Spaß beim Tümpeln mit Leitz-Technik

Begonnen von Ole Riemann, Oktober 06, 2025, 21:29:21 NACHMITTAGS

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Ole Riemann

Liebe Mikroskopie- und Leitz-Freunde,

Ich möchte in diesem Beitrag zwei Aspekte zusammenführen, die bei den meisten von uns in unterschiedlicher Gewichtung die Freude am Hobby Mikroskopieren ausmachen: einerseits Spaß an der mikroskopischen Technik und andererseits Interesse an den Beobachtungsobjekten, die einem das Mikroskop erschließt.

In den vergangenen Wochen habe ich mich verstärkt meinen älteren Leitz-Mikroskopen (cremeweißes Orthoplan aus den 1980er- und schwarzes Laborlux aus den 1960er-Jahren) zugewandt und hierbei unterschiedliche Optiken, Kontrastverfahren (Hellfeld und Interferenzkontrast nach Smith, ICT für 170 und 160 mm TL) und Beleuchtungstechniken bei der Dokumentation (LED, Niedervoltleuchte, Blitz) ausprobiert. Hierbei ist mir wieder deutlich geworden, wie schön es ist, mit den älteren Leitz-Mikroskopen der Endlich-Generation mikroskopische Objekte des Wassertropfens zu beobachten und zu fotografieren: zeitlos gute Optik, ein satt und kontrastreich zeichnender Interferenzkontrast und überragende mechanische Eigenschaften.

Die allerhöchste Auflösung erreichen die beiden Generationen des ICT nicht, denn die zugehörigen Kondensoren verfügen beide nur über eine ausklappbare Frontlinse NA 0,9. Die Objektive der älteren Variante (TL 170 mm) zeigen bei kritischer Betrachtung deutliche chromatische Fehler, es sind aber auch nur schlichte Planachromate (25/0,50; 40/0,65; 100/1,3 bei meinem System, es gibt auch noch ein 16:1). Wenn man diese Objektive aber mit einem grünen Interferenzfilter verwendet (ich nutze einen vom Olympus BH2, IF 550), ist dieses ICT-System hervorragend – insbesondere, wenn man einen starken Kantenkontrast z.B. für dünne, transparente Protisten mit feinen Filopodien benötigt.

Bei aller Bewunderung für die modernen, großen Forschungsmikroskope – ein Leitz Laborlux ist mit wenigen Handgriffen in der Exkursionskiste verstaut und leistet für die meisten Beobachtungsaufgaben und Dokumentationsanforderungen fast genauso viel wie ein großes Forschungsstativ von Leica, Zeiss oder Olympus. Viel wichtiger ist die sorgfältige Präparation der Objekte, die Geduld bei der Einstellung des Mikroskops und dass man mit seinen Geräten vertraut ist. Aber natürlich ist Freude an Hochleistungstechnik legitim und Teil unseres Hobbies – mich reizt es aber auch auszutesten, wie weit man mit vergleichsweise einfacherer Technik kommt.

Phacus longicauda (Hellfeld, Plan Apo 40/0,75), neben den linsenförmigen, grünen Plastiden fallen die hellen, zahlreichen Paramylonkörper auf:

Phacus_longicauda.jpg

Euastrum verrucosum (Hellfeld, Plan Apo 40/0,75), eine besonders attraktive Euastrum-Art mit sechs basalen Anschwellungen pro Halbzelle, die mit feinen Papillen besetzt sind:

Euastrum_verrucosum_2.jpg

Euastrum verrucosum (ICT, Plan Fluotar 40/0,70):

Euastrum_verrucosum.jpg

Micrasterias americana (ICT, Plan Fluotar 40/0,70), eine Micrasterias-Art, die minimal von perfekter Symmetrie abweicht (die zwei Fortsätze an den Polarlappen zeigen einmal zum Betrachter hin, einmal vom Betrachter weg):

Micrasterias_americana.jpg

Ochromonas cf. perlata (ICT, Planachromat 100/1,3, mit Interferenzfilter IF 550), die Pfeile verweisen auf lichtbrechende Granulen unterhalb der Zellmembran (Fl=Flagellum, kV=kontraktile Vakuole):

