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Die Auramin-Rhodamin-Färbung

Begonnen von Carsten Wieczorrek, Januar 03, 2025, 19:54:52 NACHMITTAGS

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Carsten Wieczorrek

Hallo,
nachdem diese Färbung hier angesprochen wurde, mußte ich sie doch einmal ausprobieren. Die Auramin-Rhodamin-Färbung wird - neben der etwas komplizierteren Zielh-Neelsen-Färbung - in der Diagnostik zum Bestimmen von Tuberkulose-Baterien herangezogen. Die Färbung ist nicht spezifisch, sie färbt alle Bakterien mit einer säurefesten Zellwand. Das sind aber hauptsächlich Mycobakterien und Mycobakterium tuberkulosis ist einer der häufigeren, auf jeden Fall der prominenteste Vertreter. Über den Daumen kann man sagen, dass alle Vertreter der Mycobakterien potentiell pathogen sind oder werden können.

Für die Auramin-Rhodamin-Färbung werden drei Lösungen benötigt:

A) Auramin O und Rhodamin B in Wasser
Die exakte Konzentration habe ich nicht herausgefunden, es gibt reichlich Fertig-Kits, die recht stark gefärbte Lösungen enthalten. Ich habe 50 mg Auramin O und 50 mg Rhodamin B in 100 ml Wasser gelöst.

B) Salzsäure-Ethanol, 1,5 ml 30% HCl in 100 ml Spiritus

C) Kaliumpermanganat 0,5 % in Wasser

Färbeprotokoll:
Die Probe wird auf einem Objektträger ausgestrichen und Hitze-fixiert. Auf den kalten Objekträger wird die Farbstofflösung unverdünnt aufgetropft. Einwirkzeit 15 Minuten.
Dann 1 Minute spülen in dest. Wasser.
Danach den Salzsäure-Alkohol auftropfen, 5 Minuten einwirken und 1 Minute in dest. Wasser spülen. Dann die Permangant-Lösung auftropfen, 1 Minute einwirken lassen und gründlich spülen. Nach dem Trocknen eindecken, ich habe hier wieder den UV-härtenden Kunststoff CE4000 Lightfix verwendet.

Anregung mit einer 3 Watt LED 430 nm. Filterwürfel CZJ 510 + G249, Belichtung 0,5 sek. bei 1000 ASA. Das Objektiv war das Apo 100/1,4.

Soweit, so gut. Aber woher Proben nehmen? Ich habe es zuerst mit dem Epithelzellenabstrich versucht. Alles schwarz (bin ich etwa gesund?). Dann habe ich einen Abstrich aus dem Duschabfluss versucht. Alles schwarz. Zu guter letzt ein Abstrich aus einer alten Nepenthes-Kanne, die reichlich vermodernde Fliegen enthielt.

Viel Spaß beim Betrachten,
Carsten

Bild 1: Auramin-Rhodamin-Färbung, Nepentes-Kannenabstrich, 430 nm, Filter 510+G249
aura1.jpg


Bild 2: Auramin-Rhodamin-Färbung, Nepentes-Kannenabstrich, 430 nm, Filter 510+G249
aura2.jpg
Für's grobe : GSZ 1
Zum Durchsehen : Amplival Hellfeld, Dunkelfeld, INKO, Phasenkontrast
Zum Draufsehen : Vertival Hellfeld, Dunkelfeld
Zum Polarisieren : Amplival Pol u Auf-/Durchlicht
Für psychedelische Farben : Fluoval 2 Auflichtfluoreszenz
Für farbige Streifen : Epival Interphako

Aljoscha

Hallo Carsten,

Das ist wirklich sehr interessant.
Bei meinen eigenen Versuchen mit Auramin/Rhodamin bin ich immer daran gescheitert, Mykobakterien zu finden. Mehr als Schwarz war nicht.

Viele Grüße

Alexander

rlu

#2
Hallo Carsten,

Gratulation zum Erfolg.
Man kann ja froh sein, dass man Mycobakterien nicht überall findet.
Wie bist du drauf gekommen, dass die Kannenpflanzen solche Bakterien beherbergen?

