Eiablage und Brutpflege beim Bauchhärling Lepidochaetus zelinkai

Begonnen von Michael, Juli 27, 2020, 16:23:49 NACHMITTAGS

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Michael


Hallo in die Runde,

der Bauchhärling Lepidochaetus zelinkai (ehemals Chaetonotus zelinkai) ist einer der häufigsten und beeindruckendsten Süsswasser-Gastrotrichen und wurde bereits mehrmals in diesem Forum gezeigt. Einige der weltweit besten Fotos dieses schönen Tieres hat z.B. Michael Plewka bereits von 10 Jahren hier vorgestellt: https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=6267.0

In meinen Mikroaquarien ist L. zelinkai immer wieder anzutreffen und fühlt sich dort im Allgemeinen so wohl, dass es meist zur Fortpflanzung kommt. Dabei fiel mir immer wieder auf, dass die Eier von L. zelinkai nahezu immer mit einer Detritus-Hülle umgeben sind:


Bild 1: L. Zelinkai; Ei

Vor einiger Zeit habe ich hier bereits die Brutpflege bei dem Bauchhärling Chaetonotus cordiformis vorgestellt ( https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=35018.0 ). Auch bei dieser Art wurden die Eier von der Mutter mit einem Detritus-Mantel versehen und ich äußerte bereits in diesem Beitrag den Verdacht, dass bei L. zelinkai ein ähnliche Brutverhalten vorliegen könnte. Jetzt ist es mir endlich gelungen, die Eiablage und die Brutpflege auch von diesem Bauchhärling zu filmen.

Die Ablage des vergleichsweise riesigen Eis ist bei L. zelinkai (und bei den anderen Bauchhärlingen) nur möglich, weil das Ei vor der Eiablage sehr flexibel ist:


Bild 2: L. zelinkai; Eiablage

Das Ei wird durch einen sehr kleinen ventralen/lateralen Oviporus gepresst, der ansonsten mikroskopisch nicht sichtbar ist und der meines Wissens auch elektronenmikroskopisch noch nie nachgewiesen wurde. Symmetrie vorausgesetzt, sollte auch auf der anderen Seite des Tieres eine entsprechende Öffnung bestehen.


Bild 3: L. zelinkai; ventrolateraler Oviporus

Nach der Eiablage beginnt die Mutter sofort Detritusflocken in der Eiumgebung mit ihrem Pharynx aufzunehmen ohne diese in den Darm zu befördern. Diese Flocken werden dann zurück zum Ei gebracht, auf die Hülle gespuckt und dort sorgfältig verteilt bis das gesamte Ei halbkugelförmig mit Detritus bedeckt ist. Möglicherweise soll hierdurch das Ei (chemisch) getarnt werden um Fressfeinde (z.B. Amöben) zu täuschen.


Bild 3: L. zelinkai; Dekoration des Eis mit Detritus; Pfeilspitze weist auf Polkörper

Der gesamte Film (ca. 9 min) kann hier angesehen werden (zum Starten auf das Bild klicken!):


Bild 4: L. zelinkai; Video des Brutverhaltens

Interessant finde ich auch bei ca. 5 min die Bildung des Polkörpers des Eies. Diese kleine Zelle, die während der späteren Embryonalentwicklung aufgelöst wird, entsteht bei einer stark unsymmetrischen Teilung der Eizelle. Dabei wird die erste somatische Zelle des Tieres gebildet. Der Zweck dieser anfänglichen - anscheinend nutzlosen - Teilung ist mir unklar. Ist die Entstehung eines Polkörpers nur durch Meiose erklärbar oder kennt jemand sowas auch bei einer mitotischen Teilung?

L. zelinkai ist bereits der zweite Gastrotrich, bei dem ich eine Brutpflege beobachten konnte. Möglicherweise ist dieses Verhalten bei Gastrotrichen also häufiger als gedacht!
Ich finde dieses Verhaltensmuster bei so kleinen Tieren sehr erstaunlich. Nicht nur, dass das Tier Material aufnimmt und damit das Ei tarnt - das Tier muss auch eine "innere Landkarte" besitzen, um das Ei problemlos wiederzufinden. Ich glaube nicht, dass es bei all unserer "KI-Hybris" möglich wäre, einen Roboter zu bauen, der eine solche Leistung in jeder Umgebung erbringen könnte - schon gar nicht mit einer Größe von 250µm!

