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Einzelliges Chamäleon

Begonnen von Michael Plewka, Dezember 02, 2021, 11:58:42 VORMITTAG

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Michael Plewka

Hallo zusammen,

wegen Covid fand der Plankton-Kurs am Heiligen Meer in diesem Jahr im November statt, was die Gelegenheit bot, die verschiedenen Habitate diese Naturschutzgebietes zu einer anderen Jahreszeit als dem Frühling zu untersuchen. Somit ergaben sich -neben interessanten Gesprächen und einem tollen Vortrag von Sebastian Hess  über seine Forschungen- spannende Beobachtungen, u.a. auch einige bisher in diesem NSG noch nicht nachgewiesene  (Rädertier) Arten.
Diese sind unter anderem hier zu finden:
https://www.plingfactory.de/Science/News_Updates/src/NU_011_Planktonkurs_HM.html

Eine dieser merkwürdigen  Beobachtungen bezieht sich auf das seltsame optische Verhalten eines Ciliaten aus einer Probe mit anoxischem Detritus, der unter der Stereolupe bei seiner rotierenden Bewegung eine blau-rote Färbung zu haben schien.  Nach Isolation ergab sich eine blaugrüne Stentor-Form, die zusammen mit dem Makronucleus lt. Foissner 1995 auf S. multiformis schließen ließ:




Das seltsame ist, dass derselbe Stentor nach 15 min so aussah:




Einen solchen "Fall" der Farbvariation habe ich bisher noch nie beobachtet.

Leider war dieses der einzige Stentor, den ich in dieser Probe finden konnte.  Möglicherweise liegt hier ein ähnliches Phänomen  vor, wie hier


https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=42064.0

schon einmal angesprochen worden ist.

beste Grüße
Michael Plewka

limno

#1

Hallo Michael,

ähm,  Du sitzt hier einem Irrtum auf. Im Dunkelfeld erscheinen die Objekte in der Komplementärfarbe.So wird ein blaues Trompetentierchen pink! Siehe dazu: Dieter Gerlach: Das Lichtmikroskop, 1.Auflage 1976, S.125. Trotzdem schöne Aufnahmen!

Dank dafür von

Heinrich
So blickt man klar, wie selten nur,
Ins innre Walten der Natur.

sushidelic

Hallo Michael,

den gleichen Effekt hatte ich auch schonmal mit einem Stentor, siehe diese beiden Threads:

https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=31381.0
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=31394.0

Nicht so extrem wie bei Deinen Bildern, aber durchaus sichtbar.

LG Michael

Michael Plewka

Hallo Heinrich und Michael,

vielen Dank für Eure Beiträge !

@ Michael:

Es mag sein, dass in Deinem 1. link S. coeruleus zu sehen ist, leider ist, wie im 2. gelinkten thread, der Makronukleus nicht erkennbar, so dass die Stentor- Art nicht mit Sicherheit angegeben werden kann. War Dir ja auch nicht wichtig, wie Du schreibst. Eine Änderung der Farbe vermag ich auch nicht zu erkennen, dafür ist der Hintergrund, vor allem bei den Bildern aus dem 1. thread zu unterschiedlich, so dass keine Farbneutralität der Bilder gegeben ist.  Ich habe eine Farbänderung bei S. coeruleus bisher auch noch nicht beobachtet.  Mir kam es bei meinem Viech zunächst mal darauf an herauszufinden, welche Art vorliegt; S. multiformis hatte ich bisher noch nie gesehen. Möglicherweise zeigt diese Form ein anderes physiologisches Verhalten.


