Haben Zeiss Jena Phv-Optiken mit unendlichem Konjugat eine geringere Ausbeute?

Begonnen von 3nzo, Mai 15, 2023, 15:46:47 NACHMITTAGS

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3nzo

Hallo an alle,
Ich weiß, dass es unter Ihnen insbesondere Experten für Mikroskopie und Zeiss-Optik gibt, und ich stelle Ihnen die Frage zu der unterschiedlichen Ausbeute zwischen der endlichen und der unendlichen konjugierten Optik von Zeiss Jena der Mikroval-Serie.
Ich schlage zwei Fotos von Bakterien Halobacter s vor. Es wurde mit beiden Objektivtypen aufgenommen und es sieht so aus, als ob die unendliche konjugierte Optik weniger scharfe Bilder liefert und die Luftbläschen der Bakterien nicht hervorhebt.
Das Bild mit endlicher konjugierter Optik wurde mit einem Amplival-Mikroskop aufgenommen, das Bild mit unendlicher konjugierter Optik mit einem Vertival-Mikroskop im Durchlicht. In diesem Fall wird das Bild um den 0,65-fachen Faktor der Tubuslinse weniger vergrößert und die Ausleuchtung ist aufgrund der ungeeigneten LED nicht gleichmäßig, aber ich denke, man kann den Unterschied trotzdem erkennen. Ich habe den Test mit meinem Objektiv am Vertival eines Freundes wiederholt und es hat sich nichts geändert.
Gibt es für das Ganze eine Erklärung?
Danke und viele Grüße.

Enzo

Apochromat

Hallo Enzo,

ich nehme einmal an, dass Du in beiden Fällen ein Objektiv Planachromat 100 bzw. 100x/ 1,30 Phv benutzt hast. Das Unendlichobjektiv vom VERTIVAL ist dann bitte welches? Beim VERTIVAL gab es aber in der Standard- Ausrüstung KEINEN Durchlicht- Phasenkontrast.
Ich frage deshalb, weil es da mehrere gab. Ich habe gesehen, dass beide Objektive eine D= 0.17 Deckglaskorrektur haben.

Du kannst aber die "alte" JENAer Optikrechnung für die MIKROVAL 1- Baureihe nicht gleichsetzen mit der letzten Unendlich- Optik von JENA, der zu der MIKROVAL 2- Gerätegeneration gehörenden  JENA 250-CF-Optik. Bei der JENA 250-CF-Optik waren selbst die dort als Planachromate bezeichneten Typen (also das GF- Planachromat Phv 100x/1,25 und das Planachromat Phv 100x/1,30) schon von der Farbkorrektur des Farblängsfehlers her Objektive, die bei CARL ZEISS, Oberkochen in der 160mm- Optik als Plan-NEOFLUARe eingeordnet worden wären. Deine Unendlichoptik stammt aus der Zeit etwa ab 1967. Die wurde also bereits Mitte der 1950er Jahre entwickelt. Die hatte stärkere Farblängsfehler und auch eine schlechtere Vergütung (einfache T- Beläge; die JENA 250-CF-Optik hatte schon mehrschichtige Vergütungen, die allerdings nicht so aufwendig waren wie bei CZO), ganz einfach aufgrund ihres Alters.
Die Licht-Absorption der Phv- Ringe wurde immer für jede Objektivklasse und Vergrößerung neu optimiert (etwa 88%). Das ist bis heute so.

Frage: Haben beide Phv- Objektive etwa die gleichen Ringdurchmesser?

LG
Michael

3nzo

Hallo Michael,
Danke für die Antwort. Sie sind ein großartiger Mikroskop-Experte, ich nicht. Ich suchte im Internet nach dem Bild des Vertival und stellte fest, dass ich das falsche Modell hatte.
Mein Mikroskop ist wie das auf dem Foto, aber mit einem Triokulartubus und einem Amplival-Tisch, ich denke, es ist ein Epival.
Das Objektiv stammt aus der Amplival-Zeit, kein Jena 250CF, mit M19-Gewinde und trägt die Aufschrift: Planachromat HI 100x/1,30 oo/0,17 Phv, Seriennummer 151638. Dies wurde mit einem anderen auf Amplival montierten Lager mit M20-Aufsatz verglichen die Aufschrift: Planachromat HI 100/1,25 160/0,17 Phv Seriennummer 025106.
Der Kondensor war in beiden Fällen eine pankratische Blende mit variablem Phasenkontrast, die bis auf den äußersten Ring auf maximale Wirkung eingestellt war.
Die beiden Optiken stammen aus derselben Zeit und sind vergleichbar. Ich hätte erwartet, dass das unendlich konjugierte Objektiv mit der numerischen Apertur 1,30 ein besseres Bild geliefert hätte als das Amplival mit der Apertur 1,25, stattdessen ist es genau das Gegenteil. Vielleicht habe ich etwas falsch gemacht oder mein Objektiv ist defekt. Was denken Sie?
Danke und viele Grüße.

