Botanik: Kletten-Labkraut Galium aparine *

Begonnen von Hans-Jürgen Koch, Juni 24, 2020, 13:18:30 NACHMITTAGS

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Hans-Jürgen Koch

Liebe Pflanzenfreunde,

das Kletten-Labkraut ist eine Pflanze eurasischer Herkunft, die ursprünglich in Europa und dem westlichen Asien ihren Ursprung hatte. Aufgrund ihrer hohen ökologischen Toleranz besiedelt sie schnell neue Gebiete. Als typischer Neophyt (Pflanzen, die sich in Gebieten ansiedeln, in denen sie zuvor nicht heimisch waren) ist diese Labkrautart heute fast auf der ganzen Welt verbreitet. Sie ist sowohl im kalten Sibirien als auch im warmen Australien anzutreffen.

Bild 01 Habitus, Kletten-Labkraut Galium aparine

Foto: H.-J_Koch

In Mitteleuropa ist das Kletten-Labkraut wild auf und in der Nähe landwirtschaftlicher Flächen, in Auwäldern, nährstoffreichem Öd- und Brachland sowie an Waldrändern zu finden; oft gemeinsam mit Brennnesseln.
Die Pflanze gilt als typischer Stickstoffzeiger und bevorzugt folglich Standorte mit hohem Nährstoffangebot. Im Gebirge kann die auch als Klebkraut bezeichnete Art Höhen bis 1.500 Metern besiedeln.

Systematik von Galium aparine
Kletten-Labkraut (Galium aparine) gehört zur Familie der Rötegewächse. In der engeren Zuordnung wird die Art in die Gattung der Labkräuter eingeordnet, die mit mehr als 600 Arten verhältnismäßig artenreich ist. Bekannte Verwandte des Kletten-Labkrauts sind der Waldmeister (Galium odoratum), das Wiesen-Labkraut (Galium mollugo) sowie das Echte Labkraut (Galium verum).

Systematik:
Ordnung: Enzianartige (Gentianales)
Familie: Rötegewächse (Rubiaceae)
Gattung: Labkräuter (Galium)
Art: Kletten-Labkraut
Wissenschaftlicher Name: Galium aparine
Travialnamen: Klebkraut, Kleberkraut, Klimmendes Labkraut, Klebriges Labkraut, Klebrich, Kletterndes Labkraut, Zaunkleber und Zaunkraut
Englischer Name: Burdock bedstraw

Das Kletten-Labkraut wird gelegentlich auch als Klebkraut bezeichnet.
Im intensiven Ackerbau ist das Kletten-Labkraut ein ,,Problemunkraut". Da es durch Herbizid-Einsatz nicht zu verdrängen ist.
Bild 02 Illustration, Kletten-Labkraut Galium aparine

Urheber: Jan Kops (1765–1849)
Dieses Werk ist gemeinfrei

Kletten-Labkrauter sind einjährige und typisch krautige Pflanzen, die Wuchshöhen zwischen 40 und 160 cm erreichen können. In der Botanik gilt die Pflanze als so genannter Spreizklimmer, d.h. dass die Triebe des Labkrauts hochwachsen bzw. klettern und sich an andere Pflanzen verankern.
Das Kletten-Labkraut hält sich mit den Häkchen an anderen Pflanzen fest und überwuchert diese. So gelangt es trotz des dünnen Stängels an das lebensnotwendige Licht.
In der Erde bildet das Kletten-Labkraut eher dünne und bräunliche Wurzeln aus, die meist seitlich und nur selten senkrecht wachsen. Kletten-Labkrautwurzeln können bis zu 40 Zentimeter lang werden.

Die Blätter des Kletten-Labkrautes sind lanzettlich bis stachelspitzig und mit kleinen Drüsenhaaren besetzt. Die Blätter bilden einen Quirl, d. h. dass mehrere Blätter einen gemeinsamen Knoten als Ursprung haben. In der Regel findet man zwischen fünf bis neun Blätter an einem Quirlstand. Die Blattbreite beträgt selten einen Zentimeter, die Länge bis zu sechs Zentimeter. Die Knoten der Quirle gehen direkt vom Stängelzentrum aus. Der Stängel selbst ist meist kantig und an den Knoten mit auffällig vielen kleinen rückwärts gerichtete Stachelborsten besetzt.

Bild 03 An den Knoten ist der vierkantige Stängel behaart.

