Loxophyllum verrucosum von Sylt

Begonnen von SNoK, Mai 11, 2021, 17:50:29 NACHMITTAGS

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SNoK

Tümplers Freud, Tümplers Leid.

Am Ende unseres Urlaubs auf Sylt (Modellregion seit dem 1. Mai: Läden und Lokale offen!!!) hat meine Frau ("Tümpelassistentin") vorgestern Abend noch ein paar Proben aus Gräben von der Wattseite bei Archsum gezogen. Brackwasser, aber ich kenne den Salzgehalt nicht.

Gestern ging es dann in einem Rutsch zurück nach Kronberg, 750 km. Angekommen, habe ich noch schnell in eine Probe geschaut und etwas für mich Neues entdeckt, Loxophyllum verrucosum. Dieses Tier hatte Michael Plewka bereits vor viereinhalb Jahren im Forum sehr schön vorgestellt (https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=27097.msg203560#msg203560), ebenfalls aus einer salzhaltigen Probe. Sonst habe ich nichts dazu gefunden.

Als ich Kahl (1931) zu Rate zog, habe ich zu meiner Freude gesehen, dass er diese Art ebenfalls auf Sylt gefunden hat. Wen es interessiert, im Bestimmungsschlüssel ist eine kleine Ungenauigkeit. Punkt 19 sagt, "Kern viergliedrig". Wenn man dann aber zu L. verrucosum kommt, sieht man, dass der Makronukleus 3-6 Glieder haben kann, und in der Tat hat er bei mir 6 oder sogar 7 Glieder.

Und wo ist das Leid? Ich war nach der langen Fahrt müde, und habe deshalb nur wenige Aufnahmen gemacht, in der Absicht, heute dann zuzuschlagen. Und es kam wie so oft: Ich habe das Tier nicht ein einziges Mal mehr gefunden, in keiner der Proben. Dafür haufenweise Nematoden und Strudelwürmer. Entweder es waren tatsächlich nur sehr wenige Exemplare von L. verrucosum in den Proben oder sie sind Opfer der Strudelwürmer geworden.

Die Länge des Tieres war bei mir im gestreckten Zustand 250 µm. Man sieht rundum den hyalinen Rand mit den vielen Extrusomen, sowie die Stachel, die auf Nestern von Extrusomen sitzen. Auf dem zweiten Bild sieht man gut den 6-gliedrigen Makronukleus (oder sind es sogar 7 Glieder?).

Ansonsten gab es noch haufenweise Kieselalgen, Blattfußkrebse und  einen  Ciliaten, der Caenomorpha sein könnte (siehe Fotos).

Stephan




Mikroskope: Leica DMRB, Leitz Dialux (beide mit DIK)
Stemis: Zeiss 508, Wild Heerbrugg M5
Kameras: Sony alpha 6500 und 6400
Webseite: https://kralls.de
Vorstellung: https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=41749.msg308026#msg308026

limno

Lieber Stephan,
die Aufnahmen von Loxophyllum verrucosum sind sehr einprägsam; besonders die erste. Besten Dank dafür!
Bei den anderen kann ich leider wenig zur näheren Bestimmung beitragen.
Heinrich
So blickt man klar, wie selten nur,
Ins innre Walten der Natur.

Martin Kreutz

Hallo Stephan,

Loxophyllum verrrucosum ist ein sehr schöner Fund! Da bist Du ja sozusagen auf Kahl's Spuren gewesen!? Hast Du gesehen, dass Kahl auch eine Art Leiterorganell bei dieser Art beschreibt? Es verläuft im vorderen Drittel parallel zum Mundspalt und soll aus kurzen Spezialborsten bestehen. Auf deinen Fotos sieht man es ansatzweise (s. unten). Hast Du davon Detailfotos gemacht? Michael Plewka hat diese Art auch in Salzwasser gefunden, aber auch auf seinen Fotos sieht man dieses interessante Organell nicht deutlich (https://www.plingfactory.de/Science/Atlas/KennkartenProtista/01e-protista/e-Ciliata/e-source/Loxophyllum%20verrucosum.html). Kann mir vorstellen, dass es nach Kahl keiner mehr genauer untersucht hat!

Das letzte Bild in Deinem Beitrag zeigt nicht Caenomorpha, sondern mit hoher Wahrscheinlichkeit Strombilidium caudatum, wenn die Länge unter 100 µm war. Das ist leicht erkennbar an dem apikalen Kranz von Membranellen (kann also nicht Caenomoprpha sein).

Schönen Abend

Martin




SNoK

#3
Lieber Martin,

danke für Deine Antwort. Das Blöde war ja, dass ich nach langer Heimfahrt von Sylt müde war, und nur einfach mit der Pasteurpipette einen Tropfen Schmodder auf den Objektträger gemacht habe, um zu sehen, ob überhaupt was drin ist. Dann sah ich das komische Tier und habe mit dem 40x bei zu großer Schichtdicke ein paar Bilder gemacht. Dann habe ich auf das 63x Öl geschwenkt und konnte gerade noch ein Bild machen, und dann war das Tier weg. Es waren insgesamt gerade mal 13 Bilder, meist nicht gut getroffen. Ich dachte, macht nichts, morgen kannst du mehr Bilder machen. Das war's dann. Aber ein Bild habe ich noch gefunden, was das Organell vielleicht etwas deutlicher zeigt.

Was Strombilidium angeht, danke für den Tipp. Im Wassertropfen sieht S. caudatum aber ganz anders aus, da dort kein Schwanzstachel abgebildet ist. Und in den Kahl hatte ich noch nicht geschaut. Ich schaue mal, ob ich das Tier noch in den Proben habe, es war sehr zahlreich...und sehr schnell...und deutlich unter 100 µm. Dann wird es eingezwängt und besser fotografiert.

Grüße
Stephan
Mikroskope: Leica DMRB, Leitz Dialux (beide mit DIK)
Stemis: Zeiss 508, Wild Heerbrugg M5
Kameras: Sony alpha 6500 und 6400
Webseite: https://kralls.de
Vorstellung: https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=41749.msg308026#msg308026