Moostierchen, Tipps zur Untersuchungstechnik erbeten

[bzemella]

An alle, die mit Tipps zur Untersuchung von Moostierchen
geben können.
Nachdem ich ich nun endlich Plumatella repens an mehreren Ästchen, die im Wasser lagen, gefunden habe,
stellen sich mir folgende Fragen:
- was ist eine schonende Technik, um einzelne Tierchen aus der Kolonie abzutrennen?
- ab wann riskiere ich, daß die Kolonie abstirbt?
- wächst aus einem oder mehreren Einzeltierchen wieder eine ganze Kolonie?
- kann man auf diese Weise eine ganze Kolonie nachzüchten und sie über längere Zeit halten?
  Vielleicht sogar ganzjährig beobachten?
- Oder ist der Weg über Stato- und Flottoblasten unvermeidlich?
Ich freue mich auf viele Antworten!
Gruß
Bernd

[Spectrum]

Hallo Bernd,

- was ist eine schonende Technik, um einzelne Tierchen aus der Kolonie abzutrennen?

- Am besten sucht man sich einen freistehenden Ast mit 2 oder mehr aufeinender folgenden Einzeltieren und trennt diese mit einer möglichst feinen spitzen Präparierschere an der "Wurzel", also so weit unten wie möglich ab. Ein spitzer Skalpell geht auch. Du kannst auch versuchen einen ausgewachsenen Ast freizupräparieren. Aber da ist die Verletzungsgefahr größer. Andere Arten von Süsswasserbriozoa bilden verschiedene Formen von Kolonien.
Je nach Wuchsform lassen die sich leichter, oder gar nicht vereinzeln. Christatella mucedo z.b. bildet Kolonien mit unterschiedlich spezialisierten Einzeltieren (Zooide). Hier lassen sich nur größere Teile einer Kolonie abtrennen, ohne das die Tiere absterben.

- ab wann riskiere ich, daß die Kolonie abstirbt?

-Schwierig, meiner Erfahrung mit Plumatella und Christatella nach ist eine Kultivierung in Petrischalen oder kleinen Gefäßen über längere Zeit sehr schwierig.
Das Problem: Moostierchen sind extrem gefräßig. Sie brauchen stetig Nachschub an Nahrung (Plankton in mundgerechter Größe).
Da bekommt man schnell Probleme mit der Wasserqualität. Und da sind die schönen Tierchen sehr empfindlich. Sobald es aufgrund von eutrophierung zu Sauerstoffmangel, Ammoniakbildung kommt sterben sie sofort ab. Ausserdem mögen sie es nicht warm. Kühle Temperaturen, stetiger Wasserwechsel (mit Fundortwasser, kein Volvic) und ausmisten der Kotbällchen, ständiges Nachfüttern, dann geht's für eine Weile. Sehr Zeitintensiv! Wenige Tiere und viel Wasservolumen in Relation macht es einfacher. Kolonien mit vielen Tieren bekommt man auch so nicht in den Griff.
Besser geht die Haltung in einem kleinen Aquarium.

- wächst aus einem oder mehreren Einzeltierchen wieder eine ganze Kolonie?

-Bei Plumatella repens theoretisch ja, bei Christatella mucedo brauchst du ein größeres Stück einer Kolonie, oder eine Flotoblast bzw "Keimling". Man sollte aber beachten das es in einem solchen Aquarium auch Bereiche gibt die bessere, und andere die weniger gute Lebensbedingungen bieten.

- kann man auf diese Weise eine ganze Kolonie nachzüchten und sie über längere Zeit halten?
  Vielleicht sogar ganzjährig beobachten?

-Am vielversprechensten dürfte da wie schon gesagt, die Haltung in einem kleinen (eingefahrenem!) Aquarium mit Wasserpflanzen (Hornkraut,Wasserpest) und einem Minisprudler für einen leichten Wasserstrom sein. Freßfeinde wie z.b. Planarien können dir aber auch da die Suppe versalzen. Die Sommerhitze auch.

- Oder ist der Weg über Stato- und Flottoblasten unvermeidlich?

-Das wäre eigentlich egal. Wenn die Bedingungen stimmen wächst eine Kolonie aus beiden. Der Vorteil an Flotoblasten wäre, das man die auch erstmal in kleinen Petrischalen beim Keimen beobachten kann. Nur wachsen die dort nicht so ohne weiteres weiter.

Frische Flotoblasten von Christatella hab ich übrigens hier. Kann ich abgeben.
Ausserdem würde es mich sehr wundern wenn deine gefundenen Plumatella nicht auch schon Statoblasten ausgebildet hätten.
Wie die aussehen, siehst du hier:
https://youtu.be/PQSaT1d81E0?si=v9HF-nKpMaN0yOIc
Die lassen sich ganz einfach ernten, bzw kann man die aus einer abgestorbenen Kolonie ganz einfach absammeln. Sie sollten aber schon braun und nicht so hell wie in meinem Video sein, sonst sind sie nicht reif.

