Objektträger: Unbenutzt, aber nur haltbar bis 2015.

Begonnen von rlu, November 16, 2023, 23:29:05 NACHMITTAGS

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rlu

#15
Hallo zusammen,

hier mal Bresser Objektträger, die bei Amazon sehr gut bewertet sind und einen guten ersten Eindruck machen. Super verpackt, doppelt eingeschweißt, mit Trockenmittel.
Aber dann doch auch massiv verschmutzt und somit gehören sie in die Objektträger Waschmaschine.

Habe mir jetzt noch eine Box mit Objektträgerhalter besorgt. Leider nicht luftdicht und somit kommt kein Spiritus rein, sondern nur Spülmittel.

Wir können ja noch unsere Hausmittel und Vorgehensweisen vergleichen.
Für mich sieht es nach Putzen und wieder rein stellen aus.
Welchen magischen Zustand das Glas haben muss, damit ein Paraffinschnitt darauf perfekt hält, ist eine andere Frage. Vielleicht will oder kann sich jemand dazu äußern.

Das Putztuch ist auch so ein Thema. Manche schwören auf Babywaschmittel und Mikrofasertuch. Das habe ich noch nicht benutzt.
Manche auf Mischungen aus Spiritus und Spülmittel und da werden die Objektträger auch bis zum Gebrauch aufbewahrt. Interessanterweise wird das Deckglas eher stiefmütterlich behandelt.

Liebe Grüße
Rudolf

Jürgen Boschert

Hallo Rudolf

Zitat...  Interessanterweise wird das Deckglas eher stiefmütterlich behandelt. ...

Das liegt daran, dass Deckgläser aus Borosilikat hergestellt erden, eine Glassorte, die eben nicht zu diesen Veränderungen neigt. Eine besondere Behandlung der DG ist daher nicht erforderlich; man muss sie halt nur gut säubern, besonders wenn man Dunkelfeld betreiben will. Die OT sind dagegen in aller Regel aus Kalknatronglas, das sehr gerne korrodiert, wie das ja auch andere hier in diesem Faden schon ausgeführt haben. Warum, weiß ich ehrlich gesagt auch nicht. Heutzutage kann das eigentliche keine Preisfrage mehr sein, normales Floatglas, wie es für Fensterscheiben verwendet wird ist heutzutage so sauber, farbrein und schlierenfrei, dass man daraus sicher auch OTs herstellen könnte. Es gibt vereinzelt wohl auch Anbieter, die OTs aus Borosilikat vertreiben, aber die muss man mühsam suchen.

Ich habe neulich sogar welche aus BK7-Glas ersteigert, ein Glas, das für z.B. Prismen in optischen Geräten verwendet wird; die sind astrein, allerdings haben sie ein ganz komisches Format (nein, nicht das Gießener, sondern irgendetwas zwischen Standard-Format und dem Gießener Format.
Beste Grüße !

JB

B.Neuhaus

Liebe ForentInnen,

wie Jürgen schon schrieb, bestehen Objektträger aus Kalknatronglas und Deckgläser aus Borosilikatglas. Glas besteht aus einem dreidimensionalen Netzwerk aus Siliziumdioxid, in das Ionen eingelagert sind. Die Na+- und K+-Ionen von Kalknatronglas sind klein und können durch das Siliziumdioxid-Netzwerk "tunneln". Sie bilden an der Glasoberfläche mit den Wassermolekülen eine sehr reaktive Schicht, die nach einer Zeit das Glas stumpf erscheinen lässt und irisiert. Das ist ein Prozess, den man von einfacheren Gläsern in der Spülmaschine kennt. Er ist chemisch nicht rückgängig zu machen. Putzen hilft da wenig, eventuell mildert eine Säurebehandlung die auf den ersten Blick erkennbaren Schäden. Geschädigt ist die Glasoberfläche meines Erachtens trotzdem. Die größeren Ca2+- und Mg2+-Ionen des Borosilikatglases können sich nicht so leicht durch das Siliziumdioxid-Netzwerk bewegen und bilden auch keine reaktive Schicht an der Glasoberfläche, dadurch altert das Glas um Größenordnungen langsamer.