Ochromonas_perlata.jpg

Nuclearia caulescens (=Actinosphaeridium pedatus) (ICT, Planachromat 40/0,65, mit Interferenzfilter IF 550), Öt=Öltropfen, Nu=Nukleus, Ba=Bakterien (die die Oberfläche der Gallerthülle besiedeln und dadurch ihre Ausdehnung und Grenze markieren):

Nuclearia_cf.caulescens.jpg
Nuclearia_cf.caulescens_2.jpg

Paracondylostoma setigerum (ICT, Planachromat 40/0,65, mit Interferenzfilter IF 550 und Blitz), Man=Makronukleus, Min=Mikronukleus, Tc=Tastcilien, Cs=Cytostom:

Condylostoma_setigerum.jpg

Hyalosphenia papilio (ICT, Plan Fluotar 40/0,70), eine hübsche Schalenamöbe, die mit symbiontischen Algen vergesellschaftet lebt:

Hyalosphenia_papilio.jpg

Microgromia socialis (ICT, Planachromat 100/1,3, mit Interferenzfilter IF 550), zwei Exemplare aus einer dichten Population, die sich am Oberflächenhäutchen einer Moorprobe aus Österreich entwickelt hat. Es handelt sich um amöboide Zellen, die in einem Gehäuse (Gh) leben, einen ausgeprägten Zellkern mit lichtmikroskopisch gut erkennbarem Nukleolus haben (Nu), eingedrungenes Wasser über kontraktile Vakuolen (kV) ausscheiden und von einem Plasmastiel (Ps) ausgehend ein verzweigtes und anastomosierendes Netz an Filopodien (Fp) in ihre Umwelt strecken. Der Pfeil verweist auf das Septum an der Gehäuseöffnung:

Microgromia_socialis.jpg

Schöne Grüße

Ole

Thomas Böder

Ältere Leitz Mikroskope...  :D
Da geht noch was!  8)
Hauptmikroskope: Leitz Panphot, Ortholux, Zeiss Nf u. Technival u. Citoval 2, Reichert Zetopan
Kleinmikroskope: reichlich...

Peter_le

Guten Abend Ole,

Sehr schöne Bilder und wieder was gelernt. Interessante Amöbe!

Grüße
Peter

Florian D.

Lieber Ole,

schlicht und doch meisterhaft!

Viele Grüsse
Florian

SNoK / Stephan Krall

Lieber Ole,

schön, dass du die Fahne für Leitz hochhältst. Wie du weißt, habe ich am Pillersee meine Aufnahmen mit dem Letz Dialux, 170 mm, Smith DIK, gemacht. Zuhause habe ich die dann mit Aufnahmen durch das Leica DMRB ergänzt. Als ich die letzten Tage meine Aufnahmen durchschaute, merkte ich, das ich bei manchen Objekten nachschauen musste, mit welchem Mikroskop ich sie gemacht habe, trotzdem das Leitz nur Planachromate hat, das Leica PlanApos oder Planfluotare. Ich würde gerne was zeigen, bin aber gerade auf dem Weg nach Italien. Dabei habe ich nur mein kleines ,,Für-alle-Fälle" Mikroskop von Lomo mit schiefer Beleuchtung. Vielleicht kann ich das nach Rückkehr machen.

Grüße
Stephan
Mikroskope: Leica DMRB, Leitz Dialux (beide mit DIK), Lomo MBD-1 ("Für-alle-Fälle-Mikroskop")
Stemis: Zeiss 508, Wild Heerbrugg M5
Kameras: Sony alpha 6500 und 6400
Webseite: https://kralls.de
Vorstellung: https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=41749.msg308026#msg308026

Peter T.

