Botanik: Virginische Blasenspiere Physocarpus opulifolius

Begonnen von Hans-Jürgen Koch, November 12, 2021, 14:59:26 NACHMITTAGS

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Hans-Jürgen Koch

Die Virginische Blasenspiere Physocarpus opulifolius, Syn.: Spiraea opulifolia ist eine Gehölzart innerhalb der Gattung der Blasenspieren, die mit insgesamt zehn Arten in der nemoralen Zone Nordamerikas und Ostasiens vertreten sind und zu den Rosengewächsen (Rosaceae) gehören.

Etwa ein Fünftel der Landoberfläche der Erde gehört zur kühl-gemäßigten (nemoralen) Zone mit einer mittleren Breitenlage zwischen 35 und 60° Nord bzw. Süd (,,Mittelbreiten").
Mischwälder (lat. nemos = Wald) bestimmen die Vegetation.

Das Verbreitungsgebiet der Virginische Blasenspiere ist: O-Nordamerika (Quebec bis Virginia, Michigan und Tennessee), die Mandschurei und Korea.
Sie wächst meist an Flussufern oder ähnlich feuchten Standorten.

Bild 01 Habitus, Virginische Blasenspiere Physocarpus opulifolius

Foto: H.-J_Koch

Physocarpus opulifolius ist ein sommergrüner, 3-5 Meter, breitbuschiger mit überhängenden, meist kahlen Zweigen.
Physocarpus sind unbestachelte, laubabwerfende Sträucher, deren Rinde sich in dünnen Streifen abschält. Ihre Blätter stehen wechselständig sind dreifach gelappt, die unverwachsenen Nebenblätter sind früh hinfällig.
Nach Europa ist die Schneeballblättrige Blasenspiere zwischen 1854 und 1860 gelangt.
Warum heißt diese Pflanze Blasenspiere?
Die im Juni bis Juli erscheinenden, weißen bis zartrosafarbenen Blütendolden sitzen so dicht beieinander, dass sie der Pflanze den botanischen Artnamen opulifolius (= schneeballblättrig) eingebracht haben. Aus diesen wachsen dann im Frühherbst die rotgefärbten Blasenfrüchte hervor, die beim Zerdrücken lautstark knallen.

Bild 02 Früchte, Virginische Blasenspiere Physocarpus opulifolius

Dieses Bild ist gemeinfrei
Die Frucht ist eine kurzgestielte, aufgeblähte, große Sammelbalgfrucht, die aus dem Blütenbecher heraussteht, die Früchte öffnen sich entlang der Nähte. Die wenigen Samen haben eine glänzende, harte Außenhaut.
Die rötlichen Hülsen enthalten gelbe Samen und stehen im Kontrast zum hellen Herbstlaub und der dunkelbraunen, sich schichtweise ablösenden Rinde (Streifenborke).
Die Früchte nicht essbar sind.
Wegen ihrer Blüten und ihres attraktiven Laubs sind die etwa zehn verschiedenen Arten der sommergrünen, asiatischen und nordamerikanischen Sträucher sehr beliebt.

Bild 03 Blüten, Virginische Blasenspiere Physocarpus opulifolius

Das Werk ist gemeinfrei.
Die weißen, bis rosa roten Blüten sind etwa 1,5 cm breit und stehen in kugeligen Schirmtrauben mit bis zu 5 cm Durchmesser. Die Blütenkronblätter sind bis 4 mm lang. Die Blüte hat fünf mittelständige, etwa bis zur Mitte verwachsene Fruchtblätter.
Die Blüten sind zwittrig und fünfzählig. Der Blütenbecher ist glockenförmig und oben offen, ein Außenkelch fehlt, ein Diskus ist nicht erkennbar.
Als Diskus wird in der Botanik ein scheiben oder ringförmiger Wulst des Blütenbodens bezeichnet.
Die Kelchblätter grenzen aneinander, überdecken einander aber nicht, die Kronblätter sind weiß. Die Staubblätter sind zahlreich. Es gibt zwei bis fünf am Ansatz miteinander verwachsene Stempel und zwei bis vier Samenanlagen.

