Hebel am Phako-Kondensor, Zeiss Standard

Begonnen von Udo Hammermeister, Februar 14, 2010, 20:09:21 NACHMITTAGS

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Udo Hammermeister

Hallo Freunde der Mikroskopie !

Kleiner Hebel - Große Wirkung
Heute möchte ich euch eine sehr nützliche Ergänzung für das Mikroskop ,,Zeiss Standard" vorstellen und beschreiben, wie man es macht. Es betrifft den Phasen-Kontrast-Kondensor mit seinen Ringblenden und der Aperturblende. Zunächst mal ein Bild von dem in Frage kommenden Mikroskop und dem Phako-Kondensor, dort ist allerdings das kleine Etwas schon dran:

Das Problem bei diesem Kondensor ist, dass er etwas unhandlich zu bedienen ist, man braucht dazu mindestens zwei Finger einer Hand. Aber ich hatte es vorgezogen, früher, lieber zwei Hände zu benutzen und ausgeglichen, ohne falsches Drehmoment, zu drehen, also recht umständlich. Zu erkennen, welche Blende gerade drin ist, war auch nicht so leicht; die Markierung für die Revolver-Stellung ist an der rechten Seite, und nicht vorn.

Also, was ich gemacht habe, einen zusätzlichen kleinen Hebel an den Revolver angebracht, der etwa 2 cm herausragt.
Man verliert allerdings von den insgesamt 7 Blenden-Plätzen zwei, da der Revolver jetzt nicht mehr ganz rund herum kann (das Hebelchen stößt gegen das Stativ). Es bleiben allerdings noch 5 Plätze zur Verfügung: Ph1, Ph2, Ph3, Aperturblende, und noch ein freier Platz für irgend etwas anderes, z.B. Dunkelfeldblende. Das reicht für den Normalbetrieb voll und ganz aus. Und zur Not, wenn man doch mal mehr Kram drin hat, kann man das Hebelchen mal eben herausschrauben.
Es ist ein himmelweiter Unterschied, die Ringblenden verschiebt man jetzt mit dem kleinen Finger (wenn die Laufflächen ganz leicht gefettet sind). Ich kann mir gar nicht mehr vorstellen, wie ich früher überhaupt damit arbeiten konnte. Außerdem kann man die Stellung des Revolvers schon aus meterweiter Entfernung erkennen, anhand der Position des Hebels.

Des Weiteren werde ich erklären, wie man das zum Beispiel machen kann. Hier erst mal ein Bild, um sich eine Vorstellung von dem Aufbau dieses Teils machen zu können. Ohne Deckel:

Gut zu sehen sind die 3 Ringblenden, die Aperturblende, und die 3 freien Plätze.
Der Hebel besteht eigentlich nur aus einer Zylinderkopf-Schraube, M3 x 30, ist aber gut genug und erfüllt seinen Zweck. Wer will, kann sich auch einen schönen selber machen mit Kügelchen am Ende oder so.
Also, wir müssen jetzt ein Loch in den Blendenhalter bohren und ein Gewinde hineinschneiden, vorzugsweise M3. Ein kleineres Loch, 2mm, und ein einfacher Drahtstift, halbfest eingesteckt oder geklebt, geht natürlich auch. Der Hebel muss natürlich zwischen zwei Blendenlöchern angebracht werden. Die ideale Stelle ist genau da, wo das ,,J" steht, genau in der Mitte. Das J ist danach aber nicht mehr zu lesen, wer vergesslich ist, schreibt es besser vorher ab auf einen Zettel  ;)
Das Löchlein ist allerdings eine recht friemeliche Sache, bedingt durch die extrem knappe Feinst-Mechanik von Zeiss. Ich habe mal den entsprechenden Ausschnitt im Schnitt dargestellt:

