Interessante Pilzfunde 81 - Amethyst-Täubling

Begonnen von Bernd Miggel, Juli 19, 2023, 19:33:11 NACHMITTAGS

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Bernd Miggel

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Einführung, Lebensweise und Verbreitung

Wenn uns im Bergnadelwald bei Fichten oder Weißtannen ein Täublingsgruppe mit violettbraunen bis violetten Hüten, reif gelben Lamellen und weißen Stielen begegnet, bei denen außerdem das Fleisch absolut mild ist und die Stielbasis des einen oder anderen Exemplars nach Jodoform (,,Krankenhausgeruch") riecht, dann handelt es mit hoher Wahrscheinlichkeit sich um Amethyst-Täublinge (Russula amethystina). Diese Art ist in Deutschland recht häufig und damit ungefährdet.
Übrigens gilt der Amethyst-Täubling als guter Speisepilz.

Bei Inge Dittrich, Doris Laber, Udo Schäfer, Hans Stern und Alexander Reichert möchte ich mich für ich einige der hier gezeigten Bilder bedanken.

Bild 1 – Typisch gefärbte Fruchtkörper am Fundort. Foto: Hans Stern.



Bernd Miggel

#1
Makroskopische Merkmale

Der Amethyst-Täubling besitzt mittelgroße Fruchtkörper mit Hutbreiten von bis zu 12 cm. In der Hutfarbe ist alles möglich, was zwischen ocker, violettlich braun, lila und dunkel violett liegt. Dazu kann das Hutzentrum dunkler, doch auch heller, z.B. hellocker oder gelblich, ausfallen. Der Hutrand ist bei älteren Fruchtkörpern kurz gerieft, die Huthaut glatt und glänzend, bei feuchtem Wetter klebrig und etwa zur Hälfte abziehbar.


Bild 2 – Population in bräunlichen Hutfarben mit nur Andeutungen von Violett, im Bild nur zu erahnen. Feuchter Nadelwald, saurer Boden, bei Fichten. Foto: Bernd Miggel.




Bernd Miggel

#2
Die Lamellen sind brüchig, breit, am Stiel nahezu frei, nur selten gegabelt und mäßig stark untermischt. Bei reifen Fruchtkörpern sind sie gelb. Der Stiel ist reinweiß, zylindrisch ung längsadrig. Das Fleisch ist reinweiß, schmeckt mild und riecht bei vielen Exemplaren in der Stielbasis jodartig.

Sporenstaubfarbe
Das frisch ausgefallene Sporenpulver ist intensiv ocker bis hellgelb, IIId-IVa nach der Farbtafel in MARXMÜLLER, H. (2014).

Makrochemische Farbreaktionen
FeSO4 ergibt eine rosa Reaktion.


Bild 3
– Exemplare in unterschiedlichen Hutfarben. Fotos (oben links, oben rechts, unten links, unten rechts): Inge Dittrich, Alexander Reichert, Udo Schäfer, Doris Laber.



Bernd Miggel

Mikroskopische Merkmale

Die Sporen sind ellipsoid mit warzig-gratigem, allenfalls teilnetzigem Ornament. Geschlossene Maschen kommen so gut wie nie vor. Das Ornament ist meist bis 0,85 µm (ausnahmsweise bis 1,0 µm) hoch. Ornament und Hilarfleck sind deutlich amyloid. Sporengröße aus einer Stichprobe von 34 repräsentativen Sporen, bei 95-prozentigem Vertrauensintervall):

L x B = 7,1-9,5 x 5,8-7,6 µm      Schlankheitsgrad Q = 1,22-1,26



Bild 4
–  Sporen, präpariert in Melzers Reagenz. Foto: Bernd Miggel



Bernd Miggel

#4
Die Epikutis setzt sich aus Epikutishaaren und inkrustierten Primordialhyphen zusammen. Die Epikutishaare sind recht banal: Sie sind etwa 2-4 µm breit und meist zylindrisch, ab und zu apikal berdickt oder verjüngt. In Bild 5 sind sie mit ,,eh" gekennzeichnet. Die inkrustierten Primordialhyphen sind vielfach septiert, 4-6 µm breit, und die Inkrutation lässt sich wunderbar mit Karbolfuchsin anfärben. In den Bildern 5 und 6 sind sie mit ,,ph" gekennzeichnet.


Bild 5 –  Zupf- und Quetschpräparat der Epikutis, präpariert in NH3-Kongorot. Foto: Bernd Miggel.
Bild 6 – Präparat der Epikutis, angefärbt in Karbolfochsin, ausgewaschen in HCL-5%, präpariert in Wasser. Foto: Udo Schäfer.





Bernd Miggel

#5
Ähnliche Arten
•    Der Jodoform-Täubling (Russula turci) ist sowohl äußerlich als auch in Geschmack und Geruch quasi identisch. Er wächst allerdings vorzugsweise in der Ebene auf sandigen Böden bei Kiefern. Außerdem sind die Sporen warzig-netzig mit geschlossenen Maschen und besitzen eine geringere Ornamenthöhe von max. 0,6 µm.
•    Der Weißblättrige Reiftäubling (Russula azurea) ist ebenfalls sehr ähnlich und wächst in vergleichbaren Habitaten. Doch besitzt er reinweiße Lamellen und weißes Sporenpulver. Er riecht in der Stielbasis nie jodoformartig.

Literatur
•    EINHELLINGER, A. (1985): Die Gattung Russula in Bayern. Hoppea, Denkschr. Regensb. Bot. Ges. 43: Nr. 9.
•    GALLI, R. (1996): Le Russule: 286-287.
•    KIBBY, G. (2014): The genus Russula in Britain: 31.
•    MARCHAND, A. (1977):  Champignons  du  Nord  et  du  Midi. 5. Les  Russules: Nr. 461.
•    MARXMÜLLER, H. (2014) - Russularum Icones: 418-421.
•    MICHAEL, M., Hennig, B. & Kreisel, H. (1983): Handbuch für Pilzfreunde Band 5: Nr. 112.
•    MONEDERO, C. (2012): El Género Russula en la Península Ibérica: 398-399.
•    ROMAGNESI, H. (1985): Les Russules d ́Europe et d ́Afrique du Nord: 551-553.
•    SARNARI, M. (2005): Monographia illustrata del genere Russula in Europa 2: 1369-1371.
•    https://de.wikipedia.org/wiki/Amethyst-T%C3%A4ubling
(abgerufen am 19.7.2023).
•    https://fundkorb.de/pilze/russula-amethystina-amethyst-t%C3%A4ubling


Viel Freude beim Anschauen!
Bernd




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