@ Heinrich:


kleine Korrektur:

Auf beiden Bildern ist das Viech im DIK aufgenommen, nicht im Dunkelfeld.   DIK lässt  unterschiedliche Einstellungen der  Helligkeit des Hintergrunds zu und lässt bei doppeltbrechenden Strukturen ebenfalls unterschiedliche  Helligkeiten erscheinen, siehe z.B. hier bei Trithigmostoma cucullulus, Bild 5&6
https://www.plingfactory.de/Science/Atlas/KennkartenProtista/01e-protista/e-Ciliata/e-source/Trithigmostoma%20cucullulus.html; verändert aber die Farbe der Objekte nicht (Außer bei optisch aktiven Substanzen).  Hier noch einmal ein Bild von einem anderen Stentor: S. amethystinus in ähnlicher "Dunkelfeld"einstellung,mit annähernd farbneutralem Hintergrund zeigen sich die subpellikulären Granula in der typischen rotvioletten Farben;  die symbiontischen Plastiden in grün :


Zu dem "Irrtum":

Du hattest sowas schon mal in diesem thread geschrieben:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=38878.0:
Zitatbeim Dunkelfeld erscheint das Bild des Objekts immer in den Komplementärfarben des Objekts, ......
Ich hatte mich damals schon gewundert, dass das keiner kommentiert hat.

Ich kenne das Buch von Gerlach nicht, kann also zu dem Kontext, aus dem Du diese Information hast, nichts sagen.

Wie würdest Du nach Deiner Meinung nach die Farbe der Grünalge Volvox im  Dunkelfeld interpretieren? Wie müsste die Farbe konsequenterweise im Lichte Deiner "Komplentärfarbentheorie" im Hellfeld aussehen?



Ich könnte zu Hunderten von Bildern von zig Organismen dieselbe Frage stellen....


Beste Grüße
Michael Plewka

limno


Hallo Michael Plewka,
die Fragen, die Du mir jetzt stellst, habe ich mir selbst schon oft gestellt. Aber meine Literatur gibt keine Erklärung dafür. Es wird noch nicht einmal darauf verwiesen, dass die Dinge doch eigentlich komplizierter seien als dargestellt (wie bspw. beim Phasenkontrast) Einzig diese Internetseite http://www.wisotop.de zeigt, dass das viele Aspekte des Farbensehens noch unverstanden sind und weder allein mit Biologie, Physik bzw. Mathematik erklärt werden können. Vielleicht kann uns ja Hubert (Lupus)  weiterhelfen.....
Mit hilfesuchenden Grüßen

Heinrich
So blickt man klar, wie selten nur,
Ins innre Walten der Natur.

sushidelic

Hallo Michael,

natürlich war die Serie etwas "unwissenschaftlich", verschiedene DICs und Einstellungen. Aber mir war aufgefallen war, dass das "rosa", das man bei den Stentoren im zweiten Thread sieht, ausschliesslich im Dunkelfeld zu sehen war. Ich habe am selben Tag die selbe Probe auch noch im DIC mikroskopiert, da war von dieser Farbe nichts zu sehen (bin mir aber auch nicht sicher, ob ich da den DIC je voll zugedreht habe). Die Farbgebung der Stentoren untereinander war zwar nicht identisch, aber im DIC immer zwischen blaugrau und grün, und nur im Dunkelfeld kamen die warmen Farben durch. Falls das durch die zwei Threads nicht klar wurde, das war in beiden Fällen die selbe Probe mit einem Tag dazwischen.
Ich wollte damit auch nicht Deine Beobachtung in Frage stellen, war mir nur damals aufgefallen.

LG Michael


Michael Plewka

Hallo Heinrich, hallo Michael,
vielen Dank für Eure Beiträge!

In einer Zeit, in der das RKI maßgeblich zur Bewältigung der derzeitigen gesellschaftlichen Krise auf der Basis von naturwissenschaftlichen Gesetzmäßigkeiten Fakten beiträgt, erscheint es mir angemessen, darauf hinzuweisen, dass derjenige Mensch, dessen Namen das Institut trägt,  unter Zuhilfenahme des Geräts, mit dem sich dieses Forum beschäftigt, auf der Basis von naturwissenschaftlichen Methoden die Ursache verschiedener  Krankheiten herausgefunden hat.  Daraus konnten Therapiemöglichkeiten ableiten werden, die Millionen von Menschen  ermöglicht haben zu (über)leben.