Bild 04 Blätter und Schnittstellen, Virginische Blasenspiere Physocarpus opulifolius

Foto: H.-J_Koch

Die gelappten und gesägten Blätter haben hervortretende Adern und färben sich im Herbst trübgelb. Die im Frühjahr oder Frühsommer erscheinenden fünfzähligen, weißen oder rosafarbenen Blüten sind in Büscheln geordnet.
Die gelblichgrünen, herzförmigen Blätter passen gut zu den weißen Blüten mit rosa Spitzen, die im Frühsommer am schönsten blühen.
Die kleinen, eiförmigen Blätter sind 5 – 10 cm lang, nach vorn zugespitzt, gelappt und weisen einen gesägten Rand auf. Sie begeistern in einem prächtigen weinrot, das durch den leichten grünen Schimmer noch interessanter wirkt.
Die Virginische Blasenspiere ist zwittrig und einhäusig.
Man unterscheidet zwittrige, ein- und zweihäusige Blüten:
Die zwittrigen Blüten sind die ursprüngliche Form der Blüte bei den Angiospermen (Bedecktsamer). Hier befinden sich männliche und weibliche Anteile innerhalb einer Blüte, wobei die Staubblätter immer zwischen Kron- und Fruchtblättern sitzen.
Eine Pflanze wird als einhäusig bezeichnet, wenn beide Blütenformen auf einer Pflanze sitzen, als zweihäusig, wenn sie auf verschiedenen Pflanzen sitzen.

Systematik:
Ordnung: Rosenartige (Rosales)
Familie: Rosengewächse (Rosaceae)
Unterfamilie: Spiraeoideae
Gattung: Blasenspieren (Physocarpus)
Art: Virginische Blasenspiere
Wissenschaftlicher Name: Physocarpus opulifolius
Trivialnamen: Fasanenspiere, Schneeballblättrige Blasenspiere
Englische Bezeichnung: Atlantic ninebark
Der griechische Name ,,physa" = Blase und ,,karpos" = Frucht

Bild 05 Illustration, Physocarpus opulifolius

Quelle: H.L. Duhamel du Monceau, (1800-1803) P. Bessa

Die Gattung wurde 1824 von Jacques Cambessèdes als Sektion der Spiraea erstbeschrieben und 1838 durch Constantine Samuel Rafinesque als eigene Gattung etabliert. Sie wird eingeordnet in die Tribus Neillieae der Unterfamilie Spiraeoideae. Es werden rund zehn Arten unterschieden.
Constantine Samuel Rafinesque-Schmaltz, auch Rafinesque, (* 22. Oktober 1783 in Galata; † 18. September 1840 in Philadelphia) war ein US-amerikanischer Polyhistor (Universalgelehrter).

Teil 1
Spross, Querschnitt
40 Mikrometer

Bild 06 Ungefärbter Schnitt, Übersicht, Virginische Blasenspiere Physocarpus opulifolius


Bild 07 Ungefärbter Schnitt, Detailaufnahme, Virginische Blasenspiere Physocarpus opulifolius


Bild 08 Ungefärbter Schnitt, Detailaufnahme, Virginische Blasenspiere Physocarpus opulifolius


Bild 09 Ungefärbter Schnitt, Flügel, Virginische Blasenspiere Physocarpus opulifolius


Bild 10 Dunkelfeld, Detailaufnahme, Virginische Blasenspiere Physocarpus opulifolius


Bild 11 Dunkelfeld, Detailaufnahme, Virginische Blasenspiere Physocarpus opulifolius

Hier liegen mehrere Zellschichten im Markparenchym übereinander, Schnittdicke 40 Mikrometer.

