Nochmal dringende Warnung vor zu viel "Triebgymnastik" (Beispiel: Leitz Diavert)

Begonnen von Diana1982, August 06, 2020, 01:08:03 VORMITTAG

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Diana1982

Hallo Zusammen,

Wenn Grob- oder Feintrieb nicht mehr so richtig wollen oder gar blockieren, bitte keinesfalls mit größerem Kraftaufwand weiterdrehen!!!
Ursachen sind gerne Verharzungen, Fremdkörper im Getriebe oder Montagefehler - die Folgen leider oft übel ...

Hier z.B. der Trieb eines Leitz Diaverts.

Der Schlitten mit der Schwalbenschwanzführung für den Tisch saß zu tief im Triebkasten: Ganz unten. Er ließ sich auch nur geringfügig weit nach oben bewegen.
Beim Diavert sollte der obere Anschlag dieses Schlittens aber fast ganz oben sein (mit ca. 1...2 mm Platz nach oben) und der untere ca. 2 cm "über dem Boden".

Ob der Schaden am Nylonzahnrad nun durch einen vorausgegangenen Montagefehler des Triebes im Triebkasten verursacht wurde oder Folge der Verharzung ist, die aber noch nicht wirklich stark ausgeprägt scheint, ist mir zur jetzt späten Stunde noch unklar...
Das Diavert scheint an dieser Stelle grds. empfindlich zu sein, da ich schon mehrere Ersatzteile (d.h. (fast) ganze Triebe) bei Ebay gesehen habe, bei denen genau dieses Nylonzahnrad auch schon gerissen, bzw. anderweitig beschädigt war oder gleich ganz gefehlt hat. Evtl. wurde der Trieb auch vorher schon einmal gewartet (sprich "entharzt") und der Schaden so gut es ging kaschiert. Durchrutschen konnte, so wie der Trieb zusammen mit dem Schlitten montiert war, nichts mehr, der Grobtrieb ließ sich nur noch wenige Umdrehungen drehen, besser gesagt: Nicht einmal 2!

Ja...oder das Zahnrad, war - wodurch auch immer - beschädigt worden...Gewalteinwirkung z.B. beim Transport im Zsh. mit unzureichender Polsterung und noch montiertem Tisch fällt mir da noch ein.... Der Trieb rutschte dann nach unten durch, konnte aber nicht mehr hoch...

Anbei jedenfalls 1. das Foto direkt nach der eben erfolgten Demontage als Warnung vor z.B. zuviel "Triebgymnastik"!

Und 2. der Schlitten in falsch montierter/durchgerutschter Position (die auf dem Bild markierte Schraube spielt hier keine Rolle).

LG
Diana
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unkenheini

Moin Diana,
Vielen Dank für Deine technischen Beiträge.Ich bin immer wieder begeistert,einmal ein Blick ins Innere werfen zu können.Ich kann mich noch an Deine Vorstellung erinnern,dann das Foto mit dem Rudel Mikroskopen  ;D Und jetzt Dianas Technicher Mikroskop Service (DTMS) ;D. Meine Frau hat den Wink mit dem Zaunpfahl zu deinen Arbeitsplatz Foto,leider noch nicht akzeptiert (Rudeltiere)  :'(
Wenn ich es finde stelle ich ml ein Foto von einer Maschine rein ,auf der mein ehemaliger Arbeitskollege Zahnräder gefertigt hat.Die älteste war Bj 1918 und lief 2010 noch 1a!
Ich freue mich auf weitere technische Fotos,
Mitt freundlichen Grüßen Jörg
Mit freundlichen Grüßen
Jörg G.

p.s. Mir ist es lieber mit Du angesprochen zu werden als mit Sie.Danke.