Ich möchte der Gefahr, die in sozialen Plattformen wie auch diesem Forum  besteht, nämlich dass  Sachverhalte aus dem Zusammenhang gerissen werden und dadurch eine neue "Wirklichkeit" entsteht, dadurch begegnen, dass das Phänomen, um das es hier geht,  möglichst genau  auf der Basis der naturwissenschatlichen Methodik thematisiert wird.
Bitte also  das folgende nicht persönlich nehmen....

@ Heinrich:
die Frage war eigentlich eher rhetorisch gemeint: ich habe das Beispiel der Volvox deshalb gebracht, weil ich vermute habe, dass viele Tümpler diese Grünalge kennen und aus eigener Erfahrung wissen, dass sie im Hellfeld genauso grün ist wie im Dunkelfeld.  Ich hätte erwartet, dass Du vielleicht den Kontext in dem Gerlach-Buch, aus dem Du diesen Information hast , etwas genauer darstellst. 
So kann man unter naturwissenschaftlichen Aspekten nur klar formulieren: diese   Aussagen: 
Zitatbeim Dunkelfeld erscheint das Bild des Objekts immer in den Komplementärfarben des Objekts...
bzw.
ZitatIm Dunkelfeld erscheinen die Objekte in der Komplementärfarbe

sind durch diese Beobachtung an Volvox widerlegt, d.h. sie sind schlicht falsch.
Hierfür braucht man dann auch kein weiteres Expertenwissen.

Ich lasse mich diesbezüglich aber sehr gerne  eines besseren belehren, wenn lückenlos dokumentiert wird, dass dasselbe farbige Objekt, welches durch  Farbpigmente (d.h. also keine Interferenzfarben!)  farbig erscheint,  innerhalb einer kurzen Zeit einmal im Hellfeld und anschließend im Dunkelfeld unter ansonsten gleichen Bedingungen (z.B. Temperatur oder chemische Umgebung)  in Komplementärfarben erscheint.

Und @ Michael: damit komme ich zu Deinen Proben und Deinen Befunden:

mir fällt auf, dass Du diesen Befund der unterschiedlichen Farbwahrnehmung damals nicht thematisiert hattest...

Ich persönlich nehme einzellige Viecher meist lediglich als Beifang in Proben wahr, aber ich habe im Lauf  der Jahre verschiedene Stentor-Arten  in verschiedenen Farben gesehen und dokumentiert, und deshalb weiß ich, dass es in einer einzigen "Probe" auch mehrere Arten dieser Gattung  "Stentor" geben kann; so habe ich durchaus S.amethystinus und S. polymorphus in einer Probe gehabt.   Demzufolge  ist es aufgrund Deiner Bilder nicht möglich, den nachvollziehbaren Nachweis zu erbringen, dass es sich um dieselbe Art handelt, geschweige denn um dasselbe Viech.  So kann man zwar festhalten, dass ein paar Deiner Viecher durchaus simultan blaugrün und rotviolett erscheinen können, aber die (teilweise) blaue Färbung der farblosen Mundtrichtercilien macht deutlich, dass die Bilder möglicherweise nicht farbneutral wiedergegeben sind.

Wie gesagt, ich bin an einer Klärung sehr interessiert: die EXIF- Daten der Bilder, die ich hier eingestellt habe, zeigen ein Zeitintervall von 14 min. bei demselben Viech.

Insofern besteht hier durchaus eine Aufgabe für die Mikroskopiker........


Beste Grüße
Michael Plewka

Michael Müller

Hallo an alle Michaels und Heinrichs,

vielleicht kann ich als Physiker ein wenig Licht in die verwirrenden Farbenvielfalt bringen  ;)

Die einfallende Intensität (I) verteilt sich auf die transmittierte Intensität (T), die absorbierte Intensität (A) und die reflektierte Intensität (R):
I =  T + A + R
Hellfeld und DIC sehen nur die Transmission
T = I - R - A
Bei A = 0 ergibt sich dann
T = I - R
Hellfeld sieht daher bei A=0 die Komplementärfarbe der Reflektion (Dunkelfeld). Im Allgemeinen ist aber die Absorption nicht 0, daher gibt es keine Möglichkeit aus der Transmission auf die Reflektion (bzw. Streuung) zu schließen. Problematisch ist auch, dass Reflektion an Oberflächen stattfindet -  also auch an der Rückseite des Chloroplasten (nach der Absorption) - so dass die reflektierte Farbe auch abhängig ist von den absorbierten Wellenlängen.

