DIY Auflichtfluoreszenz, verschiedene Filter, LED's

Begonnen von Spectrum, Oktober 22, 2024, 15:22:33 NACHMITTAGS

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Spectrum

#15
Hallo Michael,
Deine Anmerkungen zum Thema sind sehr interessant.
1.Was die Autofluoreszenz unterhalb 470nm angeht spielt, denke ich auch der Objektivtyp eine entscheidende Rolle. Was denkst du?
2. Stimmt.
3.Welche Belichtungszeiten erreichst du denn bei einem eingekoppelten Lichtleiter wenn dieser nur auf Blau steht in Relation zu einer reinen 3Watt LED (ebenfalls blau)?

Interessierte Grüße
Holger
Holger
Duzen und meine Bilder (auch ungefragt)  bearbeiten, mit eigenen Aufnahmen ergänzen und weitergeben erwünscht!

Daniel Scheibenstock

Hallo Michael,

Punkt 3 finde ich sehr interessant. Ich bin gerade an der Konstruktion eines 6 fach Revolver Systems für das Zeiss Universal. Aber bin mit meiner Konstruktion bisher nicht ganz glücklich. Könntest du mal deinen Aufbau zeigen bitte?

Liebe Grüße Daniel
Motic BA310 LED (DL: PH; DF;POL, AL: POL)
Zeiss Universal (DL: Fluo; POL AL: Fluo,POL. DIC)
Zeiss IM35 (DL; PH; Fluo;POL)
Bresser Stereolupe

Vorstellung: https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=48126.0

MS19

Zitat von: Spectrum in Januar 19, 2025, 09:26:15 VORMITTAG1.Was die Autofluoreszenz unterhalb 470nm angeht spielt, denke ich auch der Objektivtyp eine entscheidende Rolle. Was denkst du?
Das ist sehr gut möglich. Ich habe das nicht systematisch untersucht, aber ganz los wurde ich die Problematik auch mit Zeiss Fluaren und Neofluaren nicht. Je nach Intensität des Fluoreszenzsignals muss das auch nicht unbedingt stören. Ich "quäle" die Objektive auch maximal, indem ich oftmals eine spezifische Fluoreszenztechnik, die "TIRF-Mikroskopie", anwende, bei der ein Großteil des Anregungslichtes am Deckglas-Proben-Übergang reflektiert wird und dadurch gleich zwei Mal die Linsensysteme z.B. eines 63/1.46 Apochromaten passieren muss. Mein 100x/1.45 alpha Plan-Fluar (oder ein 100x/1.46 Plan-Apochromat) ist in dieser Beziehung allerdings auch nicht besser. Ein 20x/0.8 Plan-Apochromat wirkt, ohne es systematisch geprüft zu haben, im Hintergrund deutlich schwärzer, wird allerdings auch nicht im TIRF-Modus betrieben.

Zitat3.Welche Belichtungszeiten erreichst du denn bei einem eingekoppelten Lichtleiter wenn dieser nur auf Blau steht in Relation zu einer reinen 3Watt LED (ebenfalls blau)?
Das ist ohne normierte Fluorezenzproben kaum allgemein beantwortbar. Spasseshalber hatte ich einmal eine Consumer-Kamera (Sony A7RII) ans Mikroskop adaptiert und damit fluoreszierende Proteine in lebenden Zellen im TIRF fotografiert, was aber keiner normalen Anwendung entspricht und Belichtungszeiten um 1/8 bis 1 s erforderte, um bei basis-ISO den Sensor in den hellsten Strukturen bis zur Sätigungsgrenze zu bringen. Bei den üblicherweise verwendeten wissenschaftlichen Kameras liegen die Belichtungszeiten je nach Fragestellung typischerweise zwischen 1/10 s und 1/2000 s.