Viele Grüße

Michael
Gerne per Du

limno

Hallo Michael,
ein wunderbares Video!  8) Danke! Ich werde es mal mit dem vorherigen mit der anderen Art vergleichen!
Bauchpinselnde Grüße von
Heinrich
So blickt man klar, wie selten nur,
Ins innre Walten der Natur.

M Beier

Hallo Michael,
gratuliere zu den tollen Fotos und dem grandiosen Video! Ich bin unglaublich fasziniert von der Brutpflege bei diesen "primitiven" Organismen. Was mag da genetisch zu Grunde liegen?
Viele Grüße
Maria

Michael

Hallo Heinrich und Maria,

es freut mich, dass Ihr wie ich auch von diesem erstaunlichen Verhalten dieser kleinen Tieren fasziniert seid!
Was der Grund für dieses Verhalten ist, kann nur spekuliert werden.  Während "aktive" Gastrotrichen mehr Lauerjägern ( "Raubpilz": https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=29132.0, Ciliaten: https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=37505.0. und Sonnentierchen) in die Falle gehen, konnte ich immer wieder beobachten, dass die Gastrotrichen-Eier Amöben zum Opfer fallen. In einem früheren Beitrag habe ich mal gezeigt, wie ein Gastrotrichen-Ei von einer Amöbe erbeutet wird (https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=32623.0). Ich nehme daher an, dass die Verkleidung der Eischale mit Detritus eine Art chemisch / taktile Tarnung der Eier ist. Die Fotos zeigen immer nur einen optischen Schnitt durch das getarnte Ei. Man muss sich vor Augen halten, dass das Ei an das Substrat geklebt wird und dann mit einer vollständigen Halbschale aus Detritrus umgeben wird. Ob ein solches Ei dann noch von einem Feind als Mittagessen erkannt wird, bezweifle ich - zumindest erschwert das wohl die Mahlzeit.

Viele Grüße

Michael
Gerne per Du

Martin Kreutz

Hallo Michael,

wieder mal eine interessante und gut dokumentierte Lebendbeobachtung von Dir! In den ersten Minuten des Videos kann ich persönlich nicht direkt erkennen, dass das gefilmte Exemplar gleich das Ei ablegen wird. Woher wusstest Du das? Oder hast Du die Kamera stundenlang mitlaufen lassen, um dann die entscheidende Stelle herauszuschneiden? Oder gibt es typische Anzeichen für die bevorstehende Geburt? Was die Bildung des Polkörpers angeht, so musste ich auch erstmal etwas recherchieren. Wenn ich es richtig verstanden habe, wird ein diploider Polkörper während der Embryonalentwicklung gebildet, dessen Position später die Polarität des Embryos bestimmt (Kopf und Schwanz). Ich habe es so verstanden, dass sich der "Zellbrei" im Ei durch die Ausscheidung des Polkörpers selbst eine Polarität vorgibt. Aber ich bin kein Entwicklungsbiologe. Vielleicht kann jemand mehr zur Polaritätsbildung sagen.

Martin

Michael

Hallo Martin,

Du hast recht, diesmal war das Abpassen des richtigen Zeitpunktes wirklich etwas mühsam. Aus meinen früheren Beobachtungen wusste ich, dass die Eier von L. zelinkai eine Detritus-Hülle besitzen. Seit mehr als einem Jahr versuche ich daher, die entsprechende Brutpflege zu beobachten. Leider hatte ich nie Erfolg, da ich auch bei dieser Gastrotrichen-Art keine Vorzeichen zur Eiablage bemerkt habe. Vor ein paar Tagen war ich dann endlich soweit, dass ich's wissen wollte. Ich präparierte mir ein Mikroaquarium mit ca. einem Dutzend Exemplaren (übrigens aus einer Deiner Simmelriedproben, die Du mir in Würzburg überlassen hast) und ließ das Präparat eigene Tage "reifen". Am 23.7. bemerkte ich dann ein Tier mit einem sehr weit entwickelten Ei und legte mich einige Zeit auf die Lauer. Leider tat mit der kleine Freund auch nach zwei Stunden nicht den Gefallen, das Ei zu legen, aber er wurde immer träger und blieb wenigstens im Sichtfeld des 10er Objektivs. Ich gab die direkte Beobachtung auf und sah neben meiner Arbeit nur etwa alle 15min nach dem Gastrotrichen - schließlich wollte ich ja nur die Brutpflege und nicht unbedingt die Eiablage beobachten. Nach ca. einer weiteren Stunde war das Tier dann nur noch sehr langsam und verkrümmte sich manchmal auffällig. Dies war für mich das Zeichen, dass es sich lohnt die Aufnahme zu starten - und die Sturheit hat dann doch noch gesiegt.
Wenn ich Dich richtig verstanden habe, hast Du Informationen gefunden, die die Produktion eines diploiden Polkörpers behandeln. Könntest Du mir diese zukommen lassen? Bisher kannte ich Polkörper nur als Produkt der Meiose (bei unsymmetrischer Teilung bei Eizellen), die dann aber haploid wären und nicht zu meinen Beobachtungen (bzw. zur Annahme einer apomiktischen Vermehrung bei Gastrotrichen) passen.

