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Infrarot-Mikrofotografie

Begonnen von wilfried48, Oktober 22, 2024, 16:38:22 NACHMITTAGS

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TStein

#30
Hallo Alexander, hallo Wilfried,

ich denke auch, dass der Vergleich etwas unfair war. Zumindest hätte man die IMX678 mit 2x PixelBinning betreiben können, damit man auch auf das Full HDLive-View-Output Format der Canon kommt. Der SNR wäre dann um den Faktor 2 besser. Und die Einschätzung, dass der Consumer-Markt die Profi-Kameras gnadenlos abhängt, ist ziemlich schräg. Geringes Rauschen kann man nämlich auf verschiedene Weisen erreichen, bspw. auch per Software, nur dass die Physik sich nicht überlisten lässt. Bei Consumer-Kameras hat man bereits bei RAW-Dateien einen nicht unerhebliche Bildbearbeitungsanteil, bspw. Hot-Pixel-Entfernung, Rauschunterdrückung, Kontrastanpassung, sodass der gemeine Kunde ein möglichst gefälliges, unverrauschtes Bild bekommt.
Wenn es aber wirklich um Empfindlichkeit geht, ist so ein glattgebügeltes Bild aber ziemlich unnütz. Daher nehmen beispielsweise zur Astrophotografie nur noch wenige klassische DSLRs, da es hier auf saubere Bilddaten und vor allem empfindliche Sensoren ankommt. Die eigentlich wirklich wichtigen Parameter sind Quanteneffizienz, Ausleserauschen und bei Langzeitbelichtung noch thermisches Rauschen.
Aber eines muss man trotzdem feststellen, dass die Produktentwicklungszyklen bei den Consumer-Produkten den Markt treibt. Dh. die neuesten Sensortechnologien landen erst in den Handykameras, dann in den Consumer-Cameras und dann in den Industriekameras, bzw. wissenschaftlichen Kameras. Aber seit bspw. Sony im Rennen ist, sind die zeitlichen und technischen Abstände doch sehr gering. Und die IMX678 hat beispielsweise die allerneueste Sensortechnologie und die ist garantiert ein ganzes Stück besser, als der olle 550er Canon-Sensor. Aber alles in allem sind die Consumer-Produkte extrem preiswert und ziemlich leistungsfähig.

Vielleicht trotzdem noch ein Beispiel, was eine wissenschaftliche Kamera leistet. Ich habe kürzlich mit einer Andor IKON-M mit 1Mpx backilluminated CCD (20 Jahre alte Sensor-Technologie) mit -70°C Kühlung, riesigen 13µm Pixeln, 90% Quanteneffizienz, 7 Elektronen Ausleserauschen mittels einer einstündigen Belichtung getestet. Da sind bei einem extrem niedrigen und sauberen Hintergrund (bei -70°C und einstündiger Belichtung sammelt der Sensor nur einzelne thermische Elektronen pro Pixel auf), nur sogenannte Cosmics drauf. Dh. hauptsächlich Einschläge von hochenergetischen Myonen, welche durch kosmische Partikelstrahlung in der oberen Erdatmosphäre entstehen. Das würde ich gerne auch mal von einer DSLR sehen.

Lg Tino 

Aljoscha

Zitat von: TStein in November 06, 2024, 17:17:14 NACHMITTAGSUnd die IMX678 hat beispielsweise die allerneueste Sensortechnologie und die ist garantiert ein ganzes Stück besser, als der olle 550er Canon-Sensor.

Hallo Tino,

Vergleiche mal Produkte der gleichen Generation und nicht eine aktuelle Industriekamera mit einer 10 Jahre alten Consumerkamera.

Viele Grüße

Alexander

K. B.

Hallo Tino,

die Preise der Industriekameras sind meistens aber auch so übertrieben hoch, das es sich trotz etwas besserem Bild für die meisten Anwendungen kaum lohnt.
Wenn ich zwischen einer Kamera für den Preis eines Kleinwagens oder ein bis zwei Mikroskopen mit kompletter hochwertiger Austattung und adaptierter consumer Kamera wählen müsste wäre die Entscheidung schnell gefallen.
Wenn man die zusätzlichen Informationen dringend für eine Anwendung braucht sieht das sicher anders aus, aber die Leistung/ Kosten nur in die höhe zu treiben weil es technisch möglich ist macht in meinen Augen wenig Sinn.