Kannst du erklären, warum man Säureethanol und Kaliumpermanganat nach einer viertel Stunde anwendet?
Warum funktioniert die "Färbung" überhaupt.

Der Filterwürfel CZJ 510 + G249 lässt dann welchen Wellenbereich durch, nachdem zuvor mit 430nm angeregt wurde?
Frage deshalb so genau nach, weil mich so ein Fluoreszenzmikroskop auch reizen würde.

In welchem Beitrag hast du schon mal was zu dem UV-härtenden Kunststoff CE4000 Lightfix geschrieben.

Also, wirklich super, ein richtiger Forschergeist.

Liebe Grüße
Rudolf

rlu

Hallo,
nur mal kurz zur Relevanz von TBC:

Deutsches Zentrum für Infektionsforschung
"Man geht davon aus, dass jeder vierte Mensch weltweit den TB-Erreger in sich trägt ohne daran zu erkranken."

https://www.mtdialog.de/mt-intern/artikel/die-tuberkulose-im-wandel-der-zeit-teil-1
"In den 1970er-Jahren galt die Tuberkulose als die ,,besiegte Krankheit", seit den 1990er-Jahren als die ,,Krankheit der Randgruppen". Um die Erinnerung an die älteste Infektionskrankheit der Menschheit aufrechtzuerhalten, wurde am 24. März 1982 der Welttuberkulosetag ausgerufen, da an diesem Tag 100 Jahre zuvor Robert Koch seine Entdeckung des Mycobacterium tuberculosis bekannt gab. Glaubte man also Mitte des 20. Jahrhunderts noch, der Seuche Herr geworden zu sein, stellte sich jedoch wenige Jahrzehnte später heraus, dass die Zahl der Erkrankungen weltweit erneut ein bedrohliches Ausmaß angenommen hatte, sodass 1993 die WHO die Tuberkulose zum weltweiten Notfall erklärte."

https://www.rki.de/DE/Content/Service/Presse/Pressemitteilungen/2020/02_2020.html
"Tuberkulose ist eine in der Regel gut behandelbare Infektionskrankheit, an der weltweit dennoch jedes Jahr etwa 10 Millionen Menschen erkranken und etwa 1,5 Millionen sterben – und die damit mehr Todesfälle verursacht als jede andere Infektionskrankheit."


Liebe Grüße
Rudolf

Jürgen Boschert

Hallo Rudolf,

ja, und soweit ich weiß gilt die TB als die am längsten bestehende Pandemie.
Beste Grüße !

JB

purkinje

#5
Hallo Carsten,
werte Freunde des Zauberbergs  ;) ,

erst einmal Gratulation zu Fund und Färbung eines Mykobakteriums.
Ich habe unten mal die Originalarbeit Hagemann, P. K. H. (1938), Fluoreszenzfärbung von Tuberkelbakterien mit Auramin. Münch. med.Wschr.1938, 1066 deponiert.
Kurz vor diesem Artikel einer zur Behandlung der Blutarmut bei TBC mittels Pferdeserum, was zeigt, wie auch die chronischen Verläufe die Medizin damals wie heute beschäftigen.
Übrigens...1921 hatte der Physiker Peter Pringsheim sein Buch Fluoreszenz und Phosphoreszenz im Lichte der neueren Atomtheorie herausgegeben; 1924 erschien von seinem Schwager ein Roman: Der Zauberberg (*hüstel).
Als die Auraminfärbung 1938 erstmals beschrieben wurde, war Thomas Mann bereits in den USA und konnte so seinen Schwager 1940 aus dem KZ Gurs /Frankreich freibekommen und retten.
(Entschuldigt bitte diesen Exkurs im "Thomas-Mann-Jahr 2025")
Mit besten zaubergergischen Grüßen Stefan

Alf

Gefällt mir sehr gut! Schön wäre ein gleichzeitiger Vergleich mit einer Ziehl-Neelsen Färbung gewesen! Mykobakterien kommen ubiquitär vor, gelegentlich findet man säurfeste Stäbchen auf normalen Agarplatten.