Verlängerte Okulare als Projektiv für Endlichmikroskope

Begonnen von rhamvossen, Dezember 18, 2022, 18:33:59 NACHMITTAGS

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rhamvossen

Hallo,

Gute Projektive für Endlichmikroskope sind meist selten und teur. Ich möchte gerne hier eine Methode vorstellen um selbst gute Projektive zu bauen. Auf meinem HP habe ich schon die Hybridokulare beschrieben und die habe ich auch vor ein paar Jahre zurück hier vorgestellt. Zur Zeit experimentiere ich mit verlängerte Okulare und die Ergebnisse sind bis jetzt sehr gut. Ein normales Okular wird zum Projektiv durch Vergrößerung der Abstand zwischen Feldlinse und Augenlinse. Für Zeiss-West und Leitz habe ich Projektive getestet die einsetzbar sind mit verschiedene Sensoren. Durch einfach den Abstand zwischen Feldlinse und Augenlinse zu varieren ist es möglich für jeden Sensor ein optimales Projektiv zu bauen. Man braucht nur ein Zwischenring. Man muss hier aber etwas basteln. Hubert (Lupus) war so nett mir einige Zwischenringe mit dem 3D Drucker zu fertigen. Vielen Dank dafür Hubert! Mit diese Ringe könnte ich mit ein Leitz Periplan GF10x gute Projektive bauen.

Was sind die Vorteile?

- Kein Kamera-Objektiv nötig
- Kein Hotspot / Reflexionen
- Kompakte Aufbau durch sehr kurzen Projektionsabstand der verlängerte Okularen (im Gegensatz zu den offiziellen Projektive die über einen grossen Abstand von 125 mm projizieren)
- Einsetzbar mit sehr kleine Sensoren von Mikroskopkameras (funktioniert sowohl als Reduzier-Optik als Korrigierende 
   Optik)
- Sehr einfach Parfokal ein zu stellen
- Kann für alle Arten von Sensoren verwendet werden und kann auf die Sensorgrösse abgestimmt werden
- Ein grosses Teil des Sehfelds wird fotografiert
- Nur ein übliches Okular nötig, das haben die meisten schon.

Weiter lesen kann man hier:

https://mikroskopiedernatur.de/verlaengerte-okulare-als-projektiv-fuer-die-mikrofotografie

Die Seite wird im Laufe der Zeit erweitert werden mit Projektive für andere Hersteller.

Beste Grüsse,

Rolf

3nzo

Hallo Rolf,
wie immer sehr interessant. Mir scheint, dass ein planares Kompensator-Okular, insbesondere das Leitz-Okular, nach Ihren Erfahrungen mit einem entsprechenden Abstandshalter ein Bild direkt auf den Sensor moderner Kameras projizieren kann.
Im Artikel wurde ein 8x Okular verwendet und ein 10x Okular wird ebenfalls empfohlen. Welcher der beiden Typen wäre besser geeignet für einen 1/2' und einen 1' Sensor?
Danke und viele Grüße.

Enzo

Bernd Miggel

Hallo Rolf,

sehr interessant. Ich werde deine Reihe über das Thema gerne weiterverfolgen.
Speziell für mein Olympus BHS wäre ein Ersatz für das sehr teuere NFK 1,67 wichtig.

Viele Grüße
Bernd

rhamvossen

#3
Hallo Enzo,

ZitatIm Artikel wurde ein 8x Okular verwendet und ein 10x Okular wird ebenfalls empfohlen. Welcher der beiden Typen wäre besser geeignet für einen 1/2' und einen 1' Sensor?

Beide Okularen können für beide Sensoren verwendet werden, es hängt van die Höhe des Zwischenrings ab. Auf meinem HP kannst du sehen das z.B. ein Periplan GF10x geeignet ist für ein 1" Sensor wenn es um 15 mm verlängert wird. Wird es um 30 mm verlängert, dan kann man es z.B. mit ein 1/2.5" Sensor verwenden, ein 1/2" Sensor ist da nicht weit von enfernt. Möchte es mit dem  1/2" Sensor zu eine warscheinlich sehr leichte Vignettierung kommen, dan verwendet mann einen etwas kürzerer Ring, z.B. 25-28 mm. Beste Grüsse,

Rolf

Lupus

Hallo,

zur Verdeutlichung der Methode habe ich den Strahlengang eines 40/0.65 Objektives mit einem typischen Huygens-Okular (10x) gerechnet. Obere Grafik: Die normale Konfiguration zur visuellen Beobachtung oder Fotografie mit Kamera mit Objektiv. Die mittlere Grafik zeigt die Verschiebung des Okulars durch eine Tubusverlängerung. Im Beispiel wird das Originalbild von 18 mm Durchmesser 1:1 projiziert. Die untere Grafik zeigt die Verhältnisse bei gleichem Abbildungsmaßstab durch Verlängerung des Okulars (Verschiebung der Augenlinse).

