GEOLOGIE: Edelmetall-Telluride der Kupfergrube von Glava in Schweden

Begonnen von Holger Adelmann, November 18, 2020, 11:02:24 VORMITTAG

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

Holger Adelmann

Liebe Kollegen,

heute zeige ich euch einmal ein paar mineralogische Raritäten.

Zur Geschichte & Geologie:

Lokaler Name: Glava kopparfält (Yttre Ruds koppargruvor), Glava, Arvika, Värmland, Schweden.
https://zh.mindat.org/loc-10042.html

Ca. 1870 entdeckt, jedoch kaum Bergbau vor dem ersten Weltkrieg. Es war zunächst nicht bekannt, dass in der Kupfergrube durchaus abbauwürdige Mengen an Gold & Silber vorkamen.
Die Au-Ag-Te Minerale wurden erst 1941 von Scherbina entdeckt, sie erscheinen als Einschlüsse in den Cu-Fe-Sulfiden.

Die Lagerstätte:

Die Erze treten in N-S streichenden Gängen auf (in einem westlichen und einem östlichen Gangzug), die Gänge liegen in einem hochgradig metamorphisierten, "gneissigen" Paläovulkanit.
Es handelt sich um eine hydrothermale Cu-Au Lagerstätte mit Telluriden, wobei der Tellurobismuthit die dominierende Te-Phase darstellt.
Das Haupterz ist Bornit, daneben div. CunSm-Phasen, meist Digenit und Covellin, manche sicher auch als sekundäre (Verwitterungs-) Bildungen.

Ergebnisse meines Besuchs (lokale Bilder mit dem Handy, bitte entschuldigt die Qualität):

Die offengelassene (wörtlich zu nehmen  ;D) Grube liegt mit ihren abgesoffenen Schächten und Schurfen in einem lichten Kiefernwald mit viel weiß-gelbem Moss - wunderschön, aber man muss schon aufpassen wohin man tritt!!

Es folgen ein paar Eindrücke.

Viele Grüße, Holger




Florian D.


Holger Adelmann

#2
Hallo Florian,

nein - die Gangart ist ganz überwiegend Quarz, möglicherweise auch aus einer (Teil-) Mobilisierung des ursprünglich wohl ryolithischen Vulkanits.

Die Gangart war in meinen Funden immer untergeordnet, der Bornit lag meist als Adern oder dickere Butzen direkt im metamorphen Gestein.

Hier noch ein paar Bilder (die Phasen bezeichnen übrigens, wie auch im vorigen Post, nur die Elemente die ich in der orientierenden EDX Untersuchung fand, es sind natürlich keine stöchiometrische Formeln ....)

Bild 1 zeigt einen solchen, wenn frisch angeschlagen, lebhaft hell-kupferfarbenen Bornit-Butzen (re neben meinem Zeigefinger).
Bild 3 zeigt das entmischte ged. Gold, wenn sich eine Au-Te-Phase zersetzt ....

Die anderen Bilder sollen illustrieren dass da bestimmt noch was neues zu finden ist ....

H.



hugojun

Hallo Holger,
schöner Beitrag.
Ist das Wasserloch der Eingang zum Untertagebau gewesen?
,,Das Haupt Erz ist Bornit...", damit meinst Du die braune Masse mit den Entmischung-Lamellen ?
Woraus bestehen diese Lamellen, es sind hell-blaue und beige- zu sehen. Anisotropie Effekte oder zwei Entmischungs-Minerale?

LG
Jürgen


Holger Adelmann

#4
Hallo Jürgen,

Das Wasserloch ist einer der vielen ungesicherten Förderschächte, die sind alle bis zum Rand abgesoffen, das macht sie aber nicht weniger gefährlich.

Genau - der Bornit ist im Auflicht rotbraun, die Entmischungslamellen die Du völlig korrekt diagnostiziert hast, bestehen aus Kupferkies (gelb) und aus blaugrauen Kupfersulfiden, meist Chalkosin (an den Rissen im Bornit findet sich noch als Sekundärmineral der deutlich kräftiger blaue Covellin).

Entmischungen sind im Bornit häufig und gut untersucht:
Bei Temperaturen von einigen 100 Grad liegt eine sogenannte Bornit-Neodigenit solid solution vor, ein "unstöchiometrisches" Elementgemisch, welches auch alle möglichen Fremdelemente aufnimmt. Beim Abkühlen "reinigt" sich der entstehende Bornit von Fremdelementen, die nicht ins Kristallgitter passen. Auch stöchiometrisch überzählige Elemente, welche für den Bornit keine Fremdelemente darstellen (Cu, Fe, S) werden aus dem entstehenden Bornit entfernt und bilden dann, wie hier gut sichtbar, Lamellen aus Kupferkies und Cu-Sulfiden.

