Einwegklingen - Ersatz für Leica 818

Begonnen von Fahrenheit, Januar 28, 2021, 17:24:40 NACHMITTAGS

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Fahrenheit

Liebe Schnippler,

leider ist unsere Quelle für die wirklich guten Leica 818 Mikrotomklingen versiegt: Klaus hatte bei Leica ordentlich Rabatt raus gehandelt und konnte auch kleinere Mengen ohne Aufschlag beziehen.
Wenn man nun im Netz schaut, findet man Preise regelmäßig über 100 Euro für die 50er Packung, bei 10 Stück kommt da schnell eine Summe zusammen.

Daher hat sich Jürgen (Jürgen P.) auf die Suche nach Alternativen gemacht und ist beim chinesischen Anbieter Roundfin (http://roundfin.com) hängen geblieben. Die Klingen dort sind deutlich günstiger, aber auch hier gibt es zunächst einmal Transportkosten und Mindestmengen. Nun gut, der Anbieter hat Probepackungen im Angebot und Jürgen war so nett, mir zwei Klingen zur Prüfung zu überlassen. Die Ergebnisse möchte ich hier kurz darstellen.

Bild 1: Oben Roundfin 1601B, unten Leica 818


Vom Formfaktor her sind beide Klingen absolut identisch. Auch an der Oberfläche ist mit dem bloßen Auge nicht viel zu erkennen. Von den Spezifikationen her ist die Leica 818 beschichtet während die Roundfin unbeschichtet ist. Der rechte Rand der Roundfin scheint nicht sauber ausgeschliffen zu sein, aber den kann man im SHK Halter so oder so nicht nutzen.
Wie schaut das nun unter dem Mikroskop aus (improvisiertes Auflicht mit zwei Jansjö am Leica DMLS)?

Bild 2: Leica 818 (links) und Roundfin 1601B (rechts) unter dem Mikroskop


Man sieht auch hier einen identischen Aufbau: beide Klingen haben 3 Phasen von etwa gleicher Breite. Dabei ist das Schleifmuster auf der Leica Klinge deutlich feiner (zusätzlich poliert oder ggf. auch ein Effekt der Beschichtung?) und  der Übergang von der ersten zur zweiten Phase ist abgerundet.
Bei der Roundfin sieht das anders aus: hier gibt es zwischen der ersten und zweiten Phase eine harte Kante. Das Foto ist gestackt und so geht der räumliche Eindruck gänzlich verloren: live unter dem Mikroskop zeigt sich die Kante als waschechte Stufe von einigen µm Höhe. Ob hier ein einzelner Schleiffehler oder ein Serienfehler vor liegt, kann ich nicht sagen: mit der zweite Klinge hatte ich vor der Dokumentation geschnitten und sie war schon in der Klingenbox für gebrauchte Klingen verschwunden. 

Wie schaut es nun in der Praxis aus?

Bild 3: Fixierter Spross der Fingerblättrigen Akebie (Akebia quinata) auf dem Tempelchen, im SHK Halter die Roundfin Klinge
   

Um einen Überblick zu bekommen, habe ich den frischen Blattstiel vom Efeu (Hedera helix) und einen stückfixierten Spross von der Fingerblättrigen Akebie (Akebia quinata), der bereits seit einem Jahr in Ethanol lag, geschnitten. Grundsätzlich ging der Schnitt bei beiden Proben glatt von der Hand, gefühlt sogar etwas leichter als mit einer Leica 818. Auch die "schwierige" alte Probe der Akebie ließ sich ohne Probleme gut schneiden.
Beim Efeu lag der "Erfolgsfaktor" bei 8 von 10 Schnitten, bei der Akebie bei 7 von 10.

Zunächst habe ich Schnitte vom frischen Blattstiel des Efeus (Hedera helix) erstellt und diese nach Schnittfixierung mit W3Asim I gefärbt:

Bilder 4 a-c: Hedera helix Spross quer in ansteigenden Vergrößerungen




Der Schnitt ist sauber, es sind keine Artefakte zu erkennen. Das dunkle Band oberhalb des Phloems besteht aus gequetschten, disfunktionalen Phloemzellen. Wir haben es hier mit einem alten Blattstiel zu tun und da dieser beim Efeu ein Cambium hat, findet auch ein Wachstum statt: die ältesten Phloemzellen werden gegen das Sklerenchym gedrückt und gehen unter.
Hier zum Vergleich ein ähnlicher, mit W3Asim II gefärbter Schnitt, der seinerzeit mit einer Leica Klinge geschnitten wurde.