Wenn ich die einzelen oder per Dichroit kombinierten LED sauber in den Lichtleiter ein- und auskopple, liegt der Verlust gegenüber Freistrahl bei weniger als 50% der im Freistrahl erreichbaren Leistungsdichte (die "power density" wird in der Fokalebene als W/cm² gemessen oder berechnet). Wenn ich den Lichtleiter gleichzeitig als Homogenisator für eine am Lichtleitereingang direkt aufgesetzte RGWB-LED einsetze, dann sind die Verluste erheblich größer und man kommt dann auf ca. 1/5 der Leistungsdichte. Bei niedrig vergrößernden Objektiven mit in Relation zur Maßstabszahl immer noch hoher NA wären diese Verluste geringer, da deren hintere Fokalebene ("back focal plane") einen größeren Durchmesser hat, als ein 100x oder 63x-Objektiv. Nachdem ich die direkte Lichtleiter-Einkopplung nicht mit einer 3-Watt-LED, sondern mit ca. 9-10 Watt elektrischer Leistung pro LED-die und im Fall von Royalblau einer heftigen 2,6-2,8 W radiant power mache, ist an den non-TIRF-Systemen meist trotzdem noch ein Neutralgrau- oder Polfilter eingeschwenkt, um die extreme Power etwas zu dämpfen und die Proben bei Mikroskopie mit hochaperturigen Öl-Immersionsobjektiven nicht allzuschnell auszubleichen. Bei den spezialisierten TIRF-Systemen, die aufgrund des speziellen Strahlenganges einen Verlust von ca. 85-90% der Anregungsleistung mit sich bringen, ist mir diese Einkopplungsvariante hingegen zu schwach und ich bevorzuge den Freistrahl, um in der Fokusebene auf maximale Leistungsdichten zu kommen.

Falls die Lichtleistung ein Problem sein sollte, hätte ich noch ein besonderes "Schmankerl": die miniaturisierte, kühl-weiße remote phosphor-Lichtquelle von Kyocera SLD mit 1.000 Lumen ist ein echter Brecher und kann aufgrund ihrer kleinen Étendue auch in hoch vergrößernde Objektive mit kleiner back focal plane nahezu verlustfrei eingekoppelt werden. Aufgrund des breiten Spektralverhaltens kann man mit dieser Lichtquelle zwischen 430 nm (die Wellenlänge der beiden on-chip Pumplaser; insgesamt ist das ein Klasse-II-Laser-Device!) und in dem breiten Phosphorpeak bis ca. 620 nm über entsprechende Anregungsfilter fast alles abgreifen, was man für eine FLuoreszenz-Anregung so braucht. Das Ding kostet zwar knapp 200 € und erfodert eine saubere Spannungs- und Strom-kontrollierte Treiberelektronik und auch eine gute Kühlung (z.B. per passivem CPU-Kühler), aber in Sachen Einkopplungseffizienz ist sie aktuell durch nichts zu schlagen, was nicht direkt ein Laser wäre.

MS19

Zitat von: Daniel Scheibenstock in Januar 19, 2025, 11:24:22 VORMITTAGPunkt 3 finde ich sehr interessant. Ich bin gerade an der Konstruktion eines 6 fach Revolver Systems für das Zeiss Universal. Aber bin mit meiner Konstruktion bisher nicht ganz glücklich. Könntest du mal deinen Aufbau zeigen bitte?
Welcher Aufbau interessiert Dich besonders? Die 4er-LED mit direkter Lichtleitereinkopplung oder die Variante mit Strahlvereinigung durch dichroitische Spiegel?

Spectrum

#19
Hallo Michael,
Für mich sind das ja mal Einblicke in eine ganz andere Liga der Fluoreszenzmikroskopie, wow!
Interessant ist da grundsätzlich zunächst einmal alles, auch die Verwendung von extrem hochaperturigen Objektiven für TIRF.
Für meine doch eher bescheidenen Versuche der In Vivo Färbung mit mehreren Fluorochromen gleichzeitig, würde mich aber vor allem die von dir angesprochenen Einkopplung über Dichroit bzw. Lichtleiter interessieren.
1. Frage:
Damit müsste es doch theoretisch möglich sein, sehr effizient zwei verschiedene Anregungswellenlängen simultan einspeisen zu können, oder? Beispielsweise um eine Probe die mit Hoechst33342 und Acridinorange gleichzeitig gefärbt wurde, auch gleichzeitig mit den erforderlichen Wellenlängen anregen zu können.
2. Frage:
Ist das Prinzip bei dem Dichroide verwendet werden mit dem Colibri System von Zeiss vergleichbar?
Ein Bild oder eine Skizze deines Aufbaus wäre da sehr interessant.
3. Frage:
Wie genau spiegelt du das Licht in die back focal plane ein?
4. Frage:
Solch ein System ermöglicht doch dann auch eine Feinregulierung der Leistung beider Wellenlängen in Relation zueinander, oder?
5. Frage:
Erspart solch ein System dann auch einen aufwändigen Teilerspiegel mit mehreren Bändern, wenn man die Anregung "schmal genug" vorfiltert?

