Fragen zu unendlich Objektiv

Begonnen von Nochnmikroskop, April 09, 2022, 10:57:00 VORMITTAG

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FabianVoigt

Hallo,

ich finde es gerade das schöne am Optikdesign, dass es auch für Amateure nicht total unzugänglich ist (es hat ja z.B. viele Amateurastronomen, die darin sehr gut sind) - aber ja, es hat eine gewisse Schwelle. Ich finde es immer extrem schade, wenn man so tut, als wären Objektive magische Black Boxes - man kann sehr viel über ihre Funktion und Bauweise aus öffentlichen Quellen lernen (wie von Gross). Ich kann aber nichts dafür, wenn Gross von "pupil stops" und "pupils" als Aperturblenden redet.

@Werner: Optikdesignsoftware ist häufig sehr teuer, aber es hat ein paar etwas günstigere Optionen - Synopsis konnte in der FreeWare-Version mal 12 Flächen: https://osdoptics.com/  Die Basisversion von Optalix (die aber keine Optimierung kann) ist auch nicht so teuer: http://www.optenso.com/editions.html All diese Software hat leider absolut grässliche Usability (was bei den Profiversionen von Zemax oder Code V auch nicht anders ist) und man braucht damit lange, allein die Software zu lernen.

@Hubert: Hat es einen bestimmten Grund, warum dein Beispiel probenseitig nicht telezentrisch ist?

@Frank: Zur deiner Frage: Ich finde gerade auf die Schnelle keine FN-Angabe für die neueren (moderne Objektive, um eine aktuelle obere Grenze zu geben) Nikon 100x-Objektive. Für z.B. ein Olympus MPLAPON100XO2 mit M=100x und NA=1.45 kann man es aber finden: FN 26.5 https://www.olympus-lifescience.com/en/objective-finder/
Das FOV in der Probe ist dann FOV = FN/FOV = 26.5 mm / 100 = 265 μm. Die Auflösung können wir ungefähr via Δx = λ/(2NA) abschätzen, d.h. bei λ=500 nm etwa Δx = 0.172 μm. Mit üblichem Nyquist-Sampling (Auflösung / 3 für die effektive Pixelgrösse in der Probe) kommen wir auf eine sinnvolle maximale Detektorgrösse von etwa 4600x4600 Pixel wenn das Objektiv & Restsystem die Auflösung bis an den Rand durchhält (was es nicht unbedingt tun wird, aber das ist eine andere Frage). Nehmen wir FN=18 und NA=1.4 (leicht ältere Objektive), dann sind es immer noch rund 3000 x 3000 Pixel. Wenn man annimmt, dass etwa 1/2 des FOVs beugungsbegrenzt ist, dann machen etwa 1500x1500 in der Mitte für wirklich gute Bildqualität durchaus Sinn.

Viele Grüsse,

Fabian

Lupus

Hallo

ZitatOptikdesignsoftware ..... All diese Software hat leider absolut grässliche Usability
das sehe ich auch so, und auch die Präsentationsmöglichkeiten sind oft sehr beschränkt.

@Werner
Für einfache Strahlenverlaufsberechnungen verwende ich eine selbst programmierte Software mit Hilfe von Mathcad (damit lässt sich Matrizenrechnung sehr einfach durchführen, und die Grafikdarstellung kann man selbst entwerfen). Aber manchmal - wie auch hier - mache ich dann doch eine grafische Nachbearbeitung mit Paint.NET. Ein simples, kostenloses, äußerst einfach bedienbares (und damit seniorengerechtes ;)) Bildbearbeitungsprogramm, mit dem ich auch meine sonstigen Fotos bearbeite.

@Fabian
Ich habe ganz willkürlich ein Beispiel herausgegriffen ohne besondere Absicht. Die Spannweite von Objektivkonstruktionen ist riesig. Es mag sein, dass das Beispiel nicht das typischste ist, aber es ging ja auch nur um die Demonstration der verschiedenen "optischen Ebenen".

