Botanische Paraffinschnitte

Begonnen von jcs, April 22, 2025, 22:07:46 NACHMITTAGS

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Wes

Hallo Jürgen,

Fantastische Arbeit! Ich muss sagen, ich bin immer wieder tief beeindruckt von Menschen wie dir, die als Hobby Paraffinschnitte in solch hoher Qualität anfertigen. Du hast eindeutig hervorragende Arbeitsprotokolle entwickelt. Ich frage mich allerdings – jenseits der üblichen botanischen Färbungen – ob du vielleicht exotischere oder spezialisierte Färbemethoden kennst? Etwas in der Art von Feulgen, PAS oder Silberimprägnation, wie man sie in der Tierhistologie verwendet, aber mehr auf chemische Besonderheiten von Pflanzengeweben zugeschnitten?

Herzliche Grüße,
Wes

Bob

Hallo Jürgen,
tolle Schnitte und Färbungen, vielen Dank fürs Zeigen! Sie machen Lust darauf, selber mal wieder mit Paraffineinbettung zu arbeiten.
Methylbenazoat ist geruchlich ja recht leistungsfähig, reicht Deine Labortechnik um das im Zaum zu halten oder bist Du da nicht so empfindlich? Hast Du mal Protokolle ohne Methylbenzoat ausprobiert und einen Nachteil erkannt?

@Wes hatte Dich ja um Dein modernes Leica-Mikrotom beneidet - was kann das für die Arbeit des Amatörs mehr als ein typischer Oldtimer?

Viele Grüße,

Bob

jcs

@Wes: Bezüglich Färbungen bleib ich vorerst bei den "Klassikern". Wenn man ernsthaft spezifische Gewebetypen anfärben will, kommt man vermutlich um anspruchsvolle Fluoreszenzfärbungen nicht herum, und da bin ich als hobbymikroskopierender Nicht-Biologe dann schnell überfordert.

@Bob: Methylbenzoat hat natürlich einen sehr dominanten Geruch, allerdings nicht unangenehm, finde ich. Es zwingt jedenfalls zu sauberem Arbeiten, da jedes kleinste vergossene Tröpfchen riechbar ist. Ein Arbeitszimmer mit Teppichboden ist sicher eine ungeeignete Umgebung, wenn man mit dem Zeug arbeiten will. Echte Probleme hatte ich bis jetzt nicht, und im Vergleich zu anderen Lösungsmitteln (Xylol, ...) ist es ja auch relativ unproblematisch bzgl. Gesundheitsgefährdung.

Ich habe mich an den Anleitungen im Romeis orientiert, da war auch Isopropanol als Intermedium dabei. Das erzeugt allerdings in meiner Erfahrung mehr Probleme, da es beim Verdampfen immer etwas Paraffin mitzieht, das sich dann in der Umgebung als klebriger Film niederschlägt.

n-Butanol wird auch öfters genannt, da habe ich allerdings noch nicht damit gearbeitet. Hätte das Vorteile?

Bzgl. Mikrotom: Ein Rotationsmikrotom bringt jedenfalls deutliche Vorteile gegenüber einem Schlittenmikrotom, mit dem ich nie definierte Schnitte dünner als 15-20µm geschafft habe. Ein gut erhaltener Oldtimer funktioniert vermutlich ähnlich gut wie das von mir verwendete Leica aus der aktuellen Produktserie. Ich wollte allerdings etwas, wo ich noch viele Jahre Zubehör und Ersatzteilversorgung habe, deshalb ist es dann dieses Modell als Gebrauchtware geworden.

LG
Jürgen

Bob

Hallo Jürgen,
Methylbenzoat verdunstet ja sehr langsam, Isopropanol recht schnell, das dürfte sich als Eigenschaft auch bei der Paraffintechnik wiederfinden, Isopropanol ist sicherlich nicht allzu sanft. Butanol dürfte zwischen den beiden liegen, riecht aber auch nicht so richtig gut. Ich habe es hier stehen, habe es aber noch nicht probiert, bislang nur Isopropanolmethode.
Mit klebrigem Film hatte ich keine Probleme, ich arbeite bei der Isopropanolmethode mit kleinen geschlossenen Gläsern in einem wärmegedämmten Kochtopf, das ist unkompliziet und sauber.
Deine Ergebniss sind jedenfalls prima, so viel Luft nach oben dürfte da gar nicht mehr sein.

Viele Grüße,

Bob

 

Fahrenheit

Hallo Jürgen,

ein sehr schöner und lehrreicher Beitrag, den ich mal angeheftet habe, damit er nicht in den Tiefen des Forums verloren geht.

Beste Grüße
Jörg
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Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

jcs

Hallo Jörg,

danke für das Anheften! Das freut mich sehr.

Ein kleiner Wermutstropfen ist nur, dass die Liste der aktuellen hinzugefügten Beiträge auf der ersten Seite recht kurz wird...

LG
Jürgen

jcs

Vor unserer Wohnung hat die Stadt ein hübsches Blumenbeet mit roten Spornblumen (Centranthus ruber) angelegt. Ein paar Knospen habe ich mir geschnappt und in Paraffin eingebettet. Gefärbt wurde mit Wacker (Acridinrot-Acriflavin-Astrablau). Die Schnitte waren wieder 8µm dick.

