Botanik: Mongolische Haselnuss Corylus heterophylla *

Begonnen von Hans-Jürgen Koch, September 29, 2024, 13:59:30 NACHMITTAGS

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Hans-Jürgen Koch

Corylus ist eine 12 Arten umfassende Gattung der Birkengewächse.
Der Hasel kommt in der nördlich gemäßigten Zone Nord – Amerikas, Europas und Asiens vor. Die Arten wachsen überwiegend im Flachland und klettern selten in höhere Lagen.

Bild 01 Habitus, Mongolische Haselnuss Corylus heterophylla

Urheber: KENPEI

Die Mongolische Hasel Corylus heterophylla und Wang's hazel, Corylus wangii, kommen in der chinesischen Provinz Yunnan vor.

Meine Proben stammen aus dem Arboretum Bad Grund - WeltWald Harz
https://www.harz-travel.de/Regionales/Harz-Sehenswuerdigkeiten-Highlights/Arboretum-Bad-Grund-WeltWald-Harz/

Die Belaubung ist sommergrün (Blätter werden im Winter abgeworfen), wobei die Blätter im Herbst eine goldgelbe Farbe annehmen.
Die Wuchshöhen kleinere Sträucher oder mittelhohe Bäume, liegen zwischen 3 bis 30 Metern.

Bild 02 Habitus, Mongolische Haselnuss Corylus heterophylla

Foto: Kristina Koch

Sehr häufig werden viele Stämme ausgebildet, so dass auch bei höheren Exemplaren, der Eindruck entsteht, als sitze der Strauch direkt auf dem Boden.
Alle Haseln stellen in ihren jeweiligen Habitaten wichtige Nahrungsquellen für kleinere (z.B. Maus, Eichhörnchen), sowie größere Säugetiere (z.B. Hirsche, Biber, Schwarzbären) und auch Vögel (z.B. Eichelhäher, Spechte) dar und neben den Haselnüssen werden häufig die großen, weichen Blätter verspeist.

Auch der Mensch profitierte schon sehr früh vom Haselnussstrauch, denn neben dem Verzehr der Früchte eignen sich die Äste z.B. als Flechtwerk aus den Fischreusen oder Körbe geflochten werden können.

So fand man z.B. im Jahr 2019, bei Ausgrabungen in Schottland, verbrannte Haselnussschalen, die auf die Zeit zwischen 8547 and 8312 vor Christus datiert werden konnten und die somit ein Beleg dafür sind, dass dieses Gebiet bereits kurz nach der letzten Eiszeit, wieder von Menschen besiedelt wurde und dass zum Speiseplan dieser Menschen, neben Fleisch, auch Haselnüsse gehörten.
Haselnüsse enthalten viel fettes Öl, Eiweiß, wertvolle Mineralstoffe sowie Vitamine.

Andererseits verwendeten sie Rinden- und Blattextrakte auch als Medizin, denn die Extrakte gelten als Brech- (Emetikum) und Entwurmungsmittel (Anthelminthikum), als wirksam gegen die Schmerzen beim Zahnen und als Adstringens (auch Styptikum), also als ein Mittel, das für eine schnellere Wundheilung sorgen soll, indem es die Wunde austrocknet (Eiweißfällung) und entzündungshemmend (antiphlogistisch, antiinflammatorisch) wirkt.

Die Rinde junger Zweige enthält Flavonoide und Gerbstoffe.
Der Haselnussstrauch stand bei unseren germanischen Vorfahren in hohem Ansehen. Für sie war er das Sinnbild des Frühlings und der Unsterblichkeit. Man glaubte, ,,Donar" habe ihn in seinen besonderen Schutz genommen und bewahre ihn vor Blitzschlag.

,,Donar" steht für: westgermanischer Name des Donnergottes.
Man schrieb der Haselnuss Zauber- und Wunderkräfte zu.