Neugierige Grüße Holger
Holger
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Daniel Scheibenstock

Zitat von: MS19 in Januar 19, 2025, 19:10:18 NACHMITTAGS
Zitat von: Daniel Scheibenstock in Januar 19, 2025, 11:24:22 VORMITTAGPunkt 3 finde ich sehr interessant. Ich bin gerade an der Konstruktion eines 6 fach Revolver Systems für das Zeiss Universal. Aber bin mit meiner Konstruktion bisher nicht ganz glücklich. Könntest du mal deinen Aufbau zeigen bitte?
Welcher Aufbau interessiert Dich besonders? Die 4er-LED mit direkter Lichtleitereinkopplung oder die Variante mit Strahlvereinigung durch dichroitische Spiegel?
Beides gleichermaßen 🙂 sehr interessant was du uns da schreibst 👍
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MS19

Hui, gleich eine ganze Batterie von Fragen ...
Zitat von: Spectrum in Januar 19, 2025, 21:04:28 NACHMITTAGS1. Frage:
Damit müsste es doch theoretisch möglich sein, sehr effizient zwei verschiedene Anregungswellenlängen simultan einspeisen zu können, oder? Beispielsweise um eine Probe die mit Hoechst33342 und Acridinorange gleichzeitig gefärbt wurde, auch gleichzeitig mit den erforderlichen Wellenlängen anregen zu können.
Prinzipiell ist das so, aber es müssten dann a) beide Anregungswellenlängen sauber gefiltert sein, entweder jede für sich oder mit einem Dualband-Anregungsfilter, b) im Filterwürfel ein passender Dualband-Dichroit befindlich sein und c) die Anregungswellenlängen per Dualband-Emissionsfilter weggeblockt sein, damit die Kamera nicht die Anregungswellenlängen mit abbekommt. Mit einer Bayer-Matrix-Farbkamera können dann hinreichend divergente Farben auch ordentlich aufgzeichnet werden. Ich selber nutze fast ausschließlich Monochrom-Kameras und muss daher entweder sequentiell belichten oder die Emissionsbänder über eine Sekundäroptik teilen und mit entsprechenden Bandpass-Filtern geputzt als Halbbilder nebeneinander auf dem Kamerasensor abbilden (Sekundäroptik = DualView oder OptoSplit). Wer zwei Kameras hat, kann freilich auch einen Teilerwürfel mit zwei Kameraports nutzen. Aber mal Hand aufs Herz: wann braucht man denn überhaupt eine echte Gleichzeitigkeit? Bei fixierten und gefärbten Proben eigentlich nie! Bei meinem Lieblings-Genre, der Mikroskopie schneller zellbiologischer Funktionen in lebenden Zellen kann das mal nötig werden, aber bei vielen Anwendungen ist ein Umschalten zwischen den Fluoreszenzbändern innerhalb 0,2-4 s kein echtes Problem.

Zitat2. Frage:
Ist das Prinzip bei dem Dichroide verwendet weren mit dem Colibri System von Zeiss vergleichbar?
Ein Bild oder eine Skizze deines Aufbaus wäre da sehr interessant.
Ja, Colibri, CoolLed, Lumencor, ... "licht engines sind nichts anderes als das: kollimierte LED (oder Laser bzw. andere solid state-Lichtquellen), die per Dichroiten vereinigt werden. Skizze für 4 LED könnte ich gerne anfügen, aber ich finde in der "Schnellantwort" gerade keine Möglichkeit, ein JPEG hochzuladen!?

Zitat3. Frage:
Wie genau spiegelt du das Licht in die back focal plane ein?
Das Mikroskop benötigt dafür schon einen Auflicht-Strahlengang mit einem Halter/Schieber/Revolver zum Einsetzen eines Filterwürfels. Die Lichtquelle wird kollimiert (bei LED z.B. über eine asphärische Kondensorlinse mit 7-20 mm Brennweite und einer NA von 0,5-0,8), dann wieder fokussiert mit einer Linse, die das Licht in die back focal plane fokussiert. Je nach Bauweise des Mikroskops und Zugänglichkeit im Auflicht-Strahlengang kann dies z.B. eine achromatische Linse mit 90-200 mm Brennweite sein, deren Durchmesser hinreichend ist, um die zur Auslauchtung des gesamten Sehfeldes erforderliche NA aufzuweisen. Bei unendlich-korrigierten Systemen wäre diese Optik telezentrisch zu gestalten, bei endlicher Tubuslänge auf die jeweilige Geometrie des Systems angepasst eine entsprechende Position der Pupillen. Ob man den Fokus in die back focal plane geschafft hat, wird erkennbar, indem man das Anregungslicht an der Zimmerdecke ("quasi-unendlich") betrachtet und dort die Struktur des LED-die gut erkennt.