Urheber: H.-J_Koch
Zur Blütezeit, die meist zwischen Juli und September andauert, bildet das Kletten-Labkraut weiße Blüten aus. Bis zu fünfzwittrige Blüten sind in so genannten Trugdolden zusammengefasst, die ihren Ursprung ebenfalls am Blattquirl haben. Die Labkrautblüten sind mit einer Breite von maximal zwei Millimetern recht klein. Jede einzelne Blüte besitzt vier Staubblätter, vier Kronblätter und einen kaum noch erkennbaren Blütenkelch.

Bild 04 Blüten, Kletten-Labkraut Galium aparine

Foto: follavoine.net
Aus dem Fruchtknoten bilden sich zur Zeit der Fruchtreife die typischen Spaltfrüchte aus. Jede Labkrautfrucht kann bis zu sechs Millimeter lang werden und eine braune bis rötliche Färbung annehmen. Die Spaltfrüchte des Kletten-Labkrauts teilen sich in zwei Teilfrüchte, die jeweils einen runden bis kugeligen Samen enthalten.
Vom Kletten-Labkraut werden die oberirdischen Teile der Pflanze zur Blütezeit gesammelt und getrocknet.
In der modernen Heilpflanzenkunde spielt das Kletten-Labkraut nur eine untergeordnete Rolle, wenngleich es über einige wirksame Inhaltsstoffe verfügt. In der Volksheilkunde hat man das Kletten-Labkraut (Galium aparine) genau wie das Echte Labkraut (Galium verum) vor allem bei Blasen- und Nierenleiden verwendet. Lange Zeit hatte es vor allem bei der armen Bevölkerung einen Namen als natürliches Diuretikum (harntreibendes Mittel).

Bekannt war dieses Kraut schon bei den Römern, die es in Wein mischten. Im 16. Jahrhundert empfahl man eine Suppe aus Kletten-Labkraut, um schlank zu bleiben bzw. nicht an Gewicht zuzulegen.
In älteren Kräuterbüchern fand das Kletten-Labkraut u.a. als Gegengift bei Natternbissen sowie als Heilmittel bei Durchfällen angewendet. Üblich waren u.a. Heilweine sowie Aufgüsse aus Blättern. Der Saft der Pflanze, die man früher als Kleberkraut bezeichnete, wurde u.a. bei Ohrenschmerzen empfohlen. Die damaligen Anwendungsempfehlungen sind jedoch nicht mehr auf die heutige Zeit zu übertragen.

Für Anwendungszwecke in der heutigen Naturheilkunde sollte zunächst ein Blick auf das Wirkstoffpotenzial des Kletten-Labkrauts geworfen werden. Die oberirdischen Pflanzenbestandteile enthalten höhere Anteile an Phytosterolen (v.a. beta-Sitosterin und Campesterol) und Gerbstoffe bzw. Phenolsäuren wie Kaffeesäure und Chlorogensäure als Ester der Kaffeesäure. Außerdem sind zahlreiche Flavone, einige ätherische Ölverbindungen sowie freie organische Säuren wie die Palmitinsäure enthalten.

Früher wurden die Früchte als Kaffee-Surrogat (Ersatz) verwendet und der rote Farbstoff in der Technik zum Rotfärben von Aluminium benutzt.
Tiefgreifende wissenschaftliche Untersuchungen zur medizinischen Nutzung des Kletten-Labkrauts sind nur spärlich vorhanden.
Nebenwirkungen: Das Kletten-Labkraut ist nicht ausreichend untersucht, um grundsätzliche Nebenwirkungen festzustellen. Bisher sind keine Fälle bekannt, in dem die Pflanze Beschwerden durch die Anwendung als Heilpflanze brachte. Grundsätzlich sollte die Pflanze in der Schwangerschaft und in der Stillzeit nicht eingenommen werden.

Die gesundheitsfördernden Eigenschaften gelten nämlich auch für unsere Vierbeiner. Um hier nur einige zu nennen:
Stoffwechselanregung
Entgiftung
Positive Wirkung auf Blase, Nieren, Lymphsystem
Gegen Würmer
Außerdem wird das Kletten-Labkraut gerne gefressen. Es gibt kaum Hunde, die damit im Futter Probleme haben.

Bild 05 Schnittstelle, Kletten-Labkraut Galium aparine

Foto: H.-J_Koch

Bild 06 Makroaufnahme, Querschnitt vom Spross, Kletten-Labkraut Galium aparine

Foto: H.-J_Koch
Der Spross hat einen Durchmesser von ca. 3 mm.

