Ausstrichpräparate mit Ölimmersion untersuchen- Wie macht Ihr das?

Begonnen von Harald Schmitt, Juli 27, 2020, 12:45:14 NACHMITTAGS

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Harald Schmitt

Hallo und guten Morgen,

mein erster Lehrer in meiner Kindheit in der Mikroskopie war mein alter Hausarzt - Gott hab ihn selig. Die alten Landärzte wussten noch mit einem Mikroskop umzugehen. Meiner sah mit seinem Monokular damals Dinge, welche ich später mit meinem Bino noch nicht erkennen konnte. Dieser musterte seine Ausstrichpräparate immer mit einem 63er Objektiv durch. Obwohl ich ein 90er Ölobjektiv hatte, wollte er von selbigem nichts wissen. Das war ihm immer zu viel "Schmiererei" wie er immer behauptete. Nun- seit dieser Zeit arbeite ich bei Ausstrichpräparaten immer ohne Deckglas direkt im Präparat. Allerdings lässt sich danach an für sich nicht mehr in eine kleine Vergrößerung zurückschalten. Selbst wenn ich aufpasse, verwische ich meist beim abwischen des Öls immer das Präparat selbst. Auch ist an ein Aufbewahren eines solchen Ausstriches nicht mehr zu denken.
Auch unser Biologe arbeitet deswegen fast immer mit einem Trockenobjektiv. Damit untersucht er Pilze wie auch Bakterien im Frisch- Präparat. Er ist der Meinung, dass dies für fast alle Untersuchungen reicht (Untersuchung des Pilzwachstums wie auch Kontamination durch Bakterien, Hefe und Wachstum von Bakterien hier Enterokokken)- obwohl er sehr wohl auch ein 100er DIC zur Verfügung hat.
Auch er arbeitet mit dieser Schmiererei nicht sehr gerne. Leider steht mir ein 63er Trockenobjektiv nicht mehr zur Verfügung. An meinem früheren Leitz hatte ich ein solches. Für mein Phomi habe ich ein solches noch nicht preiswert gefunden (möchte hier halt auch nur ein Neofluar mit Phasenkontrast haben). Also mikroskopiere ich mit 100er Öl. Allerdings eben mit oben genannten Nachteilen.
Ich kann ja auch schlecht alle Präparate fest eindecken - zumal fast alle Ölobjektive die ich kenne auf "ohne Deckglas" korrigiert sind.

Deshalb würde ich mal gerne wissen, wie Ihr diese Untersuchungen meistert. Arbeitet Ihr solche Präparate auch eher mit einem Trockenobjektiv durch oder benutzt Ihr vorwiegend Öl? Schmeißt Ihr danach die Präparate weg oder hebt Ihr selbige auf, obwohl wohl ein Teil mit dem Öl immer weggewischt wird. Oder wie verhindert Ihr das? Wie machen das die Profis unter Euch, welche am Tag hunderte Präparate durchmustern müssen?
Ich denke mal, ich bin nicht der einzige, der hier bei diesen Untersuchungen Schwierigkeiten hat.

Gruß aus dem Taunus Harald 

JB

Hallo,

Ich mache gefaerbte Blutkulturausstriche. Der Brechungsindex-Unterschied und damit Kontrast zwischen Luft (1.0) und biologischen Objekten (1,5) ist zu gross um Details und das Zellinnere zu sehen. Wenn nur z.B. Bakterien gezaehlt werden mussen ist in sehr hoher Kontrast natuerlich positiv. Bei meinen Praeparaten geht das aber nur mit Faerbung + Immersionsoel als Eindeckmittel.

Fuer Routinepraeparate decke ich nicht ab. Ich gebe 1 kleinen Topfen Immersionsoel direkt auf den Ausstrich, suche mit dem 10x (trocken) und gehe dann direkt zum 100x Oel. Zurueck zum 10x geht auch, aber nicht zum 40x trocken.

Zur Archivierung lege ich die Objekttraeger fuer eine Tage umgedreht auf feinen Zellstoff, der das meiste Oel aufsaugt. Wenn man es noch besser machen will kann man danach kurz in Xylol entoelen, die Rueckseite abwischen und dann trocknen. Die Objekttraeger lagern danach in Plastikkaesten.

Die besten Ausstriche werden mit Damar-Balsam und Deckglas 32x22 mm eingedeckt und archiviert.