Gagabelte, ein dünnerer Zweig diente als Wünschelrute. Mit denen Hilfe man verborgene Quellen und unterirdische Schätze aufzufinden hoffte, und zwar sollte sie am wirksamsten sein, wenn sie in der Johannis-, Christ- oder Karfreitagsnacht geschnitten wurde.
Mit ,,gabeln" ist alles gemeint, was zweigeteilt ist
Volkswirtschaftlich spielt das Holz der Haselnuss keine Rolle, Verwendung findet es für Zeichenkohle und früher zur Schießpulverherstellung.

Schießpulver: ist eine Mischung aus Salpeter (Kaliumnitrat), Schwefel und Holzkohle.

Die Mongolische Haselnuss wurde 1844 von Ernst Rudolph von Trautvetter erstbeschrieben.
Ernst Rudolph Trautvetter (20. Februar 1809 - 24 Januar 1889) war ein deutschbaltischer Botaniker und Rektor der Universität Kiew.

Systematik:
Ordnung: Buchenartige Fagales
Familie: Birkengewächse Betulaceae
Unterfamilie: Haselnussgewächse Coryloideae
Gattung: Haseln Corylus
Art: Mongolische Hasel
Wissenschaftlicher Name:  Corylus heterophylla
Englische Bezeichnung: Mongolian hazel

Der Gattungsname Corylus ist ein griechischer Pflanzenname.
Die früher eigene Familie Haselgewächse (Corylaceae, mit Corylus, Carpinus, Ostrya) wird heute als Unterfamilie den Birkengewächsen zugeordnet.
Coryloideae = Haselnussgewächse
Corylus = Schnabelhasel
Carpinus = Gemeine Hainbuche
Ostrya = Europäische Hopfenbuche

Bild 03 Blätter, Mongolische Haselnuss Corylus heterophylla

Foto: H.-J_Koch

Die Blätter der Haselnusssträucher sind wechselständig, die Blattspreite ist zumeist oval, wobei die Basis deutlich eingebuchtet ist. Auch die Spitze ist leicht gebuchtet und die Nervatur des Blattes ist deutlich zu erkennen. Insgesamt wirkt das weiche Blatt "gewellt".
Das Blatt ist auf beiden Seiten weich behaart und der Blattstiel ist 1,2 bis 4 cm lang.

Die Blüten der Haseln sind Einhäusig (monözisch), was bedeutet, dass sich auf einer Pflanze sowohl weibliche, als auch männliche Blüten finden. Sie stehen zumeist in "wechselständigen" Teilblütenständen, bei denen sich weibliche und männliche Knospen abwechseln. Während sich weibliche Blütenknospen klein und unscheinbar an die Äste schmiegen und zur Zeit der Blüte, kleine rötliche Staubfäden an der Spitze der Knospen sichtbar werden, beginnen sich die männlichen Blüten bereits im Herbst des Vorjahres zu bilden.

Sie sind zumeist end- oder achselständig und hängen in langen "Blütenwülsten" herab, die bis zu zehn Zentimeter lang werden können. Entlassen die männlichen Blüten zur Blütezeit ihre Pollen, werden die weiblichen Blüten durch den Wind oder Insekten befruchtet, woraufhin sich in der Folge die Haselnüsse bilden.

Bild 04 Weiblicher Blütenstand

Urheber: Ivar Leidus
Die weiblichen Blüten haben die Form von Knospen, aus denen die roten fadenförmigen Griffel wie kleine Pinselchen hervorragen.
Die Art blüht von Februar bis März, die Nüsse reifen von Juli bis August.

Bild 05 Männlicher Blütenstand

Urheber: Agnes Monkelbaan
Die männlichen Blüten des einhäusigen Strauches sind lang und biegsam.

