Botanik: Serbische Fichte Picea omorika *

Begonnen von Hans-Jürgen Koch, August 25, 2022, 14:08:38 NACHMITTAGS

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Hans-Jürgen Koch

In der ganzen Welt gibt es ungefähr 50 Arten von Fichten.
Die Serbische Fichte wurde 1875, also vor 147 Jahren, in einem kleinen, eiszeitlichen Rückzugsgebiet von nur etwa 60 Hektar im Drina – Bogen (800 – 1500 m ü. NN) in Jugoslawien in einem schwer zugänglichen Bereich durch den serbischen Arzt und Botaniker Josif Pančić erstbeschrieben und nach ihm ,,Pančićeva omorika" genannt.
Die Drina entspringt mit ihren Quellflüssen Tara und Piva in der Hochkarstzone der Zentraldinariden und entwässert zum Schwarzen Meer.
Zusammen mit der Tara, einem der beiden Quellflüsse, erreicht die Drina 486 km Länge und hat ein Einzugsgebiet von 19.926 km². Als wasserreichster Fluss des Dinarischen Gebirges bildet sie zugleich dessen bedeutendstes hydrologisches System.

Die Serbische Fichte hat hier als sogenanntes Glazialrelikt die Eiszeit überstanden, es aber, als wenig konkurrenzstarkes Gehölz, gegenüber ökologisch flexibleren Bäumen nicht geschafft, von der Balkan – Halbinsel aus in ihre, in den Zwischenzeiten sogar bis nach Norddeutschland und in den Niederlanden reichenden, ursprünglichen Siedlungsbereichen zurückzugelangen.

Fossile Funde belegen, dass die Serbische Fichte früher wesentlich weiterverbreitet war.
Dies geschieht erst mit Hilfe des Menschen, denn sie wird, nicht zuletzt, weil sie ein winterhartes, robustes und anspruchsloses Nadelgehölz ist, häufig in Gärten und Parks angepflanzt.

Bild 01 Habitus, Serbische Fichte Picea omorika

© H.-J_Koch

Das Höchstalter der Fichten liegt bei etwa 8oo Jahren.

Bild 02 Gerader Stamm, Serbische Fichte Picea omorika

© H.-J_Koch

Dieser etwa 30 Meter hohe Baum steht im Harz, sein Durchmesser beträgt 70 cm (Umfang 220 cm). Man spricht vom Brusthöhendurchmesser (BHD)
Der Durchmesser des stehenden Baumes wird in einer Höhe von 1,3 Meter hangoberseits gemessen.
Die Serbische Fichte bleibt im Freistand bis zum Boden hin dicht beastet.
An der schlanken Krone hängen die unteren Äste herunter und richten sich, ähnlich wie Skischanzen, vorne wieder etwas auf.
Hier hat man die unteren Äste entfernt, um mehr Platz im Garten zu bekommen.

Bild 03 Zweig mit Nadelblättern, Serbische Fichte Picea omorika

© H.-J_Koch

Ihre 1,2 – 2,5 cm langen Nadeln sind vierkantig, aber abgeflacht und zeigen auf der Unterseite zwei weiße Linien (Spaltöffnungsbänder). Die Oberseite ist glänzend dunkelgrün.
An Seitentriebe sind die Nadeln oft aufwärts gekrümmt, so dass die silbrig-weiße Unterseite sichtbar wird
Die Nadeln sind scharf zugespitzt (Jungbäume), stumpf mit kleiner Spitze (ältere Bäume), auf der Zweigoberseite dicht stehend, sie bleiben 10 – 12 Jahre am Zweig.


Bild 04 Reifer Zapfen, Serbische Fichte Picea omorika

© H.-J_Koch
Mit 15 bis 20 Jahren wird die Serbische Fichte blühfähig. Die ausgewachsenen Zapfen sind vergleichsweise klein und bräunlich gefärbt.
Sie stehen nicht aufrecht, sondern abwärts hängend.
Die Zapfen entwickeln sich nur im oberen Teil der Krone. Sie reifen ab Oktober, können aber noch ein weiteres Jahr am Baum hängen.

