Botanik: Silberblättrige Goldnessel Lamium argentatum *

Begonnen von Hans-Jürgen Koch, Juli 26, 2022, 09:20:08 VORMITTAG

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Hans-Jürgen Koch

Die Silberblättrige Goldnessel ist eine Unterart der Goldnesseln, ist ein bisher weitgehend unbeachteter Kulturflüchtling.

Diese in Europa, Asien und Nordafrika heimische, mehr als 50 Arten umfassende Gattung (Lamium) ein und mehrjähriger, mit einem kriechenden Wurzelstock ausgestatteter Pflanzen gehört zur Familie der Lippenblütler.

Einige Arten haben adstringierende Eigenschaften, andere dienen als Küchenkräuter, wieder andere als Zierpflanzen, und fast alle sind wichtige Nektarquellen für Bienen.
Der Nektar enthält rund 42 Prozent Zucker.

Hauptbestäuber dieses Lippenblütlers sind Bienen und Hummeln. Wenn sie auf der Unterlippe (Honigmale) landen und sich in die Blüte zwängen, streifen die auf dem Weg zum tiefergelegenen Nektar zuerst die Narbe, danach die Staubeutel. Hierdurch wird die Fremdbestäubung gesichert.
Die grob gezähnten Blätter sind gegenständig und weisen oft eine graugrüne oder weiße Zeichnung auf, die Tragblätter sind eiförmig, gezähnt.
Die in kurzen Scheinquirlen angeordneten Blüten sind weiß, gelb, rosa -oder lilafarben und zweilippig, wobei die Oberlippe zumeist helmartig gewölbt ist.
Die Silberblättrige Goldnessel bildet meist lange, oberirdische Ausläufer.
Die Form mit großen weißen Flecken auf den Blättern wuchs ursprünglich nur in Gärten, tritt jedoch seit Jahrzehnten auch verwildert auf.

Bild 01 Habitus, Silberblättrige Goldnessel Lamium argentatum

© H.-J_Koch

Bild 02 Spross mit gegenständigen Blättern, Lamium argentatum

© H.-J_Koch

Das Internodium bezeichnet in der Botanik den Teil einer Sprossachse zwischen zwei Knoten (Nodi), der definitionsgemäß keine Blätter trägt.
Als Knoten (Nodus, lat.) wird der Bereich der Sprossachse bezeichnet, an dem ein oder mehrere Blätter ansetzen. Die Knoten bzw. Nodi (umgangssprachlich auch Nodien) können je nach Pflanzenart kahl oder behaart sein. Die Bezeichnung Knoten nimmt Bezug auf die häufige Verdickung der Sprossachse an der Stelle des Blattansatzes

Bild 03, weiße panaschierte Blättern, Lamium argentatum

© H.-J_Koch

In der binären Nomenklatur wird jede Pflanze durch zwei Wörter beschrieben: Das erste bezeichnet die Gattung und das darauffolgende, klein geschriebene, die Art.
So ist die Silberblättrige Goldnessel zu ihrem Namen Lamium argentatum gekommen. Lamium ist von dem griechischen ,,lamion" (= Schlund oder Rachen) abgeleitet und beschreibt die Blütenform, ,,argentatum" bezieht sich auf die silberfarbigen Blätter.
1975 wurden die Silberblättrige Goldnessel durch den an der Prager Karlsuniversität forschenden Botaniker Miroslav Smejkal, Pflanzenbiologe (31. Oktober 1927 – 24. Mai 1997) unter dem Basionym Galeobdolon argentatum als neue Art beschrieben.
Über die taxonomische Einordnung der Pflanzensippe gibt es unterschiedliche Auffassungen.
Die Taxonomie der Sippe ist verwickelt, da weder über ihren Status als Art, Unterart oder Form noch über den Status und den korrekten Namen der Goldnesseln generell Einigkeit besteht, die je nach Botaniker als weit gefasste Sammelart, als Untergattung oder als eigene Gattung Galeobdolon (syn. Lamiastrum) aufgefasst werden.
In seiner Revision der Gattung Lamium fasste Jacob Mennema die Silber-Goldnessel als Form der Gewöhnlichen Goldnessel innerhalb der Gattung Lamium auf und benannte sie Lamium galeobdolon forma argentatum.
Zahlreiche neuere Autoren betrachten sie allerdings weiterhin als Unterart oder sogar als eigenständige Art. Insgesamt ist die Systematik der Gelben Taubnesseln noch in der Diskussion.

