Bearbeitung alter Dauerpräparate

Begonnen von Speckson72, März 04, 2023, 08:29:39 VORMITTAG

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Speckson72

Guten Morgen,

ich habe eine Sammlung älterer histologischer und pathohistologischer Präparate. Die Präparate sind nicht von mir hergestellt. Bei einigen davon ist die Einbettung nicht schön oder zeigt bereits Verschleißerscheinungen, daneben sind auch einige Objektträger beschädigt. Jetzt würde ich hier gerne handeln und die beschädigten Präparate bearbeiten, d.h. aus dem alten Eindeckmaterial lösen (wahrscheinlich überwiegend Kanadabalsam oder Histokit) und neu einbetten. Gibt es da Erfahrungen? Insbesondere für mich interessant: Wie (mit welchem Lösungsmittel) kann ich die Präparate am besten lösen? Muss ich die Schnitte nach dem Herauslösen noch behandeln? Was ist das beste "neue" Eindeckmittel? Danke im Voraus für entsprechende Erfahrungen!


liftboy

Hallo Specky,

meiner einer hat auch etliche Präparate aus antiquarischen Sammlungen, von denen einige so gut erhalten waren, dass sie nur neu etikettiert werden mussten (war streckenweise schwierig, weil entweder nicht mehr lesbar oder Fremdsprache). Einige hatten Luft gezogen oder die Objektträger waren gebrochen.
Was Du als allererstes brauchst ist Geduld, und davon reichlich!
Als zweites ein vernünftiges Lösungsmittel (die alten Einbettungen waren meist in Balsam, also Xylol)
Der zu behandelnde Objektträger (und nur einer!) wird in eine Petrischale gelegt, Xylol drauf bis alles bedeckt ist un dann Deckel drauf (Rand mit Vaseline einstreichen, sonst ist das Xylol ruckzuck weg).
Irgendwann schwimmt das Deckglas ab oder kann leicht! abgeschoben werden. Wenn das Deckglas weg ist, das Präparat noch im Lösungsmittel lassen (eventuell wechseln) bis sich das Objekt von der Unterlage löst.
Jetzt wirds heikel: das Objekt muss auf den neuen Objektträger. Grobe Objekte wie Insektenteile können mit einem spitzen Pinsel aufgenommen werden. Dazu tippe ich die Spitze in Malinol, damit das Objekt am Pinsel kleben bleibt. Auf dem neuen gereinigten Objektträger befindet sich ein Tropfen Malinol in den das Objekt übertragen wird (geht gut, weil das Objekt noch Spuren von Xylol neben dem Malinol enthält und das reine Malinol auf dem Objektträger klebriger ist. Ein Winztropfen Xylol auf das Objekt und einsinken lassen. Dann erst Deckglas drauf. Wenn noch Malinol fehlt, seitlich ansetzen.
Bei dünnen Schnitten ist das schwieriger. Da lasse ich den Schnitt so lange im Xylol bis er schwimmt. Dann nehme ich mit  einer Briefmarkenpinzette ein größeres Deckglas und versuche damit unter den Schnitt zu kommen. Dann vorsichtig herausheben, abtropfen lassen, und das Deckglas flink umdrehen. auf den Malinoltropfen auf dem Objektträger etwas Xylol geben und das Deckglas mit dem Schnitt auflegen, etwas warten bis sich der Schnitt blasenfrei mit dem Malinol verbunden hat und dann das Deckglas vorsichtig abziehen.
Ich verwende Malinol oder Balsam für diese Zwecke, um im Objekt keine Irritationen auszulösen.
Was mir bisher nicht gelungen ist, Gray-Wess Einbettungen ordentlich zu lösen; vielleicht kennt Jemand im Forum einen Trick.

Grüße
Wolfgang
http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=785.msg3654#msg3654
LOMO-Service
Das Erstaunen bleibt unverändert- nur unser Mut wächst, das Erstaunliche zu verstehen.
Niels Bohr

Speckson72

Lieber "Liftboy",
vielen Dank für die umfangreichen Schilderungen. Damit kann ich viel anfangen. Ich denke, ich werde erst mal mit ein paar alten Präparaten anfangen und üben. Tolle Beschreibung und Tipps! Vielen Dank!

plaenerdd

#3
Hallo Wolfgang und der Fragensteller (hast Du auch einen Namen, mit dem man Dich anreden kann?),
noch ein Tipp zum Aufbringen von Deckgläsern auf MALINOL:
Das Harz neigt dazu, sehr schnell eine relativ zähe Haut zu bilden, die das Auflegen des DG erschwert. Die zähe Haut legt sich nicht blasenfrei an das DG. Deshalb kommt bei mir immer ein Tropfen Xylol auf das DG, den ich aber mit einem Streifen Papier wieder herunter ziehe, so dass nur ein dünner Xylol-Film auf dem Glas bleibt, der für gutes Anlegen des Harzes sorgt, aber andererseits dieses nicht zu sehr verdünnt, denn das MALINOL trocknet unter dem DG nur sehr, sehr langsam. Dann DG schnell umdrehen und auflegen.

