Schiefe Beleuchtung bei Stereomikroskopen

Begonnen von Jürgen Boschert, Februar 20, 2024, 12:30:08 NACHMITTAGS

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Nochnmikroskop

Hallo Hubert,

danke für Deine Erklärung. Am letzten Bild kann man schön sehen, wie der Klebstoff leicht die Kratzer gefüllt hat. Die Riefen und der Übergang zum Klebstoff kommen gut heraus!

Aber 4 fache Vergrößerung ist ja schon recht hoch. Hier war ja das Verhalten bei geringer Vergrößerung zu klären, oder? 
Kannst Du die selben Objekte da nochmals bei geringster Vergrößerung ablichten?

Annes Basis ist ja auch dünn und mit LED. Ich denke dass die Vorrichtung und der Effekt sehr dem Olympus ähnelt. Letztendlich kochen doch alle nur mit Wasser. Bei den alten Durchlichtbasen war ja viel mehr Platz für mehr optische Möglichkeiten, samt Filter etc.

LG Frank 
Meistens Auflicht, alle Themenbereiche
Zeiss Axiolab, Leitz Orthoplan, Keyence VHX, Olympus SZX16, Canon EOS 700D, Panasonic G9, Touptek u.a.
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Lupus

Hallo Frank,

ich hatte schon erwähnt, dass bei den geringsten Vergrößerungen - bei dieser einfachen Objektivkonstruktion wie beim MBS-10 - zwar eine homogenen Ausleuchtung machbar ist, dann aber der Effekt der schiefen Beleuchtung erheblich reduziert ist und sich von unteren zum oberen Bildrand kontinuierlich abschwächt. Das dürfte bei hochpreisigen Objektiven wie bei Nikon anders sein.

ZitatAnnes Basis ist ja auch dünn und mit LED. Ich denke dass die Vorrichtung und der Effekt sehr dem Olympus ähnelt. Letztendlich kochen doch alle nur mit Wasser. Bei den alten Durchlichtbasen war ja viel mehr Platz für mehr optische Möglichkeiten, samt Filter etc.
Da hat man wohl den früheren klassischen dickeren Aufbau mit Kondensor, Umlenkspiegel und variabler Blende
https://www.microscopyu.com/techniques/stereomicroscopy/oblique-illumination
auch auf eine Art Lamellenstruktur (o.ä. wie z.B. richtungsabhängiger Mikrolinsenraster) mit flacher LED-Beleuchtung umkonstruiert. Ich nehme an dass da die jeweiligen Konkurrenzpatente zu Modifikationen zwingen.

Hubert


Jürgen Boschert

Hallo ihr Lieben,

als "Unruhestifter" wird es mal wieder Zeit, dass ich mich hier auch melde. Danke für die vielen erhellenden Beiträge. Danke an Frank, dass er bei seinem Olympus nachgesehen hat, und an Hubert für seine wieder einmal sehr fundierten und klaren Ausführungen sowie seine Demonstration mit dem MBS 10. Diese zeigt wieder einmal, dass man auch mit "einfachem" Equipment zu tollen Ergebnissen kommen kann. Apropos: Hubert hat ja ausgeführt, dass ein homogenes Feld bei niedrigen Vergrößerungen nur bei größerem Abstand des Spiegel zur Objektebene zu erzielen ist (Beitrag #18); das kann ich bzgl. meiner Zeiss-Durchlichteinheit mit Schiebereflektoren bestätigen: Hier erreiche ich mit Benutzen eines am entsprechenden Halter verwendeten Objekttisch -dieser ist dann naturgemäß relativ weit von den Reflektoren entfernt- ebenfalls einen dtl. homogeneren Hintergrund mit niederen Vergrößerungen im Schieflicht als bei Auflegen des Objektes direkt auf die Glasplatte der Durchlichteinheit.
Franks Beitrag, der bei Olympus den Einsatz von Prismen-Strukturfolien zeigt, hat mich auf die Idee gebracht, es einmal mit den Lentikularfolien von sog. Wackelkarten zu versuchen; dazu habe ich eine solche Karte "zerstört", um an die Folie zu kommen. Leider: es funktioniert nicht.

Weiß jemand, wo man in vernünftig kleiner Stückzahl / Größe die evtl. richtigen Prismenfolien bekommen könnte ?
Beste Grüße !