Leider war auf dem Messer eine kleine Verunreinigung, die in der unteren Hälfte des Bildes ihre Spuren hinterlassen hat. Trotz dieses Makels ein interessantes Blüten-Wimmelbild, finde ich.

Die Gesamtaufnahme ist ein Panorama aus 9 Einzelbildern (5x-Objektiv).

LG
Jürgen

20250522_105236_v2.jpg

P1004274-Pano-Bearbeitet.jpg

jcs

#22
Die rote Spornblume (Centranthus ruber) hat recht große Pollenkörner. In den 8µm dicken Schnitten werden die Pollen demnach meistens durchtrennt, und der Inhalt sowie die Struktur der Pollenwand werden erkennbar. Die beiden untenstehenden Bilder zeigen das Ergebnis, einmal aufgenommen als z-Stack mit dem 40x-Objektiv und einmal als z-Stack (5 Aufnahmen) mit dem 100x-Objektiv.

2025-06-12 21-19-36 (C,S3)-Bearbeitet.jpg

2025-06-12 21-18-54 (C,S3)-Bearbeitet.jpg

Auf Paldat.org gibt es licht- und elektronenmikroskopische Pollen-Aufnahmen von den allermeisten heimischen Blütenpflanzen. Auch die rote Spornblume ist vertreten (https://www.paldat.org/pub/Centranthus_ruber/304566), allerdings nur mit lichtmikroskopischen Aufnahmen. Deshalb reiche ich hier die entsprechenden REM-Aufnahmen (Pollen wurden kritisch-Punkt-getrocknet) nach:

25-004-pr04-spornblume_pollen_08.jpg

25-004-pr04-spornblume_pollen_07.jpg

jcs

Draußen vor der großen Stadt, direkt an der Endstation der U-Bahn, haben sich noch ein paar ehemalige Ackerflächen gehalten, die nicht mehr landwirtschaftlich genutzt werden und im Frühjahr ein üppiges Blütenparadies bilden.

Unter anderem wächst dort die österreichische Hundskamille (Cota austriaca), die ein interessantes Objekt für Paraffinschnitte darstellt. Untenstehend ein paar Bilder dazu. Die Korbblütler sehen natürlich immer ähnlich aus, aber ein paar Unterschiede zu den vorher gezeigten Pflanzen aus dieser Familie fallen doch auf.

LG
Jürgen

20250523_154312.jpg
Der Wuchsort

20250523_154055.jpg
Aufnahme der Pflanzen.

2025-06-30 22-32-17 (C,S3)-Bearbeitet.jpg
Paraffinschnitt (8µm, gefärbt mit Wacker-Färbung), Aufnahme 10x-Objektiv am Leica DM 2000 LED.

Matt

Hallo Jürgen, vielen Dank für die phantastischen Bilder und deine Anleitung - gerade für mich als ,,Neuer" super hilfreich! Könntest Du zum Entlüften mit Vakuum noch ein paar Details nennen? Etwa Entlüftungsdauer, bei welchem Unterdruck und Nachbehandlung?

Herzliche Grüße aus München!

Matthias
Zeiss Axiolab.A1

jcs

Hallo Mathias,

danke für das Lob! Bezüglich Entlüften im Vakuum habe ich keine fixe Vorgangsweise und probiere aktuell selbst noch verschiedene Parameter aus. Vermutlich gibt es auch kein Standardprogramm, das immer funktioniert. Je nach Probe wird man unterschiedlich vorgehen müssen.

Beim Präparieren der Pflanzenteile (Blüten, Stängel, Wurzel, ...) versuche ich immer, einen Zugang zu schaffen, durch den die Lösungsmittel ins Pflanzeninnere geraten können (z.B. Anschneiden oder Anstechen an der Unterseite der Probe).

Für's Entlüften verwende ich eine Membranpunpe, die bis ca. 150mBar Vakuum erzeugen kann. Der Druck sollte hoch genug sein, sodass das Lösungsmittel nicht zu sieden beginnt. Ich finde die Methylbenzoat-Stufe am besten für's Entlüften geeignet, da Methylbenzoat einen niedrigen Dampfdruck hat. Außerdem klärt es die Proben durch seinen hohen Brechungsindex. D.h. die Proben werden relativ durchsichtig, und man kann eventuell vorhandene Luftblasen im Inneren mit freiem Auge erkennen.

Ich lege für 30-45sec Vakuum an und prüfe, ob Luftblasen aufsteigen. Wenn ja, belüfte ich die Probe und wiederhole den Entlüftungsschritt 2-3mal.

Wichtig ist auch, dass man bei Einlegen der in Paraffin getränkten Probe in die Einbettungsform recht zügig und zielstrebg vorgeht. Wenn man in diesem letzten Schritt zu viel herumfummelt, hat man schnell neue Luftblasen in der Form, die sich beim Schneiden negativ bemerkbar machen.
LG
Jürgen

Peter T.

Hallo Jürgen,

fantastische Bilder sind das. Gerade die Mischung aus den bezaubernden Blütenschnitten und den "breathtaking" REM-Aufnahmen ist grandios.

Liebe Grüße
Peter