Viele Grüße
Kay
Mikroskop: Olympus BH-2 BHTU/ BHS mit Trino (DL; PH; Fluo; DF; AL)
                  Zeiss GFL Trinokular (DL; PH; Fluo; AL)
                  Olympus CK2 Invers Trino (DL; PH; Fluo)
                  Olympus GB (DL; PH)
Mikroskopkamera: Canon EOS 550D; EOS RP

TStein

Hallo Alexander,

kann man machen. Die aktuellen Top-Kameras haben schon ziemlich gute 80-90% Quanteneffizienz, zumindest die Monochromen im Maximum und ein vergleichbar niedriges Ausleserauschen. Das thermische Rauschen ist bei Sony eine Klasse für sich und sehr gering, aber auch bei den neusten Sensoren bei weitem nicht so gut, dass man bei längeren Belichtungen auf eine aktive Kühlung verzichten kann. Ich denke da hat Sony und aber auch Canon seine Hausaufgaben schon ganz gut gemacht.
Ich will jetzt nicht den kompletten Faden kidnappen, aber die Sensoren sind nicht das Problem , sondern die Firmware der Consumer-Kameras trickst. Beispielsweise steigt der mittlere Schwarzwert bei langen Belichtungen bei Consumer-Kameras nicht an, obwohl die Pixel auch substantiell Elektronen aufsammeln und der Wert steigen müsste. Der Hintergrund bleibt dann schön satt-schwarz. Dies erreicht die Software, indem sie den Offset an geschwärzten Kalibrierpixelreihen abgleicht und vom Bild abzieht. Aber das steigende Rauschen durch den eigentlichen Shot-Noise der Elektronen bleibt. Wenn jetzt aber noch das Rauschen softwaretechnisch unterdrückt wird, wirkt das Bild viel rauschärmer, als es in der Realität ist. Voila, der Verbraucher hat ein tolles rauschfreies Bild.
Diese Nachbarbeitung ist bei den wissenschaftlichen Kameras deaktiviert und der Sensor verhält sich im technischen Sinne wie er soll. Wäre auch seltsam, da die Pixeltechnologie der Consumer-Kameras oftmals exakt die selbe ist, wie die der Industriekameras und der wissenschaftlichen Kameras, wobei die Größe der eigentlichen Chips in den Consumerprodukten schon substantiell größer sein kann. Zumindest gilt das für die Sony-Sensoren in  diversen wissenschaftlichen und Industriekameras sowie für fast alle Nikon- und Sony-DSLRs. Canon geht da einen Sonderweg, dessen eigene Sensorreihen findet man ja fast ausschließlich in den eigenen proprietären Canon-DSLRs.
Aber zaubern können die auch nicht.
Daher verstehe ich deine Aussage nicht, hier wird nix "gnadenlos abgehängt": 
Zitat: "Das deckt sich mit meiner Erfahrung.
Moderne Consumer-Kameras rauschen weniger als die Spezialisten, selbst wenn diese aktiv gekühlt sind. Da hat die Consumer-Ware das Profi-Equipment gnadenlos abgehängt. Das gilt nicht nur für Infrarot sondern auch bei Fluoreszenzaufnahmen mit langen Belichtungszeiten."

Vg Tino 

wilfried48

#34
Zitat von: TStein in November 06, 2024, 17:17:14 NACHMITTAGSHallo Alexander, hallo Wilfried,

ich denke auch, dass der Vergleich etwas unfair war. Zumindest hätte man die IMX678 mit 2x PixelBinning betreiben können, damit man auch auf das Full HDLive-View-Output Format der Canon kommt. Der SNR wäre dann um den Faktor 2 besser.....