JB

Lupus

Hallo Jürgen,

Linsenrasterfolien (von 1.2 Linien/mm bis 6.3 Linien/mm) gibt es z.B. hier:
https://www.perspektrum.de/c/lenticular/linsenrastermaterial

Hubert

Nochnmikroskop

Zitat von: Jürgen Boschert in März 05, 2024, 23:07:38 NACHMITTAGSbei Olympus den Einsatz von Prismen-Strukturfolien zeigt
Hallo Jürgen,

die von mir als Lamellen benannten Teile sind m.A.n. keine Prismen.
Vielmehr muss man sich die zwar strukturiert, aber undurchsichtig vorstellen, wie die mehrfach Rasiermesser bei z.B. Wilkinson. Auch stehen diese Lamellen fest, werden nur um den Drehpunkt im Einsatz mehr oder weniger stark gekippt.

Ergänzende Info zu dem Einsatz: 
1. Die Lamellenabstande sind immer gleich, 7 Lamellen sind 0,98 mm auseinander, also ca. 7 Lamellen/mm.
2. Die Lamellendicke würde ich ungefähr mit 0,03 mm annehmen, ist aber nicht exakt messbar. 
3. Oberhalb der Lamellen befindet sich noch ein klarsichtiger Schutz gegen Staub, wie ich feststellen musste. Durch das mehrmalige Öffnen haben sich doch einige Schmutzpartikel verirrt.

Heute morgen habe ich mal nach Patenten gesucht, derartige Durchlichtbasen sollten doch patentiert worden sein. Bisher habe ich aber kein passendes gefunden.

LG Frank

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Lupus

Hallo,

die Verwendung von schräg angeordneten Lamellen war ja meine erste Vermutung, die ist physikalisch einfach und funktioniert problemlos, wenn der Beleuchtungswinkel wie bei schiefer Beleuchtung unsymmetrisch sein soll. Linsenraster (als Zylinderlinsen) funktioniert aber prinzipiell auch, denn auch da kann durch ein direkt darunter montiertes Linienraster mit gleichem Rasterabstand ein ähnlicher Effekt erzielt werden.

Die Wirkung der optimalen schiefen Beleuchtung (differentieller Phasenkontrast) ist aber m.E. mit beiden Methoden nicht so gut erreichbar wie mit Hilfe eines Kondensors, da die Richtungsselektion nicht so präzise ist. Und der Effekt des unterschiedlichen Einfallswinkels bei gering vergrößernden im Vergleich zu stark vergrößernden Objektiven ist nur sehr aufwändig kompensierbar.

Hubert

Lupus

Hallo,

in Beitrag #17 hatte ich den Bau einer zur Durchlichteinheit des MBS-10 passenden diffusen Beleuchtung angekündigt. Das sieht jetzt so aus, der Kasten hat innen an der Rückseite einen Reflektor aus Alu-Folie, vorne eine Mattscheibe (Folie). Durch Blendenvorsätze kann die Breite und Form der Leuchtfläche verändert werden.

Beleuchtungseinheit 1.jpg

Hier noch der Leuchtkasten mit einer Dunkelfeld-Blende. Im Gegensatz zum Dunkelfeld mit nur neigbarem Spiegel (und damit einseitiger Beleuchtung) kann durch die Rundumbeleuchtung ein wesentlich besserer Dunkelfeldeffekt erreicht werden.

Beleuchtungseinheit 2.jpg


Das in Beitrag #20 beschriebene Problem des bei Objektiven geringer Vergrößerung typischerweise schräg einfallenden Strahlenbündels (für die Randbereiche des Objektfeldes) kann man mit etwas Aufwand kompensieren. Wenn man beim Beleuchtungs-Kondensor nicht - wie üblich - die Aperturblende in seiner vorderen Brennebene montiert, sondern sie bei Objektiven geringerer Vergrößerung in einen zunehmend größeren Abstand verschiebt, dann kann das äußere Beleuchtungsstrahlenbündel im gleichen Maß wie die Randstrahlen des Objektivs schräg zur optischen Achse gemacht werden.

Die Grafik zeigt das Schema. Oben der Beleuchtungsstrahlengang für das 0.6x Objektiv mit großem Objektfeld. Die Leuchtfläche besitzt einen größeren Abstand als die Kondensorbrennweite, wodurch auf der Bildseite ein konvergentes Beleuchtungsstrahlenbündel entsteht. Bei richtiger Abstandswahl (auch von der jeweiligen Kondensorbrennweite abhängig) kann der Randwinkel des Objektives genau kompensiert werden.

Unten der Beleuchtungsstrahlengang für das 4x Objektiv, bei dem ein paralleler Beleuchtungsstrahlengang optimal ist (also mit der Leuchtfläche in der Kondensor-Brennebene).

Zusätzlich kann die schiefe Beleuchtung optimiert werden, wenn die Breite der Leuchtfläche an die jeweilige NA des Objektivs angepasst wird (siehe gelber Balken/Fläche in der Grafik).

