Chromatische Vergrößerungsdifferenz

Begonnen von Christian Linkenheld, November 17, 2008, 18:04:13 NACHMITTAGS

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Christian Linkenheld

Bei Mikroskopen mit Endlich-Optik tritt im Zwischenbild prinzipiell eine Chromatische Vergrößerungsdifferenz (CVD) auf - völlig unabhängig von der Korrekturklasse des Objektivs. Bei der CVD ist das "blaue" Bild größer, als das "rote" Bild. Die nachfolgende Darstellung zeigt einen Objektmikrometer unter dem Mikroskop. Das Zwischenbild mit CVD wurde direkt auf einen CCD-Chip projiziert. Das Bildzentrum - also der Bereich, der beim Blick durch das Okular in der Mitte liegt - befindet sich links im Bild. Die CVD macht sich durch charakteristische Farbsäume an den Teilstrichen des Objektmikrometers bemerkbar: bläuliche Säume zum Bildzentrum hin; gelbliche-rötliche Säume nach außen hin. Es ist deutlich zu erkennen, dass im Bildzentrum fast keine CVD auftritt. Mit Annäherung an den Bildrand nimmt diese jedoch stetig zu.





Eingangs wurde geschrieben, dass das Bild für blaues(kuzwelliges Licht) größer ist, als für langwelliges Licht. Demnach könnte man meinen, dass die Farbsäume umgekehrt wie in der obigen Darstellung orientiert sein müssten (blaue Säume außen, rote Säume innen). Man muss sich aber vergegenwärtigen, dass das Präparat quasi als Filter wirkt und keine additive, sondern eine subtraktive Farbmischung vorliegt. Dies wird durch die Detailansicht in der Darstellung oben verdeutlicht. Im Bereich des gelblichen Saumes fehlt Blau und im Bild wirken nur Grün + Rot (=Gelb).

Die CVD im Zwischenbild wird durch spezielle Okulare mit einer entgegengesetzten CVD korrigiert ("Kompensationsokulare"). Beim Blick durch diese Okulare sieht man am Rand einen gelblich/rötlichen Saum. Dies ist das Bild der Feldblende des Okulars, bei dem sich der gelbliche Saum jetzt nicht außen, sondern zum Zentrum hin befindet.

Bei der inzwischen weit verbreiteten Unendlich-Optik liegt im Normalfall ein auskorrigiertes Zwischenbild ohne CVD vor. Dies geschieht hier durch das Zusammenspiel aus Tubuslinse und Objektiv. Deshalb kann man hier das Zwischenbild in voller Qualität direkt auf einem CCD-Chip auffangen. Leider sind gerade im Billigsegment zahlreiche Produkte auf dem Markt, bei denen diese Verfahrensweise auch bei Endlich-Optik angewendet wird. Der Preis hierfür ist eine erhebliche Verminderung der Bildqualität durch nicht auskorrigierte CVD.



viele Grüße

Christian Linkenheld

Udo Hammermeister

Hallo Christian !

Schön, wie Du wieder mal solch grundlegende Sachverhalte auf so klare Weise und mit so anschaulichen Grafiken erklärst. Das müsste jetzt jeder einigermaßen verstehen. Die Chromatische Vergrößerungs-Differenz ist ja in regelmäßigen Abständen immer mal wieder Thema hier im Forum.

ZitatEingangs wurde geschrieben, dass das Bild für blaues(kuzwelliges Licht) größer ist, als für langwelliges Licht. Demnach könnte man meinen, dass die Farbsäume umgekehrt wie in der obigen Darstellung orientiert sein müssten (blaue Säume außen, rote Säume innen). Man muss sich aber vergegenwärtigen, dass das Präparat quasi als Filter wirkt und keine additive, sondern eine subtraktive Farbmischung vorliegt. Dies wird durch die Detailansicht in der Darstellung oben verdeutlicht. Im Bereich des gelblichen Saumes fehlt Blau und im Bild wirken nur Grün + Rot (=Gelb).
Diese Tatsache könnte man auch mit einfacheren Worten erklären: Abgebildet und vergrößert wird ja das Licht, und nicht die Dunkelstellen. Betrachten wir jetzt die hellen Streifen (egal wie breit) zwischen den dunklen Strichen, dann haben diese die blauen und roten Ränder genau an der richtigen Seite.