Zitat
"zumal fast alle Ölobjektive die ich kenne auf "ohne Deckglas" korrigiert sind" 

Meinen Sie "160/-"? Das "-" bedeutet mit oder ohne Deckglas verwendbar, meist sind diese fuer Verwendung mit Deckglas abgeglichen.
"160/0 Oel", also abgeglichen fuer Verwendung ohne Deckglas aber mit Oel, sind eher selten.
Es gibt auch noch NCG-Objektive "0 trocken", ohne Oel und ohne Deckglas; bei diesen wurden die Ausstriche z.T. mit einer hauchduennen Sicht von Eindeckmittel besprueht. https://www.deepdyve.com/lp/ou_press/acrylic-spray-as-a-substitute-for-coverslips-y2Wz9kx7pq

Beste Gruesse,

Jon

piu58

Ich arbeite im Krankenhaus. In der Humangenetik wird immer mit Öl und stets ohne Deckglas beobachtet.  Die Objektträger werden dennoch für lange Zeit aufbewahrt.
Bleibt dran, am Okular.
--
Uwe

Harald Schmitt

Hi Jon,

genau, ich meinte 160/-. Ok, ich dachte immer das "-" steht für ohne. Aber OK- ich hab das hier auch schon bestimmt öfter überlesen. Nun merk ich mir das mal =). Ehm, ich darf doch Du schreiben? Da wir uns hier normalerweise alle duzen werde ich beim "Sie" immer so unsicher. Gerne aber auch per Sie. Wenn Du den Objektträger umgekehrt auf den Zellstoff legst- werden dann nicht teile des Präparates in den Zellstoff aufgesaugt? Das habe ich nämlich noch nicht probiert. Wäre ja dann eine Lösung. Und Damar- Balsam kannte ich noch gar nicht. Aber interessant, in einem anderen deutschsprachigen Forum ist sogar die Herstellung angegeben. Ich bin aber nicht sicher, ob ich diesen Link hier einstellen darf. Ich glaube nämlich ich habe keinen Derfschein, also lasse ich das mal lieber. Ansonsten probiere ich das mal aus. Der Link ist bestimmt auch interessant. Aber mit dem englischen hapert es bei mir und der Artikel lässt sich nicht übersetzen. Und sonst habe ich auf die schnelle nichts gefunden.
Vielen dank.

@Uwe, danke- wischt Ihr das öl dann ab?

Gruß aus dem Taunus Harald

Ralf Feller

Hallo Harald,

wir machen in unserem Labor so ca. 80 Blutausstriche und 5 bis 10 Knochenmarksausstriche,
alle werden nach Pappenheim gefärbt, getrocknet und mit einem 63x Planapo unter Öl mikroskopiert.
Wie nehmen immer die Deckglaskorrigierten Objektive weil man damit auch ohne Deckglas arbeiten kann.
Die Ebene wird mit den 10x eingestellt, nicht 40x, das geht immer ins Öl.

Danach werden die Objektträger leicht mit dem wertvollen Klopapier abgewischt,
und wenn man will noch einmal mit einem Benzin oder Xylol feuchten Stück nachgewischt, dann archivieren.

Man kann natürlich nicht zu 100% sicher sein, das nie Riefen entstehen, das Verfahren funktioniert aber in der Praxis gut.
Will man aber einen bestimmten Ausstrich oft mikroskopieren, so sollte man besser eindecken.

Mit Tockenobjektiven kann man keine Blutausstriche ohne eingedeckt zu haben mikroskopieren.

Das 63x Plan-Apo/1,4 sollte immer eine Ölimmersion sein.

LG Ralf

JB

Zitat von: Harald Schmitt in Juli 27, 2020, 16:12:32 NACHMITTAGS
genau, ich meinte 160/-. Ok, ich dachte immer das "-" steht für ohne. Aber OK- ich hab das hier auch schon bestimmt öfter überlesen. Nun merk ich mir das mal =).