Auf der Oberfläche von Kalknatronglas findet man unter mitteleuropäischen und tropischen Bedingungen immer eine Schicht aus mehreren Lagen an Wassermolekülen. Das ist nicht so tragisch, sieht man ja bei Fensterglas und bei Objektträgern in einer Sammlung, das Glas wird nicht einfach stumpf im Laufe der Zeit. Anders sieht es bei Objektträgern in einer Vorratspackung aus, da liegen die Glasscheiben schön dicht aufeinander - und korrodieren. Man "sieht" diese Wasserschicht als farbenfrohe Newtonsche Ringe zwischen den aufeinander liegenden Objektträgern. Die Korrosionsprozesse benötigen eine gewisse Zeit, daher geben die Hersteller ein Verfallsdatum an, so ca . 1 Jahr. Bei Objektträgern für die Tropen liegt jeweils ein dünner Papierstreifen zwischen zwei Objektträgern und verhindert dadurch die Korrosion. Das wäre eine einfache aber zeitaufwendige Maßnahme, mit der man die "Lebensdauer" von unbenutzten Objektträgern verlängern könnte. Meines Erachtens die einzige Methode.

Ich habe mal bei verschiedenen namhaften Herstellern nach Objektträgern aus Borosilikatglas gefragt. Die Antwort fiel negativ aus. Man könnte solche Objektträger aus Borosilikatglas anbieten, doch ist die Konfektion der Objektträger aus den größeren Glasplatten anscheinend erheblich schwieriger als bei der aus Kalknatronglas. Beim Zuschneiden zerbrechen zu viele Objektträger, sodass sich das wirtschaftlich nicht rechnet bzw. der Kunde nicht so viel Geld ausgeben möchte. Ich habe einmal auf Wunsch eine Ladung von Objektträgern aus Borosilikatglas erhalten, doch hatte man mir vorab nicht mitgeteilt, dass die Teile nicht 1 mm dick wie die Standardobjektträger waren sondern sehr deutlich darunter, weil man dieses Glas einfacher bearbeiten konnte als dickeres Glas. Damit waren die Objektträger für die Standardhalterungen an Mikroskopen unbrauchbar, und die Charge musste leider zurück gehen.

Die oben geschilderten Zusammenhänge wurden in diesem Forum mehrfach mit ähnlichem Ergebnis diskutiert, ich habe es vielleicht geringfügig anders formuliert.

Viele Grüße
Birger

Apochromat

#18
Hallo,

ich hebe meine Objektträger und Deckgläser in dicht verschlossenen Gläsern (alte Marmeladengläser etc.) auf, in unvergälltem Ethanol (iso- Propanol geht auch). Unmittelbar vor Gebrauch werden die entnommen, mit etwas Kosmetikpapier trockengewischt. Ich warte dann immer noch etwas, damit alle Alkoholreste verdampfen können und so den Tümpel-Organismen nicht schaden.

Ich nehme immer rechteckige Deckgläser im Format 32 x 24 mm in kontrollierter Dicke 0,17 +/- 0,01 mm oder besser.

LG
Michael

anne

Hallo,
ich hatte in der Vergangenheit Objektträger auf Vorrat gekauft und alle aus der Packung entnommen und in Präparatekästen schön einzeln gestellt um die Korrosion zu verhindern.
Leider hat es nicht funktioniert, alle Objektträger sind trotzdem korrodiert nach 1-2 Jahren.
Seither kaufe ich nur noch "frisch".
lg
anne

rlu

Hallo,

vielen Dank für die Hinweise:

@Birger und Jürgen: schöne und interessante Zusammenfassung und danke für die Hinweise

@Michael:
Hast du auch schon mal normalen Spiritus verwendet. Oder hat der Nachteile;Vergällung?
Da kann es sein, dass die Aufbewahrungsdosen mit dem versteuerten Ethanol mehr wert sind, als die gesammelten Mikroskope. ;-)

@Wolfgang:
mit dem HCL muss ich auch noch testen.
Zitat7 Teile 37% HCL mit 3 Teilen A.dest. gemischt. Dieses Gemisch habe ich wiederum im Verhältnis 7 Teile HCL (verdünnt) mit 3 Teilen 96% ETOH gemischt.

@Anne:
Wenn du Dauerpräparate machst, dann müssen die vmtl. tiptop sein.