Viele Grüße
Udo

Peter V.

Hallo!

Ich habe in diesem Zusammenhang eine Frage: Kann man bei hochwertigen Unendlich-System ( z.B. Leica N-Plan-Objektive an Mikroskopen der Leica DM-Serie ) davon ausgehen, daß diese vollständig auskorrigiert sind und ich beliebige "Unendlich-Okulare" verweerden kann? Ich benutze beispielsweise CZJ GF PW 10x - Okulare ( der Unendlich Serie CF 250 von CZJ ) an meinem Leica-Mikroskop und frage mich, ob ich mir originalen Leica-Okularen ein verbessertes Bild erwarten dürfte. Mir persönlich fallen bei Verwendung der CZJ-Okulare übriegns keine Farbsäume auf.

Herzliche Grüße
Peter

Dieses Posting ist frei von kultureller Aneigung, vegan und wurde CO2-frei erstellt. Für 100 Posts lasse ich ein Gänseblümchen in Ecuador pflanzen.

Detlef Kramer

Lieber Peter,

ich denke, du darfst Deiner Beobachtung trauen. So viel ich weiß, beziehen Zeiss und Leica ihre Tubuslinsen aus dem gleichen Laden.

Herzliche Grüße

Detlef
Dr. Detlef Kramer, gerne per DU

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derda

Hallo Christian,

"... Bei Mikroskopen mit Endlich-Optik tritt im Zwischenbild prinzipiell eine Chromatische Vergrößerungsdifferenz (CVD) auf - völlig unabhängig von der Korrekturklasse des Objektivs. ..."

Ich bin nicht ganz deiner Meinung, da ich ein NIKON Alphaphot habe, welches über eine CVD-freie Endlichoptik verfügt. Von CZJ gab es ebenfalls eine Endlichbaureihe mit dem Kürzel "-A" (u.a. am Laboval 4 verbaut), die man ohne Probleme mit den Okularen der 250-CF Reihe paaren konnte.

Viele Grüße

Erik

Peter V.

#5
Hallo Detlef,

aaaber: Die Okulare sind von Zeiss Jena, mithin mindestens 20 jahre alt ( Gab es da eigentlich bei Leitz / Leica schon "unendlich"? )
Soweit ich weiß, waren die Objektive der CF 250-Reihe chromatisch völlig auskorrigiert, sodaß - wenn ich jetzt keinen Denkfehler mache - die dazu passenden Okulare keinerlei kompensierende Wirkung mehr haben sollten.
Meine Frage geht eben in die Richtung, ob wohl das System Objektiv/Tubuslinse bei Leica unendlich ebenfalls keine "speziellen" Okulare mehr benötigt?

Herzliche Grüße
Peter  
Dieses Posting ist frei von kultureller Aneigung, vegan und wurde CO2-frei erstellt. Für 100 Posts lasse ich ein Gänseblümchen in Ecuador pflanzen.

Detlef Kramer

Lieber Peter,

genau das wollte ich ausdrücken. Tut mir leid, wenn es nicht richtig rüber gekommen ist.

Herzlichen Gruß

Detlef
Dr. Detlef Kramer, gerne per DU

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nor

#7
Hallo Peter

Leica emfpiehlt an einen HC Tubus von Leica nur die HC Plan Okulare zu verwenden. Besser noch die HC Plan "S" mit der Artikelnummer ab 507805-808.
Die 507800 (ohne "S") Verzeichnen zum rand hin ganz leicht beim durchmustern.Übertrieben sieht das aus, als wenn man auf einen Globus blickt, der sich dreht.
Selbstverständlich habe ich auch andere Okulare ausprobiert und musste feststellen, dass beste Ergebnis waren die mit Orginalen.
Leica DM LB2, mit N PLAN , HCX FLUOTAR , HCX PLAN APO COOR (40X) getestet.

gruß norbert

Peter V.