jochen53

Hallo Jörg,

das glaube ich gerne, daß die alte Maschine heute noch einwandfrei funktioniert. Leider handelt es sich hier um ein Schneckenrad eines Schneckengetriebes. Diese Verzahnungen haben sehr komplizierte Geometrien und die Fertigung ist wesentlich schwieriger wie die einer "normalen" geraden oder schrägen Stirnradverzahnung. Dazu gibt es noch verschiedene Geometrien der Zahnflankengeometrie: Hohlflankenschnecke, Globoid-verzahnung, Cavex-verzahnung usw. Das Schneckengetriebe hat bei nur einer Stufe eine sehr hohe Über- bzw. Untersetzung und läuft bei richtiger Einstellung spielfrei. Das heißt aber umgekehrt auch, daß man wegen der hohen Untersetzung so hohe Drehmomente erzeugen kann, daß es zu einem Gewaltbruch im Zahnfußbereich kommen kann, wenn die Zahnfußfestigkeit überschritten wird. In normalen Industriegetrieben kommt das äußerst selten vor, da muß schon "ein Hammer in die laufende Verzahnung fallen", aber hier ist der Kunststoff (sehr wahrscheinlich PA) das schwächste Glied und gibt nach. Wenn man mit der Hand kräftig gegen Anschlag dreht, sagt das Scheckenrad ade. Die PA-Zahnräder werden im Spritzgußverfahren hergestellt, angeblich soll es in Polen einen Hersteller geben, der kleine Zahnräder herstellt und liefert. Dazu müßte man aber erst die exakten Daten der Verzahnung kennen. Die Vermessung der Schnecke könnte dabei auch helfen, ist aber sehr sehr aufwendig und vermutlich nur mit einer 3D-Meßmaschine möglich, Getriebehersteller und Hochschulen haben sowas evtl.

Viele Grüße, Jochen (kein Ing., nur Chemiker)

Peter V.

Hallo,

fest steht: Man sollte keienesweg verharzte Triebe mit mehr oder weniger "sanfter Gewalt" bedienen oder gar durch beherztes Hin- und Herdrehen versuchen, das Ganze wieder gängig zu machen. Das geht oft schief und fürhrt zu irreparablen oder nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand behebbaren Schäden. Lieber frühzeitig überholen lassen.

Herzliche Grüße
Peter
Dieses Posting ist frei von kultureller Aneigung, vegan und wurde CO2-frei erstellt. Für 100 Posts lasse ich ein Gänseblümchen in Ecuador pflanzen.

unkenheini

Moin Jochen,
Ich glaube die Maschinen existieren nicht mehr.Vor da 3 Jahren wurde die Firma aufgelöst und ich gehe davon aus das die Maschinen verschrottet wurden.In der Zeit wo ich dort war haben wir vom 1800mm (Kläranlage)Zahnrad,über Schneckenantrieb(Kirchturmuhr)bis zu feinmodul Zahnräder (Kleinroboter Prototypen ,Modellbau)meist nach Muster gefertigt (altes Teil wurde angeliefert).Der Bediener konnte mit seinen konventionellen Maschinen Teile fertigen und das in einer Präzison , wo jeder meint man braucht dafür heute CNC.Ich bin auch CNC Fräser,und konnte über das Wissen der Alten nur staunen(oh Mist bin ja auch schon alt,50)  ;D Eine bekannte Firma für Zahnräder im Raum Bremen ist "Tandler "Aber so große Firmen geben sich meist mit so etwas gar nicht mehr ab.
Eigentlich schade.
Mit freundlichen Grüßen Jörg
Mit freundlichen Grüßen
Jörg G.

p.s. Mir ist es lieber mit Du angesprochen zu werden als mit Sie.Danke.

mhaardt

Es geht hier aber um ein Schneckenrad, was keine absolute Positionierung erzeugen muss, d.h. Flankenfehler sind nicht so wichtig.  Es muss nur halbwegs zum Zahnrad passen.  Wenn man Durchmesser und Steigung der Schnecke kennt, findet man mit Glück einen passenden Gewindeschneider, mit dem man einen Rohling schneidet.  Eine Indizierung des Rohlings kann helfen, ansonsten muss man etwas experimentieren, bis einmal eine passende Zahnung entsteht, die der Gewindeschneider weiter führt und wieder trifft.

Kunststoff ist eigentlich keine schlechte Wahl, damit die Schnecke nicht schnell verschleißt, die immer auf den gleichen Gewindegängen benutzt wird, während das Zahnrad viele Zähne hat.  Außerdem arbeitet Kunststoff etwas und gleitet je nach Material gut, so dass man faktisch kein Umkehrspiel bekommt.

