Reinigung von Diatomeen mit Vollwaschmittel, Fleckenteufel und Geduld

Begonnen von Peter Ludwig, Januar 17, 2021, 09:49:43 VORMITTAG

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Peter Ludwig

Hallo zusammen,

zur Aufreinigung von Diatomeen existieren ja schon einige Rezepte hier im Forum, z.B. mit Rohrreiniger und dann noch der Klassiker mit Schwefelsäure.
Da ich zu Hause kein Labor einrichten und auch den Balkon nicht missbrauchen möchte, habe ich überlegt, wie ich gefahrlos und trotzdem effektiv Diatomeen reinigen kann. Es gibt offenbar ein käufliches Kit, das Enzyme enthält, und das war für mich der Hinweis, nach proteasehaltigen Haushaltsprodukten zu suchen. Schließlich bin ich bei ,,Tandil Vollwaschmittel flüssig" (das grüne von ALDI, aber jedes andere Vollwaschmittel mit Enzymen sollte eigentlich auch gehen) und ,,Dr. Beckmann Fleckenteufel Blut und Eiweißhaltiges" fündig geworden. Beide eignen sich prima zur Diatomeenreinigung, und hier ist das Rezept:

In je ein 0,5 ml Eppendorfgefäß (=Eppi) habe ich ca. 150 µl Tandil bzw. Fleckenteufel gefüllt und mit 300 µl Injektionswasser aufgefüllt. Aus meinem Aquarium habe ich zwei ähnlich lange Stücke Fadenalgen mit vielen anhaftenden Diatomeen zu den Lösungen gegeben (nur so viel, dass es noch locker ins Röhrchen passt). Bei Raumtemperatur habe ich die Eppis 9 Tage stehen lassen und jeden Tag einmal sanft  umgeschüttelt. Dann wurden die Algenfäden mit einer Pinzette entfernt und die Eppis ca. 1 min in einer Minizentrifuge zentrifugiert (5400 rpm = 2000g). Die Überstände wurden abpipettiert, die Pellets mit 400 µl Leitungswasser resuspendiert und erneut zentrifugiert. Dieser Waschschritt wurde noch 2x wiederholt. Dann wurden zwei solche Waschschritte mit Injektionswasser durchgeführt (jedes andere entmineralisierte Wasser geht da sicher auch) und schließlich die Pellets in 70%igem Ethanol resuspendiert. 50 µl der Suspensionen wurden auf 22 mm Deckgläser mit 0,17 mm Dicke getropft und luftgetrocknet. Die Deckgläser wurden dann mit den Diatomeen nach unten auf Objektträger mit Rähmchen aus Tesa-Verlegeband geklebt, also Lufteinschluss. Die Ergebnisse sind in den Fotos zu sehen.

Viele Grüße,

Peter


Fraenzel

Hallo Peter,
eine sehr interessante Alternative zu den sonst üblichen Reinigungsmethoden mit "unfreundlichen" Chemikalien. Die Ergebnisse zumal bei rezenten Diatomeen sind ja recht vorzeigbar. Ich experimentiere mit fossiler Diatomeenerde. Hast Du damit schon Erfahrung?
Mikrogrüße
noch ein Peter
auch ich mag das "Du"

Bob

Hallo Peter (L.),
danke für's Zeigen Deiner Reinigungsmethode! Die Reinigungswirkung ist ja soweit man erkennen kann einwandfrei. Die Geduld würde ich gerne aufbringen, wenn ich mir damit Aufwand und Handhabung kritischer Substanzen vermeiden kann.

Eine interessante Frage wäre noch, wie der pH-Wert bei der Behandlung verläuft, ich meine, dass die Enzyme davon generell abhängig sind. Ein Waschmittel hätte ich eher im alkalischen Bereich erwartet, vielleicht schon zu alkalisch für die Enzyme, und vielleicht auch für zarte Diatomeen. Es könnte sein, dass der pH nicht konstant ist, nachdem man das Waschmittel zum Wasser gibt, weil sich z.B. Körner schichtweise lösen.

Ich habe mal Diatomeen mit Panktreatin aus Tabletten gereinigt, aber die Tabletten enthielten ein krümeliges Stellmittel, das die Probe "angereichert" hat ::). Die Reinigungswirkung war ok, insgesamt war es aber einiger Schweinkram.