Zitat4. Frage:
Solch ein System ermöglicht doch dann auch eine Feinregulierung der Leistung beider Wellenlängen in Relation zueinander, oder?
Ja, das System kann dann entweder elektronisch gedimmt werden (Variante 1 über Konstantstrom-Treiber unterschiedlicher mA-Zahl oder Variante 2 über Pulsweiten-Modulation) oder man kann über Graufilter einzelne Kanäle abschwächen.

Zitat5. Frage:
Erspart solch ein System dann auch einen aufwändigen Teilerspiegel mit mehreren Bändern, wenn man die Anregung "schmal genug" vorfiltert?
Wenn man starke Lichtquellen und Fluoreszenzsignale hat, kann man dann in der Tat an Stelle eines Multiband-Farbteilers auch einen halbdurchlässigen 80:20- oder 70:30-Spiegel nutzen. Optimal ist´s natürlich nicht, aber machbar schon. Dies gilt natürlich nicht nur für den Haupt-Teilerspiegel im Mikroskop, sondern auch davor, bei der Kombination verschiedener LED-Wellenlängen. Ich mache das nicht so, da in meinem Sammelsurium an Farbteilern und Filtern immer noch irgendetwas zu finden ist, was besser als ein halbdurchlässiger Spiegel wäre, aber machbar ist´s. Man muss sich auch vergegenwärtigen, dass in manchen Spezialmikroskopen bis zu Quad- oder Pentaband-Filtern verbaut werden, die zwar bequem sind, da man die Farbteiler/Filter nicht mehr hin- und herwechseln muss, dabei aber die Exitations- und Emissionsbänder vieler Fluoreszenzfarbstoffe oftmals nicht ideal getroffen bzw. mehr oder weniger stark beschnitten werden, so dass die Sensitivität hinter etwas einfacher gestalteten Geräten zurückbleibt.

BTW: in einem nicht-mikroskopischen Fluoreszenz-Messsystem, bei dem ich die LED-Arrays leicht schräg einkoppeln kann, habe ich bei den jüngsten Gerätegenerationen den Teilerspiegel sogar ganz hinausgeworfen und arbeite ausschließlich mit scharfbandigen Filtern. Das System übertrifft in quasi allen Aspekten ein kommerzielles FLIPR-Penta-System (ca. 350 t€) mit deutlichem Abstand und hat weniger als ein Zehntel davon gekostet. ;-)

MS19

LED hub.jpg
So, jetzt habe ich die Upload-Funktion entdeckt. Hier ein sehr schematisches Bild meines ersten LED-Vereinigers, der mit Qioptiq-Schienen- und Mikrobank-Komponenten aufgebaut war und in einen 3-mm-Flüssig-Lichtleiter (Lumatec) einkoppelte. Die starker gekrümmten Linsen direkt vor den LED sind Plastik-Asphären von Edmund Optics mit f=17,5mm und d=25mm. Die am unteren Grafikrand zu erkennende Linse ist ein Achromat mit f=50mm. Die im 45°-Winkel stehenden Elemente sind dichroitische Spiegel im Standardmaß von ca. 36mm x 25mm, die in Klemmhaltern von Edmind Optics auf selbst gefrästen Sockeln stehen und auf dem FLR40-Schienensystem von Qioptic platziert sind. Das Ganze wurde zunächst auf einer Aufbauplatte mit M6-Gewinden im 20-mm-Raster und später auf einer selbst zugerichteten 10-mm-Aluplatte aufgebaut und mit einer hinterlüteten schwarzen Umhausung versehen, damit nicht der ganze Raum erleuchtet wird.

Heute bin ich weniger ehrgeizig und kombiniere für "normale Fluoreszenzanwendungen" entweder vier auf einem Star/MCPCB eng beieinander platzierte LED unterschiedlicher Wellenlängen mit aufgesetztem Lichtleiter oder bei hohen Anforderungen an die Anregungsintensität nur noch jene LED-Wellenlängen, die ich für einen methodischen Ansatz auch wirklich benötige. Letzteres dann ohne Lichtleiter auf einer Rail, die ich direkt hinter dem Mikroskop aufbaue oder auf einem Stangensystem, welches ich direkt am Stativ befestigen kann. Ein solches Stangen- und Tubussystem (Qioptiq-Mikrobank) werwende ich auch, um den zum Mikroskop geführten Lichtleiter zu kollimieren und in die back focal plane zu fokussieren. Zwischen diesen beiden Linsensystemen kann dann konjugiert zur Fokalebene auch noch eine Irisblende eingesetzt werden, die dann als Feldblende fungiert und vagabundierendes Licht vom System abhält.