Bild 06 Schnittstellen, Mongolische Haselnuss Corylus heterophylla

Foto:  H.-J_Koch

Teil 1
3 - jähriger Spross, Querschnitt, 25 µm

4 Fotos von ungefärbten Schnitten.

Bild 07 Detailaufnahme, Mongolische Haselnuss Corylus heterophylla


Bild 08 Detailaufnahme, Mongolische Haselnuss Corylus heterophylla


Bild 09 Detailaufnahme, Primärfluoreszenz, Mongolische Haselnuss Corylus heterophylla

Auflicht Beleuchtung Fluoreszenz iLED 455 nm, LED Modul 455 nm

Bild 10 Detailaufnahme, Primärfluoreszenz, Mongolische Haselnuss Corylus heterophylla

Auflicht Beleuchtung Fluoreszenz iLED 455 nm, LED Modul 455 nm

W-3A-Färbung nach Wacker (Acridinrot-Acriflavin-Astrablau)

Arbeitsablauf :
1. Schnitte liegt in 30 % Ethanol.
2. Aqua dest. 3x wechseln je 1 Minute.
3. Vorfärbung Acridinrotlösung 7 Min.
4. 1x auswaschen mit Aqua dest. .
5. Acriflavinlösung (differenzieren bis gerade keine Farbwolken mehr abgehen - Lupenkontrolle) ca. 15 Sekunden !!!.
6. 2 x auswaschen mit Aqua dest..
7. Nachfärbung Astrablaulösung 1 Minute
Bei der Nachfärbung mit Astrablau eine Mischung aus Astrablau und Acriflavin im Verhältnis 3 : 1 verwendet (blau + gelb = grün).
8. Auswaschen mit Aqua dest. bis keine Farbstoffreste verbleiben.
9. Entwässern mit 2x gewechseltem Isopropylalkohol ( 99,9 % )
10. Einschluss in Euparal.

Ergebnis :
Zellwände blaugrün bis grün, verholzte Zellwände leuchtend rot, Zellwände der äußeren Hypodermis orangerot, Cuticula gelb, Zellwände der innenliegenden Hypodermis tiefrot.
Fotos: Nikon D5000.

Bild 11 Übersicht, Mongolische Haselnuss Corylus heterophylla


Bild 12 Detailaufnahme mit Beschreibung, Mongolische Haselnuss Corylus heterophylla

RP = Rindenparenchym, SK = Sklerenchym, PH = Phloem, T = Trachee, JRG = Jahresringgrenze, XY = Xylem, B = Belastungsholz (hier grün gefärbt), MST = Markstrahl

Erklärungsversuch zum Belastungsholz:
Die Zellwände, die dem Holz seine typische Struktur verleihen bestehen aus den drei Substanzen Cellulose, Hemicellulose und Lignin. Der Anteil dieser natürlichen Substanzen ist bei jeder Holzart unterschiedlich verteilt. Generell enthalten Laubhölzer beispielsweise weniger Lignin als Nadelhölzer.
Cellulose: zwischen 40% und 60%
Hemicellulose: zwischen 15% und 20%
Lignin: zwischen 15% und 40%
Die Zellen haben innen auf der lignifizierten Wand weiteres Material (Cellulose) abgelagert, um eine erhöhte Belastung durch Druck oder Zug (z.B. bei einer Astbiegung oder Wind) auf zu fangen.
Die Cellulose verleiht dem Holz eine gewisse Stabilität. Hemicellulose und Lignin sorgen für die Festigung – die sogenannte Verholzung – und haben eine Stützfunktion. Lignin spielt ebenso bei der pflanzlichen Abwehr als mechanischer Fraßschutz sowie zur Vorbeugung der Ausbreitung von Parasiten eine wichtige Rolle.