Hallo Ole,

sehr eindrucksvolle Demonstration der Möglichkeiten mit dem Leitz. Tolle Aufnahmen!
Liebe Grüße
Peter

Spectrum

#6
Hallo Ole,
Eine eindrucksvolle Bilderserie und dann auch noch so informativ beschriftet, super!
Kannst du etwas zu der Funktion der granulären Strukturen bei Ochromonas sagen?
Sind das eventuell Mucocysten oder Stomatocysten?
Oder sieht man da schlichtweg eine Vacuole die Chrysolaminrin ablagert?
LG Holger
Holger
Duzen und meine Bilder (auch ungefragt)  bearbeiten, mit eigenen Aufnahmen ergänzen und weitergeben erwünscht!

purkinje

Hallo Ole,
ich kann mich nur anschließen, ein sehr schöner und auch wichtiger Beitrag um diesen unterschätzten Universalisten (das schwarze, dreiecksfüßige Laborlux III) unter den alten Durchlichtmikroskopen zu würdigen.

Du hast die Robustheit und Präzision der mechanischen Elemente bereits erwähnt. Alte Hasen fremdeln oft mit dem kombinierten Grob- und Feintrieb (Einknopfbedienung), Leitz-Unkundige denken oft wegen des einen Triebknopfs gar, es gäbe keinen Feintrieb. In der Spätphase dieser Modellreihe gab es dann sogar einen Zwieknopf / Dual-Trieb ("...-D"), welcher jedoch mechanisch anfälliger ist.

Die Auswahl an 170mm und ja ebenfalls funktionierender 160mm Leitz-Optik ist auf dem internationalen Markt ist erfreulich hoch. Die von dir erwähnten NPL-Objektive (170mm Planachromate ), die beim oben gezeigten alten ICT ebenfalls verwendet wurde, kennzeichnet sich übrigens durch verschiedene Generationen, welche sich äußerlich leicht, aber vor allem auch bzgl. ihrer Abbildungsqualität unterscheiden.
Klasse auch, dass Du die Verwendung von Lichtfiltern zeigst, jenseits von UV selten bis gar nicht gezeigt.
Die von Dir gezeigten Hellfeldbilder unterstreichen wieviel Freude man mit alter Leitz-Optik haben kann, wenn man in PL Apos investiert. 

Wahrscheinlich nicht nur mich interessiert natürlich Deine Beleuchtung und auch die Fotoadaptation an Deinem Laborlux, eventuell findest Du ja Zeit und Lust uns Diese einmal zu zeigen.

Beste Grüße Stefan




A. Büschlen

Lieber Ole,

danke, dass du mit uns deine Erlebnisse am Mikroskop teilst.
Deine Einleitung:
ZitatIch möchte in diesem Beitrag zwei Aspekte zusammenführen, die bei den meisten von uns in unterschiedlicher Gewichtung die Freude am Hobby Mikroskopieren ausmachen: einerseits Spaß an der mikroskopischen Technik und andererseits Interesse an den Beobachtungsobjekten, die einem das Mikroskop erschließt.
trifft es!

Und:

ZitatViel wichtiger ist die sorgfältige Präparation der Objekte, die Geduld bei der Einstellung des Mikroskops und dass man mit seinen Geräten vertraut ist.

Suchst du die Objekte am Stereomikroskop geziehlt aus, oder gibst du Tropfen auf den OT und suchst am Mikroskop darin? Welche DG Grösse bevorzugst du?

Viele Grüsse Arnold
Schwerpunkt z.Z.:
- Laub- und Lebermoose.
- Ascomyceten als Bryoparasiten.

Ole Riemann

Liebe Kollegen, danke für Euer Interesse!

Holger, über die Funktion der lichtbrechenden Granulen bei Ochromonas weiß ich nichts näheres. In der Zellmitte sieht man (auch bei meinen Exemplaren) einen Leucosin-Körper, der vermutlich der Speicherung von Assimilaten dient.