Ich bin kein Experte für DIC, aber hier sollte der Farbeindruck auch von der Einstellung des Hintergrundes abhängen, da diese Interferenzfarbe sozusagen den Nullpunkt der optischen Wegdifferenz der beiden verschobenen Strahlengängen bildet. Ein Farbvergleich ist meines Erachtens nur bei unveränderter Einstellung möglich.

Farbe ist keine physikalische Objekteigenschaft sondern wird auch durch Beleuchtung, optisches Verfahren, Eigenschaften der Objektive etc. erzeugt. Einzig die Absorptionsspektren sind eindeutige Objekteigenschaften. Je nach Beleuchtung / Objektiv etc. kann das selbe Objekt unterschiedliche Farbe zeigen. Objekte, die die selbe Farbe zeigen, können bei anderer Beleuchtung völlig unterschiedliche Farben haben.

Viele Grüße

Michael (Müller)

Gerne per Du

Jürgen Boschert

Hallo zusammen,

ein weiterer Faktor dürfte auch die Dicke des jeweiligen Objektes sein. Bei recht dicken Objekten -wie es ja z.B. Volvox durchaus für mikroskopische Verhältnisse sind- könnte ich mir Vorstellen, dass aufgrund innerer Reflexionen und Streuung genügend vagabundierendes Licht "erzeugt" wird um dem Dunkelfeldbild quasi ein Hellfeldbild zu überlagern.
Beste Grüße !

JB

reblaus

Hallo -

da wollte ich noch auf den einstigen Praktikumsversuch hinweisen, das in org. Lösungsmittel gelöstes Chlorophyll im Durchlicht und Auflicht diesen Komplementärfarben-Effekt zeigt.

Gruß

Rolf

jcs

#10
Zitat von: Michael Plewka in Dezember 06, 2021, 20:36:21 NACHMITTAGS
Ich lasse mich diesbezüglich aber sehr gerne  eines besseren belehren, wenn lückenlos dokumentiert wird, dass dasselbe farbige Objekt, welches durch  Farbpigmente (d.h. also keine Interferenzfarben!)  farbig erscheint,  innerhalb einer kurzen Zeit einmal im Hellfeld und anschließend im Dunkelfeld unter ansonsten gleichen Bedingungen (z.B. Temperatur oder chemische Umgebung)  in Komplementärfarben erscheint.

Hallo Michael,
Man kann dazu ein ganz einfaches Experiment machen: Male mit einem blauen Kugelschreiber ein Quadrat von ca. 2x2cm² auf ein weißes Papier. Von oben betrachtet (Auflicht) und in Transmission (Durchlicht) erscheint das Quadrat blau. Wenn man das Papier kippt und schleifend gegen eine Lichtquelle hält (quasi "Dunkelfeld") wird man plötzlich einen roten Schimmer sehen, das ist die Komplementärfarbe, auf die sich Heinrich vermutlich bezieht. Physikalisch ergibt sich das aus der sogenannten Kramers-Kronig-Relation, die den Reflektionskoeffizienten mit dem Absorptionskoeffizienten (bzw. Brechungsindex mit Dämpfung) verbindet.

Das Chlorophyl in Volvox transmittiert also grünes Licht und "reflektiert" rot. Allerdings sehen wir nicht die "echte" Reflexion, sondern das vielfach gestreute grüne Licht, das zum Teil auch rückgestreut wird. Je nach Dicke der Probe, Einfallswinkel des Lichts und genauer Oberflächenbeschaffenheit können diese Komplementärfarben also auftreten oder eben auch nicht.