Ein Grund für die stärkere Bildverschlechterung im Fall der Tubusverlängerung dürfte die ungünstigere Ausleuchtung des Okulars sein, durch die Strahlaufweitung muss mehr der optisch ungünstige Linsenaußenbereich genutzt werden, insbesondere der Augenlinsenrand, bis zur Vignettierung des Strahlenbündels. Dagegen wird im Fall der Verschiebung der Augenlinse der zentralere Bereich der Linse genutzt.

Die kompensierenden Okulare wie die Leitz-Periplan oder Zeiss C-Okulare haben natürlich statt einer einfachen Augenlinse ein Linsensystem u.a. zur Korrektur des verbleibenden Farbvergrößerungsfehlers des Objektives. Die Grafik rechts unten zeigt beispielhaft Leitz-Periplanokulare. Zeiss hat bei den hochwertigeren Okularen mehr auf den orthoskopischen Typ gesetzt, daher lässt sich hier die Methode nicht anwenden.

Hubert

3nzo

Hallo Rolf,
Danke für die Klarstellung. In der Praxis ist diese Methode eine Alternative zum Hybridokular.
Danke und viele Grüße.

Enzo

Lupus

Hallo,

für die Interessierten noch eine Darstellung der (theoretischen!) optischen Qualitätsänderung durch diese Art Okularprojektion. Ich habe ein Okular mit Feldlinse und einfachem Achromat als Augenlinse als Rechenmodell verwendet (hypothetisches 10x-Okular entsprechend 25 mm Brennweite). Natürlich ist mangels optischer Daten von originalen Kompensationsokularen ein willkürlich verwendeter "Standard-"Achromat nicht geeignet um deren Bildqualität zu demonstrieren. Für die prinzipielle Darstellung von Effekten sollte das Beispiel aber ausreichend sein.

Die Grafiken zeigen jeweils Spot-Diagramme in der Bildebene (Kamerasensorposition), von oben nach unten mit zunehmendem Abstand von der optischen Achse. Die rechte Spalte zeigt das jeweilige Bild bei optimaler Fokussierung auf der optischen Achse (Der Achspunkt ist jeweils das Bild rechts oben im Diagramm). Die Diagramm-Spalten zeigen die Veränderung bei Defokussierung der Kamera, also auch das Bild durch Bildfeldkrümmung.

Das Diagramm links oben zeigt die projizierte Bildqualität des theoretischen Okulars in richtiger Position, das Bild wurde rechnerisch durch ein Kameraobjektiv mit dem Maßstab 1:1 projiziert (Bildkreis 18 mm). Man erkennt dass keine Bildfeldwölbung vorhanden ist, am Bildrand nimmt durch den einfachen Achromaten als Augenlinse die Qualität ab. Dies wäre aber praktisch fast nicht erkennbar da die eingezeichneten Kreise die Auflösungsgrenze durch Beugung anzeigen.

Die drei Diagramme unten sind Varianten der Okularprojektion. Dia angegeben Verschiebungen im mm sollen nur ein Gefühl für die Größenordnung geben, hängen aber natürlich konkret vom jeweiligen Okular ab. Man sieht dass die Bildqualität durch reines Verschieben des Okulars mit Abstand am schlechtesten ist (Diagramm links unten). Im Diagramm rechts unten ist eine, für dieses beispielhafte Okularmodell optimierte Kombination durch Vergrößerung des Okularauszuges plus Verlängerung des Okulares dargestellt. Das gemeinsame Problem aller Varianten der reinen Okularprojektion ist, dass meist eine verstärkte Bildfeldkrümmung auftritt. Das Ausmaß kann natürlich stark vom optischen Aufbau des realen Okulares abhängen. Bei Fokusstacking würde dieses Problem praktisch nicht in Erscheinung treten.

Hubert

mhaardt

Man kann mit 3D-Druckern durchaus auch Verlängerungshülsen mit Gewinde herstellen. Ich habe mit einer 0,4 mm Düse und PETG maximal M12x0.5 (S-mount) hinbekommen. Mit feineren Düsen könnte noch mehr gehen. Man kann so etwas mit OpenScad sehr leicht kontruieren.