Bild 05 grüner Zapfen, Serbische Fichte Picea omorika

© H.-J_Koch

Bild 06 Nadelblätter, Serbische Fichte Picea omorika

© H.-J_Koch

Die Nadelblätter entspringen an einem Stielchen, dass nach dem Abfall am Zweig verbleibt und dem kahlen Zweig eine raue Oberfläche verleiht.

Bild 07 Schnittstelle, Serbische Fichte Picea omorika

© H.-J_Koch

Systematik:
Klasse: Coniferopsida
Ordnung: Koniferen (Coniferales)
Familie: Kieferngewächse (Pinaceae)
Unterfamilie: Piceoideae
Gattung: Fichten (Picea)
Art: Serbische Fichte
Wissenschaftlicher Name: Picea omorika (omorika/оморика)
Trivialname: Omorika-Fichte
Englische Bezeichnung: Serbian spruce


Teil 1
Zweijähriger Spross, Querschnitt
25 Mikrometer


Bild 08 Übersicht, ungefärbter Schnitt, Dunkelfeld, Serbische Fichte Picea omorika


Bild 09 Detailaufnahme, ungefärbter Schnitt, Dunkelfeld, Serbische Fichte Picea omorika


Bild 10 Detailaufnahme, ungefärbter Schnitt, Serbische Fichte Picea omorika


Bild 11 Jahresringgrenze, ungefärbter Schnitt, Serbische Fichte Picea omorika


Bild 12 Autofluoreszenz, Detailaufnahme, Serbische Fichte Picea omorika

LED Modul 455 nm
Reflektormodul FL mit Filtersatz 67
Erregerfilter: BP 470 nm
Strahlenteiler: FT 477 nm
Emission (Sperrfilter): LP 485

Bild 13 Autofluoreszenz, Serbische Fichte Picea omorika


Bild 14 Nadelblattansatz, Autofluoreszenz, Serbische Fichte Picea omorika


W-3A-Färbung nach Wacker (Acridinrot-Acriflavin-Astrablau) modifiziert

Arbeitsablauf :
1.Pflanzenprobe liegt in 30 % Ethanol.
2. Aqua dest. 3x wechseln je 1 Minute.
3. Vorfärbung Acridinrotlösung 8 Min.
4. 1x auswaschen mit Aqua dest. .
5. Acriflavinlösung (differenzieren bis gerade keine Farbwolken mehr abgehen - Lupenkontrolle) ca.15 Sekunden!!!
6. 2 x auswaschen mit Aqua dest..
7. Nachfärbung Astrablaulösung 1 Minute.
8. Auswaschen mit Aqua dest. bis keine Farbstoffreste auf dem Objektträger verbleiben.
9. Entwässern mit 3x gewechseltem Isopropylalkohol (99,9 %)
10. Einschluss in Euparal.
Ergebnis :
Zellwände blaugrün bis grün, verholzte Zellwände leuchtend rot, Zellwände der äußeren Hypodermis orangerot, Cuticula gelb, Zellwände der innenliegenden Hypodermis tiefrot.
Bei der Betrachtung wird eine Kontrastverbesserung bei Verwendung eines BG 38 Filters (blaugrün, 3mm dick) erreicht.
Fotos: Nikon D5000, Sona alpha 6000

Bild 15 Übersicht mit zwei Nadelblattansätze, Serbische Fichte Picea omorika


Bild 16 Dunkelfeld, Serbische Fichte Picea omorika


Bild 17 Polarisation, Serbische Fichte Picea omorika


Bild 18 Detailaufnahme, Serbische Fichte Picea omorika


Bild 19 Detailaufnahme, Serbische Fichte Picea omorika

Das Holz besteht im Wesentlichen aus drei Bestandteilen:
Cellulose, Hemicellulose und Lignin.
Die Cellulose stellt den Hauptbestandteil dar. Es handelt sich um unterschiedlich lange Fasern, die wiederum zu dicken Strängen verbunden sind. Dick ist hier allerdings relativ zu verstehen. Denn ein Strang aus 20 Cellulosefasern hat einen Durchmesser von nur zehn bis 30 Nanometer. Sogar ein dünnes menschliches Kopfhaar ist etwa 2000-fach dicker!
Zwischen den Cellulosefasern befindet sich die Hemicellulose. Sie verbindet die Fasern miteinander, Gemeinsam bilden sie ein zwar flexibles, aber nicht stabiles Gerüst.
Für die nötige Stabilität und Druckfestigkeit des Holzes sorgt das Lignin. Wie ein Kleber legt es sich um die Zellulose und Hemicellulose, Es ermöglicht die Verholzung und damit das beeindruckende Wachstum von Bäumen.

