Botanik: Pflasterritzenflora 17: Gehörnter Sauerklee (Oxalis corniculata) *

Begonnen von Peter T., August 15, 2025, 21:43:20 NACHMITTAGS

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Peter T.

Der Gehörnte Sauerklee ist fast weltweit verbreitet. Er ist empfindlich gegen Trockenheit und zeigt diese durch hängende Blätter schnell an. Genauso schnell erholt sich der Klee aber wieder. Er ist sehr häufig als Pflasterritzenpflanze anzutreffen.

Hier mein Exemplar aus der Münchner Innenstadt:

Bild 1


Die Schnitte sind durchgehend 30µm dick, gefärbt wurde mit FCA nach Etzold

Zunächst die Sprossachse. Sie ist, wie man sich denken kann, winzig, an der breitesten Stelle ca 950 µm, also unter 1 mm.

Bild 2


Und hier noch ein Schnitt im polarisierten Licht

Bild 3


Ein Detailbild zur Darstellung der verschiedenen Zellschichten (Epidermis, Rindenparenchym, Sklerenchymschicht, Phloem, Kambium, Xylem und Markparenchym)

Bild 4


Jetzt zum Blattstiel. Er ist noch zarter, an der breitesten Stelle ca 650 µm, also etwas mehr als ein halber Millimeter. Spannend zu schneiden und zu färben ...  :o

Bild 5


Das Rindenparenchym beträgt gerade einmal 3 bis 4 Zellagen. Die zentralen Leitbündel sind prominent und verlaufen als Einheit.

Auch hier ein Bild im polarisierten Licht. Man sieht hier schöner als im Hellfeld, dass es wohl 5 Leitbündel sind. Im Rindenparenchym leuchten Kristalle durch.

Bild 6


Weiter zu den Blattquerschnitten. Sie sehen schon fast eher aus wie Schnitte von Moosblättchen und sind auch sehr klein und zart.

Bild 7


Und noch etwas weiter in Richtung der Blattspreite

Bild 8


Auch die Blattschnitte zeigen im polarisierten Licht multiple Kristalle

Bild 9


Hier einer der Kristalle (40x, Ausschnitt)

Bild 10



Jetzt noch zwei Detailaufnahmen

Bild 11


Bild 12


Auffällig sind hier die stark vergrößerten Zellen der Epidermis. Sie fungieren wohl als Wasserspeicher und Lichtleiter und sind eine Anpassung an die unterschiedlichen Standorte der Pflanze. Durch die Flüssigkeit im Inneren puffern sie den Turgor ab. Oxalis kann auch in der Epidermis Anthocyane einlagern, die als UV- und Überhitzungsschutz dienen.
Im Querschnitt sind die chloroplastenhaltigen Zellen eng gedrängt. Viel Platz ist hier nicht, da müssen die Zellen ordentlich gestapelt sein.

Und jetzt noch eine Spaltöffnung. Wie man im Übersichtsbild des Blattquerschnittes (Bild 8 ) auf der rechten Seite sieht, knicken beim Schneiden oft die Blattränder um und es entstehen Längsschnitte, in denen man dann Stomata suchen kann.

Bild 13 (Objektiv 40x, Ausschnitt)


Der Gehörnte Sauerklee bildet Samenkapseln aus:

Bild 14


Zu den Samen gibt es bereits einen schönen Beitrag von Gerd Schmahl:

https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=32421.msg239481#msg239481

Ich habe eine der Samenkapseln aufgeschnitten und im Hellfeld betrachtet. Die Kapseln verfügen über einen Mechanismus, durch den die Samen weit herausgeschleudert werden. Die Kapseln sind fünfkammerig, bei zunehmender Reifung geraten die inneren Zellstrukturen allmählich unter Spannung. Das bewirkt zunehmende Zugkräfte, bis die Kapseln schließlich an den Nähten aufplatzen und die Samen herauskatapultiert werden. Dieses Aufplatzen wird als lokulizide Dehiszenz bezeichnet. Ich führe das hier an, weil die wissenschaftlichen Bezeichnungen manchmal schon sehr speziell sind. Lokulizide Dehiszenz, wie schön ist das denn ...  8)

Hier eine der Nähte zwischen den Kammern (Objektiv 40x, Ausschnitt, nativ)

Bild 15


Dann sind mir noch folgende spinnenartige Strukturen aufgefallen, die ich nicht zuordnen kann. Hat jemand eine Idee, um was es sich handeln könnte?