Enzo

HCLange

Hallo Enzo,

die Phv-Objektive mit unendlicher Tubuslänge haben geometrisch andere PH-Ringe, sie können nicht mit dem pankratischen Kondensor verwendet werden.
Für sie gab es neuere Phv-Kondensoren mit wechselbaren Blendenrevolvern, auch für Objektive mit Tubuslänge 160. Im direkten Vergleich sieht man die unterschiedlichen Ringgrößen und Ringabstände.
Das Stativ heißt "Epival", es ist für Auflicht-Hellfeld vorgesehen. Leider kann der Auflicht-Strahlteiler nicht weggeschwenkt werden, aber man kann es auch mit Durchlicht benutzen.

Herzliche Grüße
Christoph

3nzo

Zitat von: HCLange in Mai 15, 2023, 22:16:17 NACHMITTAGS
Für sie gab es neuere Phv-Kondensoren mit wechselbaren Blendenrevolvern, auch für Objektive mit Tubuslänge 160.

Hallo Christoph,
Ich wusste, dass diese Kondensoren mit austauschbaren Revolvern für spätere Mikroskope, die 250er-Serie, bestimmt waren.
Die Kreise sehen für mich identisch aus, obwohl ich mich ohne Foto möglicherweise irren könnte.
Allerdings habe ich nur die inneren Kreise verwendet, die äußeren mit der Blende ausgenommen und die Größe mit dem pankratischen Zoom angepasst. Dafür glaube ich, dass die Ringe kompatibel werden. Ich mache es falsch?
Danke und viele Grüße.

Enzo

HCLange

Hallo Enzo,

was ich geschrieben habe, bezieht sich nur auf die Mikroval-Serie, nicht die CF250 Generation.
Die austauschbaren Revolverscheiben für Unendlich-Objektive und TL160-Objektive haben deutlich unterschiedliche Ringgeometrien.
Man kann mit dem Pankraten und Unendlich-Objektiven arbeiten, aber optimal wird das sicher nicht.

Zum Epival: Der Tubusfaktor des Stativs ist 0,63x - um auf denselben Fotofaktor wie beim Amplival zu kommen, muß das Projektiv entsprechend gewählt werden. Der Zeiss Jena Fototubus hat Faktor 1,6x am visuellen Ausgang, der Fotoausgang hat Faktor 1x.

Herzliche Grüße
Christoph

3nzo

Hallo Christoph,
Danke für die Klarstellung. Leider ist es nicht einfach, Informationen zur Kompatibilität dieser handelsüblichen Produkte zu finden. Es scheint, dass durch die Zusammenlegung der östlichen und westlichen Zeiss-Zeiss-Zeiss-Zeilen viele Informationen verloren gegangen sind. Darüber hinaus bietet Zeiss in der aktuellen Fassung keine Hilfestellungen oder Aufklärung für diejenigen an, die ein Produkt verwenden, das nicht im Handel erhältlich ist und nicht im Jenaer Werk erhältlich ist.
Vielen Dank auch an Michael für die hilfreichen Informationen.
Ich wäre gespannt, wie der Kondensor für die betreffenden Objektive hergestellt wird (Phv für Epival). Können Sie mir einige Links vorschlagen?
Danke und viele Grüße.

Enzo

Apochromat

Zitat von: 3nzo in Mai 16, 2023, 20:27:31 NACHMITTAGS
Hallo Christoph,
Danke für die Klarstellung. Leider ist es nicht einfach, Informationen zur Kompatibilität dieser handelsüblichen Produkte zu finden. Es scheint, dass durch die Zusammenlegung der östlichen und westlichen Zeiss-Zeiss-Zeiss-Zeilen viele Informationen verloren gegangen sind. Darüber hinaus bietet Zeiss in der aktuellen Fassung keine Hilfestellungen oder Aufklärung für diejenigen an, die ein Produkt verwenden, das nicht im Handel erhältlich ist und nicht im Jenaer Werk erhältlich ist.
Vielen Dank auch an Michael für die hilfreichen Informationen.
Ich wäre gespannt, wie der Kondensor für die betreffenden Objektive hergestellt wird (Phv für Epival). Können Sie mir einige Links vorschlagen?
Danke und viele Grüße.