Im von mir mittlerweile gut untersuchten Siegerland ist Wismut (Bi) ein solches Fremdelement, dessen Löslichkeit im Bornit bei Abkühlung drastisch abnimmt. Überschüssiges Bi bildet dann an den Korngrenzen des entstehenden Bornits das Cu-Bi-Sulfid Wittichenit in meist allotriomorpher, abgerundeter Form. Wenn dabei aller Schwefel verbraucht sein sollte bleibt evt. überschüssigem Bi nur die Abscheidung als ged. Metall.
(dieses Beispiel ist sehr anschaulich und ich poste hierzu noch mal separat was).

Die abgerundeten Edelmetall-Telluride im Bornit von Glava können ebenfalls als allotriomorph entmischte Fremdelemente der ursprünglich existierenden solid solution angesehen werden.

Grüße, Holger




hugojun

Hallo Holger,

besteht auch ohne EDX eine Chance diese Te-Verbindungen zu identifizieren?

Die Frage zielt natürlich auf das Erzmikroskop ab.
Die abgerundeten Edelmetall-Telluride würde ich als Frühausscheidung, vielleicht angelöst , ansehen, da sie vom Bornit-Würfel, dessen Struktur man gut an den Entmischungslamellen erkennen kann, eingeschlossen sind?

LG
Jürgen

Florian D.

Ah, danke Jürgen! Ich habe die braune Masse für Ganggestein gehalten und habe wegen der Rautenstruktur an Calcit gedacht.

hugojun

Hallo Florian ,

ja die Rauten Struktur ist die Schnittlage des Würfels im Schliff von Bild  23glava04-03b.jpg bei ca. (112).
Ich meine nicht den Notruf. :)

LG
Jürgen

Holger Adelmann

#8
Lieber Jürgen,

Zur Frage der Diagnostik  ... ich denke ohne EDX wird es hier schwer, m. E. hat ja auch die etwas leichter zugängliche Raman-Spektroskopie bei Sulfiden / opaken Erzen nicht so viel Erfolg gehabt ...?

Die abgerundeten Edelmetall-Telluride sind in der Tat vermutlich korrodierte Frühausscheidungen, und keine Spätausscheidungen aus der solid solution, zumal Au-Telluride in meso-bis epithermalen Lagerstätten zu finden sind.
Daher könnten die also durchaus noch zum Zeitpunkt höherer Temperaturen abgeschieden worden sein. Ich denke, dass auch die Inkompatibilität der Edelmetalle mit dem System Cu-Fe-S ohnehin groß ist.

Die Spätausscheidungen aus einer Bornit-Neodigenit solid solution sehen anders aus und orientieren sich schon ganz klar an den entstehenden Bornit Korngrenzen, man sieht das sehr schön im Bild unten aus dem Siegerland, wo sich Wittichenit (grau) und nach Verbrauch von S auch ged. Bi genau an den Bornit-Korngrenzen  ausgeschieden hat.


LG
Holger


hugojun

Hallo Holger ,

hier ist die "Triple-junction" Bildung deutlich mit ausgeglichenem Kornwachstum und Spätausscheidung entlang der Korngrenzen. Aber möglicherweise auch durch Korngrenzen -Diffusion hydrothermal in den Porenraum und entlang der Korngrenzen abgelagert.

Gruß
Jürgen

Holger Adelmann

Hallo Jürgen, ja - das Bild aus dem Siegerland ist sehr illustrativ für die Spätabscheidung, das schönste was ich hierzu habe.

Jetzt aber zurück nach Schweden zu Glava. Ich hänge mal ein Abstract an .... Da sprechen die Autoren auch von verschiedenzeitigen Abscheidungen der solid solution.

Gruß,
Holger

Fahrenheit

Lieber Holger,

Präparation und Aufnahmen wie gewohnt professionell.
Um die Reise beneide ich Dich! :)

Herzliche Grüße
Jörg
Hier geht's zur Vorstellung: Klick !
Und hier zur Webseite des MKB: Klick !

Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

hugojun

Hallo Holger,
die Feinheit der Kupfersulfid- Lamellen-Ausscheidung im Glava-Bornit sprechen für hohe Abkühlungsgeschwindigkeit in Minuten, die für den Siegerland-Bornit für Stunden , wofür ja schon auf die schöne Korngrenze hingewiesen wurde und eine eher spindelartige Ausscheidung.
Ab mehreren 10-Stunden verschwinden die Lamellen und Spindeln ganz und es bilden sich tropfenförmige Gebilde des Kupfersulfids.

LG
Jürgen

Holger Adelmann

Guten Morgen Jürgen!

Danke für die schöne Ergänzung! Ich nehme an, das konnte man experimentell gut nachvollziehen. Hättest Du hierzu Literatur für mich? Gern als PN - ist ja sehr speziell  ;)

LG
Holger

hugojun