Bild 16 (Vergrößerung wie Bild 15)


Zum Abschluss noch zwei Bilder von Samen, die in der Samenkapsel ruhen

Bild 17 (polarisiertes Licht)


Bild 18 (polarisiertes Licht, Stack)



Wie immer freue ich mich über Kommentare, Berichtigungen und Ergänzungen.






Liebe Grüße
Peter

Alex H.

Hallo Peter,

interessante Doku, sehr schöne Bilder. Vor allem Bild 13 bis 18 finde ich persönlich sehr interessant (als Morphologe sind Schnitte ja nicht so meins  ;) )

Grüße
Alex
Botanik, vorrangig heimische Wildpflanzen, die Morphologie der Sporen, Pollen, Blüten, Früchte und Samen, Blütenökologie, Kryptogamen im Allgemeinen;
Stereolupe: optimiertes LZOS MBS-10; Mikroskop: gut ausgestattetes LOMO Biolam;

Peter T.

Hallo Alex,

herzlichen Dank!

Hast Du eine Idee zu den spinnenförmigen Strukturen (Bild 16)?
Liebe Grüße
Peter

Hans-Jürgen Koch

Plants are the true rulers - Pflanzen sind die wahren Herrscher.

<a href="http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=2650.0" target="_blank">Hier geht es zur Vorstellung</a>

Gerne per "Du"

Alex H.

Botanik, vorrangig heimische Wildpflanzen, die Morphologie der Sporen, Pollen, Blüten, Früchte und Samen, Blütenökologie, Kryptogamen im Allgemeinen;
Stereolupe: optimiertes LZOS MBS-10; Mikroskop: gut ausgestattetes LOMO Biolam;

Peter T.

Liebe Grüße
Peter

Gerd Schmahl

#6
Hallo Peter,
auch ich bin sehr begeistert von Deinem Beitrag. Das Bild 18 ist wettbewerbsreif!
Ist das in Ethanol fixiertes Material? Die Samenkapseln sind ja normalerweise grün und nicht so schön durchscheinend wie bei der von Dir gezeigten.
LG Gerd
Man sagt der Teufel sei, im Detail versteckt,
doch hab' ich mit dem Mikroskop viel Göttliches entdeckt.

Peter T.

Hallo Gerd,

das freut mich sehr, dass es Dir gefällt.

Die Samenkapseln lagen wie die gesamte Probe etwa eine Woche in Ethanol 70%. Die Kapsel siehst Du in Bild 15.

Ich war selbst überrascht, wie im polarisierten Licht die Kapsel diese Leuchtkraft entwickelt. Es ist ein Stack aus vielleicht sieben oder acht Bildern.
Liebe Grüße
Peter

jcs

Hallo Peter,

sehr schöne Doku! Die Bilder von den Samenkapseln können durchaus als Inspiration für die eventuell geplante  Alien-Filme dienen.
LG
Jürgen

Peter T.

Hallo Jürgen, vielen Dank!

Zitat von: jcs in August 17, 2025, 22:07:18 NACHMITTAGSDie Bilder von den Samenkapseln können durchaus als Inspiration für die eventuell geplante  Alien-Filme dienen.


Seit ich das mikroskopiert habe, halte ich immer gebührend Abstand vom Horn-Sauerklee ...
Liebe Grüße
Peter

Gerd Schmahl

#10
Hallo Peter,
kleine Geschichte zum Horn-Sauerklee:
Meine Nachbar im Haus wissen ja auch, dass ich alles unter das Mikroskop packe, was nicht niet- und nagelfest ist und sprachen mich mal an, was denn das für Tiere sein könnten, die rund um ihren Blumentopf im Treppenhaus teilweise bis 1m hoch auch an den Fensterlaibungen sitzen. Tja, da war auch so ein Horn-Sauerklee mit im Topf, der seine Samen um sich geworfen hatte. Die Kraft, mit der die Samen ausgeschleudert werden ist schon gewaltig und sie scheinen relativ klebrig zu sein, zumindest wenn sie frisch "ausgespuckt" wurden.
LG Gerd
Man sagt der Teufel sei, im Detail versteckt,
doch hab' ich mit dem Mikroskop viel Göttliches entdeckt.