Hauchtest:
Links ein Objektträger, der jetzt ein paar Tage im Spüli lag.
Zwischendurch abgewischt.
Mit Kleenex-Tuch zum Ende abgewischt(sah schon perfekt aus). Schnell abgeflammt.
Angehaucht. Es beschlägt nicht einmal.

Im Gegenzug dazu rechts - ein oberflächlich gereinigter Objektträger.

Daumentest,
klar, danach ist der Objektträger verschmutzt.
Fährt man beim ersten drüber, bleibt der Finger fast kleben.
Beim zweiten rutscht der Daumen drüber.

Ein_Hauch_von_nichts.jpg

Weiß jemand, wie man prüft, ob das Deckglas aus Borosilikat ist?

Liebe Grüße
Rudolf

Jakob_Wittmann

#21
Hallo liebe Runde!

@Michael

Von wegen Ähnlichkeit der Ausfällungen am Objektträger – mein Foto, Dein Foto ...

Meiner bescheidenen Meinung nach ist das EXAKT die Ausformung von Kristallisationen auf Kalknatronglas-OTs. Dies erhebt bitte nicht den Anspruch ein wissenschaftlicher genauer Befund zu sein, aber die Ähnlichkeit ist evident. Ich hänge noch eine etwas bessere Aufnahme solcher Erscheinungen an. Vielleicht hilft Dir das bei Vergleichen, Michael.

Diese Ausfällungen gehen beim Polieren mit dem leicht rauen Papier einer Küchenrolle weg. Weitgehend zumindest. Bei Dunkelfeld würd ich aufpassen.

Ich wollte noch von wegen Polarisation nachschauen, aber da ich meinen letzten kleinen (Analysator) Filter bei der Epi-Fluoreszenz mit einem HBO-Benner übelriechend verbrutzelt habe (da wird es unglaublich heiß im Strahlengang), muss ich mir erst wieder Pol-Folie beschaffen.

Kristallisationen in Pleurax:

Ein sehr netter und hilfsbereiter Kollege aus unserem Forum hat mir vor einigen Monaten eine kleine Menge Pleurax (Isopropanol als Lösungsmittel) zukommen lassen. Ein Safeline-Produkt, alt und schon sehr dunkel, aber in typisch dünnen Schichten kommt das so gut wie nicht zur Geltung. In diesem Medium sind mir kleine (ca. 3 bis 5 µm) x-förmige Strukturen aufgefallen. In frischen Präparaten. Ich habe den Verdacht, dass dies Ansätze von Kristallisierung sind. Diatomeen können zugegeben sehr klein sein, aber die Sache scheint mir verdächtig. Ich werde Beispiele fotografieren. Etwas Geduld, bitte ...

@Alle

Es gibt Objektträger und Deckgläser aus Duran (Markenname eines deutschen Herstellers für Borosilikatglas). Gar nicht wild teuer, aber die Mindestabnahme ist 1000 Stück.

Und es gibt Objektträger aus Quarz. Die sind sündteuer, ca. 60 EUR/1 OT beim Kauf eines Exemplars.

Allerdings bin ich mir sicher, dass man den Preis bei Abnahme von 1000 Stück auf läppische € 25.000,-  runterhandeln kann.  8)  :)  ;D  ;D  ;D

ZitatWeiß jemand, wie man prüft, ob das Deckglas aus Borosilikat ist?



Hallo Rudolf!

Ich würde das wie folgt testen: Ein Deckglas mit einer Pinzette aufnehmen, mit einem Feuerzeug oder einer Spirituslampe stark erhitzen. Danach in ein Behältnis mit kaltem  Wasser fallen lassen.

Zerspringt es, wär dies zumindest ein Indiz für Kalknatronglas. Ist aber nicht unbedingt zwingend. Glas kann sich manchmal eigenartig verhalten ...


Liebe Grüße

Jakob

OT:
jakob.wittmann@hotmail.com


,,Ein Leben mit nur einem schwarzen Mikroskop ist möglich aber sinnlos."