Bild 20 Detailaufnahme mit Beschriftung, Serbische Fichte Picea omorika

RP = Rindenparenchym, EP = Epidermis, P = Phellem, PG = Phellogen, MP = Markparenchym, XY = Xylem, J = Jahresringgrenze, PH = Phloem, H = Harzkanal
Plants are the true rulers - Pflanzen sind die wahren Herrscher.

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Hans-Jürgen Koch

Bild 21 Detailaufnahme mit Beschriftung, Serbische Fichte Picea omorika

Als Harzkanal (auch: Harzgang) bezeichnet man einen langgestreckten, röhrenförmigen interzellularen Raum, der mit harzausscheidenden Epithelzellen ausgekleidet ist.

Bild 22 Detailaufnahme, Serbische Fichte Picea omorika


Bild 23 Nadelblattansatz, Serbische Fichte Picea omorika


Bild 24 Markparenchym, Serbische Fichte Picea omorika


Bild 25 Detailaufnahme, Serbische Fichte Picea omorika

Im Kambium, einer dünnen Schicht zwischen der Rinde und dem Holz wird das Gewebe gebildet. Dadurch entsteht nach innen Holz das Splintholz, und nach außen Bast – der Baum wächst in die Breite. Der Bast ist die innerste Schicht der Rinde. Im Gegensatz zur äußeren Schicht, der Borke, ist sie lebendig.

Bild 26 Detailaufnahme, Serbische Fichte Picea omorika


Bild 27 Auflichtbeleuchtung Fluoreszenz, Serbische Fichte Picea omorika


Bild 28 Auflichtbeleuchtung Fluoreszenz, Detailaufnahme, Serbische Fichte Picea omorika


Bild 29 Auflichtbeleuchtung Fluoreszenz, Detailaufnahme, Serbische Fichte Picea omorika


Bild 30 Auflichtbeleuchtung Fluoreszenz, Detailaufnahme, Serbische Fichte Picea omorika



Teil 2
Zweijähriger Spross, Längsschnitt
25 Mikrometer


Bild 31 Schnittstelle, Serbische Fichte Picea omorika


W-3A-Färbung nach Wacker (Acridinrot-Acriflavin-Astrablau)

Bild 32 Übersicht, Nadelblattansatz, Serbische Fichte Picea omorika


Bild 33 Detailaufnahme, Serbische Fichte Picea omorika


Bild 34 Detailaufnahme, Serbische Fichte Picea omorika


Bild 35 Auflichtbeleuchtung Fluoreszenz, Serbische Fichte Picea omorika


Bild 36 Phasenkontrast, Serbische Fichte Picea omorika


Bild 37 Phasenkontrast, Serbische Fichte Picea omorika


Teil 3
Nadelblatt, Querschnitt
25 Mikrometer


Bild 38 Nadelblatt im Probenhalter eingespannt, Serbische Fichte Picea omorika


W-3A-Färbung nach Wacker (Acridinrot-Acriflavin-Astrablau)

Bild 39 Übersicht, Nadelblattansatz, Serbische Fichte Picea omorika


Bild 40 Spaltöffnungsapparat mit eingesenkten Schließzellen, Serbische Fichte Picea omor


Bild 41 Auflichtbeleuchtung Fluoreszenz, Serbische Fichte Picea omorika


Die Serbische Fichte Picea omorika ist in der Liste der weltweit gefährdeten Gehölzarten nach der Roten Liste der Weltnaturschutzunion (IUCN Red List 2008) aufgelistet.
Der Serbischen Fichte wird eine besondere Widerstandsfähigkeit gegen Luftverschmutzung nachgesagt, die aber wissenschaftlich umstritten ist.
Man kann aber sagen, dass sie der bei uns am häufigsten gepflanzte, nicht-einheimische Nadelbaum ist.