Spectrum

#23
Guten Morgen Michael,
Zu meiner großen Freude habe ich gerade deine umfangreichen Antworten gelesen.
Zunächst einmal ein großes Dankeschön für die Zeit und Mühe deinerseits um meine "Fragenbatterie" zu beantworten.
Das du dein umfangreiches Fachwissen, hier in diesem Forum, so bereitwillig mit ambitionierten Hobbymikroskopikern teilst, ist wirklich toll.
Ich hätte sicherlich noch einen ganzen Haufen weitere Fragen...
Um den Rahmen nicht zu sprengen, beschränke ich mich wohl besser auf einige konkrete Fragen zu meiner Anwendung, und beschreibe kurz welche (einfachen) Mittel mir zur Verfügung stehen.
Mein Ziel ist es die Zellorganellen lebender Einzeller simultan mit Fluorochromen wie Acridinorange, Hoechst33342, Rhodamin 6G/ Rhodamin123 etc. anzufärben, um im Anschluss dann Videoaufnahmen dieser Organismen zu erstellen, auf denen alle angefärbten Organellen gleichzeitig zu sehen sind.
So wie in diesem Beitrag hier:

https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?action=search2

In diesem konkreten Beispiel wurde mit Acridinorange und Hoechst33342 gefärbt, angeregt wurde mit UV.
Ausserdem sieht man hier auch die Autofluoreszenz des Chlorophylls  der endosymbiotischen Algen, die im Zellinneren von Paramecium bursaria leben.
Ich denke das es dabei von großem Vorteil wäre das Anregungslicht gezielt auf die einzelnen Banden der Anregungsmaxima der Fluorochrome abzustimmen, und die jeweiligen Kanäle auch in Ihrer Intensität regulieren zu können.
Die Lichtbelastung (Phototoxizität) wäre dann geringer und unerwünschte Überstrahlungen einzelner Emissionen, wie beispielsweise die des Chlorophylls, ließen sich gezielt unterdrücken.
Thilo Bauer der diese Doppelfärbung anwendet, nutzt zu diesem Zweck einen speziellen Triple-Band-Filtersatz vom Typ F66-412 (Semrock).
Die einzelnen Banden dieses Filters liegen dabei hinreichend günstig um bei einer Anregung durch eine 385nm LED die gewünschten Emissionen des AO und Hoechst33342 durchzulassen und gleichzeitig auch die Autofluoreszenz des Chlorophylls etwas zu dämpfen.
Bestimmte Farbstoffkombinationen, deren Anregungsbereiche sich nicht so günstig überlappen, lassen sich aber überhaupt nur dann simulten abbilden, wenn sie über verschiedene weit auseinander liegende Kanäle angeregt werden.
Dazu würde ich mir gerne einen Aufbau "zusammenfrickeln" der es ermöglicht einzelne LED's gezielt vorzufiltern und damit dann zeitgleich, den mit zwei (ggf auch drei) Farbstoffen angefärbten Organismus, zu bestrahlen.

