Botanik: Echter Lavendel Lavandula angustifolia, syn. Lavendula offcinalis *

Begonnen von Hans-Jürgen Koch, November 19, 2023, 15:43:22 NACHMITTAGS

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Hans-Jürgen Koch

Der Echte Lavendel ist ein ausdauernder, bis 60 cm hoher Halbstrauch aus der Familie der Lippenblütengewächse (Lamiciaceae).
Der Echte Lavendel kommt im westlichen Mittelmeergebiet vor; Anbau besonders in Südfrankreich, Spanien, England, USA, UdSSR, Ungarn und Nordafrika.
Die Pflanze ist in den Alpen bis zu 1700 m Höhe zu finden.
Die Pflanze besitzt aufrechte oder aufsteigende verzweigte, im unteren Teil verholzte Äste.
Echter Lavendel blüht im klassischen lavendelviolett.

Bild 01 Habitus, Echter Lavendel Lavandula angustifolia

Foto: H.-J_Koch
Der Lavendel wächst in einer Kräuterschneck in unserem Garten.
Im Frühjahr treibt der Lavendel steife aufrechte Zweige aus, die teilweise Kurztriebe besitzen.
Die graugrünen Blätter sind gegenständig, bis etwa 5 cm lang, linealisch und nach unten umgerollt. Die blütentragenden Triebe sind nur am Grund beblättert.

Bild 02 Blätter, Lavandula angustifolia

Urheber: Manfred Werner – Tsui

Die blauvioletten, stark riechenden Blüten stehen in unterbrochenen endständigen Scheinähren.
Die Frucht zerfällt in 4 einsamigen Klausen (Nüsschen).

Bild 03 Blütenstand von Lavandula angustifolia

Urheber: Krzysztof Ziarnek, Kenraiz

Systematik:
Ordnung: Lippenblütlerartige (Lamiales)
Familie: Lippenblütler (Lamiaceae)
Unterfamilie: Nepetoideae
Gattung: Lavendel (Lavandula)
Art: Echter Lavendel
Wissenschaftlicher Name: Lavandula angustifolia
Trivialnamen: Schmalblättrige Lavendel oder kurz Lavendel, Lavander, Kleiner Speik, Medizinischer Lavendel, Duftender Lavendel, Dünnblättriger Lavendel
Englische Bezeichnung: true lavender
Der Gattungsname Lavandula leitet sich vom lateinischen ,,lacare ,, (waschen) ab, da man das Kraut gern dem Waschwasser oder dem Bad zusetzte.

Bild 04 Illustration, Echter Lavendel Lavandula angustifolia

Dieses Werk ist gemeinfrei (1897)
Quelle: List of Koehler Images

Urheber: Franz Eugen Köhler, Köhler's Medizinal-Pflanzen
A blühende Pflanze, natürl. Größe; 2 Zweigstück mit 2 Blüten; 3 Blüte; 4 dieselbe im Längsschnitt; 5 Staubgefäß; 6 dasselbe, geöffnet; 7 Pollen; 9 Stempel, stärker vergrößert; 10 unterer Theil des Stempels mit Scheibe, zerschnitten; 11 Same.; 12, 13 derselbe im Quer- und Längsschnitt.

Die Erstveröffentlichung von Lavandula angustifolia erfolgte 1768 durch Philip Miller in The Gardeners Dictionary: ..., 8. Auflage, Band 3.
Philip Miller (1691 – 1771) war ein englischer Gärtner und Botaniker.

Das Gardeners Dictionary war eine vielzitierte Nachschlagewerkreihe, die von Philip Miller geschrieben wurde und sich in der Regel auf in England kultivierte Pflanzen konzentrierte.

Im klassischen Altertum ist wahrscheinlich nicht der Echte Lavendel, sondern der Schopf Lavendel (Lavandula stoechas) benutzt worden.
Im Capitulare de villis wurde Lavendel nicht genannt.