Hallo Tino,

das habe ich auch gedacht, aber zumindest bei der mitgelieferten AWO Software hat das PixelBinning im Livebild keine merkliche Verbesserung im Rauschen gebracht. Kann es sein dass das PixelBinning nur bei Einzelbild Belichtung funktioniert ? Aber da brauche ich es ja nicht, ich habe im Mikroskop ja genug IR Licht um Einzelbilder mit voller Chipauflösung rauscharm zu belichten.

viele Grüße
Wilfried

P.S.: Du darfst den Faden mit deinen professionellen Erläuterungen natürlich weiter "kidnappen" !

vorzugsweise per Du

Hobbymikroskope:
Zeiss Axiophot,  AL/DL/Ph/DIC/Epi-Fl
Zeiss Axiovert 35, DL/Ph/DIC/Epi-Fl
Zeiss Universal Pol,  AL/DL
Zeiss Stemi 2000 C
Nikon Labo-/Optiphot mit CF ELWD Objektiven

Sammlung Zeiss Mikroskope
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=107.0

TStein

Hallo Kay,

die Preisleistungsfrage beantworten die Consumer-Produkte natürlich ganz klar für sich. Andererseits haben klassische Industriekameras auch ein anderes Anforderungsprofil (Verlässlichkeit, Robustheit, usw.). Ein Zwischending sind seit einigen Jahren die Spezialkameras für die Astrophotografie von ZWO und anderen chinesischen Herstellern. Hier werden normale oder etwas speziellere Consumer-Sensoren mit einer Kühlung versehen, was auch eine gewisse Preiserhöhung rechtfertigt. Aber wie bereits gesagt, der Unterschied ist recht gering, aber gekühlte wissenschaftliche Kameras haben ihre Berechtigung und sind bei weitem nicht "gnadenlos abgehängt".

Vg Tino

TStein

Hallo Wilfried,

ist seltsam, eigentlich müsste das Pixel-Binning schon deutlich etwas bringen. Kann aber zur ZWO-Software nicht viel sagen. Hier könnte man auch bspw. das Programm FireCapture mal testen (https://www.firecapture.de/). Sollte die ZWO-Kameras ohne Probleme akzeptieren.

Vg Tino 

Aljoscha

Zitat von: TStein in November 06, 2024, 18:41:23 NACHMITTAGSDaher verstehe ich deine Aussage nicht, hier wird nix "gnadenlos abgehängt": 
 

Hallo Tino,

Abgehängt ist die Entwicklung von Industriekameras in dem Sinne, dass die Entwicklung durch den Consumer-Markt getrieben wird. Die daraus entstehenden Produkte werden dann auch in Industriekameras verbaut, natürlich mit entsprechenden Anpassungen und weniger Mogel-Firmware. Früher verwendete man in Industriekameras komplett andere Technologie als in Consumer-Produkten. Das ist vorbei.

btw: Die aktive Kühlung wandert inzwischen in die Consumer-Kameras. 8k-Video stellt halt so seine Anforderungen.  8)

Viele Grüße

Alexander

wilfried48


ZitatHallo Wilfried,
Das klingt super interessant.
Ich suche schon länger nach einer Möglichkeit auch den NIR zu erkunden. Mir persönlich hat es dabei vor allem die Möglichkeit ("dunkles") Chitin zu durchleuchten angetan. Vornehmlich wäre das wohl vergleichbar mit Silizium,  was die Transmission angeht (bitte berichtigen, falls ich hier etwas falsch sehe). Also im Wellenlängenbereich von 850-900nm aufwärts, richtig?
Dein Vergleich ist deshalb besonders interessant.
Könntest du, solange du beide Kamerasysteme verfügbar hast, bitte einen Test machen? Das wäre super. Die Unzulänglichkeiten was, die Kameraanpassung angeht, wären mir dabei natürlich durchaus bewusst.
Grüße Holger
Zur Anwendung von Infrarotmikroskopie und Durchstrahlung von Chitin gab es von Peter Höbel früher mal

schöne Bilder und Diskussionen:

https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=6506.0

Ich habe selber leider keine schöne eingedeckte Chitin-Präparate.