Bild 12 Autofluoreszenz, Detailaufnahme, Virginische Blasenspiere Physocarpus opulifolius

LED Modul 455 nm
Reflektormodul FL mit Filtersatz 67
Erregerfilter: BP 470 nm
Strahlenteiler: FT 477 nm
Emission (Sperrfilter): LP 485

Bild 13 Autofluoreszenz, Detailaufnahme, Virginische Blasenspiere Physocarpus opulifolius


Bild 14 Autofluoreszenz, Detailaufnahme, Virginische Blasenspiere Physocarpus opulifolius


Wacker 3 A - Färbung (Acridinrot – Acriflavin - Astrablau)
1. Schnitte liegen in 50 % Ethanol.
2. Aqua dest. 3x wechseln je 1 Minute.
3. Vorfärbung Acridiorot 8 Min.
4. 1x auswaschen mit Aqua dest.
5. Acriflavinlösung (differenzieren bis gerade keine Farbwolken mehr abgehen - Lupenkontrolle) 15 Sekunden
6. 2 x auswaschen mit Aqua dest.
7. Nachfärbung Astrablau 60 Sekunden
8. Auswaschen mit Aqua dest. bis keine Farbstoffreste verbleiben.
9. Entwässern mit 2x gewechseltem Isopropylalkohol (99,9 %)
10. Einschluss in Euparal

Ergebnis:
Zellwände blaugrün bis grün, verholzte Zellwände leuchtend rot, Zellwände der äußeren Hypodermis orangerot, Cuticula gelb, Zellwände der innenliegenden Hypodermis tiefrot.
Fotos: Nikon D5000, Sony Alpha 6000, Samsung Galaxy A52

Bild 15 Übersicht, Virginische Blasenspiere Physocarpus opulifolius


Bild 16 Detailaufnahme mit Beschriftung, Virginische Blasenspiere Physocarpus opulifolius

T = Trachee, XY = Xylem, MP = Markparenchym, ST = Strahl, CU = Cuticula, EP = Epidermis, SK = Sklerenchym, R = Rindenparenchym

Bild 17 ,,Flügel", Virginische Blasenspiere Physocarpus opulifolius


Bild 18 Detailaufnahme, Virginische Blasenspiere Physocarpus opulifolius


Bild 19 Auflichtbeleuchtung Fluoreszenz, Virginische Blasenspiere Physocarpus opulifolius

Auflicht Beleuchtung Fluoreszenz iLED 455 nm
LED Modul 455 nm
Reflektormodul FL mit Filtersatz 67
Erregerfilter: BP 470 nm
Strahlenteiler: FT 477 nm
Emission (Sperrfilter): LP 485

Bild 20 Detailaufnahme, Auflichtbeleuchtung Fluoreszenz, Virginische Blasenspiere Physocarpus opulifolius


Bild 21 Detailaufnahme, Auflichtbeleuchtung Fluoreszenz, Virginische Blasenspiere Physocarpus opulifolius


Ich experimentiere gerne mit Färbungen.
Bild 22 Gegenüberstellung der beiden Färbungen:


Bild 23 Färbung: Fuchsin, Chrysoidin, Methylgrün

Bearbeitet mit dem Programm: FastStone Image Viewer; Negativaufnahme

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Hans-Jürgen Koch

Teil 2
Spross Längsschnitt
20 Mikrometer

Bild 24 Detailaufnahme, fixierte Probe, Virginische Blasenspiere Physocarpus opulifolius


Bild 25 Detailaufnahme, fixierte Probe, Virginische Blasenspiere Physocarpus opulifolius


Bild 26 Detailaufnahme, fixierte Probe, Virginische Blasenspiere Physocarpus opulifolius


Bild 27 Schraubebtracheen, fixierte Probe, Virginische Blasenspiere Physocarpus opulifolius

Tracheen und Tracheiden sind die häufigsten und wesentlichen Elemente des Xylems. Sie besitzen charakteristische Wandverdickungen, die dem Unterdruck (Transpirationssog) in ihrem Lumen standhalten und ein Zusammenfallen verhindern. Je nach Ausbildung dieser Versteifungen unterscheidet man Ringtracheen, Schraubentracheen.
Sind die Zellwände einheitlich verholzt und werden sie nur von Tüpfelfeldern durchbrochen, spricht man von Tüpfeltracheen bzw. -tracheiden. Elemente mit ring- und schraubenförmigen Verdickungsleisten können sich noch strecken und werden daher im Primärxylem angelegt.