Es gab mal so ein Reinigungs-Kit von Safeline, das setzte auf EDTA und Pankreatin. Das Pankreating wird dabei gepuffert bei pH 7 angewendet.

Viele Grüße,

Bob

 

Gerd Schmahl

Hallo Peter,
bei den fossilien Diatomeen kommt es ja i.d.R. nicht darauf an, organisches Material zu entfernen, sondern anorganisches. Da kommt es auf die Zusammensetztung des "Gesteins" an. Oft ist vor allem Kalziumkarbonat zu entfernen, was ja mit Essig oder Salzsäure einfach zu bewerkstelligen ist. Komplizierter ist es aber meist, die über Jahrtausende oder gar Jahrmillionen zusammengeklebten Diatomeen voneinander zu trennen. In der Mikropaläontologie sind je nach Material verschiedenste Methoden bekannt. Für mehr oder weniger lockere Sedimente hat sich auch hier Wasserstoffperoxyd bewährt. Das habe ich mit Kieselgur selber schon gemacht. Die starke Sauerstoffentwicklung treibt mit seinen Blasen das Material auseinander.
Eine Gute Idee ist es vielleicht auch, Natriumpyrophosphat (Na4P2O7) zu verwenden, um die Diatomeenschalen auf Abstand zu halten. Das habe ich allerdings noch nicht selber probiert, weil ich die Chemikalie nicht habe.
Beste Grüße
Gerd
Man sagt der Teufel sei, im Detail versteckt,
doch hab' ich mit dem Mikroskop viel Göttliches entdeckt.

Peter Ludwig

Hallo zusammen,

danke für die Antworten!

@Peter: Nein, mit fossilen Diatomeen habe ich keine Erfahrung, aber Gerd hat ja schon geantwortet.

@Bob: Das mit den Körnern ist kein Problem, es handelt sich ja um  ,,Tandil Vollwaschmittel flüssig". Der pH liegt bei der angewandten Konzentration bei ca. 9 und beim Fleckenteufel bei ca. 8, gemessen mit pH-Papier.

Viele Grüße,

Peter

Fraenzel

Hallo Gerd,
deine Einwände sind richtig was anorganische bzw. organische Begleitstoffe angeht. Für fossile Proben nutze ich ebenfalls Wassserstoffperoxid und Salzsäure. Für rezente Diatomeen ist Peter L.´s Methode sicher angebracht.
Mikrogrüße
Peter
auch ich mag das "Du"

anne

Hallo zusammen,
sehr schöne Beschreibung einer einfachen Methode.
Für rezente Proben wird die Schwefelsäuremethode auch angewandt um die Schalen zu spalten. Dies gelingt leider nur mit Schwefelsäure. Daher erhält man mit den ,,softeren" Methoden leider nur unzuverlässig freiliegende Schalenhälften.
lg
Anne

unkenheini

Moin
Ich nutze den Schimmelentferner "Top Cleaner" von Thomas Phillips Restepostenmarkt.Bei den trennen sich die Schalenhälften,sehr gut.Leider kann ich nichts zum Erhalt der Feinstruckturen sagen,aber vielleicht hat ja jemand Erfahrung damit.Der Reiniger enthält Natriumhypochlorid.
Mit freundlichen Grüßen
Jörg
Mit freundlichen Grüßen
Jörg G.

p.s. Mir ist es lieber mit Du angesprochen zu werden als mit Sie.Danke.

RainerTeubner

#8
Hallo,

nicht, daß sich da ein falscher Begriff festsetzt:

die bleichende und schimmelentfernende Substanz schreibt sich "Natriumhypochlorit" (Formel: NaOCl)

Viele Grüße

Rainer
Mikroskop: Carl Zeiss Standard Universal
Bildbearbeitung: Gimp, Helicon focus und picolay
Kamera: Canon EOS 5D II

Gerd Schmahl

#9
Hallo Jörg,
basisch reagierende Chemikalien wie das Natriumhypochloriet sind problematisch, weil sie das Kieselsäure-Skelett angreifen können. Ist wie immer eine Frage der Dosis.
Beste Grüße
Gerd
Man sagt der Teufel sei, im Detail versteckt,
doch hab' ich mit dem Mikroskop viel Göttliches entdeckt.