Bild 5: Zum Vergleich: Ebenfalls ein Efeu Blattstiel, W3Asim II, geschnitten mit der Leica 818


Nun zum Akebienspross! Bei diesem habe ich einige Artefakte erwartet, da er durch die lange Lagerung im Ethanol sicherlich mürbe geworden ist. Färbung ist wieder W3Asim I

Bilder 6a-d: Spross der Akebie in ansteigender Vergrößerung, W3Asim I





Beim Sklerenchym im letzten Bild erkennt man anhand der Farbgradienten, dass die einzelnen Zellen nur noch lose zusammen hängen und leicht gegeneinander versetzt sind. Dies könnte die Auswirkung eines reißenden Schneidens sein also ggf. auf einen Fehler der Klinge hinweisen.
Die Akebie ist ein schwieriger Laborgast: die Schnitte reißen gerne ein, was man auch oben in der Übersicht sehen kann. Allerdings: der Effekt trat bei der frisch geschnittenen Probe vor einem Jahr deutlich stärker auf:

Bild 7: Spross der Akebie, frisch geschnitten mit Leica 818, Färbung W3Asim III


Mein Fazit: die Roundfin Klingen erfüllen ihren Zweck und sind ggf. sogar ein bisschen schärfer wie die Leica. Ggf. muss man wegen Fertigungstoleranzen mit einzelnen Ausfällen rechnen, was aber nur bei schwierigen Proben auffallen dürfte.
 
Herzliche Grüße
Jörg
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Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

othum

Hallo Jörg,

vielen Dank für den Test. Kannst Du was zu ungefähren Kosten sagen?

Beste Grüß, Oliver
Zeiss Axiovert S100 HF/Ph/DF, Auflicht-FL
Zeiss Axioskop 50 HF/Ph/Pol, Auflicht-HF/DF/Pol
Kamera: Pentax K-1

jcs

Hallo Jörg,

danke auch von meiner Seite für den gründlichen Test! Meine "Klingenerstausstattung" von Klaus H. reicht zwar noch einige Zeit. Aber gut zu wissen, was es für mittelfristige Alternativen zu den Leica-Klingen gibt.

LG

Jürgen

Wutsdorff Peter

Guten Abend,
ich finde nur  8mm-Klingen!
Es ist soweit ichdas sehe das gleiche Sortiment wie von der Fa.  "micros".
die haben ein Angebot mit  14-er Klingen.
Gruß Peter

Fahrenheit

#4
Danke Euch und gerne!

Zu Preisen und Bezug wird Jürgen sicherlich noch etwas schreiben und die high profile Klingen sind die Roundfin 1601B. Low profile ist Roundfin 1601A.

Die micros Klingen werden soweit ich weiß in Japan hergestellt. Zur Qualität kann ich nichts sagen. Die Maße sind eigentlich alle gleich, es wird nur zwischen high und low profile unterschieden.
Natürlich gibt es neben den drei bisher im Thread genannten noch andere Hersteller und vor allem Händler.

Allen herzliche Grüße
Jörg
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Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

Wutsdorff Peter


momotaro

#6
Dear all,

die Klingen von Micros Austria kosten im Einzelhandel - alle Typen - 81,90 € netto pro 50 Stück.

LG Helmut
,,Die Kunst ist lang, das Leben kurz, das Urteil schwierig, die Gelegenheit flüchtig." — Johann Wolfgang von Goethe Wilhelm Meister's Lehrjahre (1786–1830)

Fahrenheit

Liebe Schnippler,

leider hatte ich hier Sven als Quelle für die Roundfin Klingen genannt. Tatsächlich sind sie von Jürgen (Jürgen P.).
Ich habe den Fehler an den entsprechenden Stellen korrigiert.

Danke an Jürgen für den Hinweis!

Herzliche Grüße
Jörg
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Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

mlippert

Sehr schön! Gibt's schon was neues bzgl. des Preises? Leica ist ja für tierisches Gewebe optimiert. Hat da mal jemand Vergleichsschnitte gemacht? Es ist ja zudem durchaus ein offenes Geheimnis, dass die Leics nie sonderlich scharf waren oder sein sollten... Eben eine exzellente Klinge fürs Krankenhauslabor...