Bild 28 Autofluoreszenz, fixiert Probe, Detailaufnahme, Virginische Blasenspiere Physocarpus opulifolius


Bild 29 Autofluoreszenz, fixiert Probe, Detailaufnahme, Virginische Blasenspiere Physocarpus opulifolius


Bild 30 Übersicht, Virginische Blasenspiere Physocarpus opulifolius


Bild 31 Detailaufnahme, Virginische Blasenspiere Physocarpus opulifolius


Bild 32 Detailaufnahme, Virginische Blasenspiere Physocarpus opulifolius


Bild 33 Detailaufnahme, Virginische Blasenspiere Physocarpus opulifolius


Bild 34 Übersicht, Auflichtbeleuchtung Fluoreszenz, Virginische Blasenspiere Physocarpus opulifolius


Bild 35 Schraubentracheen, Auflichtbeleuchtung Fluoreszenz, Virginische Blasenspiere Physocarpus opulifolius


Bild 36 Detailaufnahme, Auflichtbeleuchtung Fluoreszenz, Virginische Blasenspiere Physocarpus opulifolius


Fazit:
Es war mir nicht möglich Querschnitte unter 40 Mikrometer von einem Spross der Virginischen Blasenspiere zu erstellen. Die Rinde schält sich in dünne Streifen ab.
Längsschnitte ließen sich problemlos herstellen.

- Quellenangaben und verwendete Literatur
Wikipedia; Freie Enzyklopädie
Eckehart J. Jäger, Klaus Werner: Rothmaler – Exkursionsflora von Deutschland. Band 4: Kritischer Band. Verlag Elsevier, München.
Schmidt, Hecker ,,Taschenlexikon der Gehölze", ISBN: 978-3-494-01448-7
,,Botanica" Das Abc der Pflanzen, ISBN: 3-8290-0868-6
,,Das große illustrierte Pflanzenbuch", 1977
,,Fitschen Gehölzflora", ISBN: 3-494-01221-0

Die Informationen für Beschreibungen werden von mir selbst aus verschiedenen Quellen zusammengetragen. Dabei benutze ich sowohl Bücher als auch Internet Quellen. Texte werden anschließend individuell von mir selbst verfasst.
Gerne zeige ich euch die schönen Seiten der Pflanzen.
Viele Aufnahmen von einer Pflanze ermöglichen eine umfassende Wahrnehmung.
Es freut mich natürlich sehr, wenn auch euch die Bilder gefallen.
Für konstruktive Kritik bin ich ebenso offen wie für lobende Worte.
Doch zunächst einmal wünsche ich viel Freude beim Lesen.

Hans-Jürgen

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Wutsdorff Peter

#2
Grüß´ Dich Hans-Jürgen,
wie der Berliner sagt: ich bin wieder einmal von die Socken.
Gratulation zu diesem hervorragenden Beitrag.
Voller Hochachtung
                                      Peter

Fahrenheit

Lieber Hans-Jürgen,

vielen Dank für den umfangreichen und interessanten Beitrag, den ich gerne geliste habe.

Herzliche Grüße
Jörg
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Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

Hans-Jürgen Koch

Hallo Peter, lieber Jörg,

danke für euere Rückmeldung.

Gruß

Hans-Jürgen
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Bernd Miggel

#5
Lieber Hans-Jürgen,

herzlichen Dank für deine Ausarbeitung! Die Virginische Blasenspiere scheint sich recht invasiv zu verhalten. Ein kleiner See in der Nähe meines Wohnortes ist am Ufer auf 20 Meter damit zugewuchert.

Mit gefällt Bild 23 (das Negativ) besonders gut. Der Farbkontrast scheint gegenüber dem Original noch gesteigert zu sein.

Liebe Grüße
Bernd

Hans-Jürgen Koch

Lieber Bernd,

danke für dein Feedback.
Die Virginische Blasenspiere ist in Bruch- und Auenwäldern anzutreffen.
Ich kann mir gut vorstellen, dass diese Pflanze sich an einem permanent nassen Ort wohlfühlt.
Die Negativaufnahme (Bild 23) hat auch mir gut gefallen.

Gruß
Hans-Jürgen
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