Das Capitulare de villis vel curtis imperii, kurz Capitulare de villis genannt, ist eine Liste der Pflanzen einer Landgüterverordnung, die Karl der Große als detaillierte Vorschrift über die Verwaltung der Krongüter erließ.
Hildegard von Bingen führte jedoch im 12. Jahrhundert eine Pflanze Lavendula auf.
Hildegard von Bingen (1098 – 1179) war eine deutsche Benediktinerin, Äbtissin, Dichterin, Komponistin und eine bedeutende natur- und heilkundige Universalgelehrte.
Wegen seines aromatischen Duftes wurde der Echte Lavendel vor allem in Bauerngärten  gepflanzt und unter anderem als Mottenpulver verwendet. In den Apotheken diente der Lavendel zur Herstellung verschiedener Arzneien und Räucherpulver sowie zur Gewinnung des Lavendel Öls.
Man glaubte auch, dass man damit die Pesterreger, die man als Miasmen (Gifthauch) betrachtete, bekämpfen könnte.
Drogengewinnung:
Die Blüten des Lavendels werden mit dem Kelch vor dem vollständigen Ausblühen in den Monaten Juli und August gesammelt und in dünnen Schichten getrocknet.

Bild 05 getrocknete Lavendelblüten, Lavandula angustifolia

Urheber: Rillke

Drogenbeschreibung:
Die Droge Lavandulae flos besteht aus den getrockneten Blüten und Kelchen. Letztere sind röhrenförmig und blaugrau oder violett. Sie besitzen stark behaarte Längsrippen und 5 kleine Kelchzähne, von denen der größte ein ovales oder annähernd herzförmiges Lippchen bildet.
Die in der Droge stark geschrumpften blauen oder auch bräunlich verfärbten Blüten haben eine 2-lappige größere Oberlippe und eine 3-lappige kleine Unterlippe.
Da die Blüten beim Trocknen leicht abfallen, sind meist leere Kelche in der Droge vorhanden. Sie besitzen einen aromatischen Geruch und einen bitteren Geschmack.

Inhaltsstoffe:
Das Lavendelöl ist eine der wichtigsten Essenzen in der Parfümerie.
Lavendelöl wird durch Wasserdampfdestillation aus den frischen Blüten oder Blütenständen gewonnen.
Die Droge enthält bis zu 3 % ätherisches ÖL, das ihren charakteristischen Geruch bedient.
Der durchschnittliche Ertrag an ätherischem Öl beträgt 16 - 40 kg/ha oder 400 - 500 kg/ha getrocknete Blüten.
Hauptbestandteil des Öls ist das Linalyacetat (25 bis 46%), daneben sind Linalool (20 bis 45 %), Ocimen, Cineol (1 – 2%) und Campher (0,1- 0,5 %) vorhanden.
Als Verfälschung werden dem Lavendelöl gerne Lavandinöl und Spiköl zugemischt. Beide enthalten erheblich weniger Linalylacetat und sind deshalb als minderwertig anzusehen. Sie stammen von anderen Lavendelarten.
Diese ist sehr häufig die Basis für preiswerte Essenzen, Waschpulver und Öle. Deren Duft ist jedoch schwächer als der von Produkten aus echtem Lavendel. Je kälter die Gegend, desto geruchsärmer der Lavendel.
Bei Spiköl handelt es sich um das ätherische Öl einer Lavendelart, Speiklavendel ( Lavandula latifolia ).

Außerdem kommen in der Droge Gerbstoffe, Cumarinverbindungen und Phenolcarbonsäure vor.

Teil 1
Junger Spross, Querschnitte
25 Mikrometer

Bild 06, Schnittstelle, Lavandula angustifolia

Foto: H.-J_Koch

Bild 07 Übersicht, viereckiger Spross, ungefärbter Schnitt, Lavandula angustifolia


Bild 08 Detailaufnahme, ungefärbter Schnitt, Lavandula angustifolia


Bild 09 Detailaufnahme, ungefärbter Schnitt, Lavandula angustifolia


Bild 10 Dunkelfeld, ungefärbter Schnitt, Lavandula angustifolia


Bild 11 Detailaufnahme, Autofluoreszenz, Lavandula angustifolia

LED Modul 455 nm
Reflektormodul FL mit Filtersatz 67
Erregerfilter: BP 470 nm
Strahlenteiler: FT 477 nm
Emission (Sperrfilter): LP 485

W-3A-Färbung nach Wacker (Acridinrot-Acriflavin-Astrablau) modifiziert

Arbeitsablauf:
1.Pflanzenprobe liegt in 30 % Ethanol.
2. Aqua dest. 3x wechseln je 1 Minute.
3. Vorfärbung Acridinrotlösung 7 Minuten
4. 1x auswaschen mit Aqua dest. .
5. Acriflavinlösung (differenzieren bis gerade keine Farbwolken mehr abgehen - Lupenkontrolle) ca.30 Sekunden !!
6. 2 x auswaschen mit Aqua dest..
7. Nachfärbung Astrablaulösung 1 Minuten
8. Auswaschen mit Aqua dest. bis keine Farbstoffreste auf dem Objektträger verbleiben.
9. Entwässern mit 3x gewechseltem Isopropylalkohol (99,9 %)
10. Einschluss in Euparal.

