Meteorite (Ureilite) und Mikrodiamanten

Begonnen von TStein, Oktober 14, 2023, 13:00:22 NACHMITTAGS

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TStein

Hallo liebe Mikroskopie- und Meteoritenbegeisterte,

ich habe vor mich ein bisschen mit der Analyse von Nano- und Mikrodiamanten und stark geschockten Mineralien in speziellen Meteoriten, den Ureiliten, zu beschäftigen und diese fotografisch und RAMAN-mikroskopisch zu untersuchen. Eine kurze Beschreibung dieser speziellen Meteoritenklasse kann man hier nachlesen: https://de.wikipedia.org/wiki/Ureilit
Es handelt sich bei diesen Meteoriten um Achondrite, dh. sie weisen also nicht die ursprünglichen runden Silikatschmelztropfen, die sogennanten Chondren auf, da sie sich im Mutterkörper schon recht stark differenziert haben und durch extreme Schockeireignisse bei Kollisionen mineralogisch sehr stark verändert sind. So treten in Abhängigkeit von der Stärke der Schockereignisse sehr seltene Hochdruckmodifikationen der grundlegenenen Minerale, Olivin und Pyroxen auf und da bei dieser Meteoritenklasse ein recht hoher Kohlenstoffanteil, ähnlich den Kohligen Chrondriten, vorhanden ist, treten hier aufgrund der extremen Drücke Mikrodiamanten und auch spezielle Hochdruckmodifikationen von Diamant auf (Lonsdaleit).
Ich habe kürzlich eine polierte Teilscheibe eines interessanten Meteoriten (Jiddat al Harasis 054, kurz JAH054, https://www.lpi.usra.edu/meteor/metbull.php?code=30728) aus dem OMAN erstanden, welchem auch schon einige prominente wissenschaftliche Untersuchungen bezüglich der Diamanten zuteil wurden (bspw. https://www.researchgate.net/publication/44160567_Micro_-_Raman_Spectroscopy_of_Diamonds_from_JaH_054_and_Sahara_98505_Ureilites_Statistic_Research).
Anbei erstmal ein paar Kamerabilder des Untersuchungsobjekts.

Lg Tino

TStein

Vielleicht auch gleich nochmal ein kürzlich selbstgemessenes RAMAN-Spektrum am Matrixmaterial eines anderen kohligen Chondriten vom Typ CV3. Dieser weist keine Diamanten auf, aber im RAMAN-Spektrum sind der charakteristische relativ breite D- (disordered bzw. "poorly-organized carbonasceous matter", bei ~1300-1400cm-1 ) und G-Peak (Graphite, etwa 1600cm-1) des hierin enthaltenenen Kohlenstoffs zu sehen. Wenn hier Nano- bzw. Mikrodiamanten vorhanden sind, tritt noch ein ziemlich scharfer Peak bei etwa 1330cm-1 auf. Aus der Breite und möglichen Verschiebung des Peaks kann man dann im besten Falle auf die Größer der Diamantkristalle und die intrinsischen Spannungen schließen, was wiederum Schlussfolgerungen auf die Bildungsbedingungen zulässt.
Bild1: MicroRAMAN-Spektrum eines unklassifizierter (NWA) CV3-Meteoriten, kohlenstoffhaltiges Matrixmateral
Bild2: Zum Vergleich ein Spektrum einer kristallinen Olivin-Chondre

Lg Tino

hugojun

Hallo Tino,
die Herstellung von Ureilit Dünnschliffen ist nicht unproblematisch.
Da, wie du schon gesagt hast, Mikro Diamanten vorkommen können, ist bereits beim Sägevorgang damit zu rechnen, dass die Diamanten ausbrechen und verloren gehen.
Ich bin kein Spezialist in Sachen Dünnschliff Herstellung, aber ich kann mir vorstellen, dass man nach dem ersten Anschnitt eine gehörige Schicht vorsichtig abschleifen sollte. Dann eine genügend dicke Schicht absägen, die angeschliffene Seite auf den Glasträger bringen und nun wieder nur abschleifen.
In den folgenden Dünnschliffen konnte ich keine Diamanten sehen, wahrscheinlich wegen ihrer geringen Größe und den oben genannten Herstellungs-Fehlern.