Viele Grüße

Michael
Gerne per Du

Martin Kreutz

Hallo Michael,

das auch diploide Polkörper gebildet werden können, habe ich aus einem sehr alten Artikel von Weismann und Ishikawa geschlossen:

https://www.zobodat.at/pdf/Berichte-naturf-Ges-Freiburg-Br_3_0001-0044.pdf

Die haben die Bildung von Polkörpern (Richtungskörper) in parthogenetischen Eiern von einem Wasserfloh beobachtet. Ich muss zugeben, dass ich nicht den ganzen Artikel gelesen habe und auch nur sehr dürftig recherchiert habe. Also mehr unbegründetes Halbwissen! Es würde mich daher interessieren, was da wirklich passiert!

Martin

Michael

Hallo Martin,

vielen Dank für den Link - die 50+ Seiten muss ich erst mal in Ruhe durcharbeiten.
Inzwischen habe ich auch einen Übersichtsartikel über Parthenogenese gefunden, der die Pol-Körper und die verschiedenen Möglichkeiten genauer beleuchtet:

     Mittwoch U.    Parthenogenesis. Journal of Medical Genetics 1978;15:165-181.
(Download unter https://jmg.bmj.com/content/jmedgenet/15/3/165.full.pdf)

Ich habe mich noch nicht durch den gesamten Artikel durchgearbeitet, aber es gibt hier zumindest ein interessantes Übersichtsschema:


Übersicht aus Mittwoch U, Parthenogenesis. Journal of Medical Genetics 1978;15:165-181.

Zumindest der "Pfad g" aus dem Bild kommt ohne Meiose ebenfalls zu einem Pol-Körper. Ich muss mich erst genauer damit beschäftigen, aber auch die Parthenogenesetypen "d" und "e" würden sich wohl mit meinen Beobachtungen decken. Eine endgültige Klärung der Art der Parthenogenese wäre wohl erst mit genetischen Untersuchungen möglich, die - soweit ich weiß - noch nicht erfolgt sind.

Viele Grüße

Michael


Gerne per Du

M.Butkay

Hallo Michael,

immer wieder eine erstklassige Dokumentation mit viel Zeit die dahinter steckt. Ich selber habe eine Eiablage noch nie beobachtet, sie waren, einfach da... :o

Von mir einen dicken Daumen hoch! 

Viele Grüße und mach weiter so,

Michael
Captain Kirk (Wächter des Plankton...)

Michael

Hallo Michael,

es freut mich, dass Dir mein Beitrag gefallen hat! Ich glaube nicht, dass schon viele Leute die Eiablage bei Gastrotrichen direkt beobachtet haben. In einem "normalen", temporären Präparat ist das wohl auch unmöglich. Nur in einem Mikroaquarium (entweder feuchte Kammer oder - wie bei mir - Vaseline-abgedichtet) oder mit einem inversen Mikroskop hat man da eine Chance. Dafür muss man halt den Preis einer höheren Schichtdicke bezahlen.

Viele Grüße

Michael
Gerne per Du

Michael Plewka

#10
Hallo zusammen,

@ Michael: zunächst einmal wieder Gratulation zu Deiner sehr schönen Dokumentation Deiner Beobachtungen und natürlich auch besten  Dank für das Lob zu den Fotos...

Du berichtest jetzt ja bereits zum 2. Mal über das Thema "Brutpflege bei Gastrotrichen" , ein Thema der Verhaltensbiologie, das ja derart spannend ist, dass ich dazu einige -kritische- Anmerkungen machen möchte.