Pdf-Version hier: http://www.waldwurm.de/mik/Phako-4.pdf

Das entsprechende Teil ist an der dünnsten Stelle 4,1 mm dick, und da soll ein M3-Gewinde rein. Wenn möglich, die Bohrung nicht genau in der Mitte, sondern etwa 0,2 mm nach oben versetzt anbringen. Der Grund: sollten die Gewindegänge doch aus dem Material heraustreten, so ist es an der Oberseite unkritisch, denn der Verstellring für die Aperturblende wird sich nicht sonderlich daran stören. Treten die Gewindegänge an der Unterseite heraus, kommen sie mit der Rast-Kugel in Konflikt, und würden an dieser Stelle immer kratzen und hakeln.
Diesen nicht gerade rechtwinkeligen Ringblenden-Aufnehmer in einen Schraubstock einzuspannen, ist auch keine leichte Sache. Ich hatte mir einige Brettchen als Spannhilfe zurechtgemacht. Auf jeden Fall alle optischen Teile (die Ringblenden) vorher vorsichtig herausschrauben. Auch wenn man 100-prozentig aufpassen will, beim Bohren und Gewinde schneiden werden sie zerkratzt (Totalschaden).

Hier noch ein Bild aus der Nähe, wie es später dann aussieht:


Wer sich heranwagt, vielleicht auch mit dem kleineren Loch oder einem angeklebten Hebel, wird auf jeden Fall seine Freude daran haben.

Viele Grüße
Udo



Nomarski

#1
Hallo Udo,

zunächst einmal schönen Dank von meiner Seite für die ausührliche Darstellung der technischen Rafinesse an deinem getunten Ph-Kondensor. Zu der Beschreibung erlaube ich mir folgendes zu sagen:
ZitatDas Problem bei diesem Kondensor ist, dass er etwas unhandlich zu bedienen ist, man braucht dazu mindestens zwei Finger einer Hand.
Das ist richtig, mit Daumen und Zeigefinger einer Hand lassen sich nahezu alle Knöpfe und Hebel bedienen.
Aber warum soll sich denn der Kondensor mit einem Finger bedienen lassen? Wie machst du es denn am Revolver?

ZitatZu erkennen, welche Blende gerade drin ist, war auch nicht so leicht; die Markierung für die Revolver-Stellung ist an der rechten Seite, und nicht vorn.
Es soll auch Mikroskopiker geben, die hinter dem Stativrücken sitzen und so bedienen, wie es in den Beschreibungen zu sehen ist. Dann wäre es schon ein echter Nachteil, wenn der Index vorne angebracht wäre. Aber ehrlich gesagt habe ich mich noch nie daran gestört.

ZitatEin kleineres Loch, 2mm, und ein einfacher Drahtstift, halbfest eingesteckt oder geklebt, geht natürlich auch.
Geklebt? Und was mache ich, wenn ich den Revolver nun doch weiter drehen möchte?

ZitatDie ideale Stelle ist genau da, wo das ,,J" steht, genau in der Mitte. Das J ist danach aber nicht mehr zu lesen, wer vergesslich ist, schreibt es besser vorher ab auf einen Zettel
Warum machst du einfach nicht folgendes: Da du eine Schlitzschraube genommen hast, braucht bei dieser der Schlitz nur senkrecht stehen, dann hast du ein "I" für Irisblende. Dazu wirst du die Schraube ggf. eine viertel Umdrehung lösen müssen. Aber damit sie dennoch hält, nimmst du einfach eine M3-Mutter zur Konterung.

ZitatUnd zur Not, wenn man doch mal mehr Kram drin hat, kann man das Hebelchen mal eben herausschrauben.
Auch so ein Sorgenpunkt: Das Material, aus dem der Revolver besteht, ist nicht besonders haltbar für solche Sachen. Wenn man das nämlich zu oft macht, wird sich das Gewinde ausleiern und die Schraube wird nicht mehr halten. Wenn etwas mehr "Fleisch" wäre, könnte man notfalls einen Helicoil-Einsatz einarbeiten.
Deine Schnittzeichnung in AUTO-CAD (welche Version eigentlich?) zeigt aber deutlich, daß es in dem Bereich sehr eng zugeht.


Viele Grüße
Bernd


Udo Hammermeister

Hallo Bernd !
Nun hast du schon 2-mal gefragt, jetzt werde ich aber antworten.