Kondensor optimierte halbseitige Beleuchtung.jpg

Man kann in der Praxis den richtigen Abstand der Leuchtfläche vom Kondensor dadurch erkennen, dass während der Verschiebung der Leuchtfläche quer zur optischen Achse, beim Blick in das Okular, die helle Hintergrundbeleuchtung weder von oben noch unten in das Bild wandert, sondern gleichmäßig beginnt die ganze Bildfläche auszuleuchten. Wenn die Abstände einmal experimentell (oder rechnerisch wenn man die Objektivdaten kennt) ermittelt sind könnte man z.B. Markierungen oder mechanische Einrastungen an der Leuchtfläche vorsehen, und die Breite der Leuchtfläche mit entsprechenden einschwenkbaren Blenden verändern.

Bei Hellfeldbeleuchtung muss lediglich eine Blende ausreichender Breite symmetrisch angeordnet werden, bei Dunkelfeld wie im zweiten Foto zu sehen entsprechend eine symmetrisch zentrale Blende.

ZitatBeim Axiozoom.V16 gibt es eine motorisierte Durchlicht- Beleuchtung (Durchlichtbasis 450 mot), die mit einem komplexen Zusammenspiel von verschiedenen teiltransparenten und stark beweglichen Flächen arbeitet und damit Hellfeld, schiefe Beleuchtung und streifendes Dunkelfeld erzeugen kann.
Ich würde nicht ausschließen, dass Zeiss die Konstrukton ähnlich macht.  ;)

Hubert

Lupus

Hallo,

noch eine kleine Anekdote über unerwartete Effekte beim Beobachten:

Ich habe anfänglich mit der gerade beschriebenen neuen Beleuchtung mangels Dimmbarkeit Tests bei voller Lichtintensität gemacht, und hatte entgegen der Theorie Probleme mit der gleichmäßigen Objektausleuchtung. Eine minimale seitliche Bewegung oder Drehung des Auges bewirkte deutliche Störungen des Effektes der schiefen Beleuchtung. Normalerweise verwende ich sehr gedämpfte Beleuchtung. Bis mir klar wurde dass bei sehr hoher Bildhelligkeit die Augenpupillen auf den Minimaldurchmesser reduziert werden. Der kann - individuell unterschiedlich - nur etwa 1.5 mm betragen.

Dazu muss man wissen dass bei Stereomikroskopen der Durchmesser der Okular-Austrittspupille bei gering vergrößernden Objektiven relativ groß werden kann, trotz geringer NA. Das liegt an der oft großen Objektivbrennweite, beim MBS-10 z.B. f = 90 mm. Bei Verwendung des 8x Okulars habe ich für die Objektivvergrößerungen 0.6x, 1x und 2x etwa 2.1 bis 2.3 mm Austrittspupillendurchmesser gemessen. Und natürlich wird dann die Bildinformation, die sich in dem am Okular austretenden Lichtkegel befindet, durch die Iris beschnitten. Durch minimal falschem Abstand in Achsrichtung besonders auch die schiefe und gleichmäßige Ausleuchtung des Bildrandes.

Nach deutlicher Reduzierung der Beleuchtungsintensität (und damit Vergrößerung des Augenpupillendurchmessers) war das Bild wieder bis zum Rand homogen.

Aus diesem Grund habe ich auch die Fotos in Beitrag #29 nicht - wie meist - mit dem Smartphone gemacht sondern mit meiner MFT-Kamera. Denn es gibt viele Smartphones, dessen Objektive eine Öffnung von nur etwa 2 mm besitzen. Dadurch ist die Adaption kritisch, es geht um zehntel Millimeter, und speziell Effekte, die von der Art der Ausleuchtung stark abhängen können nicht richtig aufgenommen werden.

Hubert

Nochnmikroskop

Hallo Hubert,

danke nochmals für Deine Bemühungen und das Vorstellen Deiner selbst erstellten Blenden.

Zeigst Du uns dann auch noch ein paar Objekte, die Du abgelichtet hast?

Zum Thema Kameraanbindung: am Stemi habe ich ja eine fest angebaute Astrokamera (ToupView 20 MPx, 12 Bit), aber die Bilder über das schon ältere Smartphone (Samsung Note 8 ) durchs Okular empfinde ich besser, auch weniger Überstrahlungseffekt. 
Allerdings tritt da (Smartphone) wohl auch leicht der von Dir beschrieben Effekt auf und es gibt tendenziell eine leichten Gradienten in der Helligkeit rund um den Okularrand.

LG Frank
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