Innerhalb der Schulbiologie ist das Thema "evolutive Bedeutung des Verhaltens" ein wichtiger Unterrichtsschwerpunkt in der Qualifikationsphase des Gymnasiums. Insofern ist mir die Materie ein wenig vertraut.
Bei diesem Thema geht es  natürlich darum zu klären, warum bestimmte Lebewesen ein bestimmtes Verhalten zeigen, die sog.  Funktion des Verhaltens von Organismen, wobei dieser Begriff zwei gleichwertige Komponenten umfasst:
1. die proximaten Ursachen, d.h. wodurch wird ein Verhalten bewirkt (Neuronen, Hormone, Reize; Reaktionen, Handlungsketten).
2. die ultimaten Ursachen, d.h. platt gesprochen: den "Zweck" des Verhaltens   ("dient der Erhaltung der Art"; "die Vögel fliegen nach Süden, um dort zu überwintern").

Nachdem die kritische Analyse verschiedener Verhaltensweisen (z.B. Kindstötungen bei Löwen; Bienen-Arbeiterinnen haben keine eigenen Kinder, Kannibalismus bei Schnecken und Spinnen,  Egoismus/ Altruismus/ Satelliten-Männchen  usw.) zu Widersprüchen mit diesem "Zweck"  geführt haben, macht die Verhaltensforschung heute eine sog. "Kosten-Nutzen-Analyse" von Verhalten.  Dabei wird grundsätzlich der  Energieaufwand (Energieverbrauch pro Zeit) für das zu untersuchende Verhalten dem Fortpflanzungserfolg (nicht des Individuums, sondern ) desjenigen  Gens, das dieses Verhalten bewirkt, gegenübergestellt. Dabei ist  obligatorisch, dass zu einem konktret beobachteten Verhalten (hypothetische) Verhaltensalternativen mit in eine solche Funktionsanalyse einbezogen werden.

Wir haben in Deinen Beiträgen nun zwei Videos, die das Verhalten eines Gastrotrichen zeigen. Stellt man nun die Frage nach dem "Warum" für dieses Verhalten, so liefern Deine weiteren Ausführungen eine "Erklärung"/ Hypothese: es handele sich um Tarnung und sei somit eine Brutpflege.

Du begründest das u.a. mit der aktiven Aufnahme von Detritus durch die Mutter und der aktiven Deponierung des Materials an dem Ei. Weder im Video des 1. noch im 2. Video kann ich dieses Verhalten erkennen. Ich halte es aber für außerordentlich wichtig, dieses Verhalten mal im Video zu dokumentieren, zumal es für mich bisher nicht  vorstellbar war, dass sich der Nahrungsfluss bei solch kleinen Wirbellosen umkehren kann. Auch das wäre für mich eine Sensation!

Deine Hypothese "Brutpflege" bezieht sich also auf den "Zweck" des Verhaltens, gehört  also zur o.a. Komponente 1.

Was ist mit der proximaten Ursache ?
Dazu ist ein Deinen Beiträgen m.E. zuwenig zu finden.

Deshalb: ausgehend von der folgenden Frage folgende Anmerkungen:

Was ist die Ursache dafür, dass der Gastrotrich in der Nähe des Eis bleibt? (Eine solche Taxis wird in der Verhaltensforschung sehr häufig und sehr genau (mit Zeitmessungen  etc. durchgeführt)
1.optische Reize?
2.chemische Reize?
3.taktile Reize?


zu 1.Obwohl ja eine Tarnung primär als eine Methode zur Verringerung des optischen Kontrasts   verstanden wird, würde ich optische Reize bei diesen Organismen (auch der potentiellen Predatoren) ausschließen.

zu 2. Lässt sich ausschließen, dass die Viecher die Eier einfach aufgrund chemischer Signale nach einen einfachen Reiz-Reaktions-Schema finden?
Lässt sich ausschließen, dass die vermutlich klebrige und gelatinöse Eihülle Stoffe (z.B. Aminosäuren) enthält/abgibt, die andere Organismen, also auch die Gastrotrichen selbst, anlocken?

Meine Hypothese ist wie folgt:
Das Ei ist abgelegt, die Mutter entfernt sich, umkreist den Detritus dergestalt, dass sie wieder auf ihre eigene Spur triftt und dem Konzentrationsgefälle der Stoffe folgt, die als Reststoffe der Eiablage in der Spur vorhanden sind.  Auf diese Weise gelangt die Mutter zum Ei zurück.  An den BauchCilien des Gastrotrichs hängengebliebene Detrituspartikel bleiben beim Umkreisen des Eis an der klebrigen Eihülle hängen.  (Das  von Dir beschriebene "Festdrücken" des Detritus kann ich nicht erkennen). Weiter zu fressen findet die Mutter dort aber nicht, sie sucht wieder andere Stellen auf, kommt zufälligerweise wieder an ihrer ursprünglichen Spur an und das ganze geht von vorne los bzw. solange weiter, bis das  Jungtier aus dem Ei schlüpft.
Diese einfache Erklärung käme auch ohne  die Hypothese eines "erstaunlich komplexen Verhaltens" und die Annahme aus, dass Gastrotrichen eine  "Vorstellung ihrer Umgebung"  haben.