Ergebnis:
Zellwände blaugrün bis grün, verholzte Zellwände leuchtend rot, Zellwände der äußeren Hypodermis orangerot, Cuticula gelb, Zellwände der innenliegenden Hypodermis tiefrot.

Bei der Betrachtung wird eine Kontrastverbesserung bei Verwendung eines BG 38 Filters (blaugrün, 3 mm dick) erreicht.

Fotos: Nikon D5000, Sony alpha 6000

Bild 12 Übersicht, Lavandula angustifolia


Bild 13 Detailaufnahme mit Beschriftung, Lavandula angustifolia

MP = Markparenchym, PXY = Protoxylem, K = Kambium, X = Xylem, T = Trachee, RP = Rindenparenchym, PH = Phloem, SK = Sklerenchym, KK = Kantenkollenchym

Bild 14 Detailaufnahme,Lavandula angustifolia


Bild 15 Detailaufnahme,Lavandula angustifolia

Plants are the true rulers - Pflanzen sind die wahren Herrscher.

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Gerne per "Du"

Hans-Jürgen Koch

Bild 16 Detailaufnahme,Lavandula angustifolia


Bild 17 Übersicht, Auflichtbeleuchtung, Fluoreszenz, Lavandula angustifolia

Reflektormodul FL mit Filtersatz 67
Erregerfilter: BP 470 nm
Strahlenteiler: FT 477 nm
Emission (Sperrfilter): LP 485

Bild 18 Detailaufnahme, Auflichtbeleuchtung, Fluoreszenz, Lavandula angustifolia


Bild 19 Dunkelfeld, Geweihhaar, Lavandula angustifolia

Mehrfach verzweigte Etagenhaare mit kurzem Stiel; Cuticula warzig.

Bild 20 Detailaufnahme, Auflichtbeleuchtung, Fluoreszenz, Lavandula angustifolia


Teil 2
Älterer Spross, Querschnitt
30 Mikrometer

Im unteren Bereich (ca. 4 cm vom Boden) ist der Spross verholzt und hat einen runden Querschnitt.

Bild 21 Spross, Lavandula angustifolia

Foto: H.-J_Koch
Aus Achselknospen hervorgehende seitliche Verzweigungen der Sprossachse. Aus den neu angelegten Knospen entstehen Seitensprosse.

Bild 22 Spross mit Styrodur im Probenhalter eingespannt

Foto: H.-J_Koch

Bild 23 Detailaufnahme, Autofluoreszenz, Lavandula angustifolia


Bild 24 Detailaufnahme, Autofluoreszenz, Lavandula angustifolia

Fotos müssen sehr schnell aufgenommen werden, die Autofluoreszenz (rote Farbe) verschwindet schon nach 1 Minute.
W-3A-Färbung nach Wacker (Acridinrot-Acriflavin-Astrablau)

Bild 25 Übersicht, Lavandula angustifolia


Bild 26 Detailaufnahme, Lavandula angustifolia


Bild 27 Detailaufnahme, Lavandula angustifolia


Bild 28 Detailaufnahme, Auflichtbeleuchtung Fluoreszenz, Lavandula angustifolia

Reflektormodul FL mit Filtersatz 67
Erregerfilter: BP 470 nm
Strahlenteiler: FT 477 nm
Emission (Sperrfilter): LP 485

Teil 3
Blatt, Querschnitt
25 Mikrometer

W-3A-Färbung nach Wacker (Acridinrot-Acriflavin-Astrablau)

Bild 29 Schmales, am Rand eingerolltes Blatt, Lavandula angustifolia


Die Blätter sind stumpf, ganzrandig und am Rand mehr oder weniger eingerollt. Im jungen Zustand sind die Laubblätter an Ober- und Unterseite graufilzig behaart, später verkahlen sie.