Systematik:
Ordnung: Lippenblütlerartige (Lamiales)
Familie: Lippenblütler (Lamiaceae)
Unterfamilie: Lamioideae
Gattung: Taubnesseln (Lamium)
Art: Silberblättrige Goldnessel
Wissenschaftlicher Name:  Lamium argentatum
Trivialname: Silber-Goldnesse, Florentiner Goldnessel,
Synonyme: Lamium galeobdolon ssp. argentatum,
Englische Bezeichnung: silver archangel

Die Silberblättrige Goldnessel Lamium argentatum bei der alle Blätter das ganze Jahr über silbrig gezeichnet sind, während bei der Gewöhnlichen Goldnessel die Laubblätter höchstens im Winter zum Teil nur schwach gezeichnet sind.
Diese Fleckung kommt zustande, wenn sich die Blattoberhaut vom Blattgewebe abhebt; es entsteht eine Luftschicht, an der das Licht total reflektiert wird.
Außerdem hat die Silberblättrige Taubnessel eine etwas längere Blütenoberlippe. Sie kommt in West- und Mitteleuropa vor.
In Nordamerika ist Sie ein Neophyt.
Die Goldnessel ist eine mehrjährige krautige Pflanze, die Wuchshöhen von 15 bis 60 cm erreicht.

Bild 04 Blatt Oberseite, Lamium argentatum

© H.-J_Koch

Stängel: aufrecht, vierkantig und hohl, mit Querrunzeln, einzeln oder an der Basis verzweigt.
Stängelgrund: hauptsächlich an den Kanten behaart.

Bild 05 Blatt Unterseite, Lamium argentatum

© H.-J_Koch

Die zwittrigen Blüten sind zygomorph. Sie blühen zwischen Mai und Juli.
Als zygomorph, dorsiventral oder monosymmetrisch werden in der Botanik Blüten bezeichnet, die aus zwei spiegelgleichen Hälften bestehen, also über nur eine Symmetrieebene verfügen.
In den quirlartigen Blütenständen sitzen in den Achseln der oberen Blätter goldgelbe Blüten. Die Blüten zeichnen sich durch deutlich erkennbare dreilappige, rötlich gefleckte Unterlippen aus. Die Bestäubung erfolgt durch Insekten wie z.B. Bienen, Hummeln oder Schmetterlinge.
Blüten: ungestielt in Scheinquirlen in den Achseln der Tragblätter, am Grund zu einer schlanken Röhre verwachsen.
5–10 goldgelbe, 2-lippige Blüten pro Quirl, oft mit orange-brauner Zeichnung auf der Unterlippe.
Oberlippe helmförmig, am Rand dicht behaart.
Seitenzähne der Unterlippe kürzer als der mittlere Zahn. 4 Staubblätter, 2 längere und 2 kürzere, nicht behaart.
Kelch 5-zähnig, röhrig. Fruchtknoten in 4 sog. Klausen unterteilt, die Früchte werden von Ameisen verbreitet.

Die Goldnesseln sind essbar und können als Gemüse zubereitet werden.

Teil 1
Spross, Querschnitt
25 Mikrometer

Bild 06 Schnittstellen, Silberblättrige Goldnessel Lamium argentatum

1 = Querschnitt – Spross; 2 = Querschnitt - Knoten

Bild 07 Detailaufnahme, ungefärbter Schnitt, Silberblättrige Goldnessel Lamium argentatum


Bild 08 Ungefärbter Schnitt, Detailaufnahme, Silberblättrige Goldnessel Lamium argentatum


Bild 09 Autofluoreszenz, Detailaufnahmet, Silberblättrige Goldnessel Lamium argentatum

LED Modul 455 nm
Reflektormodul FL mit Filtersatz 67
Erregerfilter: BP 470 nm
Strahlenteiler: FT 477 nm
Emission (Sperrfilter): LP 485