Zitat von: nor in November 18, 2008, 20:47:28 NACHMITTAGS
Hallo Peter

Leica emfpiehlt an einen HC Tubus von Leica nur die HC Plan Okulare zu verwenden. Besser noch die HC Plan "S" mit der Artikelnummer ab 507805-808.
Die 507800 (ohne "S") Verzeichnen zum rand hin ganz leicht beim durchmustern.Übertrieben sieht das aus, als wenn man auf einen Globus blickt, der sich dreht.
Selbstverständlich habe ich auch andere Okulare ausprobiert und musste feststellen, dass beste Ergebnis waren die mit Orginalen.
Leica DM LB2, mit N PLAN , HCX FLUOTAR , HCX PLAN APO COOR (40X) getestet.

gruß norbert


Hallo Norbert,

Alles andere würde mich auch wundern. Natürlich empfiehlt Leica keine Fremdokulare :-)
Aber Spaß beiseite: Vielen Dank für Dein Posting, denn mir war es bislang nicht klar. Die Frage ist, ob sich der erhebliche Mehrpreis wirklich lohnt. Das Paar 25-Sehfeld-Okulare von CZJ hat mich knapp 70 EUR gekostet, über den Preis für HC-S Okulare von Leica mag ich gar nicht nachdenken.....
Vermögen die HC-Plane denn Ihre Vorteile auch schon bei ´den etwas besseren "einfachen" leica.Objektiven - also den N-Planen- auszuspielen?
Denn  Globuseffekt habe ich übrigens auch bei den CZJ-Okularen. Und jetzt weiß ich auch, was der Unterschied zwischen HC und HC-S-Okularen ist.

@Detlef: Lieber Detlef - doch, das ist schon richtig herübergekommen. Aber wie Du am Posting von Norbert siehst, scheint es noch weitere Kriterien als die CVD zu geben ( z.B. die Planheit im Randbereich ). Früher dachte ich übrigens immer, daß das ausschließlich eine Sache der Objektive sei, aber mittlerweile ist mir schon mehrfach klar geworden, daß es wohl auch "Plan" und "weniger-plan"-Okulare gibt.

Herzliche Grüße
Peter

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Klaus Henkel

Zitat von: Peter V. in November 18, 2008, 22:04:47 NACHMITTAGS

Vermögen die HC-Plane denn Ihre Vorteile auch schon bei ´den etwas besseren "einfachen" leica.Objektiven - also den N-Planen- auszuspielen?
Denn  Globuseffekt habe ich übrigens auch bei den CZJ-Okularen. Und jetzt weiß ich auch, was der Unterschied zwischen HC und HC-S-Okularen ist.



Nur zur Klarstellung:
Objektive bei Leitz (und Leica) erhielten die Bezeichnung NPl / NPL / N-PL (= Normal-Plan), wenn sie ein Sehfeld von 18mm einigermaßen plan darstellten. Bei anderen Herstellern nannte man das Jahrzehnte später dann A-Plan, C-Pan, D Plan etc. (C z.B. bedeutet Clinical Plan.) D. h. diese Objektive zeichnen plan genug für Routineanwendungen in der klinischen Medizin. Die echten Planobjektive hingegen heißen ganz einfach Plan oder Pl oder PL. Die zeichnen bei Leitz sogar ein 28mm-Sehfeld noch vollkommen plan, planer gehts nicht.

Die Periplan-Okulare von Leitz / Leica oder die CPL / KPL von Zeiss (W) gleichen nicht etwa fehlende Planität der Objektive aus! Höchstens in sehr bescheidenem Ausmaß. Diese Bezeichnungen bedeuten lediglich daß die Okulare selbst plan zeichnen, also nicht selbst noch eine Bildfeldwölbung verursachen.
KH


Christian Linkenheld

Zitat von: Erik W. in November 18, 2008, 19:23:21 NACHMITTAGS
Ich bin nicht ganz deiner Meinung, da ich ein NIKON Alphaphot habe, welches über eine CVD-freie Endlichoptik verfügt. Von CZJ gab es ebenfalls eine Endlichbaureihe mit dem Kürzel "-A" (u.a. am Laboval 4 verbaut), die man ohne Probleme mit den Okularen der 250-CF Reihe paaren konnte.