Folgende Rahmenbedingungen wären dabei wichtig bzw stehen mir dazu zur Verfügung:
1. Als Stativ nutze ich ein altes Zeiss-WL mit Auflichtkondensor. Ein Foto meiner eigenwilligen Konstruktion findest du am Anfang dieses Beitrags. Neben dem dort abgebildeten einfachen Auflichtkondensor, habe ich auch noch eine köhlerbare Variante des Auflichtkondensors. Die Filterkombination aus Emissionsfilter. Strahlteiler und Sperrfilter sind in diesen alten Versionen der Auflichtkondensoren nicht fest in einem Würfel verbaut, sondern lassen sich frei und unabhängig voneinander, wie auf einer optischen Bank, austauschen. Auch innerhalb von Sekunden im laufendem Betrieb während einer Aufnahme.  Es lassen sich prinzipiell alle auf dem Markt befindlichen Planglasfilter in Größen von 18mm bis 32mm in diesen Aufbau integrieren. Auch ein Dichroit lässt sich ab einer lichten Größe von 18mm in einen leeren Einschob montieren und in den Strahlengang bringen.
2.Die Aufnahme erfolgt mit einer einfachen Consumer Kamera (Sony a6500) mit Bayer Sensor. Eine zeitlich versetzte Aufnahme der einzelnen Farbkanäle mittels spezieller monochromer Kamera kommt leider nicht in Frage da es sich um Videoaufnahmen handelt. Eine zeitgleich Aufnahme zweier Farbkanäle, mit zwei monochromen Kameras, wäre natürlich was die Empfindlichkeit angeht, ein riesen Vorteil, sprengt aber meinen finanziellen Rahmen.
3.Ich verfüge über verschiedene LED-Einschübe, die ich frei mit den derzeit auf dem Markt befindlichen LED Varianten bestücken kann. Damit kann ich in gewissen Grenzen je nach spektraler Verteilung der LED die Anforderungen an die Güte der Filter beeinflussen. (Siehe Überschrift des Beitrags).
Als Kollimatoroptik stehen mir die Leuchtrohre der sogenannten Leuchte 15 aus der Zeiss-Standard Reihe zur Verfügung:
IMG_20250120_230929.jpg
(*edit: Neues Foto, diesmal mit korrektem Winkel des Dichroid zur Strahlvereinigung)
Ich habe da auch welche übrig, um sie beispielsweise im rechten Winkel zueinander anzuordnen um über einen Dichroid (alternativ auch ein Teilerspiegel oder Teilerprisma) zwei verschiedene Anregungsbänder zu vereinigen. Ich hab das auf den Foto mal so angedeutet.
4. Als Optik stehen mir lichtstarke endlich Fluorid Objektive von Nikon die speziell für Fluoreszenzanwendungen gebaut wurden zur Verfügung:
10/0.5
20/0.75
40/0.85
40/1.15 WI
40/1.4Öl

Jetzt zu meiner eigentlichen Frage:
Denkst du mein geplanter Aufbau bringt den gewünschten Mehrwert?
Und falls ja, worauf sollte ich achten.
Wäre hier ein Aufbau mit Lichtleiter oder eher mit Dichroid wie in dem beschrifteten Foto von Vorteil?
Über eine Einschätzung/Tips von deiner Seite würde ich mich sehr freuen.

LG Holger
Holger
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MS19

Hier die "aufgesetzte Version" mit einem 2-mm-Lichtleiter:
IMG_2351[1].JPG


Man kann diese Version natürlich auch chic in einem mini-ITX-Computergehäuse verpacken und damit auch das Netzteil, die Gehäuselüfter und das Gehäuse selbst als Kühlkörper für die Konstantstromtreiber nutzen:
IMG_2355.JPG


Hier der 4-fach-LED-Chip auf Star:
IMG_2359.JPG


Die Auskopplung des Lichtleiters per f=30mm-Achromat zur Kollimation und einem ein- bzw. ausklappbaren Neutralgraufilter ...
IMG_2356.JPG


... und so gehts hinter der Leuchtfeldblende via Tubus weiter, um das Bild des Lichtleiteraustritts per 120mm-Linse in 4-facher Vergrößerung in die back focal plane des Objektivs zu fokussieren (hier meist ein 40x/1.3 oder ein 63x/1.4-Ölimmersionsobjektiv).
IMG_2353.JPG

MS19

Und zum Abschluss noch Strahlvereinigungs-Varianten mit dichroitischen Spiegeln.

Hier eine ziemlich windschief hingefrickelte Variante (meine lieben Mitarbeiter gehen manchmal recht achtlos mit den Dingen um!) auf Industrieprofil-Basis mit einem 3-mm-Lichtleiter:
IMG_2349.JPG


Hier eine Variante auf einem sub-Breadboard, momentan nur mit 2 LED bestückt, könnte aber bis zu 4 Stück aufnehmen:
IMG_2362.JPG


Und wer immer noch nicht genug haben mag, für den hier noch der aktuelle TIRF-Overkill mit zusatz-Breadboard für lokalisierte UV-Anregung oder zur Einkopplung eines Kyocera-SLD-Chips (die Rail mit massivem CPU-Kühler an deren Ende):
IMG_2357.JPG

MS19

Zitat von: Spectrum in Januar 20, 2025, 09:39:49 VORMITTAGMein Ziel ist es die Zellorganellen lebender Einzellern simultan mit Fluorochromen wie Acridinorange, Hoechst33342, Rhodamin 6G/ Rhodamin123 etc. anzufärben um im Anschluss dann Videoaufnahmen dieser Organismen zu erstellen auf denen alle angefärbten Organellen gleichzeitig zu sehen sind.
So wie in diesem Beitrag hier:

https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=50504.msg368870#msg368870

In diesem konkreten Beispiel wurde mit Acridinorange und Hoechst33342 gefärbt, angeregt wurde mit UV ...