Enzo

Lieber Enzo,

ich glaube, dass ich Dir hier schon einmal geschrieben hatte, das wir eben doch versuchen, ganz vielen Freundes unseres Hauses auch bei Fragen zu alten Geräten -soweit wir die Unterlagen noch haben oder mit vertretbarem Aufwand heraussuchen können- hilfreich zur Seite zu stehen. Die meisten Anfragen dieser Art kann man an den Leiter des CARL ZEISS Archivs, Herrn Dr. Wimmer senden (wolfgang.wimmer@zeiss.com).

Zurück zum Phasenkontrast: Der jeweilige Phasenring muss immer mit der dazu genau passenden, optimalen Breite des Ph- Kondensor- Ringblendenbildes beleuchtet werden. Ist zum Beispiel die Breite des Ph- Ringblendenbildes im Verhältnis zur Ph- Ringbreite zu groß, kommt es zur Aufhellung des äußeren Bildfeldbereichs. Ist die Ringblende zu schmal, verändert sich die Erkennbarkeit feinster Strukturen.

Benutzt man nur den inneren Ph- Ring des Phv für den sog. "strengen Phasenkontrast" können feinste Strukturen, wie die kleinen Vakuolen oder Reservestoffe in den Bakterien nicht detektierbar sein.

Breite und Absorption des Phasenrings spielen auch eine entscheidende Rolle für die Erkennbarkeit feinster, aufgelöster Strukturen im Phasenkontrast (deshalb war beispielsweise der HEINE- Phasenkontrast aufgrund seines viel zu großen Ph- Ringdurchmessers und dessen äußerst geringer Breite eine optische Fehlkonstruktion. Das war aber der damaligen Patentsituation geschuldet: Wir hatten die Ringblendendurchmesser, Breiten und alle anderen damit zusammenhängenden Parameter patentrechtlich ab 1934 schützen lassen. Der Fa. E. LEITZ war dies alles durchaus bewusst. Das wurde dort später ja auch wieder gerade gezogen und der Phasenkontrast war bei den E. LEITZ 160 mm- Objektiven der Reihe PL APO sehr gut.

Für meine Kurse habe ich einmal einen Vortrag zum JENAer Phv gemacht und diese Folie fasst die unterschiedlichen Bildergebnisse bei Verwendung der beiden Phv- Ringe zusammen:




Wenn man alles so macht, wie es von den "Altvorderen" beschrieben wurde (Präparation nach Braune, Leman, Taubert: Pflanzenanatomisches Praktikum, Bd. 1;  Rezept 34 und 64 und anschließend Agarpräparat n. Heunert), sieht der Phv recht gut aus. Hier gezeigt am Beispiel einer lebenden Zelle -zu sehen ist der Nucleus mit Nucleolus und Mitochondrien- aus der Epidermiszelle einer Küchenzwiebel Allium cepa; unbehandelte (Demeter) Zwiebel. Mikroblitzaufnahme mit Apochromat Phv HI 100x/1,40 ∞/- A. JENAVAL mit Tubuslinse 1,25x.

Vor Bildaufnahme Verschieben des Weißpunktes der PANASONIC DC G- 9 von charakteristischen Phv- Braun (Phv) auf Grau (Ph), danach Weißabgleich, sonst keine Bildbearbeitung:





LG
Michael


3nzo

Hallo Michael,
Vielen Dank für die ausführliche Erklärung und den Zeiss-Hinweis. Vorhin habe ich mich auf die italienische Firma Zeiss bezogen, die offensichtlich keinen einfachen Zugang zu historischen Dokumenten hat.
Über den engen Phasenkontrast
Zitat von: Apochromat in Mai 16, 2023, 21:27:19 NACHMITTAGS
Benutzt man nur den inneren Ph- Ring des Phv für den sog. "strengen Phasenkontrast" können feinste Strukturen, wie die kleinen Vakuolen oder Reservestoffe in den Bakterien nicht detektierbar sein.
Ich war vom Gegenteil überzeugt und verstehe jetzt viele Dinge.
Es würde mich sehr interessieren, die Konferenz über Jena Phv zu lesen. Gibt es einen Link, um sie im Internet zu finden?
Danke und viele Grüße.