Viele Grüße

Erik


Hallo Erik,

vielen Dank für die zusätzliche Information. Dass es von Nikon CVD-frei Endlich-Optik gab war mir jetzt völlig neu.

viele Grüße

Christian

nor

Zitat
Vermögen die HC-Plane denn Ihre Vorteile auch schon bei ´den etwas besseren "einfachen" leica.Objektiven - also den N-Planen- auszuspielen?

Hallo Peter

Ja.
Die Sehfeldzahl beträgt bei den N Plan :22 , FL:25 , Apo. >28.
Man könnte auch die preiswerteren HC Plan S 22 verwenden.

PS.
Hast Du meine PN erhalten?

Gruss
Norbert

nor

hier nochmal ein kleiner Auszug aus dem "Mitteilung für Wissenschaft und Technik" Band XI, Nr. 1


carypt

moin !
kann man sagen , daß es sich bei der cvd  einfach um den farbquerfehler im abbildungsfehler-artikel von wikipedia  handelt , unter chromatische aberration ? https://de.wikipedia.org/wiki/Abbildungsfehler . oder ist das ein spezieller effekt nur in der starkvergrößerung ?

außerdem , wie soll denn ein zwischenfilter bei der unendlichoptik diese falschabbildung unberücksichtigt lassen können , wenn erst danach die  korrigierende tubuslinse einkickt ?

mir scheint , die tubuslinse ist nur am objektiv gesparter aufwand , der sicher besser zu handhaben ist . und ein korrigierendes okular vorzuschreiben ist die auslagerung eines problems .
es ist vielleicht nur konventionsüberliefert auf objektiv und okular verteilt , aber man muß es wohl als gesamtsystem verstehen . wahrscheinlich würden die hersteller mit einer konstruktion über die gesamtlänge 20cm bessere ergebnisse erreichen , als sich auf 3cm zu quälen . ich habe auch wirklich keine ahnung , aber in der fotografie  ist es besser möglichst wenig glas zu verbauen  (ich warte da auf ein asphärisches triplet ), denn für alle wellenlängen gibt es bestenfalls nur kompromisse . auf extra tubuslinsen würd ich lieber verzichten .( dieser letzte absatz ist aber nur gefasel ) .
freundlich

Werner

Das Vorhandensein von CVD und CLD bei Endlich-Objektiven hat nicht unbedingt etwas mit der Endlich-Ära zu tun, sondern mit der Zeit um 1960. Auch vorher gab es schon positive "Ausreißer".

Das Problem lag am enormen Aufwand der Optikrechnung bei stark vergrößernden, also viellinsigen Mikroskopobjektiven. Ein neues System zu konstruieren war in den Grundzügen eigentlich relativ schnell vollzogen, sprich Rechnungen im Gaußschen und Seidelschen Gebiet, die Brennweiten, Dicken, Glasart und Linsenabstände festlegten. Aber für die Abbildungsfehler mußten windschiefe Strahlen komplett trigonomertrisch durchgerechnet werden. Es standen als Werkzeug zur Verfügung: mechanische Rechenmaschinen, 7-stellige Winkelfunktionstabellen und Logarithmentafeln und das Gespür der Optikrechner. Ergab sich eine nicht annehmbare Abweichung, wurden Radien geändert und nochmal neu gerechnet. Wegen der wochenlang dauernden Rechenarbeit ganzer Abteilungen wurden meist nur 50 windschiefe Strahlen durchgerechnet, bevor es an die Fertigung ging. Restfehler blieben also, weil eine weitergehende Berechnung unwirtschaftlich geworden wäre.

Die Optikfirmen waren die erste produzierenden Industrieunternehmen, die mit Aufkommen der Digitalrechner Programme für die Durchrechnung von Optiken entwickelten und einsetzten. Jetzt konnten in Stunden oder Tagen sogar hunderte von Strahlen trigonometrisch dreidimensional durchgerechnet und damit der Korrektionszustand viel besser erfaßt werden. Halbautomatische Korrektur-Algorithmen folgten, die die Optimierung schneller vollzogen.
Die Optiken wurden ab da immer besser, weil sie mathematisch genauer erfaßbar waren.

Quelle: Walter Klein in diversen Bänden des "Jahrbuch für Optik und Feinmechanik".
Herr Klein war Optikkonstrukteur und Optikrechner bei Leitz in Wetzlar.

Gruß   -   Werner