Bild 30 Detailaufnahme, Lavandula angustifolia

C = Cuticula, P = Palisadengewebe, E = Epidermis, SCH = Schwammgewebe, UCU = untere Cuticula

Verzeichnis der benutzten Literatur:
Wikipedia; Freie Enzyklopädie
Dieter Ennet, ,,Lexikon der Heilpflanzen" , ISBN: 3-933203-96-1
Holm / Herbst ,,Botanik und Drogenkunde", ISBN: 978-3-7692-5240-8
E. Löbenberg ,,Drogenkunde", ISBN: 3-7741-0125-6
Walter Eschrich ,,Pulver-Atlas der Drogen", 3-7692-2505-8
Bettina Rahfekd ,,Mikroskopischer Farbatlas der pflanzlichen Drogen", ISBN: 978-3-8274-1951-4
Hans Jürgen Pfänder ,,Farbatlas der Drogenkunde", ISBN: 3-437-00627-4
Rettenmaier-Rißmann- Ziegler ,,Botanik-Drogenkunde", 1986
Schönfelder ,,Das neue Handbuch der Heilpflanzen", ISBN: 978-3-440-12932-6
,,Botanica" Das Abc der Pflanzen, ISBN: 3-8290-0868-6
,,Heilpflanzen und ihre Kräfte", 1985
,,Die große Enzyklopädie der Arzneipflanzen und Drogen", ISBN: 978-3-89996-508-7
,,Das neue Handbuch der Heilpflanzen", ISBN: 978-3-440-12932-6
,,Welche Heilpflanze ist das?", ISBN: 978-3-440-10798-0
,,Heilpflanzen erkennen und anwenden", 1987
,,Das Große illustrierte Pflanzenbuch", 1966

Die Informationen für Beschreibungen werden von mir selbst aus verschiedenen Quellen zusammengetragen. Dabei benutze ich sowohl Bücher als auch Internet Quellen.
Ich recherchiere dann weiter, suche die zugrundeliegenden Studien heraus, werte sie aus und verbinde alles miteinander.
Beim Recherchieren öffnet sich oft nicht nur eine neue Tür, sondern gleich mehrere. Dahinter verbargen sich weitere spannende Informationen.

Für konstruktive Kritik bin ich ebenso offen wie für lobende Worte.

Hans-Jürgen

Plants are the true rulers - Pflanzen sind die wahren Herrscher.

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Gerne per "Du"

HDD

Lieber Hans-Jürgen

Was für eine Arbeit!  :) fünf Daumen dafür.

Klasse dargestellt.

Herzliche Grüße    Horst-Dieter

Fahrenheit

Lieber Hans-Jürgen,

vielen Dank für Deine wieder sehr gelungene Präsentation zum Lavendel, die ich gerne gelistet habe.

Herzliche Grüße
Jörg
Hier geht's zur Vorstellung: Klick !
Und hier zur Webseite des MKB: Klick !

Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

lemmi

Gefällt mir sehr gut! Ich liebe Lavendel! Falls es interessiert: man kann die Lavendelarten und -hybride auch durch eine Analyse des etherischen Öls differenzieren.

Da habe ich eine Frage die etwas off-topic ist, aber vielleicht doch jemand von der Botanik beantworten kann:

Seit ein paar Jahren gehen mir die Lavendelsträucher, die ich in unseren Balkonkasten pflanze, regelmäßig im Spätsommer ein. Sie werden plötzlich trocken und sterben vollständig ab. Nun ist mir dasslebe mit einem schon 10 Jahre alten Rosmarinstrauch passiert: im vorletzten Herbst starb genau der halbe Strauch ab. Binnen 2-3 Wochen war die eine Hälfte vollkommen braun und vertrocknet, es sah aus, als habe jemand ihn halb durchgeschnitten. Diesen Spätsommer ist von der verbliebenen Hälfte wieder etwa die Hälfte vertrocknet.

Ich vermute eine Pflanzenkrankheit, die Lippenblütler befällt, und die Leitungsbahnen verstopft. Vielleicht ein Pilz? Weiß jemand, was da los ist?

Grüße
Thomas

Hans-Jürgen Koch

Lieber Horst-Dieter, lieber Jörg,

danke für die lobenden Worte.


Hallo Thomas,
von der Chemotaxonomie von Lavendelöl hatte ich noch nicht gehört, danke für den Link.
Mit Pflanzenkrankheiten kenne ich mich nicht aus.

Gruß
Hans-Jürgen
Plants are the true rulers - Pflanzen sind die wahren Herrscher.

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