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Hans-Jürgen Koch

Spross, Querschnitt, 35 µm

4 Bilder von ungefärbten Schnitten.

Bild 07 Vergrößerung, Kletten-Labkraut Galium aparine


Bild 08 Vergrößerung, Kletten-Labkraut Galium aparine


Bild 09 Autofluoreszenz, Kletten-Labkraut Galium aparine

Auflicht Beleuchtung Fluoreszenz iLED 455 nm, LED Modul 455 nm,

Bild 10 Autofluoreszenz, Kletten-Labkraut Galium aparine

Auflicht Beleuchtung Fluoreszenz iLED 455 nm, LED Modul 455 nm,

Wacker 3 A - Färbung (Acridinrot – Acriflavin - Astrablau)
1. Schnitte liegen in 30 % Ethanol.
2. Aqua dest. 3x wechseln je 1 Minute.
3. Vorfärbung Acridiorot 8 Min.
4. 1x auswaschen mit Aqua dest.
5. Acriflavinlösung (differenzieren bis gerade keine Farbwolken mehr abgehen - Lupenkontrolle) ca. 30 Sekunden !!!
6. 2 x auswaschen mit Aqua dest.
7. Nachfärbung Astrablau 2 Minute
8. Auswaschen mit Aqua dest. bis keine Farbstoffreste auf dem Objektträger verbleiben.
9. Entwässern mit 2x gewechseltem Isopropylalkohol (99,9 %
10. Einschluss in Euparal
Fotos: Nikon D5000

Bild 11 Übersicht, Kletten-Labkraut Galium aparine


Bild 12 Vergrößerung mit Beschriftung, Kletten-Labkraut Galium aparine

MP = Markparenchym, T = Trachee, PXP = Protoxylem, XY = Xylem, PH = Phloem, PPH = Protophloem, RP = Rindenparenchym, EP = Epidermis, KP = Kanten - Kollenchym

Bild 13 Vergrößerung, Kletten-Labkraut Galium aparine


Bild 14 Vergrößerung, Kletten-Labkraut Galium aparine


Bild 15 Vergrößerung, Kletten-Labkraut Galium aparine


Bild 16 Vergrößerung, Kletten-Labkraut Galium aparine


Bild 17 Vergrößerung, Negativ, Kletten-Labkraut Galium aparine


Bild 18, Auflichtbeleuchtung Fluoreszenz, Kletten-Labkraut Galium aparine

Auflicht Beleuchtung Fluoreszenz iLED 455 nm
LED Modul 455 nm
Reflektormodul FL mit Filtersatz 67
Erregerfilter: BP 470 nm
Strahlenteiler: FT 477 nm
Emission (Sperrfilter): LP 485

Bild 19, Auflichtbeleuchtung Fluoreszenz, Kletten-Labkraut Galium aparine


Bild 20, Auflichtbeleuchtung Fluoreszenz, Kletten-Labkraut Galium aparine


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Hans-Jürgen Koch

Knoten, Querschnitt, 35 µm

Ich habe einen Knoten, Quirl angeschnitten wo mehrere Blätter einen gemeinsamen Ursprung haben.
Bild 21 Schnittstelle, Kletten-Labkraut Galium aparine

Foto: H.-J_Koch

Etzold – Blau: Fuchsin; Safranin; Astrablau (FSA) Dr. Helmut Etzold

Arbeitsablauf :
1. Mit AFE fixierte Schnitte gründlich in 70 % Ethanol auswaschen   5 Minuten.
2. 50 % Ethanol (kein Brennspiritus) 3 Minuten
3. 30 % Ethanol 3 Minuten
4. Wasser entmin. 3 x wechseln je 1 Minute
5. FSA -Farblösgung, 8 Min. gelegentlich schwenken. (verdünnte Etzold-Lösung-2 Tropfen auf 5 ml dest.Wasser)
6. Kurz abspülen in Aqua dest., je 1 x wechseln, je 1 Minute
7. In 100 % Isopropylalkohol sorgfältig entwässern 2 x wechseln. 1. Stufe = 30 Sekunden, 2. Stufe = 3 Minuten, 3. Stufe = 5 Minuten
9. Einschließen in Euparal

Bild 22 Übersicht, Negativ (Programm: FastSrone Image Viewer), Kletten-Labkraut Galium aparine