Hallo Harald,

Hier sind noch zwei interesante Kataloge, in denen die Bedeutung von "-" und die Varianten davon erklaert werden. Eine davon auf Englisch; die deutsche Version ist leider noch nicht im Netz.

https://interphako.at/PDF/zeiss_Objektive_gesch.pdf
http://www.science-info.net/docs/zeiss/ZeissOpticalSystems.pdf

Die Herstellung von Damarbalsam ist recht einfach https://mikroskopie-forum.at/forum/index.php?thread/1840-damar-balsam-selbst-herstellen/&postID=16366, aber lohnt nur bei groesseren Mengen (wenn der Preisvorteil relevant wird). Fuer Kleinstmengen kann man auch auf kommerzielle Produkte wie "Malinol" zurueckgreifen.

Bei Blutausstrichen gehen keine Zellen verloren, wenn man das Immersionsoel einfach in den Zellstoff sickern laesst. Natuerlich nicht wischen! Richtig sauber wird es nach kurzem Tauchbad (2x2 min?) in Xylol.

Viel Erfolg,

Jon


Harald Schmitt

Hallo und guten morgen,

@Ralf,
danke für Deinen Beitrag. Da habe ich vielleicht die Anwendung von Öl in der professionellen Anwendung etwas unterschätzt =). Nun, natürlich decke ich meine Ausstriche mit Wasser und Deckglas bei Trockenobjektiven ein. Das gleiche Verfahren verwendete ich bei Öl. Wasser hat bis jetzt das Präparat meiner Erfahrung nach nie angelöst. Andererseits merke ich beim Vergleich zum direkten eintauchen des Objektives in Öl schon einen merklichen Unterschied im Kontrast gegenüber der Verwendung mit Deckglas und Wasser.

@Jon,

vielen dank für die Links. Den von unseren Österreichischen Freunden kannte ich natürlich schon. Diese zwei von Zeiss jedoch noch nicht. Da habe ich einiges zum Lesen =). Also das eine oder andere ist hier für mich echt interessant.
Nun, mir ging es vor allem darum, ich habe einige Präparate aus mehreren Zukäufen von Ausstrichpräparaten aus der Pathologie, welche schon mehrere Jahrzehnte alt sind und sich echt gut gehalten haben (verschiedene Gram Färbungen, Knochenmark und Blut). Diese sind für mich schon wertvoll und möchte ich ungern zerstören. Vielleicht sollte ich diese Balsam eindecken. Andererseits habe ich dann nur einen bestimmten bereich von einem großen Feld geschützt. Außerdem bearbeite ich damit den Gegenstand, was ich irgendwie komisch finde. Die sind so alt geworden ohne Manipulation und sollten halt noch länger überleben ohne meine unfähigen =) Eingriffe.
Ansonsten fand ich die Methode mit dem Zellstoff und/ oder Xylol sehr interessant und will ich mal ausprobieren. Das mit dem Wischen ging halt öfter schief- auch wenn ich natürlich vorsichtig war. Vielleicht hängt das auch mit der Einwirkungsdauer des Öls zusammen.
Also vielen Dank Jon.

Gruß aus dem Taunus Harald



Jürgen Boschert

Hallo Harald,

Zitat... Andererseits habe ich dann nur einen bestimmten bereich von einem großen Feld geschützt. ...

Es gibt auch Deckgläser mit langem Format, sind halt etwas teurer.
Beste Grüße !

JB

Harald Schmitt

Hallo Jürgen,

habe mir das gerade mal angeschaut. Ok, das wäre eine Lösung. Ich kannte bisher nur höchstens 22*22mm. Hm, man lernt ja nie aus.
Andererseits, wenn ich daran denke wie problematisch (ich könnte auch sagen wie dumm ich mich anstelle) es für mich ist diese Deckgläser Blasenfrei und nicht zu dick einzudecken- dann muss ich wohl zuerst nochmal viel üben =). Aber keine frage, dies stellt auch eine Lösung des Problemes dar. Danke für Deinen Hinweis.

Gruß aus dem Taunus Harald

Rawfoto

Guten Abend

Mein Ölrevolver geht von 10 bis 100, damit kann beliebig die Vergrößerung gewechselt werden. Wenn man öfters hin und verwechselt muss Öl zugegeben werden da Öl auf die Objektive verschleppt wird.

Liebe Grüße

Gerhard
Gerhard
http://www.naturfoto-zimmert.at

Rückmeldung sind willkommen, ich bin jederzeit an Weiterentwicklung interessiert, Vorschläge zur Verbesserungen und Varianten meiner eingestellten Bilder sind daher keinerlei Problem für mich ...