Lässt sich diese Hypothese widerlegen?

In Deinen Ausführungen wird eigentlich nicht deutlich, worin denn  die Tarnung bestehen  soll, die dann Schutz vor  Fressfeinden bietet. Geht man davon aus, dass aus diesem Ei Stoffe herausdiffundieren, könnten entsprechend sensitive Predatoren (Amöben etc.) die Eier durchaus als Beute erkennen und verspeisen. Bevor man also von Brutpflege sprechen kann, muss also m.E. geklärt sein, ob überhaupt ein Schutz gegeben ist  (Attrappenversuche etc).


Wie schon zuvor erwähnt, gehört zur Verhaltensanalyse auch die Abschätzung des Erfolgs von Verhaltensalternativen.
Eine andere Strategie wäre z.B. folgende: statt bei dem Ei zu bleiben und es "ungetarnt" seinem  Schicksal zu überlassen, könnte die Mutter die Zeit anders "nutzen", sich vollfressen und ein weiteres Ei produzieren.

Fazit. m.E. muss die Optimierung des Fortpflanzungserfolgs in beiden Fällen genauer bewiesen werden, damit man von "Brutpflege" sprechen kann.

Beste Grüße
Michael Plewka





 

JB

Hallo Michael,

In einem der frueheren Videos sieht es ja so aus, als wenn das Muttertier in der Fruehphase der Entwicklung die Detriuspartikel ablegt und sich spaeter nicht mehr um das Ei kuemmert. Ist das eine Beobachtung die Sie so oefter gemacht haben? https://www.youtube.com/watch?v=6qq52Qf6v5g

Ich finde die Dokumentation sehr ueberzeugend, als Brutfuehrsorge eher denn als Brutpflege. Ist es immer nur das Muttertier, das zum Ei zurueckkehrt?

Ich hatte, damals als Sie das hier das erste Mal gezeigt hatten, kurz in die Uebersichtsliteratur gesehen und konnte kein derartiges Verhalten beschrieben finden. Ist das bei Ihrer Literatursuche auch so gewesen? Wenn ja, wuerde ich das an Ihrer Stelle endlich zitierbar publizieren (1 Seite, "short report"), bevor es jemand anderes macht. Die reine Beobachtung der Brutfuehrsorge, ohne unnoetige weitere Spekulationen.

Michael Plewka hat ja schon angedeutet, was man alles an Experimenten machen koennten um weitergehende Details aufzuklaeren. Da ist eine 4 Jahre-waehrende Doktorarbeit drin. Die koennen Sie aber spaeter immer noch schreiben.

Viel Erfolg,

Jon

Michael Plewka

Hallo Jon

mit "Brutfürsorge"  werden diejenigen Verhaltensweisen bezeichnet, die vor der Eiablage  von den Eltern durchgeführt werden und dabei der Fortpflanzungserfolg optimieren, also z.B. Nestbau bei Vögeln oder  das Bohren von Löchern für die Eier bei Insekten. Brutfürsorge findet also bei dem in den Videos dokumentierten Verhalten der Gastrotrichen bestimmt nicht statt.

Beste Grüße
Michael Plewka

Martin Kreutz

Hallo Michael,

noch ein Vorschlag, um Beweise für eine echte Brutpflege zu erhalten und dass es sich nicht um eine zufällig Rückkehr zum Ei auf Grund von chemischen Stoffgradienten handelt. Ich kann in Deinem Video nicht genau erkennen, wie das Muttertier den Detritus ranschafft, um ihn auf die Eihülle zu kleben. Wenn es einfach Detritus ist, der an den Stacheln des Muttertieres hängen geblieben ist und nun auf der klebrigen Oberfläche des Eies haften bleibt, dann das Zufall sein. Aber wenn das Muttertier aktiv Detritus mit dem Mund aufnimmt und am Ei wieder ausstößt, dann würde ich das für einen aktiven Akt halten und somit echte Brutpflege.

Martin

ania

Danke für das faszinierende Video!

Wenn die Mutter das Ei aufgrund chemischer Reize wiederfindet, wäre es plausibel dass sie es so lang tarnt, bis sie es selber nicht mehr riecht. Wenn sie es nicht mehr erkennt und von dannen zieht, wird es der Fressfeind auch nicht erkennen.