Botanik: Holz der Langlebigen Kiefer/Grannenkiefer (Pinus longaeva) *

Begonnen von jcs, Juni 10, 2023, 09:48:31 VORMITTAG

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jcs

Die Langlebige Kiefer (Pinus longaeva) ist eine Baumart, die in den westlichen Bundesstaaten der USA wächst (Kalifornien, Nevada, Utah) und dort in Höhen zwischen 2200m und 3700m vorkommt. Ursprünglich wurde die Art zu den Grannenkiefern (Pinus aristata) gezählt, seit den 1970er-Jahren gilt sie als eigene Art. Umgangssprachlich werden beide Arten im Englischen als ,,Bristlecone pine" bezeichnet.

Die langlebige Kiefer wird bis zu 4800 Jahre alt und stellt somit die langlebigste Baumart auf unserem Planeten dar. Selbst nach ihrem Tod bleiben die Bäume aufgrund des dauerhaften Holzes über viele Jahrhunderte stehen.

Das bekannteste Vorkommen der Art liegt in den kalifornischen White Mountains, einer Bergkette östlich der Sierra Nevada. Der namensgebende White Mountain ist 4344m hoch und liegt nordöstlich des höchsten Berges der ,,contiguous United States", dem Mount Whitney (4421m). Zwischen den beiden Bergen und über 2500m tiefer gelegen liegt das Owens Valley. Die westlich des Owens Valley gelegene Sierra Nevada ist in manchen Jahren (z.B. heuer) extrem niederschlagsreich, die östlich gelegenen White Mountains liegen im Niederschlagsschatten und weisen bereits ein Wüstenklima auf. Durch die klimatischen Kontraste und die ausgeprägten Höhenunterschiede bietet die Gegend fantastische Landschaften.

Bedingt durch die trockenen, sehr heißen Sommer und die kalten Wintermonate sind die White Mountains sehr lebensfeindlich, und in größeren Höhen wächst kaum etwas mit Ausnahme der sehr widerstandsfähigen Kiefern. Die Wachstumsperioden sind extrem kurz, was einer der Gründe für die Langlebigkeit von Pinus longaeva ist.

Abb. 1 zeigt einen bereits abgestorbenen Baum, die knorrigen Baumgestalten könnten die Vorbilder für den Baumbart aus der Trilogie ,,Herr der Ringe" sein. Abb. 2 und Abb. 3, aufgenommen im Ancient Bristlecone Pine Forest auf ca. 2800m Höhe, zeigen, wie konkurrenzlos der Baum in diesem harschen Klima wächst. An manchen Stellen hat man das Gefühl, dass die Bäume direkt aus den Felsen herauswachsen. Weiter oben (Abb. 4) bildet der Baum die Vegetationsgrenze bevor die Steinwüste des namensgebenden Gipfels der White Mountains beginnt (Abb.5). Mit dem Auto kann man bis zum Besucherzentrum fahren, das auf einer Höhe von ca. 3000m liegt. Wenn ausreichend Bodenfreiheit vorhanden ist, geht es auf einer groben Schotterpiste weiter bis auf ca. 3500m. Technisch ist der Gipfel des White Mountain recht einfach, in jungen Jahren (Abb. 6) habe ich es sogar per Mountainbike bis zur Hütte am höchsten Punkt (4344m) geschafft.

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In Kalifornien sind die langlebigen Kiefern streng geschützt. Es dürfen weder lebende noch abgestorbene Teile des Baumes gesammelt werden. In anderen Bundesstaaten gibt es jedoch Wälder in Privatbesitz, wo mit Erlaubnis des Eigentümers zumindest abgestorbenes Holz gesammelt werden darf. Es gibt daher eine kunsthandwerkliche Nutzung des Materials, unter anderem kann man Getränkeuntersetzer aus dem Holz erwerben, und so bin ich an meine Proben gekommen. Ich weiß allerdings nicht, ob das Holz von Pinus longaeva oder Pinus aristata kommt. Ich nehme aber an, dass sich das Holz der beiden Arten kaum unterscheidet.

Mit einem Stemmeisen und einem Hammer habe ich aus den Holzscheiben (Abb. 7) kleine Würfel geschnitten (ca. 1x1x1cm³), um daraus Schnitte mit dem Mikrotom herzustellen. Für Tangential- und Radialschnitte funktioniert das am Schlittenmikrotom gut, und 20µm dicke Schnitte ließen sich problemlos schneiden. Für dünne Querschnitte ist das Holz aber zu hart, und ich musste die Würfel für 2-3h in einer 1:1 Mischung aus Glycerin und destilliertem Wasser kochen. Danach ließen sich auch Querschnitte mit 20µm Dicke sehr gut herstellen.

