213 (nur eine Art beschrieben,L. rostrum)
Foissner, W.; Blatterer, H.; Berger, H.; Kohmann, F. (1995): Taxonomische und ökologische Revision der Ciliaten des Saprobiensystems – Band IV: Gymnostomatea. Loxodes. Suctoria. Informationsberichte des Bayer. Landesamt für Wasserwirtschaft, Heft 1/95, 377 – 395
Kahl, A. (1935): Urtiere oder Protozoa I: Wimperntiere oder Ciliata (Infusoria) 3. Familie Loxolidae  - Tierwelt Dtl., 212 – 215
Captain Kirk (Wächter des Plankton...)

Kurt

Hallo Michael,

ein interessanter Beitrag mit tollen Bildern - Danke!!

Grüße
Kurt

Jürgen Boschert

Hallo Michael,

wieder einmal ein toll recherchierter und bebilderter Beitrag von Dir.

Herzlichen Dank !

JB
Beste Grüße !

JB

M.Butkay

Hallo Kurt,
Hallo Jürgen,

vielen Dank für eure Rückmeldung. Im Beitrag sind noch Text und Bildergänzungen hinzugekommen.

Herzliche Grüße,
Michael
Captain Kirk (Wächter des Plankton...)

Fahrenheit

Lieber Michael,

vielen Dank für die ausführliche und interessante Darstellung und die sehr guten Aufnahmen!
Auch als Schnippler und nur Gelegenheitstümpler habe ich Deinen Beitrag mit Freude gelesen.

herzliche Grüße
Jörg
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Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

ImperatorRex

Lieber Michael,
da schlägt mein Tümplerherz gleich doppelt so schnell! Ein toller Beitrag.
vielen Dank
Jochen

M.Butkay

Lieber Jochen,

schön das ich Dein Tümplerherz berührt und es noch schneller zum schlagen gebracht habe.

Mich Faszinieren die Viecherl schon seit 1989, dass hat einfach angefangen und nie ausgehört.

Deshalb immer daran Denken: Die Augen vor den Okularen offen halten. es gibt noch viel zu entdecken!

Michael
Captain Kirk (Wächter des Plankton...)

M.Butkay

Hallo Tümpler und Foristen,

ertmal vielen Dank an alle, die hier ihr Feedback abgegeben haben. Ich habe da aber dennoch eine Frage: Diesen Beitrag habe ich bestimmt schon zum siebenten mal neu eingestellt. Ich weiß nicht, ob jemand von euch das bemerkt hat, dass die Bilder völlig wild durcheinander oder doppelt und dreifach dargestellt wurden?

Da dieser Beitrag auch im Tümpler-Forum.at steht  und einwandfrei funktioniert, stellt sich mir die Frage: Was passiert hier und hat jemand eine Erklärung hierfür, oder auch schon so eine Erfahrung gemacht?


Viele Grüße vom genervten Michael


Captain Kirk (Wächter des Plankton...)