Das Sauginfusor Podophrya fixa

Begonnen von Bernd, Mai 05, 2021, 21:23:05 NACHMITTAGS

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Bernd

Liebes Forum,

heute möchte ich das Sauginfusor Podophrya fixa vorstellen, das ich vor ca. einem Monat in einer sehr großen schlammigen Pfütze gefunden habe. In dieser Pfütze hatten sich massenhaft Grünalgen entwickelt und einen grünen Schaum auf der Wasseroberfläche gebildet. In dieser Probe waren auch viele Exemplare des Sauginfusors zu finden.



Die meisten Exemplare waren, wie das hier von Grünalgen der Gattung Carteria umgebene, sehr gut genährt. Das Cytoplasma ist durch die vielen eingelagerten Reservestoffe fast undurchsichtig. In der Zellmitte ist aber der kreisförmige Makronukleus sichtbar.



Ma = Makronukleus; Pfeile: Tentakel

Bei diesem nicht ganz so vollgefressenen Exemplar ist außer dem zentralen, fast kreisförmigen Makronukleus fast am Körperrand auch eine kontraktile Vakuole zu erkennen.


Ma = Makronukleus; KV = kontraktile Vakuole

Die Suktorien waren ca. 26 – 47 µm groß. Die Tentakel sind über die gesamte Körperoberfläche verteilt, stehen einzeln und haben kugelförmige Köpfchen. Bei den meisten Exemplaren war kein Stiel vorhanden oder vielleicht abgerissen. Vereinzelt habe ich Exemplare gefunden, die einen Stiel besaßen.

Für eine genau Artbestimmung muß man wissen, wie die Ruhezysten aussehen. Glücklicherweise konnte ich nach einigen Tagen in der Probe auch etliche Ruhezysten finden. Diese sind kugelförmig, haben einen Durchmesser von ca. 48 µm, sitzen auf einem Stiel und haben 5 Rippen.


Zyste von P. fixa auf die Oberfäche fokussiert (links) und im optischen Schnitt (rechts). Pfeile: Rippen

Die Zahl der Rippen und die Oberflächenstruktur ist besonders bei stark gequetschten Zysten deutlich zu erkennen.



Die folgende Bilderserie zeigt die Zellteilung. Dabei wird ein begeißelter Schwärmer von etwa gleicher Größe wie die Mutterzelle von dieser abgeschnürt (sog. äußere Schwärmerbildung). Ma = Makronukleus; Ci = Cilien.









Der erfreulicherweise sehr langsam davonschwimmende Schwärmer war elliptisch, ca. 30 µm x 15 µm groß und besaß Tentakeln am ganzen Körper. Die Cilien waren randständig. Der elliptische Makronukleus und eine kontraktile Vakuole liegen randständig etwa in der Körpermitte.



Literatur:
Curds, C. A. (1986) A revision of the Suctoria (Ciliophora, Kinetofragminophora) - 4 - Podophrya and its morphological relatives. Bull. Br. Mus. nat. Hist. (Zool.) 50: 59-91.

Foissner, Ciliaten-Atlas Band 4, S. 465-470.


Viele Grüße
Bernd


Michael

Hallo Bernd,

vielen Dank für diese hervorragende Dokumentation. Suktorien finde ich recht selten und so gute Fotos dieser meist kleinen Organismen sind mir nie gelungen.
Die Schwärmer, die ich bisher gesehen habe (wohl von einer anderen Art) waren immer besonders schnell unterwegs und ich hatte da nie auch nur die Spur einer Chance, diese freischwimmend abzulichten.

Viele Grüße

Michael
Gerne per Du

Peter Reil

Hallo Bernd,

mal wieder ganz großes Kino - besten Dank fürs Zeigen!

Freundliche Grüße
Peter
Meine Arbeitsgeräte: Olympus BHS, Olympus CHK, Olympus SZ 30

Jürgen Boschert

Beste Grüße !

JB

bewie

Hallo Bernd,
phantastische Dokumentation, danke! Schwärmerbildung bei Suctoren konnte ich noch nie beobachten.

LG
Bernhard

wejo

Hallo Bernd,
da sind Dir aber tolle und interessante Aufnahmen gelungen!! So etwas habe ich noch nicht gesehen.
Herzliche Grüße
Werner

Martin Kreutz

Hallo Bernd,

eine sehr schöne Dokumentation von Dir. Ich habe Podophrya fixa auch schon oft gefunden, konnte aber weder die Schwärmerbildung beobachten noch die Cysten in lateraler Ansicht! Deine Aufnahmen zeigen die Ringleisten und den Stiel der Cyste sehr schön. Nach Foissner entsteht der Schwärmer entweder durch eine "äußere Schwärmerbildung" durch eine 1:1 Teilung der Mutterzelle (wie Du sie zeigst) oder er schlüpft aus der Cyste. Konntest Du eine solche Umwandlung in der Cyste auch beobachten? Du schreibst ja, dass Du zahlreiche gefunden hast.

Schönen Abend

Martin

Bernd

Hallo zusammen,

herzlichen Dank für eure netten und anerkennenden Kommentare.

Martin, eine Teilung in der Cyste konnte ich nicht beobachten. Ich habe aber auch nicht danach gesucht. Ich schätze zudem, daß das schwer zu beobachten sein wird. Denn die enzystierten Viecher sind voller Reservestoffe und deshalb sehr undurchsichtig. Richtig auseinenderquetschen kann man sie wegen der Cystenwand natürlich auch nicht. Vermutlich muß man Cysten in neues Medium überführen und den Schlupf beobachten. Falls die Viecher einem den Gefallen tun und schlüpfen.

Viele Grüße
Bernd

plaenerdd

Hallo Bernd,
wieder einmal eine sehr schöne Arbeit von Dir! Eine Frage zur Terminologie habe ich noch. Du schreibst:
Zitat von: BerndDabei wird ein begeißelter Schwärmer von etwa gleicher Größe wie die Mutterzelle von dieser abgeschnürt
Müsste man da nicht eher von "bewimpert" sprechen, oder ist da noch eine Geißel im Spiel, die man auf den Bildern nur nicht sieht?
Beste Grüße
Gerd
Fossilien, Gesteine und Tümpeln mit
Durchlicht: Olympus VANOX mit DIC, Ph, DF und BF; etliche Zeiss-Jena-Geräte,
Auflicht: CZJ "VERTIVAL", Stemi: MBS-10, CZJ SMXX;
Inverses: Willovert mit Ph

Bernd

Hallo Gerd,

du hast natürlich Recht, es wird ein bewimperter Schwärmer gebildet.

Viele Grüße
Bernd

D.Mon

Hallo Bernd,

danke für diesen sehr interessanten betrag und die großartigen, detailreichen Bilder.

Viele Grüße
Martin
Bitte per "Du" - Martin alias D.Mon
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Glück kann man nicht kaufen.
Aber man kann ein Mikroskop kaufen und das ist eigentlich dasselbe!
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Mikroskope: Motic Panthera U, Lomo MBS-10, Orthoplan mit DIC
Kamera: Sony ILCE-6400