Interessante Pilz- und Flechtenfunde 162 – Orangerandiger Hautkopf

Begonnen von Bernd Miggel, Dezember 11, 2024, 15:39:20 NACHMITTAGS

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Bernd Miggel

Orangerandiger Hautkopf (Cortinarius malicorius)

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Einführung, Lebensweise und Verbreitung

Beim Orangerandigen Hautkopf (Cortinarius malicorius), mit seinen leuchtend orangefarbigenn Lamellen, seinem dunkelbraunen, orange berandeten Hut und seinem fast zitronengelben Stiel handelt es sich um eine der eindrucksvollsten Arten der Untergattung Hautköpfe (Dermocybe). Dieser relativ häufige, montane Pilz kommt sowohl auf basenreichen als auch auf sauren, nährstoffarmen Böden vor und geht eine Mykorrhiza mit Nadelbäumen, insbesondere Fichten, ein.

Vielen Dank an Udo Schäfer und Hans Stern für ihre eindrucksvollen Fotos.

Bild 1 - Cortinarius-malicorius (Udo Schäfer).jpg
Bild 1 – Eine Population von Cortinarius malicorius am Fundort, mit flachgebuckelten, dunkelbraunen Hüten und orangefarbigen Huträndern. Foto: Udo Schäfer.


Die Hüte besitzen Durchmesser von bis zu 60 mm. Sie sind anfangs kegelig, spitz- oder flachbuckelig und später ausgebreitet mit meist breitem Buckel. Sie sind dunkelbraun, ganz zu Anfang allerdings vollständig mit leuchtend orangefarbenem Velum überzogen, das im ausgewachsenen Zustand der Hüte immer noch deutlich am Rand sichtbar ist. Die Lamellen sind auffällig orange, eine Farbe, die erst in sehr reifem Zustand einem Rostbraun weichen muss. Die Stiele sind zylindrisch, zitronen- bis ockergelb, basal durch das Myzel rötlich gefärbt. Bemerkenswert ist die dunkel olivgrüne Farbe des Hutfleisches, ein für Hautköpfe seltenes Merkmal. Die Art ist geruchlos, im Geschmack mild oder bitterlich.

Bild 2 - Cortinarius malicorius (H. Stern).jpg
Bild 2Cortinarius malicorius am Fundort, mit spitzgebuckelten, dunkelbraunen Hüten mit orangefarbigem Rand. Foto: Hans Stern.


Die Farbe des ausgefallenen Sporenpulvers ist rostbraun.

Die Sporen sind breit ellipsoid bis subglobos, schwach warzig und mit 5,5-6,5 x 3,5-4,5 µm für eine Dermocybe recht klein.

Bild 3 - Cortinarius malicorius (Bernd Miggel).JPG
Bild 3Cortinarius malicorius im Schnitt. Dunkel olivgrünes Fleisch im Hutbereich Foto: Bernd Miggel


Die Inhalts-Farbstoffe der Dermocyben sind sogen. Anthrachinone. Sie sind in Alkohol löslich. Setzt man die mittels Alkohol ausgezogene Farbe anschließend Ammoniakdämpfen aus, erfolgt stets ein Farbumschlag. Wichtig ist es zu wissen, dass Lamellen, Fleisch und Velum einunderselben Art unterschiedliche Auszugsfarben bzw. Umschlagfarben ergeben können. Bei unserer Art sind die Auszugsfarben mit Alkohol für alle drei Bereiche gelb. Der anschließende Farbumschlag mit Ammoniakdämpfen ergibt für Lamellen und Velum rot, für das Fleisch rosa oder hellorange.

Vorgehensweise: Ein frischer Fruchtkörper wird längs halbiert. Die beiden Hälften werden nebeneinander, die eine Hälfte mit der Lamellenseite nach unten, die andere mit der Lamellenseite nach oben, auf ein mit Alkohol (z.B. Brennspiritus) getränktes, reinweißes Zellstoff-Taschentuch gelegt. Mit einem zweiten mit Alkohol getränkten Taschentuch wird das Ganze abgedeckt und mit einer Hand für 10-20 Sekunden angedrückt. Bild 4 zeigt das Ergebnis. Setzt man sofort danach die Oberflächen der Taschentücher Ammoniakdämpfen aus, bekommt man das Ergebnis, wie es Bild 5 zeigt.

Bild 4 - Cortinarius malicorius - Ethanol (Bernd Miggel).JPG
Bild 4 – Die Auszugsfarben von Cortinarius malicorius mit Alkohol. Foto: Bernd Miggel

Bild 5 - Cortinarius malicorius - Ethanol, dann NH3 (Bernd Miggel).JPG
Bild 5 – Die Umschlagsfarben von Cortinarius malicorius mit  anschließend applizierten Ammoniak-Dämpfen. Foto: Bernd Miggel


Verwechslungsmöglichkeiten mit anderen, ähnlichen Hautköpfen:

Der Saftranblättrige Hautkopf Cortinarius croceus besitzt im ganz jungem Zustand gelbe Lamellen, die bald einen orangefarbenen Farbton annehmen. Er kommt nicht auf basenreichen Böden vor sondern wächst auf sauren, nährstoffarmen Böden. Seine Sporen sind mit 6,5-8 x 4-5 µm deutlich größer.
Der Zimthautkopf Cortinarius cinnamomeus kann zum Verwechseln ähnlich sein. Beispielsweise kann das Hutfleisch ebenfalls einen dunkel olivgrünen Farbton annehmen. Jedoch besitzt der Hutrand ausgewachsener Fruchtkörper niemals einen orangefarbenen Rand. Auch sind seine Sporen mit 6,5-8,5 x 5-5 µm deutlich größer. Er wächst nur auf sauren, nährstoffarmen Böden.



Weiterführende Literatur:

•    BRANDRUD, T.E. et al. (1989-2014): Cortinarius, Flora Photographica: Nr. A56.
•    BREITENBACH, J. & KRÄNZLIN F. (2000): Pilze der Schweiz Bd. 5, Blätterpilze 3. Teil, Cortinarisceae: Nr. 159.
•    KRIEGLSTEINER, G.J.  & GMINDER, A. (2010): Die Großpilze Baden-Württembergs, Bd. 5. Blätterpilze III: Nr. 1.11.
•    LUDWIG, E. (2017): Pilzkompendium Bd. 4: Nr. 134.6
•    http://tintling.com/pilzbuch/arten/c/Cortinarius_malicorius.html


Viel Freude beim Anschauen!
Bernd


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