Die Bedürfnisse mögen von Mensch zu Mensch verschieden sein. Ich persönlich empfinde diesen Hebel als wesentliche Erleichterung beim Bedienen. Es stimmt natürlich, dass jeder Knopf mit 2 Fingern (Daumen und Zeigefinger) bedient wird, und zwar recht bequem. Aber dieser "Knopf" hat immerhin 10 cm Durchmesser, eine vertikale Achse und ist nicht von oben zugänglich.
Ich sag ja nicht, dass es ohne nicht geht. Es geht um Bedienkomfort, das sind immer nur Kleinigkeiten. Z.B. koaxiale Knöpfe am Kreuztisch anstatt 2 an verschiedenen Seiten. Oder nach unten verlängerte, damit der Arm aufliegt. Oder der nach hinten geneigte Objektivrevolver: das ist ja heute Standard, hat aber lange gedauert, bis es sich durchgesetzt hatte.

Das mit dem Kleber nehm ich lieber zurück, war nur so ein Vorschlag für Leute, die es einfacher haben mögen.

Und die müßige Frage, wo vorne und hinten beim Mikroskop ist, möchte ich hier lieber nicht vertiefen. Vielleicht kann man das ja mal in einem eigenen Faden diskutieren.

Auto-Cad (2004) haben wir hier im Büro. Aber woher weißt du? Ich war froh, endlich mal was richtig technisch-mechanisches damit zu machen anstatt diese Garten- und Landschafts-Zeichnungen.

Übrigens, der gerändelte, kleine Knubbel für die Aperturblende (zu sehen im letzten Bild links), könnte auch ruhig einen kleinen Stift vertragen.

Viele Grüße
Udo

reblaus

Hallo Udo -

letzteres stimmt - über den Knubbel habe ich mich auch schon oft geärgert, vor allem weil man damit oft sein Objekt in starke Unruhe versetzt, wenn man zwecks Erhöhung der Reibung mit dem Daumen draufdrückt. Den könnte man aber abschrauben, statt des Stiftes am Revolverring befestigen (läßt sich dann wieder durchdrehen) und durch ein Designerteil ersetzen!
An meinem Kondensor stehen ungefähr ein Dutzend lange Dinger (Kreuztischknöpfe mitgerechnet) raus, die ich leider oft verwechsle, da kommts auf einen mehr auch nicht mehr an.

Gruß
Rolf

Nomarski

Hallo Udo, hallo Rolf,

ich gebe ja zu, wenn der Kondensor gerade bei Ebay ersteigert wurde und die Schmierstoffe verharzt und eingetrocknet sind, kann es schon vorkommen, daß sich beim Drehen des Kondensorrevolvers das Mikroskop auf dem Tisch gleich mitbewegt. Falls dieses schon festgedübelt wurde, droht der Kondensor aus der Halterung zu fliegen. Aber mit frischen Fett in den Gleitlagern und auf der Lauffläche der Rastkugel läßt sich der Revolver sogar mit einem Finger bei leichtem Druck betätigen! Gleiches gilt für den Knubbel zur Aperturblendenbetätigung. Wenn sich dieser nur schwer bewegen läßt, sind die Lamellen verharzt. Mit zu viel Gewalt werden die kleinen Bolzen aus den Lamellen ausgerissen.
Daß der Revolver nach vorne geneigt ist, hängt tatsächlich damit zusammen, daß das Gerät für die Bedienung ursprünglich vom Stativrücken aus konzipiert ist, man kann es in älteren Broschüren auch so sehen.
Bei den Universalen und Phomis sind die Revolver bereits nach hinten geneigt.
Aber ich bediene meine Standards lieber auch von vorne mit einer Ausnahme.

ZitatDie Bedürfnisse mögen von Mensch zu Mensch verschieden sein.
Das stimmt auch wieder, deswegen müßte wohl das Mikroskop, das den Bedürfnissen aller gerecht wird, erst noch erfunden werden. :D

Viele Grüße
Bernd