Aber wenn du mir welche zuschickst mache ich gerne ein Paar Infrarotbilder.

viele Grüße
Wilfried
vorzugsweise per Du

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Zeiss Axiophot,  AL/DL/Ph/DIC/Epi-Fl
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Sammlung Zeiss Mikroskope
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=107.0

Spectrum

Hallo,
etwas verspätet meine Antwort.
Danke für den Link zu Peter Höbels Beitrag. Genau so etwas schwebt mir da als Bildidee vor. Ich habe da ein Fliegenbein mit angeheftetem Pseudoskorpion in 70%Ethanol, und überlege ob ich den vor dem Einbetten bleichen soll oder es einmal mit Infrarot versuchen. Einen 5mm dicken Infrarotfilter hab ich auch. Jetzt stellt sich mir die Frage ob es sich lohnt meine alte Canon 50d dafür umzubauen.
Grüße Holger
Holger
Duzen und meine Bilder (auch ungefragt)  bearbeiten, mit eigenen Aufnahmen ergänzen und weitergeben erwünscht!

K. B.

Hallo Wilfried,

könnte man für die IR Beleuchtung auch eine entsprechende LED ohne Filter nutzen oder sind da dann zu viel andere Wellenlängen dabei?
Wie sieht es mit der Wärmeentwicklung im Mikroskop aus? Ich würde erwarten das durch stärkere Einstrahlung von IR in das System an einigen Stellen Wärmestau entstehen könnte.

Viele Grüße
Kay
Mikroskop: Olympus BH-2 BHTU/ BHS mit Trino (DL; PH; Fluo; DF; AL)
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Nochnmikroskop

Zitat von: Spectrum in November 07, 2024, 10:38:58 VORMITTAGHallo,
Jetzt stellt sich mir die Frage ob es sich lohnt meine alte Canon 50d dafür umzubauen.
Grüße Holger

Hallo Holger,
ich denke das lohnt nicht Deine alte (selber??) umzubauen. Der Sensor sollte dann neu justiert werden, ob man das selber kann? Vgl. Antwort 2 oben.
Bei Kleinanzeigen oder auch eBay gibt es Händler die das incl. Kamera für rel. schlankes Geld anbieten.

LG Frank
Meistens Auflicht, alle Themenbereiche
Zeiss Axiolab, Leitz Orthoplan, Keyence VHX, Olympus SZX16, Canon EOS 700D, Panasonic G9, Touptek u.a.
keine KI

Spectrum

#42
Konkret überlege ich über folgende Varianten nach:
1. Alte 50d umbauen (lassen).
2. Neueres Modell, zb. Sony a7s2 als full spectrum Umbau
3. Eine Industrie/Astrokamera

Ein Vergleich anhand von Bildbeispielen wäre deshalb besonders interessant.
Freundliche Grüße Holger
Holger
Duzen und meine Bilder (auch ungefragt)  bearbeiten, mit eigenen Aufnahmen ergänzen und weitergeben erwünscht!

Sourdough

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#43
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wilfried48

#44
Zitat von: K. B. in November 07, 2024, 11:03:42 VORMITTAGHallo Wilfried,

könnte man für die IR Beleuchtung auch eine entsprechende LED ohne Filter nutzen oder sind da dann zu viel andere Wellenlängen dabei?
Wie sieht es mit der Wärmeentwicklung im Mikroskop aus? Ich würde erwarten das durch stärkere Einstrahlung von IR in das System an einigen Stellen Wärmestau entstehen könnte.

Viele Grüße
Kay

Hallo Kay,
könnte man vielleicht schon, ist aber nicht notwendig da das IR der Halogenlampe mit entferntem Wärmeschutzfilter dicke ausreicht. Ein IR Langpassfilter ist beim Durchstrahlen von Si Chips nicht notwendig, da das Silizium selber ja ein guter Langpassfilter ist. Anders sieht das bei biologischen Objekten aus wo durch Lücken im Objektfeld auch noch
sichtbares Licht auf den Chip kommt und den dann das ganze Bild überstrahlt. Da braucht man dann den IR Langpassfilter der das sichtbare Licht vom Chip fernhält.
Anbei noch ein IR Bild aus einem Bosch Sensortec MEMs Lagesensor mit der Canon 550 D IR Kamera am Zeiss Axioplan.
Man beachte das Riesen-Sehfeld von über 25 mm, sodaß selbst bei der doppelten Objektivvergrößerung 20x noch mehr Bildfeld abgebildet wird wie mit der Zeiss Systemkamera bei 10x (siehe meine oben früher gezeigte Aufnahme)
Die Belichtungszeit betrug 1/40 sec bei Iso 1600.

viele Grüße
Wilfried


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