Thilo Bauer der diese Doppelfärbung anwendet, nutzt zu diesem Zweck einen speziellen Triple-Band-Filtersatz vom Typ F66-412 (Semrock).
Die einzelnen Banden dieses Filters liegen dabei hinreichend günstig um bei einer Anregung durch eine 385nm LED die gewünschten Emissionen des AO und Hoechst33342 durchzulassen und gleichzeitig auch die Autofluoreszenz des Chlorophylls etwas zu dämpfen.
Wenn die Färbung so balanciert ist, dass man mit einer einzigen UV-Anregung und einer einzigen Belichtungszeit alle Emissionsbänder hinreichend gut abfotografieren bzw. im Video einfangen kann, dann ist das natürlich eine "einfache" Option, die ohne komplexe Vereinigung auskommt.

ZitatBestimmte Farbstoffkombinationen, deren Anregungsbereiche sich nicht so günstig überlappen, lassen sich aber überhaupt nur dann simulten abbilden, wenn sie über verschiedene weit auseinander liegende Kanäle angeregt werden.
Dazu würde ich mir gerne einen Aufbau "zusammenfrickeln" der es ermöglicht einzelne LED's gezielt vorzufiltern und damit dann zeitgleich, den mit zwei (ggf auch drei) Farbstoffen angefärbten Organismus, zu bestrahlen.
Das leuchtet ein.

ZitatEine zeitlich versetzte Aufnahme der einzelnen Farbkanäle mittels spezieller monochromer Kamera kommt leider nicht in Frage ...

Denkst du mein geplanter Aufbau bringt den gewünschten Mehrwert? Und falls ja, worauf sollte ich achten.
Wäre hier ein Aufbau mit Lichtleiter oder eher mit Dichroid wie in dem beschrifteten Foto von Vorteil?
Das kann durchaus funktionieren. Bei der Freistrahl-Variante müsstest Du nur noch sicherstellen, dass der zusätzliche Raum, den die Halterung eines weiteren Dichroiten einnehmen würde, nicht zu einer massiven Beeinträchtigung des Strahlenganges führen sollte. Die Positionen der entsprechenden konjugierten Ebenen (der ziemlich festen focal plane FP bzw. FP* bzw. der je nach Objektiv etwas variable back focal plane BFP bzw. BFP*) sollten Dir klar sein. Wo diese liegen, ist gar nicht so schwer zu bestimmen, wenn Du z.B. einen feinen Schraubendreher oder Pinzettenspitzen in den Anregungsstrahlengang hältst und mit einem fluoreszierenden Sample im Okular bzw. auf der Kamera betrachtest, in welcher Position gehalten deren Abbildung scharf wird. Das ist dann die FP*. Wenn Du hingegen das Sample herausnimmst und das Anregungslicht an der Raumdecke oder umgespiegelt an einer Wand betrachtest und dort die scharfe Abbildung der  LED oder einer in den Strahlengang gehaltenen Pinzettenspitze siehst, dann ist dort die BFP*. Der LED-die oder ein Lichtleiteraustritt sollte in der BFP* liegen, die FP* sollte um die Brennweite der Kollimationslinse vor jener liegen, zumindest aber nicht sehr weit davon entfernt und keinesfalls auf einer Filterfläche, da dann jedes Staubkorn scharf abgebildet in der Probe schattierend wirkt.

Wenn also die konjugierten Ebenen gut im Griff sind und Du dennoch den Platz für einen im Freistrahl verbauten Dichroiten hast, dann ist das für die Einkopplungs-Effizienz allemal besser. Denke auch daran, dass die Kollimations- und Refokussierungs-Linsen geeignete Brennweitenverhältnisse aufweisen, so dass die LED-dies passend vergrößert in die BFP Deiner sehr schön hellen Objektive projeziert werden. Das 40x/0.85 hat dabei den kleinsten BFP-Durchmesser von ca. 7 mm. Das 10x/0.5 den größten mit ca. 16 mm. Damit das gesamte Sehfeld ausgeleuchtet wird, sollte die Re-Fokussierung im Auflichtkondensor mit einer NA von ca. 0,06-0,07 geschehen. Steht eine asphärische Kondensorlinse hoher NA zur Verfügung (z.B. NA=0,7), dann empfiehlt sich bei einer 1-mm-LED eine ca. 8- bis 10-fache Vergrößerung bei der Abbildung der Lichtquellen auf die BFP der meist genutzten Objektive. Wird ein Lichtleiter genutzt, dann muss die Projektion entsprechend des Durchmessers dieses Lichtleiters angepasst werden (z.B. 3,3-fach bei 3-mm-Lichtleiter) und die kollimierende Linse muss nur noch eine NA von ca. 3,3 x 0,06 = 0,2 aufweisen.