Michael

jcs

Zitat von: mhaardt in Dezember 21, 2022, 14:18:20 NACHMITTAGS
Man kann mit 3D-Druckern durchaus auch Verlängerungshülsen mit Gewinde herstellen.
Wer mehr Details zu 3D-gedruckten Gewinden wissen will, kann unter dem folgenden Link eine recht detaillierte Arbeit dazu finden:

https://repositum.tuwien.at/bitstream/20.500.12708/19967/1/Kesel%20Oliver%20-%202022%20-%20Untersuchungen%20zur%20Herstellung%20und%20Tragfaehigkeit%20von...pdf

LG
Jürgen

Lupus

Hallo Jürgen,

da geht es aber um SLA-Druckverfahren. Das ist hinsichtlich Präzision und Homogenität nicht mit Filamentdruck vergleichbar. Insbesondere bei nicht professioneller 3D-Druckerausstattung. Eine "Schwäche" beim Filamentdruck ist, dass die einzelnen Lagen beim Druck von Gewinden in Ebenen senkrecht zur Gewindeachse aufgeschmolzen werden.

Bei dieser konkreten Anwendung als Okularverlängerung wäre die Festigkeit aber nicht das Hauptkriterium.

Hubert

rhamvossen

#10
Hallo Hubert,

Vielen Dank für die theoretische Wiedergabe, das ist sehr interessant!

ZitatDas gemeinsame Problem aller Varianten der reinen Okularprojektion ist, dass meist eine verstärkte Bildfeldkrümmung auftritt.

Ich nehme an das du damit Bildfeldwölbung meinst, nicht kissenförmige Verzeichnung? Eine verstärkte Bildfeldwölbung sehe ich mit die bessere Okulare (z.B. Kpl, Periplan) in der Praxis jedenfalls nicht, die Ergebnisse damit stehen der afokalen Methode in nichts nach. Beste Grüsse,

Rolf

Lupus

Hallo Rolf,

ich meine die Bildfeldwölbung, der Begriff hat die gleiche Bedeutung. Meine Berechnung habe ich wie beschrieben zur Vereinfachung mit einem "Standardachromaten" aus der Datenbank gemacht, diese Elemente sind meist für parallele Lichtbündel gerechnet und natürlich nicht für den speziellen Strahlengang innerhalb eines Okulars.

Wenn ich Zeit habe werde ich den Achromaten noch etwas optimieren, der müsste für ein ebeneres Bildfeld in der Summe beider Elemente eine mehr meniskusförmiger Flächenkrümmung aufweisen. Das ist auch bei den Querschnitten der Leitz-Periplan Okulare erkennbar - auch weil diese Okulare entsprechend ihrer Bezeichnung ebenfalls für ein ebenes Bildfeld konstruiert sind. Es gibt in der konstruktiven Optik den Begriff der "Petzval-Summe", die eine summarische Aussage für die notwendigen Krümmungsradien und Brechungsindizes der optischen Linsenelemente zur Vermeidung der Bildfeldwölbung und des Astigmatismus macht, da muss man aber im Detail etwas experimentieren.

Hubert

mhaardt

Die Festigkeit von Druckteilen ist natürlich nicht mit Metall vergleichbar, aber es geht ja nur darum, dass das Okular nicht auseinander fällt, die Linsen nicht schief sitzen und dass man die Modifikation leicht rückgängig machen kann. Ich habe mir verschiedene Adapter mit S-mount und C-mount gedruckt, mit denen ich sehr zufrieden bin, und ich war erstaunt, wie brauchbar das wird. Drehen oder Fräsen ist erheblich mehr Arbeit.

Der Charme einer Lösung mit OpenScad wäre, dass Durchmesser und Gewinde von jedermann ohne CAD-Erfahrung veränderbar sind. Es ist auch möglich, innen eine Riffelung zu erzeugen, um Streulicht zu verringern. Heutzutage findet sich ja immer irgendwer im Bekanntenkreis, der mal ein kleines Teil drucken kann.

Michael

rhamvossen

#13
Hallo Bernd,

ZitatSpeziell für mein Olympus BHS wäre ein Ersatz für das sehr teuere NFK 1,67 wichtig.

Die Rettung is nahe  ;). Zur Zeit experimentiere ich mit Hybridokulare und verschiedene Kameras am BH2. Anbei Bilder von Objektmikrometer und Pollen aufgenommen mit der Nikon1 Kamera, der hat nur einen winzigen 1" Sensor. Die Aufnahmen wurden gemacht mit dem Splan20 am BH2. Das Projektiv muss noch optimiert werden  für micro 4/3 und APS-C. Welche Kamera verwendest du? Einiziges Problem wäre die Kupplung von Kamera am BHS, wegen der speziellen Fototubus. Alles wäre einfacher mit einem "standard" Tubus. Beste Grüsse,

Rolf

Bob

Hallo Rolf,
ich meine zu erinnern, dass die Nikon 1 - Kameras nicht gut ohne Originalobjektiv zu benutzen wären. Bei einer Sony NEX N oder NEX 6 z.B. hat man weiterhin die Zeitautomaik zur Verfügung und die Kamera stört sich nicht am Fehlen eines Kameraobjektivs, wenn man das im Menü so einstellt. Wie ist das bei Deiner Nikon 1?

Viele Grüße,

Bob