Bild 10 Autofluoreszenz, Silberblättrige Goldnessel Lamium argentatum


Bild 11 Übersicht, Dunkelfeld, Silberblättrige Goldnessel Lamium argentatum


Bild 12 Detailaufnahme, Dunkelfeld, Silberblättrige Goldnessel Lamium argentatum


Bild 13 Detailaufnahme, Dunkelfeld, Silberblättrige Goldnessel Lamium argentatum


Bild 14 Knoten, Übersicht, Dunkelfeld, Silberblättrige Goldnessel Lamium argentatum


Der Stängel ist ausgesteift, so dass er bei einer Biegung nicht so leicht knickt.
Liegt der Stängel auf dem Boden, dann brechen aus dem Knoten meist Wurzeln hervor, die die Pflanze mit verankern helfen.

Bild 15 Knoten, Detailaufnahme, Silberblättrige Goldnessel Lamium argentatum


Bild 16 Knoten, Polarisation, Detailaufnahme, Silberblättrige Goldnessel Lamium argentatum

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Hans-Jürgen Koch

#1
W-3A-Färbung nach Wacker (Acridinrot-Acriflavin-Astrablau) modifiziert

Arbeitsablauf :
1.Pflanzenprobe liegt in 30 % Ethanol.
2. Aqua dest. 3x wechseln je 1 Minute.
3. Vorfärbung Acridinrotlösung 8 Min.
4. 1x auswaschen mit Aqua dest. .
5. Acriflavinlösung (differenzieren bis gerade keine Farbwolken mehr abgehen - Lupenkontrolle) ca.15 Sekunden!!!
6. 2 x auswaschen mit Aqua dest..
7. Nachfärbung Astrablaulösung 1 Minute.
8. Auswaschen mit Aqua dest. bis keine Farbstoffreste auf dem Objektträger verbleiben.
9. Entwässern mit 3x gewechseltem Isopropylalkohol (99,9 %)
10. Einschluss in Euparal.

Ergebnis :
Zellwände blaugrün bis grün, verholzte Zellwände leuchtend rot, Zellwände der äußeren Hypodermis orangerot, Cuticula gelb, Zellwände der innenliegenden Hypodermis tiefrot.
Bei der Betrachtung wird eine Kontrastverbesserung bei Verwendung eines BG 38 Filters (blaugrün, 3mm dick) erreicht.
Fotos: Nikon D5000, Sona alpha 6000

Bild 17 Übersicht, Silberblättrige Goldnessel Lamium argentatum


Bild 18 Detailaufnahme, mit Beschriftung, Silberblättrige Goldnessel Lamium argentatum

EP = Epidermis, KA = Kantenkollenchym, XY = Xylem, RP = Rindenparenchym, SK = Sklerenchym, MP = Markparenchym, H = Hohlraum PXY = Protoxylem

Bild 19 Detailaufnahme, Silberblättrige Goldnessel Lamium argentatum


Bild 20 Auflichtbeleuchtung Fluoreszenz, Übersicht, Silberblättrige Goldnessel Lamium argentatum


Bild 21 Auflichtbeleuchtung Fluoreszenz, Silberblättrige Goldnessel Lamium argentatum


Bild 22 Gegenüberstellung, Detailaufnahme, Silberblättrige Goldnessel Lamium argentatum


Teil 2
Blattstiel, Querschnitt
25 Mikrometer

Bild 23 Ungefärbter Schnitt, Übersicht, Silberblättrige Goldnessel Lamium argentatum


Bild 24 Ungefärbter Schnitt, Detailaufnahme, Silberblättrige Goldnessel Lamium argentatum


Bild 25 Autofluoreszenz, Silberblättrige Goldnessel Lamium argentatum


Bild 26 Autofluoreszenz, Silberblättrige Goldnessel Lamium argentatum


Bild 27 Autofluoreszenz, Silberblättrige Goldnessel Lamium argentatum


W-3A-Färbung nach Wacker (Acridinrot-Acriflavin-Astrablau)

Bild 28 Übersicht, Silberblättrige Goldnessel Lamium argentatum


Bild 29 Detailaufnahme, mit Beschriftung, Silberblättrige Goldnessel Lamium argentatum

EP = Epidermis, HY = Hypodermis,  XY = Xylem, PH = Phloem, RP = Rindenparenchym,

Bild 30 Detailaufnahme, Silberblättrige Goldnessel Lamium argentatum


Bild 31 Auflichtbeleuchtung Fluoreszenz, Silberblättrige Goldnessel Lamium argentatum


Bild 32 Auflichtbeleuchtung Fluoreszenz, Übersicht, Silberblättrige Goldnessel Lamium argentatum


Bild 33 Diese 3 Bilder habe ich mit Fast Stone Image Viewer 7.6 erstellt.