Quellen und weiterführende Informationen:

Wikipedia; Freie Enzyklopädie
Gregor Aas ,,Bäume", ISBN:3-7742-4058-2
Bachofer ,,Der Kosmos Baumführer", ISBN: 978-440-14660-6
Heinz Butin ,,Farbatlas Gehölzkrankheiten", ISBN: 3-8001-3874-3
Dieter Böhlmann, ,,Gehölzbiologie", ISBN: 978-3-494-01547-7
Humphries ,,Der Kosmos Baumführer", ISBN: 3-440-06140-X
Spohn ,,Kosmos Baumführer Europa", ISBN: 978-3-4440-44741-5
Peter A. Schmidt ,,Taschenlexikon der Gehölze", ISBN: 978-3-494-01448-7
P. Schütt ,,Lexikon der Bäume und Straucharten", ISBN: 978-3-86820-123-9
,,Botanica" Das Abc der Pflanzen, ISBN: 3-8290-0868-6
,,Welcher Baum ist das?", ISBN: 978-3-440-16449-5
,,Das große illustrierte Pflanzenbuch", 1977
,,Bäume in Mitteleuropa", 1983

Die Informationen für Beschreibungen werden von mir selbst aus verschiedenen Quellen zusammengetragen. Dabei benutze ich sowohl Bücher als auch Internet Quellen.
Gerne zeige ich euch die schönen Seiten der Pflanzen.
Viele Aufnahmen von einer Pflanze ermöglichen eine umfassende Wahrnehmung.
Es freut mich natürlich sehr, wenn auch euch die Bilder gefallen.
Für konstruktive Kritik bin ich ebenso offen wie für lobende Worte.

Hans-Jürgen
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Fahrenheit

Lieber Hans-Jürgen,

vielen Dank für Deinen aufwändigen und interessanten Beitrag, den ich gerne gelistet habe.

Herzliche Grüße
Jörg
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Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

Jürgen Boschert

... und wieder ein lehrreicher Genuss.

Herzlichen Dank dafür lieber Hans-Jürgen !
Beste Grüße !

JB

Bernd Miggel

Lieber Hans-Jürgen,

vielen Dank für diese wunderschöne, lehrreiche Ausarbeitung!

Herzliche Grüße

Bernd

Hans-Jürgen Koch

Hallo Jörg, Jürgen und Bernd,

danke für eure netten Worte.

Gruß
Hans-Jürgen
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Rawfoto

Guten Abend Hans-Jürgen

Ist wieder beeindruckend geworden, super :)

Was mich interessieren würde, Bild 17 und folgende zeigen 2 parallele Streifen, was ist das?!?

Gespannte Grüße

Gerhard
Gerhard
http://www.naturfoto-zimmert.at

Rückmeldung sind willkommen, ich bin jederzeit an Weiterentwicklung interessiert, Vorschläge zur Verbesserungen und Varianten meiner eingestellten Bilder sind daher keinerlei Problem für mich ...

Hans-Jürgen Koch

Hallo Gerhard,

danke für dein Feedback.
Die beiden parallelen Streifen im Bild 17 sind Fehler, die beim Schneiden entstanden sind. Ich habe die Klinge nicht zügig durch den Spross gezogen. Das Holz von der Serbischen Fichte ist hart; kurze Verzögerungen beim Schnitt erzeugen diese Streifen.

Mit freundlichem Gruß
Hans-Jürgen
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Rawfoto

Danke Hans-Jürgen,

wieder etwas dazu gelernt :)

Liebe Grüße

Gerhard
Gerhard
http://www.naturfoto-zimmert.at

Rückmeldung sind willkommen, ich bin jederzeit an Weiterentwicklung interessiert, Vorschläge zur Verbesserungen und Varianten meiner eingestellten Bilder sind daher keinerlei Problem für mich ...