Eine Einkopplung über Lichtleiter ist natürlich was den Austausch der LED angeht wesentlich bequemer, da man dann nicht immer wieder am Auflichtkondensor nachjustieren muss. Die Einkopplung in den Lichtleiter sollte mit einer NA geschehen, die man an dessen Austritt wiederfinden möchte. Gleichzeitig haben die Lichtleiter ihrerseits auch eine begrenzte NA-Akzeptanz. Ein "under-fill" ist dabei etwas weniger Intensitäts-schädlich, als ein "over-fill". Als erste Orientierung kann man eine NA knapp unter der maximalen Akzeptanz wählen, damit liegt man nie ganz verkehrt. Lichtleiter mit größeren Durchmessern sind in der Regel Flüssigkeits-gefüllte Lichtleiter und im Neukauf von z.B. Lumatec nicht billig (ca. 300-600 €). Mit etwas Glück kann man so etwas auch mal zum Schnäppchenpreis bei Ebay angeln.

Spectrum

#27
Ok,
Das ist ja mal eine große Hilfe was meine Pläne angeht. Vor allem deine praktischen Tips um die konjugierten Ebenen in den Griff zu bekommen sind wohl Gold wert. Dazu hätte ich dann auch gleich wieder ein paar Fragen an dich:
 Wenn ich mir meine Leuchtrohre 15 und meine verschiedenen Auflichtkondensoren so anschaue, dann beobachte ich das das Leuchtrohr bei eingeschobener LED diese in ein paar Metern scharf und  vergrößert auf der gegenüberliegenden Wand abbildet. Man erkennt den Umriss und die Struktur des Emitters:IMG_20250120_115753.jpg
Es scheint also eine Kollektoroptik mit großer Brennweite zu sein welches die Lichtquelle in großer Entfernung nahe Unendlich abbildet. Durch geringes Vor und zurückschieben des LED-Einschubs um wenige mm kann eine Abbildung von hyperfokal bis über unendlich hinaus erreicht werden. Dieses Strahlenbündel wird dann zunächst ohne weitere Linsen in den Kondensor eingespeist.

Sehe ich das richtig das dieses nahezu parallele Strahlenbündel eine gute Möglichkeit bietet hier einen Dichroid zur Strahlvereinigung einzubringen, ohne das die besagten konjugiertn Ebenen trotz zusätzlicher Weglängen, allzusehr von der ursprünglichen von Zeiss vorgesehenen Stelle abweichen?
Holger
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Spectrum

Die eigentliche Kondensoroptik folgt dann erst später im Gehäuse des Auflichtkondensors.
Ich habe dazu drei verschiedene Varianten:
1.Diese einfachste Form des Auflichtkondenssors besteht aus einer einfachen auf Beleuchtungsseite mattiert Asphäre, diese befindet sich auf einem Schieber der in den Strahlengang eingeschoben wird. Die hintere Brennebene wird damit diffus ausgeleuchtet:
IMG_20250120_124922.jpgIMG_20250120_125148.jpg
Weitere Optik ist in diesem Kondensor nicht verbaut.

2. Köhlerbarer Auflichtkondensor mit Leuchtfeld und Aperturblende.
Dieser besitzt eine erste Linse direkt nach dem Leuchtrohr, in dem gewinkelten Ansatzstück, sowie weitere einschiebbare Linsen um unterschiedliche hintere Brennebenen auszuleuchten:
IMG_20250120_130219.jpgIMG_20250120_130629.jpgIMG_20250120_130701.jpgIMG_20250120_130544.jpg
Holger
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Spectrum

#29
3. Die dritte Variante ist eigentlich für das Universal/Phomi gedacht und erst nachträglich für das WL "passend gemacht" worden.
Auch hier gibt es eine zusätzliche Linse die für bestimmte Objektive eingeschoben werden kann, ausserdem eine zentrierbare Blende. Die eigentliche Kondensoroptik ist ebenfalls klar:
20250120_111626.jpg20250120_111731.jpg20250120_111712.jpg
Was ich leider nicht so genau weiß, ist ob der Beleuchtungsstrahlengang der am Universal/ Phomi austritt dieselben Charakteristika hat wie der Beleuchtungsstrahlengang am WL.
Vielleicht weiß ja einer der Zeiss West-Kenner etwas zu dem Thema...


Grüße Holger
Holger
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