Quellen und weiterführende Informationen:


Wikipedia; Freie Enzyklopädie
Aichele ,,Was blüht denn da?", 03553-5
Helmut Bechel, ,,Pflanzenführer", 2635 4453-6271
Lüder, ,,Grundkurs Pflanzenbestimmung", ISBN: 3-494-01418-3
,,Botanica" Das Abc der Pflanzen, ISBN: 3-8290-0868-6
,,Heilpflanzen", 1987
,,Was blüht denn da?", ISBN: 978-3-440-11379-0

Die Informationen für Beschreibungen werden von mir selbst aus verschiedenen Quellen zusammengetragen. Dabei benutze ich sowohl Bücher als auch Internet Quellen.
Gerne zeige ich euch die schönen Seiten der Pflanzen.
Viele Aufnahmen von einer Pflanze ermöglichen eine umfassende Wahrnehmung.
Es freut mich natürlich sehr, wenn auch euch die Bilder gefallen.
Für konstruktive Kritik bin ich ebenso offen wie für lobende Worte.

Hans-Jürgen



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Bernd Miggel

Lieber Hans-Jürgen,

herzlichen Dank für die eindrucksvolle Ausarbeitung!

Viele Grüße
Bernd

Hans-Jürgen Koch

Lieber Bernd,

danke für dein Feedback.

Entschuldige die späte Antwort; wir hatten die der Gemeinde Weyhe 3 Tage eine Totalausfall (Telefon, Internet, Fernsehen) - Deutsche Glasfaser.
Spieleabend in der Familie war die Rettung.

Gruß
Hans-Jürgen
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Fahrenheit

#4
Lieber Hans-Jürgen,

Deinen schönen Beitrag zur Goldnessel habe ich grade erst entdeckt - und natürlich gelistet.

Herzliche Grüße
Jörg
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Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

Hans-Jürgen Koch

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rlu

Hallo Hans-Jürgen,

erst einmal vielen Dank für die tolle Arbeit.
Eine Frage auf dem Bild 29 hast du  XY = Xylem, PH = Phloem eingezeichnet.

Im 45°Winkel nach links oben gibt es noch eine kleinere Struktur, die ähnlich aussieht.
Ist das auch ein  Xylem/Phloem ?

Liebe Grüße
Rudolf

Fahrenheit

Lieber Rudolf,

ich denke, Hans-Jürgen hat nichts dagegen, wenn ich antworte: ja, das ist ein kleineres Nebenleitbündel im Blattstiel und es hat im kleinen die gleiche Struktur wie das beschriftete Hauptleitbündel im Bild (von dem es auch ein zweites gibt, wie die Übersichtsaufnahmen zeigen).

Herzliche Grüße
Jörg
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3nzo

Hallo Hans-Jürgen,
Ich möchte meine Bewunderung für die interessante und ausgezeichnete Arbeit zum Ausdruck bringen, die ich gerade entdeckt habe.
Danke für den wertvollen Beitrag und viele Grüße.

Enzo

Hans-Jürgen Koch

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deBult

Hans-Jurgen,

Top quality - as ever- : you produce these slides and postings faster than I can read them.

Hmmm retirement (Ruhestand) is still a few years to go  ::)

Best , Maarten
Reading the German language is OK for me, writing is a different matter though: my apologies.

A few Olympus BH2 and CH2 stands with DIC and phase optics.
The correct number of scopes to own is N+1 (Where N is the number currently owned).

Hans-Jürgen Koch

Hallo Maarten,

danke für dein Interesse und das Lob.
Ich bin seit Januar 2022 im Ruhrstand, wir haben uns gerade in einen Tierpark in Bassum (Niedersachsen) die dortige Pflanzenwelt angesehen. Eine Genehmigung zur Probenentnahme habe ich schon erhalten.

Mit freundlichem Gruß

Hans-Jürgen
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