Ein anderes Beispiel: Gold ist in Reflektion gelb, in Transmission blau. Wenn man ein Goldplättchen nur dünn genug auswalzt, wird dieses Blau sichtbar. Das hat auch nichts mit Interferenzfarben zu tun, sondern ist eine Folge dieser grundlegenden optischen Zusammenhänge (z.B. Plasmafrequenz im Falle von Gold).

Die Dinge sind demnach, wie leider so oft, recht kompliziert.

Jürgen

limno


Liebe Mitdiskutanten,

Michael Plewka hat mit seiner Kritik völlig recht, da ich leichtsinnig sogenannte "Allsätze" formuliert habe, die aber offensichtlich gar keine allgemeine Gültigkeit beanspruchen können.
Volvox kenne ich übrigens nur von Bildern, "live" unter dem Mikroskop hatte ich sie noch nie ! :'(
Gerlach führt im Kapitel "Dunkelfeld" nur in festem Medium eingedeckte, gefärbte  Präparate als Beispiele an. Ob im "Wassertropfen" die Dinge so viel anders liegen, als dass sie die "Fehlfarben" erklären könnten? 

Mit gespannten Grüßen und Dank!

Heinrich
So blickt man klar, wie selten nur,
Ins innre Walten der Natur.

Michael Plewka

Hallo zusammen,

"Bärchen" alias Scheffer (Bjarne Mädel) in "Mord mit Aussicht" würde wahrscheinlich: "Mannomannomann"  sagen....

Also: anstatt  hier teilweise haarsträubende Ungenauigkeiten zu verbreiten, aus denen ich wirklich keine Problemlösung ableiten kann, würde ich es in diesem Mikroforum für sinnvoll halten, doch einfach mal ein mikroskopisches Präpärat zu machen,  zu fotografieren und hier zu zeigen und daraus dann etwas abzuleiten, wie gesagt:  gerne etwas, das die von mir gezeigten Befunde eindeutig widerlegt oder auch Erklärungen zu dem Phänomen liefert, welches  der Ausgangspunkt dieses Threads ist.

Ich fang mal so an: es gibt mittlerweile ISO-Standards,  was "Farben" (siehe unten) angeht (da bin ich wieder bei den naturwissenschaftlichen Methoden, wo es um verbindliche und überprüfbare Inhalte geht.); dabei möchte ich an dieser Stelle zunächst darauf aufmerksam machen, dass der Begriff  "Farbe" im Deutschen zwei (im weiteren Verlauf immer zu unterscheidende!) Sachverhalte beschreibt:

1.  Das Farbpigment, d.h. einen Stoff, welcher eine bestimmte Absorptionscharakteristik für sichtbares Licht hat ("Farbstoff") . Die Wirkung der Mischung solcher Farbstoffe wird durch die subtraktive Farbmischung beschrieben.

davon wie gesagt vollig getrennt:

2. die materielose elektromagnetische Strahlung in dem für das menschliche Auge sichtbaren Wellenlängenbereich ("farbiges Licht"). Die Wirkung der Mischung von farbigem Licht wird durch die additive  Farbmischung beschrieben.

Sowohl für Pigmente als auch für das Licht gibt es Standards, d.h. bestimmte Normen (der von Heinrich verlinkte URL gibt da einiges her); da gibt es z.B. die Grundfarben des Lichts, welche "Rot",  "Blau" und  "Grün" sind mit bestimmten Wellenlängen  (Wie wichtig diese Standardisierung ist, geht vielleicht daraus hervor, dass Farbmonitore, die sich auf diese Norm kalibrieren lassen, richtig  teuer sind,)
auch sind die Komplementärfarben dadurch definiert, dass  sie zusammen weißes Licht ergeben: 

Komplementär zu rotem Licht ist : blaues Licht + grünes Licht. Diese Farbaddition wird als "cyan" bezeichnet.
Komplementär zu blauem Licht ist : rotes Licht + grünes Licht. Diese Farbaddition wird als "gelb" bezeichnet.
Komplementär zu grünem Licht ist : blaues Licht + rotes Licht. Diese Farbaddition wird als "magenta" bezeichnet.