Michael

Peter V.

Hallo,

meine Wissens sind diese Zahnräder (zumindest beim Orthoplan) aus Nylon und "eigentlich" (zumindest auch beim Orthoplan) unverwüstlich. Eines ist sicher: In den alten Leitztrieben (das ansonsten vor vielen Messingteilen strotzt) wurde das einzelne Nylon-Zahnrad sicher nicht aus Gründen der Kostenersparnis, sondern wegen spezieller Materialeigenschaften für den Zweck eingesetzt. Es wäre ja auch völlig abstrus, einen Trieb aus vielen hochwertigen Metallteilen zu kontruieren und nur an einer Stelle aus Sparsamkeit Kunststoff zu verwenden. Diese Mikroskope stammen auch noch aus einer Zeit, als Ingenieure und nicht Controller tonangebend waren und das oberste Ziel war, ein hochwertiges und langlebiges Produkt zu bauen.

Herzliche Grüße
Peter
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Frank D.

Hallo zusammen,

neben der "Triebgymnastik" spielt noch ein anderes Problem bei diesem Trieb seine zerstörerische Rolle. Wenn die Verharzung kristallisiert und die feinen Messingzähne verstopft (hier beim Orthoplan).
Ich hatte das vor ein paar Jahren schon einmal beschrieben: Die Flanken der Stahlwelle werden durch die Kristalle aus der Führung gehoben, der Zahnkopf setzt auf die Messingzähne auf und schneidet sie ein. Die abgetrennten Messingstückchen setzen sich dann im Zahnfuß ab und beschleunigen den "Zerfall".

Im letzten Foto ist die Stahlschnecke mal als Fotomontage eingefügt. Auf Grund der geringen Zahnabstände (1 mm) füllen sich die Zwischenräume schnell mal mit diesem Kupferschmand.

Viele Grüße
Frank









Diana1982

Inzwischen geh ich immer mehr von einem Transportschaden aus, der allergings vor dem aktuellen Ebay Kauf durch die jetzige Besitzerin stattgefunden haben dürfte.

- Vor dem aktuellen Kauf - denn bei ihr kam das Diavert sehr gut verpackt an, weitgehend in Einzelkomponenten zerlegt, auch der Tisch war demontiert

- Der Trieb ist nicht genug verharzt, als dass das indirekt zu dem Schaden geführt haben könnte, gerade dieses Nylonzahnrad ist sehr leicht beweglich (keinerlei "Harz") und auch der Tischschlitten läuft noch "ganz gut". Der Grobtrieb läuft etwas schwer, aber wie eben erwähnt, dürfte das in dem Fall nicht ausgereicht haben.

- Ein zweiter Schaden, der auch bereits vor dem Kauf stattgefunden haben muss, ist der abgebrochene Hebel der Leuchtfeldblende, die Hälfte des Schraubgewindes steckt noch im Gegenstück, zusätzlich war eine der Lamellen nach oben herausgedrückt. Das deutet ebenfalls auf Gewalteinwirkung (beim Transport?) hin. Vor dem aktuellen Kauf, weil bereits auf den Ebay-Bildern kein Hebel mehr zu sehen ist. Hier hatte ich aber Ersatzteile und die Blende war relativ schnell repariert.

Also: Transportschaden oder Fehlmontage nach vorausgegangener Wartung....
Das mit der Fehlmontage kann ich bei Gelegenheit (natürlich vorsichtig) austesten....Evtl. Fehlmontage und dann doch mit Gewalt versucht, den Schlitten mittels Grobtrieb weiter hoch zu drehen? Erst dachte ich, der Trieb sieht noch nicht zerlegt gewesen aus, aber jetzt sehe ich doch Abnutzungsspuren in Schraubenschlitzen....

P.S.: Um Euch nicht zu verwirren: Frank zeigt gerade den Orthoplantrieb...hier habe ich ein Diavert. Danke Frank fürs Zeigen ;)

LG Diana
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Frank D.

Zitat von: Diana1982 in August 06, 2020, 13:57:47 NACHMITTAGS
...
P.S.: Frank zeigt gerade den Orthoplantrieb...hier habe ich ein Diavert. ..