Enzo

3nzo

Hallo,
Tut mir leid, wenn ich zum Thema zurückkomme, aber mir ist ein Detail eingefallen, das abgesehen von der Nichtkompatibilität der pankratischen Phasenblenden die Ursache für eine schlechtere Bildqualität sein könnte.
Dabei bitte ich Michael um Hilfe, der mir mit seiner großen Erfahrung mit Zeiss-Mykoskopen vielleicht eine Erklärung und einen Rat zur Behebung des Problems geben kann.
Ich musste den Epival-Mikroskoparm zerlegen, weil er viel Staub im Inneren hatte und ich habe auch die Tubuslinse achtlos zerlegt.
Dann fiel mir auf, dass die Tubuslinse eine drehbare Justierung über Befestigungslöcher hat, deren Position ich markiert hatte, aber durch das Zerlegen der Linse wurde die Markierung unbrauchbar (siehe Foto).
Könnte diese falsche Drehung die Ursache für eine schlechtere Bildqualität sein? Was soll diese Rotation regeln?
Ich habe versucht, dieses Objektiv um 90 Grad zu drehen, aber anscheinend habe ich bei der Beobachtung eines einfachen biologischen Präparats optisch keine Unterschiede bemerkt.
Kann mir jemand von euch, insbesondere Michael, eine Erklärung und Anleitung für die richtige Positionierung dieses Objektivs geben?
Danke im Voraus und beste Grüße.

Enzo

Apochromat

Lieber Enzo,

ich danke Dir für die Vorschusslorbeeren, die hier, was mich betrifft, gänzlich unangebracht sind. Ich bin hier leider nicht kompetent genug, um Dir bei der Beantwortung Deiner kniffeligen Frage helfen zu können. Da gibt es andere Foristen, die sich mit der MIKROVAL- 1 Baureihe von Carl Zeiss JENA wirklich sehr sattelfest auskennen.

LG
Michael

3nzo

Hallo Michael,
Das Lob gebührt jedoch für Ihre große Kompetenz, die mir immer sehr nützlich war.
Um das Rätsel zu lösen, wäre ein Reparaturhandbuch erforderlich, das jedoch derzeit nicht verfügbar sein wird.
Danke und viele Grüße.

Enzo

3nzo

Hallo an alle Teilnehmer dieser Diskussion, auf die ich zur Klarstellung zurückkomme.
Unter der Annahme, dass die Demontage des Epival-Tubusobjektivs einen Zentrierfehler verursacht hatte, habe ich alle Objektive, einschließlich des 100x, einem Star-Test unterzogen, der keine guten Ergebnisse lieferte. Glücklicherweise trat der Defekt nur beim 100x auf, wie auf dem beigefügten Foto.
Obwohl ich den Sterntest nicht vollständig interpretieren kann, scheint es mir, dass das Objektiv defekt ist, möglicherweise unter zentraler Koma und Astigmatismus leidet. Trotz des Fehlkaufs bin ich froh, dass der Defekt nicht von der Tubuslinse abhängt, deren Einstellung bleibt immer noch rätselhaft.
Beste Grüße an alle.

Enzo

Apochromat

Hallo Enzo,

wenn man das Alter der Objektive berücksichtigt und bedenkt wie oft die schon möglicherweise einem mechanischen Stress ausgesetzt waren, sehen die Beugungsringe noch ganz gut aus. Da ist nur ganz wenig Koma zu sehen und etwas (vielleicht aus der Probe kommende sphärische Aberration), also kein Fehlkauf, sondern ganz in Ordnung.

LG

Michael

3nzo

Hallo Michael,
Auf dem Foto stammen die guten Ringe unten von einem anderen Objektiv (dem 60-fachen, nicht dem 40-fachen, wie versehentlich geschrieben), während oben die Zahlen mit Anzeichen von Aberration zu sehen sind, die vom 100-fachen erhalten wurden.
Es besteht immer der Wunsch zu wissen, wie die Epival-Tubuslinse mithilfe ihres rotierenden Elements kalibriert wird. Du hast einiges aus dem Forum erwähnt, das mir helfen könnte. Wenn Sie sie kennen, könnten Sie mir den Gefallen tun, ihren Namen im Forum privat mitzuteilen, um mit ihnen Kontakt aufzunehmen, sofern sie dies zulassen?
Danke und viele Grüße.

Enzo