Diese 3 Begriffe (cyan, gelb, magenta) beschreiben somit gleichzeitig als begrifflicher Standard die Grundfarben der Farbpigmente.

Daraus folgt: die standardmäßige Komplementärfarbe zu "grün" ist  nicht rot, sondern "magenta" !!! (was man sich hilfsweise als die Markenfarbe eines deutschen Telekommunikationsdienstleisters vorstellen kann)

Demzufolge beschreiben diese Versuche etwas völlig anders und passen überhaupt nicht in den Zusammenhang:

Zitat.....das in org. Lösungsmittel gelöstes Chlorophyll im Durchlicht und Auflicht diesen Komplementärfarben-Effekt zeigt.
Hier liegt kein "Komplementärfarben-Effekt" vor, sondern das ist der klassische Versuch zur Demonstration der Rotfluoreszenz von Chlorophyll, d.h.  einer sehr  speziellen Eigenschaft dieses Farbstoffmoleküls.

ZitatDas Chlorophyl in Volvox transmittiert also grünes Licht und "reflektiert" rot. Allerdings sehen wir nicht die "echte" Reflexion, sondern das vielfach gestreute grüne Licht, das zum Teil auch rückgestreut wird.
Das ist einfach falsch:  Chlorophyll absorbiert rotes und blaues Licht (das Absorptionsspektrum dürfte bekannt sein) und lässt grünes Licht durch. Da ist nichts mit "Reflexion", was immer die Anführungszeichen bedeuten sollen.
Und ich bemale auch kein Blatt Papier mit einem Kugelschreiber und mache dann damit  ein Quasi-Dunkelfeld.  Ich habe gezeigt, dass ich ein Mikroskop mit Dunkelfeld-Kondensor benutzen kann. Die Ergebnisse liegen vor; und diese Vorgehensweise wird zur Nachahmung empfohlen!


@ Michael:

Deine mit einfachen Gleichungen dargestelllten  Sachverhalte beschreiben lediglich die Energie der Strahlung, haben also mit dem Sachverhalt, um den es hier geht, nur marginal zu tun. Aber genau wie in dem thread hier:

https://www.mikro-tuemplerforum.at/viewtopic.php?f=35&t=786

bleibt unklar, auf was sich der  Begriff "Farbe"  in allen Zusammenhängen eigentlich bezieht: Pigment? Wellenlänge? In welchem konkreten Zusammenhang?  Ich kann also wirklich keinen Lösungsansatz zu was auch immer erkennen.

@ Jürgen:
Zitatein weiterer Faktor dürfte auch die Dicke des jeweiligen Objektes sein.

Faktor zu was jetzt?

Wie dick soll das Objekt denn sein?
Nimm eine dünnere Alge (Closterium, Chlorella, was auch immer. Oder Faulschlamm: erscheinen magentafarbene (s.o.) Rhodobakterien  im Dunkelfeld grün (Ist wieder eine rhetorische Frage)? 

Ich wiederhole mich:  jeder der hier Beteiligten hat ein Mikroskop. Statt, wie meistens, auf irgendwelche "schönen", "zauberhaften" Fotos zu schauen, kann man ein Mikroskop auch dazu benutzen, etwas herauszufinden.


@ Heinrich: Du bist mir zuvorgekommen vielen Dank für die Bemerkungen zu Gerlach.

Ich muss ehrlich  sagen, dass ich im Zusammenhang mit dem Wunsch nach Aufklärung von den beteiligten  Foristen eine etwas  klarere, naturwissenschaftlichere Herangehensweise  in diesem Thread erwartet hätte.

Ab jetzt freue ich mich auf entsprechende Fotos, die zur Klärung etwas beitragen.....