Ein Tipp für den Anfang:
Deine gesammelten Kolonien halten im Kühlschrank 8°C mehrere Tage.
Bei Zimmertemperatur höchstens 2Tage, und im Brutofen (Kornrade 2025) höchstens einen Tag.
Liebe Grüße Holger

[bzemella]

Lieber Holger, an den Statoblasten hätte ich Interesse. Wie kommen wir zusammen?
Gruß Bernd

[Gerd Schmahl]

Hallo Bernd,
das ist doch ganz einfach: Die Statoblasten kommen in die Selke, die Selke fließt in die Bode, die Bode in die Saale und diese in die Elbe. Das Wasser aus dem Südharz kommt bei Dir in Hamburg vorbei. Du musst nur Dein Planktonnetz reinhalten.
LG Gerd

[Jürgen Boschert]

Lieber Gerd,

einfach genial, herzlichen Dank für diesen liebevoll erheiternden Beitrag.

[Spectrum]

Hallo Jungs,
Also genaugenommen geht es über die Zorge los, nicht über die Selke, und dann weiter über die Helme in die Unstrut und von da dann weiter wie Gerd es schon ausgeführt hat.
Lieber Bernd ich hab dir eine PN geschrieben. Falls die nicht angekommen ist, versuch es doch gerne umgekehrt und schreib mir eine PN mit einer Kontaktmöglichkeit.
Grüße Holger

Und lieber Gerd,
Die Suppe,
die wir in die Elbe ablassen,
haben wir morgen wieder
in den Suppentassen.😉

[Gerald]

Guten Morgen Bernd,

ich habe positive Kultur-Erfahrung mit Plumatella repens und negative Erfahrungen mit Christatella mucedo. Da Deine Frage Richtung Plumatella geht:

- Ablösen kannst Du sie unter Anderem mit einem Skalpell. Die Einzeltiere oder besser Zweige einer Kolonie schwimmen dann auf. Am Besten mit einem Deckglas auf dem Boden einer Petrischale einklemmen. Sie haften sich mit der Zeit am Boden an und dann kannst Du die Beschwerung wieder entfernen.

- eine Kolonie stirbt Dir ab, wenn die Wasserqualität nicht mehr stimmt und vorallem bei zu geringem Futterangebot. Zum Glück ist Plumatella nicht besonders empfindlich und stellt keine hohen Ansprüchen an die Wasserqualität. Am Besten Fundortwasser verwenden und immer Reserve im Kühlschrank lagern. Futter: ich konnte Plumatella über 2 Jahre in Cokultur mit Chilomonas paramecium halten. Auch Euglena gracilis und Haematococcus pluvialis (was ich halt in Kultur hatte) wird genommen.

- aus einem Einzeltier oder Zweig entwickelt sich dann wieder eine Kolonie. Es kommt immer auf das Futterangebot an. Mit der Zeit bilden sich auch Flotoblasten, welche nach dem Absterben der Einzeltiere aufschwimmen. Diese kannst Du absammeln und einfrieren. Mind. 3 Monate Ruhezeit, dann in Kulturmedium bringen und sie "keimen" nach ca. 3 Tagen. Sehr interessant.

- Im Herbst kann man wunderbar im Spühlsaum von Gewässern die verschiedensten Flotoblasten absammeln. Wie geschrieben am Besten einfrieren, ruhen lassen und dann "keimen" lassen.

Moostierchen sind absolut faszinierend - viel Spass dabei.

Viele Grüße

Gerald

[bzemella]

Lieber Spectrum,
mein Interesse ist groß , aber meine technischen Fähigkeiten mit diesem Forum eher klein. Ich hätte Interesse an Deinem Angebot. Aber weder auf WhatsApp oder FaceTime (Ich habe beides bislang noch nicht benutzt...) oder auch Deine Telefonnummer hat mir nichts genützt.
Schreib mir doch bitte eine E-Mail (das ist das einzige, was ich kann) nach
bzemella@gmx.de
Vielleicht hast Du noch etwas Geduld mit einem Oldie.
Gruß
Bernd

[Gerd Schmahl]

Hallo Bernd,
es ist ganz einfach, noch einfacher als mit der Flaschenpost: Klicke auf die kleine Sprechblase unter Holgers Avatarbild bzw. unter der Anzahl seiner Beiträge. Dann geht ein Fenster auf für das Schreiben einer PM (persönlichen Mitteilung) an Holger.
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LG Gerd