Arnold, nicht immer isoliere ich einzelne Objekte, aber wenn, dann arbeite ich unter dem Mikroskop bei Lupenvergrößerung. D.h. ein paar Tropfen der Probe auf einen Objektträger geben und Einzelindividuen mit einer ausgezogenen Pipette auslesen. Neben dem Lupenobjektiv sitzt bei mir ein 10:1 Objektiv mit ausreichendem Arbeitsabstand, um auch mal bei höherer Vergrößerung im nicht abgedeckten Tropfen zu prüfen, was gerade vorliegt. Aber isoliert wird immer mit einem 2,5:1 oder 4:1 Objektiv. Diese Art des Vorgehens hat mir Martin Kreutz gezeigt. Als Deckgläser nehme ich meistens 18x18mm, manchmal auch 24x32mm.

Stefan, ich werde bei Gelegenheit die Kamera-Adaptation am Laborlux noch zeigen. Hier in Worten vorab: Ich arbeite seit Jahren mit der Canon EOS 700D (APSC-Sensorformat). Als Foto-Okular nehme ich meist das Leitz Periplan GW 6,3x (30mm, vom Orthoplan), das in den Fotoausgang am Laborlux passt. Als Relais-Optik verwende ich das ZEISS-System f=63mm aus der Endlich-Ära mit dem zugehörigen Tubus und Klemmung. Das klappt hervorragend. Als Beleuchtung habe ich bisher nur die ursprüngliche Niedervolt-Einschubleuchte, die aber ausreichend Helligkeit selbst für die 100:1 Ölimmersion im Interferenzkontrast liefert (Belichtungszeit ca. 1/60 bei ISO 400).

Schöne Grüße

Ole




Gerald

Guten Morgen Ole,

vielen Dank für Deinen interessanten Beitrag und die einwandfreien, sehr schönen Bilder. Ich habe keine weiteren Fragen, möchte aber trotzdem meine Wertschätzung ausdrücken.

Viele Grüße aus dem hohen Norden.

Gerald
Ich bin auf der Suche nach einem Kulturansatz von Cryptomonas. Vielleicht kann jemand helfen.

www.lebendkulturen.de

andr_brno

Lieber Ole,
danke für den Artikel und die Fotos, die die Leistungsfähigkeit der alten Leitz Optik beweisen. Ich verwende auch sehr viel einen gut justierten und abgestimmten Smith-DIK am Ortholux I und bin immer wieder begeistert. Nur mit dem Fotografieren klappt es nicht so, da fehlt mir die Geduld.
Mich würde aber trotzdem Weiteres zu der Beleuchtungstechnik mit Filtern und, Stefan, zu den Generationen der 170-NPLs interessieren. Nebenbei bin ich immer davon ausgegangen, dass die Leitz NPL-Objektive "teilgeebnete Halbachromaten" wären, also Flourit-Systeme.
Grüße
Andreas

purkinje

Hallo Ole,
besten Dank für die Antwort zur Fotoadaptation und Beleuchtung.

Hallo Andreas,
meine Hypothese zu der letzten Generation von NPLs (durchgehender dicker Rändel an der Basis statt Dopelrändel) geht auch in diese Richtung von Halbapos/FL, inwieweit das alle Vergrößerungen betrifft und ob man neben dem Unterschied im Kontrastverhalten auch bessere chromat. Korrektur findet, müsste noch etwas systematischer gezeigt werden. Aber das wäre besser in einem extra Faden weiter zu verfolgen.
Beste Grüße Stefan

Ariel Qassis

Very nice images and explanation.
I sympathise with your findings, as I own an Olympus BHS system from the 80's, as well as Olympus BX, both with DIC, PlanApo objectives and 1.4 NA condenser.
The difference between the systems is minimal, and the only reason I prefer the BX is that it allows direct projection, in contrast to the 2x minimum crop on the BHS.
 

Spectrum

Hallo Ole,
Vielen Dank für die weitere Erklärung.

Was die Mikroskopie mit älteren Mikroskopen angeht, gehe ich mit dem bisher gesagten absolut mit. Vielleicht wäre auch noch eine Sache anzufügen:
Viele ältere Stative sind in meinen Augen einfach zeitlos schön!
Grüße Holger
Holger
Duzen und meine Bilder (auch ungefragt)  bearbeiten, mit eigenen Aufnahmen ergänzen und weitergeben erwünscht!