Beste Grüße
Michael Plewka

jcs

Zitat von: Michael Plewka in Dezember 07, 2021, 19:31:56 NACHMITTAGS

Das ist einfach falsch:  Chlorophyll absorbiert rotes und blaues Licht (das Absorptionsspektrum dürfte bekannt sein) und lässt grünes Licht durch. Da ist nichts mit "Reflexion", was immer die Anführungszeichen bedeuten sollen.
Und ich bemale auch kein Blatt Papier mit einem Kugelschreiber und mache dann damit  ein Quasi-Dunkelfeld.  Ich habe gezeigt, dass ich ein Mikroskop mit Dunkelfeld-Kondensor benutzen kann. Die Ergebnisse liegen vor; und diese Vorgehensweise wird zur Nachahmung empfohlen!

Die optischen Eigenschaften jeden Materials können durch den wellenlängenabhängigen Brechungsindex und den wellenlängenabhängigen Absorptionskoeffizienten beschrieben werden. Über die Kramers-Kronig-Relation sind die beiden Werten miteinander verbunden.

Die von Dir erwähnten RGB- und CMYK-Farbmodelle sind eine komplett andere Baustelle, da sie sich auf die Physiologie des menschlichen Auges beziehen (Zapfen für spezifische Wahrnehmung des roten, grünen und blauen Wellenlängenbereichs im sichtbaren Spektrum).  Die optischen Eigenschaften eines Materials mit der Physiologie des Auges in einen Topf zu werfen, macht die Sache nur noch komplizierter als sie bereits ist.

Für den Reflexionskoeffizienten r bei senkrechtem Lichteinfall auf eine Grenzfläche bestehend aus z.B. Chlorophyl mit Brechungsindex n_c und Luft (Brechungsindex n_0) gilt näherungsweise:

r= (n_c - n_0)/(n_c + n_0)

Wenn Du jetzt auf
https://www.researchgate.net/publication/348878642_Scattering_and_Absorption_Coefficients_of_Biological_Chlorophyll_Pigmented_Grains_in_Aqueous_Suspension
Abbildung 7 betrachtest, wirst Du sehen, dass Chlorophyl bei ca. 450nm und 700nm ein Maximum im Brechungsindex hat, während n_c im Grünen (550nm) relativ klein ist. D.h. Chlorophyl reflektiert unter Berücksichtigung der obigen Formel rot und blau besser als grün. Diese Reflexion wird allerdings vom rückgestreuten grünen Licht aus den tieferen Chhlorophylschichten überlagert, deshalb sind Blätter sowohl im Durch- als auch im Auflicht grün. Bei schleifendem Einfall erhöht sich der Reflexionskoeffizient, und rot bzw. blau kann sichtbar werden.

Ob das eine Erklärung für Deine Beobachtungen ist, weiß ich nicht. Mangels geeigneter Ciliaten bei mir am Schreibtisch kann ich da leider nichts dazu sagen.

Jürgen

Peter Reil

Zitat von: Michael Plewka in Dezember 07, 2021, 19:31:56 NACHMITTAGS

Also: anstatt  hier teilweise haarsträubende Ungenauigkeiten zu verbreiten, aus denen ich wirklich keine Problemlösung ableiten kann, würde ich es in diesem Mikroforum für sinnvoll halten, doch einfach mal ein mikroskopisches Präpärat zu machen,  zu fotografieren und hier zu zeigen und daraus dann etwas abzuleiten, wie gesagt:  gerne etwas, das die von mir gezeigten Befunde eindeutig widerlegt oder auch Erklärungen zu dem Phänomen liefert, welches  der Ausgangspunkt dieses Threads ist.


Hallo Michael,

genau das würde ich mir auch wünschen.

Der Theorie ist genug geredet und irgendwie klingt da nichts für mich tatsächlich überzeugend.
Vielleicht haben wir das Glück und jemand findet ein Trompetentierchen, beobachtet es längere Zeit, macht Aufnahmen im Hellfeld und im Dunkelfeld und es gibt die "Erhellung" für einen eventuellen Farbwechsel.

Freundliche Grüße
Peter

Meine Arbeitsgeräte: Olympus BHS, BHT, CH2, CHK, Olympus SZ 30, antikes Rotationsmikrotom