Überstehendes Harz lässt sich nach 2..3 Tagen unter dem Stereomikroskop mit einer Lanzettnadel abkratzen. Ist Harz auf das DG geraten, muss dieses zuerst entfernt werden, denn wenn die Ränder freigekratzt sind, wird das DG meist wieder sehr beweglich.

Die freigekratzten DG-Ränder muss man dann nach einem weiteren Trockentag noch mit wenig Xylol an einem Wattstäbchen nachreinigen. Wenig Xylol am Wattebausch: Nach dem Eintunken in Xylol die Wattestäbchenstpitze über ein Stück Küchenrolle rollen. Auch hier: Zuerst auf dem DG putzen, und zwar in kreisenden Bewegungen von innen nach außen. Dann erst den Rand reinigen, möglichst ohne ihn wirklich zu berühren, denn aus dem Watteköpfchen lösen sich dabei oft Baumwollfusseln, die man dann wieder mühsam entfernen muss. Außerdem will man ja das Harz am DG-Rand möglichst wenig anlösen.

Je nach Dicke der Harzschicht sollte das saubere Präparat noch bis 6 Monate waagerecht gelagert werden. Wärme beschleunigt die Trocknung ein wenig. Ich lagere die Präparate deshalb meist zwischen zwei Glasplatten mit Abstandshaltern auf der Heizung. Meine Präparatekästen stelle ich so in eine Kiste, dass die OT auch hier waagerecht liegen.
OT=Objektträger, DG= Deckglas

Viel Erfolg (bitte berichten!) wünscht
Gerd
Fossilien, Gesteine und Tümpeln mit
Durchlicht: Olympus VANOX mit DIC, Ph, DF und BF; etliche Zeiss-Jena-Geräte,
Auflicht: CZJ "VERTIVAL", Stemi: MBS-10, CZJ SMXX;
Inverses: Willovert mit Ph

Bob

Hallo zusammen,
zum Entparaffinieren verwende ich eine Reihe von Versandbehältern. Da drin hät sich das Xylol recht lange und man braucht nicht viel. Ob das eine Lösung für die Restauration von Präparaten wäre?

Viele Grüße,

Bob

liftboy

Hallo Bob,

das sollte funktionieren! Vor allem spart man sich die Ferkelei mit der Vaseline :-)

Grüße
Wolfgang
http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=785.msg3654#msg3654
LOMO-Service
Das Erstaunen bleibt unverändert- nur unser Mut wächst, das Erstaunliche zu verstehen.
Niels Bohr

plaenerdd

#6
Hallo,
sollten empfindliche Präparate bei der Ablösung nicht lieber waagerecht gelagert werden, damit sie nicht unkontrolliert auf den Boden sinken? Wie holt man die denn wieder aus dem Behälter heraus, z.B. dünne Schnitte? Man sollte bedenken, dass derartige Objekte i.d.R. durch die Entwässerung über eine Alkoholreihe recht hart und unflexibel geworden sind. Auch das Xylol wirkt härtend.
LG Gerd
Fossilien, Gesteine und Tümpeln mit
Durchlicht: Olympus VANOX mit DIC, Ph, DF und BF; etliche Zeiss-Jena-Geräte,
Auflicht: CZJ "VERTIVAL", Stemi: MBS-10, CZJ SMXX;
Inverses: Willovert mit Ph

Bob

Hallo zusammen,
die Versandbehälter müsste man auskippen, um an das Präparat zu kommen. Das wird je nach Objekt gut oder auch gar nicht funktionieren. Dafür kann man recht kompakt und geruchsarm viele Präparate gleichzeitig aber getrennt aufweichen. Benutzt habe ich die Versandbehälter für diesen Zweck noch nicht, ich hatte auch noch keine Präparate zu restaurieren.

Viele Grüße,

Bob