Bild 23 Vergrößerung, Kletten-Labkraut Galium aparine


Bild 24 Vergrößerung, Kletten-Labkraut Galium aparine


Bild 25 Vergrößerung, Kletten-Labkraut Galium aparine


Bild 26 Trichome, Kletten-Labkraut Galium aparine


Bild 27 Vergrößerung, Kletten-Labkraut Galium aparine


Bild 28 Polarisation, Markparenchym, Kletten-Labkraut Galium aparine

Viele Calciumoxalat – Kristalle (löst sich nicht in Essigsäure)

Bild 29, Auflichtbeleuchtung Fluoreszenz, Kletten-Labkraut Galium aparine

Auflicht Beleuchtung Fluoreszenz iLED 455 nm
LED Modul 455 nm
Reflektormodul FL mit Filtersatz 67
Erregerfilter: BP 470 nm
Strahlenteiler: FT 477 nm
Emission (Sperrfilter): LP 485

Bild 30, Auflichtbeleuchtung Fluoreszenz, Kletten-Labkraut Galium aparine


Bild 31, Auflichtbeleuchtung Fluoreszenz, Kletten-Labkraut Galium aparine


Quellen und weiterführende Informationen:
Wikipedia
,,Die große Enzyklopädie der Arzneipflanzen und Drogen". ISBN: 978-3-89996-508-7
Dietmar Aichele ,,Was blüht denn da ?", 1991
Alois Kosch ,,Was blüht denn da ?", 1968
Rita Lüder ,,Grundkurs Pflanzenbestimmung", ISBN:3-494-01418-3
,,Was blüht denn da?", ISBN: 978-3-440-11379-0
,,Kosmos Blütenführer für unterwegs", ISBN: 978-3-440-13012-4
,,Der neue Tier- und Pflanzenführer", ISBN: 3-440-07286-X

Die Informationen für Beschreibungen werden von mir selbst aus verschiedenen Quellen zusammengetragen. Dabei benutze ich sowohl Bücher als auch Internet Quellen. Texte werden anschließend individuell von mir selbst verfasst.
Sollte ich ein Copyright © verletzt haben, so geschieht dies nicht mit Absicht. Bitte schicke mir ein E-Mail, wenn es der Fall sein soll.
Für konstruktive Kritik bin ich ebenso offen wie für lobende Worte.
Gruß
Hans-Jürgen
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jcs

Wieder einmal sehr interessante Infos über eine mir bisher unbekannte Pflanze, und auch sehr gelungene Bilder.

Deine detaillierten Infos zur Präparation und Färbung finde ich ebenfalls sehr hilfreich und erhellend, danke für's Zeigen.

Jürgen

Wutsdorff Peter

Guten Abend Hans-Jürgen,
wieder einmal ein echter Hans-Jürgen!! Gratulation zu diesem Beitrag.
Mich begeistern immer wieder die umfassenden Hintergrundinfos.
Du schreibst:"....bis keine Farbstoffreste auf dem Objektträger... "  .
Legst Du die Schnitte gleich nach dem Schneiden auf den OT und machst dann  alles auf dem OT?? 

Gruß voller Bewunderung
Peter

Fahrenheit

Lieber Hans-Jürgen,

vielen Dank für den interessanten Beitrag mit den schönen Aufnahmen, den ich gerne gelistet habe.

Bei uns sind weite Felder des Kletten.Labkrauts schon durch: die Sprosse liegen vertrocknet und mit reifen Samen über der teils komplett überwuchernden Vegetation.

Herzliche Grüße
Jörg
Hier geht's zur Vorstellung: Klick !
Und hier zur Webseite des MKB: Klick !

Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

Hans-Jürgen Koch

Hallo Jürgen, Peter und Jörg,
danke für euer Interesse und das Feedback.

@Peter,

ich färbe die Schnitte in einer Tüpfelschale und ach auf einem Objektträger.
Entscheidend ist die Größe des Schnittes.
Der kleine vierkantige Stängel ist sehr empfindlich, er zeigt wenige verholzte Zellen und klappt beim Berühren mit einem Rotmarderpinsel sofort zusammen – Färbung auf einem Objektträger.
Der Knoten, da wo mehrere Blätter einen gemeinsamen Ursprung haben ist wesentlich stabiler – Färbung in der Tüpfelschale.

Gruß
Hans-Jürgen
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