Shişr 007 ohne-,
NWA 5884 ohne-,
NWA 5555 mit-,
DaG 879 mit Deckglas

Das Bulletin macht zu diesen 4 Meteoriten keine Angaben zu Diamantvorkommen, aber eventuell gibt es Arbeiten darüber zu Thema.
Wenn Interesse besteht, würde ich diese Schliffe zur Raman Messung zur Verfügung stellen.

LG
Jürgen


TStein

#3
Hallo Jürgen,

soweit ich mich diesbezüglich aufschlauen konnte, gibt es 3 verschiedene Bildungsrandbedingungen für die Diamanten.
1. Sehr kleine Diamanten, sogenannte Nanodiamanten, weisen Größen von <10nm auf, und sind Mikroskopisch eigentlich nicht zu detektieren. Per RAMAN-Mikroskopie und Elektronenmikrosonde im REM klappt das eigentlich ganz gut, bestimmt auch per Kathodolumineszenz.
Diese Diamanten bilden sich anscheinend sehr früh in der protoplanetaren Scheibe durch sogenannte CVD (chemical vapor deposition, also chemische Gasphasenabscheidung). Anscheinend hat das für <5nm große Diamanten bildungsenergetische Vorteile.
Soweit ich gelesen habe ist hier die Präparation besonders kritisch und man schließt den Met mit Säuren usw. auf, um bspw Röntgendiffraktometrisch ein paar ug zu untersuchen.
2. Der zweite Typ Diamanten entsteht durch Umwandlung des Graphits durch extreme Shockereignisse. Diese können dann auch mal einige wenige um bis 100um groß sein. Diese treten beispielsweise in den Ureiliten auf, speziell auch in dem JaH054. Hier sollte bei vorsichtiger Präparation und Politur eigentlich wenig schief gehen, außer dass das Aluminiumoxid natürlich die Dinger nicht mehr poliert und wie du schon gesagt hast, möglicherweise stattdessen die kleinen Kristalle ausbrechen. Stabil sieht der Ureilit aber schon aus, hab kürzlich einen CR2 geschitten und poliert, der war mal richtig bröselig.
3. Der dritte Typ ensteht klassisch unter hohem Druck in einem Asteroidenkörper, bzw. Protoplaneten unter hohem Druck in ausreichend großer Tiefe, vergleichbar zu denen auf der Erde. Nur hier werden sie durch einen entsprechend starken Impact freigesetzt, anstatt durch einen speziellen Vulkanismus.

Ich würde mich natürlich freuen, wenn ich mir mal deine Schliffe anschauen und untersuchen dürfte, aber bei denen mit Deckglas wirds wahrscheinlich nichts, wobei es funktionieren könnte, wenn das Eindeckmittel nicht fluoresziert.

Lg Tino   

Ps. Ich hab nochmal drüber nachgedacht, beim Sägen (Diamantsägeblatt) und Läppen (Cer-Oxid (Korrektur: SiC)) sind die harten Diamantkörner wahrscheinlich auch schon nicht ganz unproblematisch, speziell für einen Dünnschliff. Mein JaH054-Sample ist ziemlich dick und beidseitig poliert (aber nicht von mir), ich schaue es mir erstmal an. Auf Arbeit könnte ich auch mit Diamant polieren, da müsste man aber auch sichergehen, dass sich das Polierzeugs nicht in die Risse setzt. Mhm.

hugojun

Fürs optische Mikroskop kommt natürlich nur Typ 2 in Frage, so sie dann ausreichend groß und noch vorhanden sind.
NWA 5884 scheidet aus, weil, wie ich eben gelesen habe, er als besonders ,,soft" beschrieben wird.
Bleibt Shis ̧r 007, weil ohne Deckglas und es schon Arbeiten dazu gibt.

LG
Jürgen