Bild 13 Jahresringgrenze, Mongolische Haselnuss Corylus heterophylla


Bild 14 Auflicht – Fluoreszenzaufnahme, Mongolische Haselnuss Corylus heterophylla

Auflichtbeleuchtung Fluoreszenz iLED 455 nm
LED Modul 455 nm
Reflektormodul FL mit Filtersatz 67
Erregerfilter: BP 470 nm
Strahlenteiler: FT 477 nm
Emission (Sperrfilter): LP 485

Bild 15 Auflicht – Fluoreszenzaufnahme, Mongolische Haselnuss Corylus heterophylla


Bild 16 Markparenchym, Auflicht – Fluoreszenzaufnahme, Mongolische Haselnuss Corylus heterophylla

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Hans-Jürgen Koch

#1
Teil 2
3 - jähriger Spross, Längsschnitt, 25 µm


Bild 17 Übersicht, ungefärbter Schnitt, Mongolische Haselnuss Corylus heterophylla


Bild 18 Detailaufnahme, ungefärbter Schnitt, Mongolische Haselnuss Corylus heterophylla


W-3A-Färbung nach Wacker (Acridinrot-Acriflavin-Astrablau)

Bild 19 Übersicht, Negativaufnahme, Mongolische Haselnuss Corylus heterophylla


Bild 20 Übersicht, Negativaufnahme, Mongolische Haselnuss Corylus heterophylla


Bild 21 Übersicht, Negativaufnahme, Mongolische Haselnuss Corylus heterophylla


Bild 22 Detailaufnahme, Mongolische Haselnuss Corylus heterophylla


Bild 23 Detailaufnahme, Mongolische Haselnuss Corylus heterophylla


Bild 24 Detailaufnahme, Mongolische Haselnuss Corylus heterophylla


Bild 25 Radialschnitt, Mongolische Haselnuss Corylus heterophylla


Bild 26 Auflicht – Fluoreszenzaufnahme, Mongolische Haselnuss Corylus heterophylla

Auflichtbeleuchtung Fluoreszenz iLED 455 nm
LED Modul 455 nm
Reflektormodul FL mit Filtersatz 67
Erregerfilter: BP 470 nm
Strahlenteiler: FT 477 nm
Emission (Sperrfilter): LP 485

Bild 27 Auflicht – Fluoreszenzaufnahme, Mongolische Haselnuss Corylus heterophylla


Bild 28 Auflicht – Fluoreszenzaufnahme, Mongolische Haselnuss Corylus heterophylla


Verzeichnis der benutzten Literatur:


Wikipedia; Freie Enzyklopädie
Dieter Böhlmann, ,,Gehölzbiologie", ISBN: 978-3-494-01547-7
Peter A. Schmidt ,,Taschenlexikon der Gehölze", ISBN: 978-3-494-01448-7
P. Schütt ,,Lexikon der Bäume und Straucharten", ISBN: 978-3-86820-123-9
Schmeil ,,Leitfaden der Pflanzenkunde", 1952
Fritz Hans Schweingruber ,,Anatomie europäischer Hölzer", ISBN: 978-3-941300-51-4
Bernd Schulz ,,Gehölzbestimmung im Winter", ISBN: 978-3-8001-7986-2
,,Botanica" Das Abc der Pflanzen, ISBN: 3-8290-0868-6
,,Das Kosmos Wals & Forst-Lexikon", ISBN: 978-3-440-15219-5
,,Welcher Baum ist das?", ISBN: 978-3-440-16449-5
,,Das große illustrierte Pflanzenbuch", 1966

Für konstruktive Kritik bin ich ebenso offen wie für lobende Worte.

Hans-Jürgen

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Hans-Jürgen Koch

#2
Liebe Leser,

die Bilder 19 - 21 wurden von Pic-Uploade gesperrt.
Problem gelöst.

Gruß
Hans-Jürgen
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Fahrenheit

Lieber Hans-Jürgen,

danke für den schönen Beitrag, den ich gerne gelistet habe.

Beste Grüße
Jörg
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Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

Hans-Jürgen Koch

Lieber Jörg,

danke für deine lobenden Worte.

Gruß
Hans-Jürgen
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