Paradileptus elephantinus Toxocysten

Begonnen von Spectrum, Mai 13, 2025, 20:38:34 NACHMITTAGS

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Spectrum

Hallo Forum,
Paradileptus elephantinus ist ein räuberisch lebender Ciliat. Er ernährt sich vorwiegend von Rädertieren, die sowohl wehrhaft, als auch sehr agil sind.
Um seine Beute überwältigen zu können, bedient er sich deshalb sogenannter Toxocysten.
Das sind Zellorganellen die bei Berührung Gift freisetzen, mit dem die Beute gelähmt wird.
Bei Paradileptus elephantinus sitzen sie an der Bereich seines "Rüssels" und der Mundregion. An der Spitze des "Proboscis" befindet sich der "dorsal brush" bestehend aus Cilien:
IMG_20250521_203637.jpg

Mit großem Glück gelang mir sogar eine Filmaufnahme, auf denen zu sehen ist, wie sich diese Toxocysten entleeren und das Gift freisetzen:
*edit:
Auf dem Video ist zwar der Armfortsatz zu sehen, und dieser besitzt auch Toxocysten, aber bei der abgegeben Substanz handelt es sich nicht um das freigesetzt Gift der Toxocysten, sondern um Zellbestandteile/Plasma.
Paradileptus gibt diese bei Berührung, in diesem Fall bei Kontakt mit dem Deckglas ab. Das führt dann sogar soweit, daß letztendlich nur noch der kugelförmig Torso übrigbleibt.
Grüße Holger
Holger
Duzen und meine Bilder (auch ungefragt)  bearbeiten, mit eigenen Aufnahmen ergänzen und weitergeben erwünscht!

purkinje

Hallo Holger,
wahrlich "True crime" unterm Deckglas  ;) , Gratulation!
Beste Grüße Stefan

Peter T.

Hallo Holger,

das ist "reality tv" vom Feinsten. Wirklich fantastisch, was Du alles so aufspürst und im Film festhältst. Hat das schon mal jemand so gezeigt?
Ist eigentlich bekannt, welches Toxin das ist?
Liebe Grüße
Peter

Spectrum

#3
Hallo Stefan und Peter,
Danke für die lobenden Worte. Die Aufnahme ist mehr oder weniger zufällig entstanden. Einige Exemplare von Paradileptus gingen mir vor einiger Zeit beim Tümpeln ins Netz. Da er sich, genau wie Teuthophrys die ich ja vor einiger Zeit bereits ein paar Wochen in Kultur am Leben erhalten konnte, räuberisch von Rädertieren ernährt, habe ich mich auch an dieser Art mit einem Kulturansatz versucht. Als Nahrung dienen dabei Rädertiercysten von Brachionus calyciflorus aus den Aquaristikhandel. Da habe ich noch einige von übrig. Also habe ich Paradileptus auspipettiert und in eine Petrischale mit gefiltertem Fundortwasser überführt. Dann wurden die Cysten (das ist ein feines hellbraunes Pulver) auf die Wasseroberfläche gestreut. Die frischgeschlüpften Brachionus wurden gut als Nahrung angenommen.
Ebenfalls möglich ist es ihn mit frisch gefangenen Rädertieren aus meinem Weiher zu ernähren.
Paradileptus elephantinus schnappt sich mit seinem "Rüssel" die wehrhaften Rädertiere. Diese bleiben an dem rüsselförmigen Fortsatz hängen, zappeln anfangs noch heftig und werden innerhalb kurzer Zeit betäubt.
Insgesamt fand eine, zwar langsame, aber stabile Vermehrung statt, die bis heute anhält.
Allerdings muss regelmäßig für frisches Wasser und eine Entsorgung der alten leeren Cysten im Medium gesorgt werden.
Ausserdem halte ich Paradileptus bei ca 8° im Kühlschrank. Wärmer mag er es nicht. Gestern war es wieder Zeit die Kultur zu erneuern. Dabei habe ich ein Exemplar entdeckt welches sich anstatt eines geschlüpften Rädertiers eine Cyste einverleibt hatte.
Also ab unters (erhöhte) Deckglas und schnell ein paar Aufnahmen zwecks Dokumentation angefertigt:IMG_20250513_195230.jpgIMG_20250513_195027.jpg
Der "einarmige Bandit" war dabei aufgrund seiner voluminösen Mahlzeit trotz Deckglaserhöhung eingeklemmt.
Das hat ihm so gar nicht gefallen und er hat sich dann auch schnell losgerissen:
IMG_20250513_195403.jpg
Durch die entstandene Verletzung war er dann im Anschluss auch nicht mehr so flink wie gewöhnlich. Trotzdem war sein Armfortsatz noch gut sichtbar, was sonst eher selten unter dem Deckglas der Fall ist. Meist bildet sich der Fangarm dort nämlich zurück, und der Ciliat Kugeln sich ein.
Bei dem Versuch Aufnahmen des Fangarms zu machen ist dann die Filmaufnahme entstanden. Das war einfach Glück.
@Peter:
Zu deinen Fragen:
Zu dem Giftstoff in den Toxocysten (oder heisstes im Deutschen Toxicysten🤔) konnte ich bisher noch keine Informationen finden.
Wohl aber zu den Extrusomen die bei den Dileptiden zu denen Paradileptus gehört habe ich gerade einen Artikel bei Zobodat entdeckt:

https://www.zobodat.at/pdf/DENISIA_0031_0001-0529.pdf

Wenn ich das so lese bin ich mir nicht einmal mehr sicher ob es sich nicht doch eher bei dem gezeigten Phänomen um die Entleerung eines "Mucocysts" handelt. Also der Zellorganellen die den Klebstoff absondern an dem die Beute hängen bleibt...
Andere Aufnahmen habe ich nicht gefunden, wäre aber über jede weitere Information dankbar.
LG Holger
Holger
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Spectrum

#4
Hallo Forum,
Ich konnte so wie es aussieht, Licht ins Dunkel bringen, um was es sich bei der Substanz die in dem Video aus dem Armfortsatz freigesetzt wird.
Es stammt nicht aus Extrusomen (zu diesen Zellorganellen gehören sowohl Toxocysten als auch Mucocysten).
Vertreter der Dileptiden, zu denen auch Paradileptus elephantinus gehört, besitzen zwar im Allgemeinen sowohl Toxo- als auch Mucocysten.
Paradileptus im speziellen aber nur Toxocysten.
Das was auf dem Video zu sehen ist ist aber etwas anderes.
Der rüsselförmige Fortsatz wird Stück für Stück abgeworfen bis nur noch der oval bis kugelförmige "Torso" übrigbleibt, sobald der Ciliat in Bedrängnis gerät. Besonders der "dorsal brush" also das Büschel an der Spitze des Fortsatzes ist sehr empfindlich. Das macht die Beobachtung dieser Strukturen unter dem Deckglas auch sehr schwierig. Bei Pelagodileptus einem nahen Verwandten wurde auch schon beobachtet, daß der gesamte Kopf im Ganzen abgeworfen wird. In Ruhe regenerieren sich die Einzeller dann innerhalb von 1-2Tagen wieder vollständig.
Grüße Holger
Holger
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