Stimmt! Diese ganzen Diaplane und Orthoverte ....
Habe meine Info ergänzt.

Gruß
Frank

Diana1982

ZitatDiese ganzen Diaplane und Orthoverte ....

Frank, wenn Du erstmal wieder richtig in der Materie drin bist, passiert Dir das nicht mehr ;)
Na, keine Lust? Ich könnte etwas Pause vertragen  ;)

LG Diana
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Diana1982

Während ich nun auf ein passendes Ersatznylonzahnrad warte (die Dame wird ihr Diavert von mir auf jeden Fall repariert bekommen), habe ich nochmal genauer hingeschaut...

Bei zwei "nur" angebrochenen Zähnen kann man ganz gut erkennen, dass das Nylonzahnrad zum Zeitpunkt der Beschädigung versucht wurde gegen den Uhrzeigersinn gedreht zu werden, d.h. den Tischschlitten, in dessen Zahnstange es greift, nach oben bewegend. Das Foto zeigt den Trieb in der Ansicht, wie er auch im eingebautem Zustand sitzen würde. Bild oben heißt: Eingebaut auch oben.

Also nach wie vor sind für mich noch beide Theorien im Rennen:

1. Transportschaden
z.B. Schlag gegen den Tisch von unten
Stellt sich die Frage, ob sowas beim Diavert so einfach möglich ist?
Der Tisch steht nur an einer Seite gegenüber dem Stativfuss geringfügig über.

2. zu viel Kraftaufwand nach Falschmontage
Versuch, den zu weit unten sitzenden Schlitten gegen einen Widerstand weiter hochzufahren.
Das teste ich noch aus, ob es eben diesen Widerstand gibt, wenn ich alles wieder - zunächst absichtlich falsch - montiert habe.

LG Diana
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Werner


Diana1982

Lieber Werner,

Nein, es wird ein Original-Leitz-Diavert-Ersatzteil!
Ich bekomme es von einem Freund aus dem Forum, mit dem ich ein Tauschgeschäft gemacht habe.
Es wird aus einem anderweitig defekten Diavert-Trieb stammen.

Dein Link ist sehr interessant! Danke!

LG Diana
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Diana1982

ZitatAlso nach wie vor sind für mich noch beide Theorien im Rennen:

1. Transportschaden
z.B. Schlag gegen den Tisch von unten
Stellt sich die Frage, ob sowas beim Diavert so einfach möglich ist?
Der Tisch steht nur an einer Seite gegenüber dem Stativfuss geringfügig über.

2. zu viel Kraftaufwand nach Falschmontage
Versuch, den zu weit unten sitzenden Schlitten gegen einen Widerstand weiter hochzufahren.
Das teste ich noch aus, ob es eben diesen Widerstand gibt, wenn ich alles wieder - zunächst absichtlich falsch - montiert habe.

Theorie 2 konnte ich doch auch so, d.h. mit dem defekten Nylonzahnrad, austesten und möchte sie als Schadensursache ausschließen.

Ist der Trieb richtig zusammen mit dem Schlitten montiert, läuft der schwarze gefederte Bügel (Teil des Endanschlagsmechanismus) in einer Mulde in der Rückseite des Schlittens. Je nach Lage innerhalb dieser Mulde wird er mehr oder weniger hin zur Triebwelle gedrückt und blockiert schließlich an das auf der Welle befestigte Endanschlagsklötzchen stoßend den Trieb. Dies geschieht bei richtiger Montage nach etwa 3 4/5 Grobtriebumdrehungen.

Sitzt der Schlitten jedoch zu tief, gibt es dort sozusagen keine Mulde, in der der "Bremsbügel" laufen kann. Er ist dann ständig heruntergedrückt und schlägt nach etwa einer 4/5 Umdrehung entweder eben vorne oder hinten am Klötzchen an.
Ist dies dann geschehen, wirkt bei versuchtem Weiterdrehen die Kraft auf dieses Endanschlagsklötzchen, aber nicht auf das Nylonzahnrad.

Falls ich hier irgendwo Denkfehler drin habe, lasst es mich übrigens gerne wissen...

LG
Diana
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