Die Schnitte habe ich dann mit Etzold FCA gefärbt (ca. 5min), in dest. Wasser gereinigt und in 3 Stufen in Isopropanol übergeführt. Eingedeckt wurde in Euparal. Die fertigen Proben (Abb. 8 ) habe ich mit Leica HC PL Fluotaren (10x und 40x) und einer Panasonic G9 abgebildet.

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Die folgenden Bilder zeigen die erhaltenen Aufnahmen der Schnitte. Schnittrichtung und verwendetes Objektiv sind jeweils angegeben. Im Querschnitt (Abb. 9) erkennt man schön die Jahresringe. Deutlich sichtbar sind die sehr unterschiedlichen Dicken der einzelnen Ringe: Während in schlechten Jahren ein Dickenzuwachs von ca. 100µm zu beobachten ist, wächst der Durchmesser in guten Jahren über 300µm. Die Harzkanäle (HK) sowie die Holzstrahlen (HS) sind im Bild markiert, ebenso das Frühholz (FH) und Spätholz (SH). Abb. 10 zeigt ein Detail des Querschnittes, hier sieht man jetzt auch die Fenstertüpfel (FT) im Holzstrahl.

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Im Radialschnitt (Abb. 11 und 12) sind die angeschnittenen Holzstrahlen sowie die Jahresringe gut zu erkennen. Die Detailaufnahme zeigt die Fenstertüpfel sowie die Hoftüpfel (HT). Im Tangentialschnitt sind die Holzstrahlen quer angeschnitten, in der Detailansicht sind wieder die Fenstertüpfel sichtbar.
Für die Bezeichnungen habe ich mich am Kapitel zum Kieferholz in [1] orientiert. Ich hoffe, ich habe die Zuordnung richtig gemacht, für eventuell notwendige Korrekturen wäre ich dankbar. Ansonsten viel Spaß beim Betrachten der Bilder zu dieser faszinierenden Baumart!
LG
Jürgen

[1] G. Wanner, Mikroskopisch-botanisches Praktikum, 3. Auflage, 2017, Thieme

Fahrenheit

Lieber Jürgen,

eine schöne Darstellung dieses seltenen Holzes, die ich gerne gelistet habe!

Herzliche Grüße
Jörg
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Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

Rawfoto

Hallo Jürgen

Super das die Schnitte so geworden sind, es handelt sich ja nicht um frisches Material :)

Liebe Grüße

Gerhard
Gerhard
http://www.naturfoto-zimmert.at

Rückmeldung sind willkommen, ich bin jederzeit an Weiterentwicklung interessiert, Vorschläge zur Verbesserungen und Varianten meiner eingestellten Bilder sind daher keinerlei Problem für mich ...

jcs

Hallo Jörg, Gerhard,

danke für Eure Kommentare. Freut mich, wenn die Bilder Gefallen finden.
LG
Jürgen

HDD

Hallo Jürgen

Ein schöner Bericht mit Klasse Bildern. Die Holzschnitte sind hervorragend gelungen.
Ich bin selber gerade mit dem Schlittenmikrotom am rumfummeln mit Holz. Das hat
was, ist aber nicht ganz so einfach. Momentan beschäftigt mich allerdings mehr der
Sonnenschein.  ;)

Viele Grüße    Horst-Dieter

jcs

Zitat von: HDD in Juni 12, 2023, 06:58:54 VORMITTAG
Ich bin selber gerade mit dem Schlittenmikrotom am rumfummeln mit Holz. Das hat
was, ist aber nicht ganz so einfach. Momentan beschäftigt mich allerdings mehr der
Sonnenschein.  ;)
Hallo Horst-Dieter,

Beschäftigung mit dem Sonnenschein klingt nach einer sehr guten Idee. Das ist ja das schöne an der Holzmikroskopie: Es eilt nicht, und wie die Bilder zeigen: Bei Bedarf kann man sich Jahre, Jahrzehnte oder sogar Jahrhunderte Zeit lassen. Im Gegensatz zu anderen mikroskopischen Proben läuft das Material zum Glück nicht weg.
LG
Jürgen

jcs


Peter T.

Wunderbarer Bericht. Und die Schnitte sind natürlich 100 mal ästhetischer als die Untersetzer ...
;)
Liebe Grüße
Peter

jcs

#11
Hallo Peter,

danke für das Lob, freut mich sehr!

Das feine an den Untersetzern: Sie haben zufälligerweise genau die perfekte Dicke, die man am Mikrotom braucht. Insofern verzeihe ich dem Hersteller die wenig originelle Nutzung dieses raren Holzes.
LG
Jürgen