Interessante Pilz- und Flechtenfunde 166 – Grauer Zystidenrindenpilz

Begonnen von Bernd Miggel, Januar 03, 2025, 17:06:53 NACHMITTAGS

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Bernd Miggel

Grauen Zystidenrindenpilz (Peniophora lycii)

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Beim Grauen Zystidenrindenpilz (Peniophora lycii) handelt es sich um eine der zahlreichen grauen bis violettgrauen Peniophora-Arten, unter denen er allerdings durch besondere Mikromerkmale hervorsticht. Der Graue Zystienrindenpilz ist in der deutschsprachigen Literatur nur selten zu finden. Das ist eigentlich verwunderlich, ist dieser Saprobiont doch recht häufig und weit verbreitet und kommt gemäß KRIEGLSTEINER 2000 auf 26 Laub- und 4 Nadelgehölzgattungen vor.

Bild 1 - Ex1704_02_Ellmendingeer Roggenschleh, Fraxinus.JPG
Bild 1Peniophora lycii auf einem Eschen-Ast, hellgrau, flächig auf der Rinde gewachsen, fein rissig, Ränder grau,  dem Substrat total anliegend. Foto: Bernd Miggel

Bild 2 - Ex1704_04_Ellmendingeer Roggenschleh, Juglans.JPG
Bild 2 – Hier auf einem Walnuss-Ast, violettlichgrau, flächig auf der Rinde gewachsen, grob rissig. Foto: Bernd Miggel


Die Fruchtkörper sind sehr dünn, etwa 0,1 mm dick, wachsen auf der Substratrinde, sind grau bis violettlich-grau, breiten sich flächig aus und liegen dabei dem Substrat dicht an. Die Wuchsform ist total resupinat, d.h. die Ränder sind nie irgendwie abstehend. Bei Trockenheit ergeben sich feine bis grobe Risse. Die Unterseite der Fruchtkörper ist immer hell, nie irgendwie braun oder schwarz.

Bild 3 - P1040271_b, Essigberg, 2017, Laubholzästchen.JPG
Bild 3Peniophora lycii auf einem Laubholz-Ast, Nahaufnahme. Oberfläche hellgrau und durch Dendrohyphidien feinsamtig. Foto: Bernd Miggel

Sorgfältiges Mikroskopieren zeigt drei verschiedene Zystidenarten:

1. Hyaline, dünnwandige Dendrohyphidien mit bäumchenartigem Apikalteil,
2. dickwandige, inkrustierte, zylindrische bis birnenförmige Lamprozystiden, die mitunter Dendrohyphidien als ,,Krönchen" tragen.
3. schlank zylindrische bis spindelförmige Gloeozystiden, deren Inhalt in sulfoaldehydischen Substanzen, z.B. Sulfobenzaldehyd, schwärzt.

Bild 4 - Hymenium Skalpschnitt, Phloxin.jpg
Bild 4 – Dieser Skalpschnitt mit scharfer Rasierklinge zeigt sowohl Dendrohyphidien als auch Lamprozystiden. Foto: Bernd Miggel. Quelle: russula-micro.com.

Bild 5 - Dentrohyphidien, Lamproz, Phloxin.jpg
Bild 5 – Hier ein Querschnitt (feiner Mikrotom-Schnitt) durch einen Fruchtkörper. Die zahlreichen Verästelungen der Dendrohyphidien und die Inkrustierung der Lamprozystiden sind deutlich. Foto: Bernd Miggel. Quelle: russula-micro.com.


Die Sporen sind würstchenförmig (allantoid), hyalin, dünnwandig. Gemessene Werte der ausgefallenen Sporen:
L x B = 7,6-8,1 x 3-3,2 μm, Schlankheitsgrad Q = 2,5-2,6

Bild 6 - Gloeozystiden in Sulfobenzaldehyd, (B,R8,S4)_b.jpg
Bild 6 - Zylindrische bis spindelförmige oder flaschenförmige Gloeozystiden in Sulfobenzaldehyd, mit schwärzendem Inhalt. Foto: Bernd Miggel.

Bild 7 - Peniophora aff. lycii-Sporen in Phloxin_b.jpg
Bild 7 – Sporen von Peniophora lycii in verdünntem Phloxin. Foto: Bernd Miggel


Verwechslungsmöglichkeiten mit ähnlichen grauen bis violettlichgrauen Peniophora-Arten
• Der nur an Esche wachsende Eschen-Zystidenrindenpilz (Peniophora limitata) besitzt einen schwarzen Fruchtkörperrand, der sich im älteren Zustand vom Substrat ablöst. Er besitzt nur Lamprozystiden.
• Der an Eiche und Rotbuche wachsende Eichen-Zystidenrindenpilz (Peniophora quercina) sowie der nur an Linde wachsende Linden-Zystidenrindenpilz (Peniophora rufomarginata) sind deutlicher violett, besitzen einen ablösenden Fruchtkörperrand und eine braune bis schwarze Unterseite. Beide Arten besitzen nur Lamprozystiden.
• Der Aschgraue Zystidenrindenpilz (Peniophora cinerea) wächst an Rotbuche und Hasel. Ersieht der beschriebenenArt sehr ähnlich, besitzt allerdings nur Lamprozystiden.

Empfehlenswerte Literatur
• BERNICCHIA, A. (2005): Polyporaceae s.l. – Fungi Europaei Vol 12: 466-467.
• Eriksson, J., K. Hjortstam & L. Ryvarden (1978): The Corticicaeae of North Europe Volume 5: 949-952.
• Jülich, W. (1984): Die Nichtblätterpilze, Gallertpilze und Bauchpilze. Kleine Kryptogamenflora Bd. IIb/1: 199.
• KRIEGLSTEINER, G.J. (2000): Die Großpilze Baden-Württembergs Bd. 1: Nr. 59.8.


Viel Freude beim Anschauen!
Bernd


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Fachausdrücke, Abkürzungen
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Peter T.

Sehr schöne Arbeit mit wunderbaren Bildern.

Für den Einstiegs-Mikroskopierer wie mich wieder viele neue Begriffe. Die Pilze sind von einer ganz eigenen Sprache umgeben. Gerade wo ich mich an Phloem und Xylem gewöhnt habe ...  ;)

Fantastische Natur, fantastisches Mikroskopieren.
Liebe Grüße
Peter

Bernd Miggel

Danke Peter!

Manchmal denke ich: je unscheinbarer das Äußere von Pilzen, umso interessanter ihre Mikromerkmale.

lg - Bernd