Bernhard-Viktor ,,Vicco" Christoph-Carl von Bülow zugeschrieben

limno

Hallo Rudolf,
meine Objektträger werden nur mit Isopropanol geputzt! In den unendlichen Weiten dieses Forums gibt es einen Beitrag (den ich im Moment nicht finde) in dem klar wird, dass selbst winzige Spuren von Vergällungsmittel meinen Tümpelorganismen schaden. Für das Fixieren von botanischen Objekten mag Brennspiritus genügen.
Hoffe, geholfen zu haben.
Beste Grüße von
Heinrich
So blickt man klar, wie selten nur,
Ins innre Walten der Natur.

Bob

Zitat von: Jakob_Wittmann in November 30, 2023, 16:52:23 NACHMITTAGSEs gibt Objektträger und Deckgläser aus Duran (Markenname eines deutschen Herstellers für Borosilikatglas). Gar nicht wild teuer, aber die Mindestabnahme ist 1000 Stück.

Hallo Jakob,
diese Objektträger sind nur von Duran (Markenname), nicht aus Duran - leider. Sie sind aus Kalk-Natron-Glas aber trotzdem deutlich besser als die meisten anderen Objektträger, halten sich länger, sind temperaturbeständiger, aber eben doch kein Borosilikatglas. Vor dem Hintergrund der deutlichen Probleme mit den normalen Objektträgern wundert es mich, dass sich noch niemand der Aufgabe angenommen hat, ein wirtschaftliches Fertigungsverfahren für Borosilikatglas-Objektträger zu entwickeln, andere etwas schwierigere Dinge bekommt man ja auch hin.

Viele Grüße,

Bob



Peter V.

Hallo Bob,

warum sollte sind jemand dieses Themas annehmen? Hauptverbraucher von Objektträgern sind ja nicht Hersteller von Dauerpräparaten und Hobbymikroskopiker, sondern Pathologien, Forschungsinstitute, Krankenhäuser. Dort sind Objektträger Massenware mit hohem Durchsatz und werden gar nicht (in der Schachtel) so alt.

Hezrliche Grüße
Peter
 
Dieses Posting ist frei von kultureller Aneigung, vegan und wurde CO2-frei erstellt. Für 100 Posts lasse ich ein Gänseblümchen in Ecuador pflanzen.

Jakob_Wittmann

Zitat von: Bob in November 30, 2023, 17:35:51 NACHMITTAGS
Zitat von: Jakob_Wittmann in November 30, 2023, 16:52:23 NACHMITTAGSEs gibt Objektträger und Deckgläser aus Duran (Markenname eines deutschen Herstellers für Borosilikatglas). Gar nicht wild teuer, aber die Mindestabnahme ist 1000 Stück.

Hallo Jakob,
diese Objektträger sind nur von Duran (Markenname), nicht aus Duran - leider. Sie sind aus Kalk-Natron-Glas aber trotzdem deutlich besser als die meisten anderen Objektträger, halten sich länger, sind temperaturbeständiger, aber eben doch kein Borosilikatglas. Vor dem Hintergrund der deutlichen Probleme mit den normalen Objektträgern wundert es mich, dass sich noch niemand der Aufgabe angenommen hat, ein wirtschaftliches Fertigungsverfahren für Borosilikatglas-Objektträger zu entwickeln, andere etwas schwierigere Dinge bekommt man ja auch hin.

Viele Grüße,

Bob




Danke Bob,

Das ist (,,von" nicht ,,aus" Duran) in der Tat etwas, das zu Irrtümern führen kann. Da man verständlicherweise beim Markennamen ,,Duran" – und dies auch noch bei angebotenen Produkten für ,,gläsernen" Laborbedarf – gleichsam selbstverständlich an eine Borosilikatglas-Ausführung glaubt ...

Wie auch immer: Ich habe

https://www.amazon.de/gp/product/B07ZYT3DJ6/ref=ppx_yo_dt_b_asin_title_o00_s00?ie=UTF8&psc=1

2 Objektträger aus Quarz bestellt, da ich einen relativ günstigen Anbieter gefunden habe. Kindische Neugierde oder so ähnlich ...  ;D  ;)  ;)


Mal sehen.  :-[

Liebe Grüße

Jakob


jakob.wittmann@hotmail.com


,,Ein Leben mit nur einem schwarzen Mikroskop ist möglich aber sinnlos."

Bernhard-Viktor ,,Vicco" Christoph-Carl von Bülow zugeschrieben