Hubert

FabianVoigt

Hi,

toll zu sehen, dass diese Rechnung handgestrickt ist! Ich hatte deswegen nach der Telezentrie gefragt, weil es einen Grund hat, Mikroskopobjektive für Transmission oder Epifluoreszenz-Anwendungen telezentrisch auszulegen: Wenn man einen nicht telezentrischen Strahlengang hat und die Probe verschiebt, passieren zwei Dinge auf einmal: Die alte Probenebene wird unscharf - und ändert auch ihre Vergrösserung. D.h. Objekte scheinen beim Durchfokussieren nicht nur "blurry" zu werden, sondern sich auch radial von der Mitte weg oder zur Mitte hin im Gesichtsfeld zu verschieben. Dieser Effekt ist visuell extrem unangenehm - und macht auch das genaue Messen von Abständen in der Probe viel schwieriger. Ich habe selbst diesen Grund erst verstanden, als ich Mikroskope mit Linsen mit veränderlicher Brennweite (von Optotune - einer Schweizer Firma, siehe https://www.optotune.com/microscopy ) gebaut habe. Aus der Zeit stammt auch noch eine Application Note, die u.a. beschreibt, wie man an eine konjugierte Pupille bei den Zeiss Axiovert 35 / IM405 rankommt (Seite 6) - vielleicht ist das ja von Interesse für Bastler: https://static1.squarespace.com/static/5d9dde8d550f0a5f20b60b6a/t/5e43a99a7bcc822d9824e7fb/1581492649569/Optotune-focus-tunable-lenses-for-widefield-confocal-2-photon-and-light-sheet-microscopy.pdf

Viele Grüsse,

Fabian

Nochnmikroskop

Hallo Fabian,

danke für Deine Berechnung.
Was mich daran stört, ist das FOV wieder vom Okular zurüchgerechnet wird.
Der Anfangsdurchmesser sollte, so meine unwissende Vorstellung, zusammen mit dem Arbeitsabstand, Öl und der NA eine max. beobachtbare Oberfläche erzeugen. Ob bis in den äußeren Durchmesser ein optimales Bild gesehen werden kann würde ich einfach mal annehmen.

Ohne die Verdreifachung ala Nyquist ergeben sich bei Deinem Beispiel demnach bei NA 1,45 und 100x Vergrößerung und FOV 256µm "nur" 1488 x 1488 unterscheidbare Punkte bei einem Objekt, oder denke ich da wieder falsch.

LG Frank
Meistens Auflicht, alle Themenbereiche
Zeiss Axiolab, Leitz Orthoplan, Keyence VHX, Olympus SZX16, Canon EOS 700D, Panasonic G9, Touptek u.a.
keine KI

mhaardt

Die Frage der optimalen Pixelanzahl hängt auch vom Bildsensor ab. Pauschal drei Pixel pro Zyklus anzunehmen ist als Grenze nicht schlecht, aber ganz so einfach ist es nicht:

http://www.moria.de/tech/image-sensors/mtf/

Bei einer Farbkamera wird es noch komplizierter, weil die Farb- und Helligkeitsauflösung verschieden ist.

Michael

FabianVoigt

#50
Hi,

die Abschätzung von mir ist nicht vom Okular oder vom Detektor zurückgerechnet - es sind eigentlich nur Objektivparameter (NA und maximales FOV) reingegangen. Das wir trotzdem mit der Tubuslinse rechnen müssen, liegt daran, dass es sich um ein Unendlichsystem handelt: Die auf dem Objektiv angegebene Vergrösserung bezieht sich auf die Kombination des Objektivs mit der passenden Tubuslinse vom jeweiligen Hersteller. Ebenso bezieht sich die FN auf den Durchmesser des Bilds hinter der Tubuslinse. In dem Sinne spielt uns die Konvention der Optikhersteller einen Streich: Sie könnten diese Werte auch draufschreiben, aber dann kann man damit viel schlechter im Kopf rechnen - wer will schon bei einem Olympus f=1.8 mm draufstehen haben statt 100x?

Und deine Idee, dass es nur eine beschränkte Zahl unterscheidbare Punktbilder gibt, die man durch das Objektiv gleichzeitig "durchquetschen" kann, ist korrekt. In der Sprache der Optik ist das Bild eines Punktes eine "Punktverwaschungsfunktion" oder "Point spread-function" oder einfach PSF. Etendue ist proportional dazu wieviele PSFs man durchs Objektiv durchbekommt. Wieviele es genau sind, hängt aber davon ab, wie wir Auflösung (bzw. die Grösse der PSF) definieren - aber die Idee, dass ein 100x NA 1.4 "nur" ein paar Millionen unterscheidbare PSFs durchlässt stimmt durchaus.

Viele Grüsse,

Fabian

Nochnmikroskop

Guten Morgen zusammen,

Fabian, danke. Dann habe ich doch nicht so quer gedacht. ;D
Dann scheinen die Angaben der Objektiv Hersteller, insbesondere von Nikon sich auch auf dieses PSFs bzw. Etendue zu beziehen, wobei ich deren Berechnung noch nicht wirklich verstanden habe.

Hallo Michael (mhaardt),
danke für Deinen Link, das muss ich dann auch noch durchackern!  :o 8)

Vielen Dank an Alle, die hier mit Informationen und weiterführenden Überlegungen gepostet haben.

LG Frank
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keine KI