Übungen für fortgeschrittene Stereogucker

Begonnen von Heribert Cypionka, Oktober 30, 2025, 20:31:36 NACHMITTAGS

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Lupus

Hallo,

beim letzten Spot-Stereogramm mit dem Kreis kann man je nach Augenstellung und Fokussierung 4 Varianten erhalten, vom Kreis im Vordergrund über zwei verschiedene Bilder mit seltsam zusammengesetzten Kreisbruchstücken in 3 bzw. 4 Ebenen bis zur kreisförmigen Öffnung im Vordergrund. Das könnte an einer erkennbaren horizontalen Periodizität des "statistischen" Hintergrundmusters liegen (was eigentlich nicht sein sollte).

Hubert

Heribert Cypionka

Stimmt, die Beobachtung habe ich auch gemacht, woran es liegt, weiß ich nicht....

Manfred Melcher

Zitat von: Lupus in November 01, 2025, 11:34:21 VORMITTAGTrotz der dann hohen SW-Rezeptorendichte nimmt die Sehschärfe kontinuierlich vom Zentrum zum Rand hin stark ab, bei 20° ist die relative Sehschärfe auf nur noch 10% der zentralen Sehschärfe abgesunken. Das liegt an der Abbildungsqualität der Augenlinse. Aber natürlich lässt sich auch dort noch Stereosehen ermöglichen soweit es die Bildschärfe zulässt.

Hallo Hubert,

vielen Dank für die interessanten Ausführungen. Mit der zitierten Aussage habe ich allerdings meine Probleme. Das Nachlassen der Sehschärfe beim Wechsel zum Stäbchensehen dürfte nur sehr untergeordnet durch Abbildungsfehler der Augenlinse verursacht sein. Vielmehr sind die Rezeptoren mit zunehmendem Abstand vom Sehzentrum zu Gruppen verschaltet. Dies dient zur Erhöhung der Lichtempfindlichkeit auf Kosten der Sehschärfe. Einzelverschaltete Sehzellen gibt es wohl nur bei den Zäpfchen und dies auch nur im Sehzentrum. Die Abbildungsqualität der Augenlinse kann bei dieser Abweichung von 20° kaum so stark abfallen und wird eher von der Blendenöffnung (Pupillenweite) beeinflusst. Außerdem würden sich diese Fehler auch zentral auswirken. Falls du Astronomie betreibst, kennst du vielleicht die Technik, lichtschwache Objekte, die an der Wahrnehmungsgrenze liegen, durch diese peripheren lichtemofindlicheren Netzhautstellen zu fixieren. Sie werden dadurch nicht schärfer abgebildet aber überhaupt sichtbar, was bei direkter Fixierung nicht möglich wäre. Würde die Abbildungsqualität der Augenlinse eine Rolle spielen, müsste das Bild in diesem Falle viel schärfer sein.

Liebe Grüße
Manfred

Lupus

Hallo Heribert,

ZitatStimmt, die Beobachtung habe ich auch gemacht, woran es liegt, weiß ich nicht....
ich habe das Funktionsprinzip dieser "Einzelbildstereogramme" oder "Autostereogramme" nochmal nachvollzogen: Die Funktion gegenüber zwei getrennten Bildern mit Kreuz- oder Parallelblick besteht darin dass der Hintergrund horizontal periodische Muster aufweist, mit nicht zu großer oder zu kleiner Periodizität. Gerade so dass man je nach Bildgröße und Betrachtungsabstand das Bild z.B. im Parallelblick um genau einen Periodenabstand versetzt verschmelzen kann. Wenn das Muster genau periodisch ist ändert sich am versetzt verschmolzenen Bild nichts gegenüber dem normal betrachteten Bild.

Wenn aber eine räumlich abzubildende Struktur wie hier z.B. ein Kreis verwendet wird um das Hintergrundmuster um einige Pixel nach links zu verschieben, die Verschiebung am rechten Kreisrand aber wieder reduziert wird und das Muster auf die alte Position zurück kehrt, dann sehen beide Augen dort wo der Kreis sein soll unterschiedlich überlappende Hintergrundmuster, und daher einen in der Tiefe versetzten Kreis. Hier habe ich beim schon gezeigten Autostereogramm zur Demonstration das gleiche Bild - um eine Periode verschoben (siehe roter Pfeil rechts oben) - in roter Farbe mit 50% Transparenz überlagert gezeichnet. Man sieht den Hintergrund wieder unverändert deckungsgleich, der Kreis hebt sich aber für die beiden Augen unterschiedlich verschoben deutlich ab.

Wenn dann bei entsprechender Bildgröße/Betrachtungsabstand auch eine doppelte Verschiebung durch stärkeres "Schielen" möglich wird, kommen solche Effekte mit "zerstückelten" Objektformen in zusätzlichen Tiefenebenen zustande.

RandomDotStereogramm Kreis Prinzip.jpg

Weil ich das Bild so faszinierend finde noch eine weiteres Autostereogramm ohne "störenden" seltsamen Hintergrund: Auf Wikipedia zu dem Thema fand ich dieses Beispiel eines Schachspiels, wo die notwendige Periodizität durch den horizontalen Schachfigurenabstand gegeben ist. Durch die perspektivische Verzerrung (siehe nach hinten divergent verlaufende Schachbrettlinien) sind die Figurenabstände allerdings vorne und hinten nicht gleich. Wenn man dieses Bild mit Parallelblick betrachtet entsteht ein vollkommen ungestörtes farbiges 3D-Bild. Der horizontale Abstand benachbarter Schachfiguren darf dabei natürlich nicht größer als der Augenabstand sein. Hier ist der Trick dass durch die echte Perspektivenänderung von Schachfigur zu Schachfigur die beiden Augen jetzt reale, perspektivisch unterschiedliche Bilder sehen.



Hubert

Lupus

Hallo Manfred,

ZitatDas Nachlassen der Sehschärfe beim Wechsel zum Stäbchensehen dürfte nur sehr untergeordnet durch Abbildungsfehler der Augenlinse verursacht sein. Vielmehr sind die Rezeptoren mit zunehmendem Abstand vom Sehzentrum zu Gruppen verschaltet.
Es ist richtig dass die geringere periphere Sehschärfe auch von der Verschaltung insbesondere der Stäbchen abhängt. Die Dichte der Ganglienzellen nimmt im ähnlichen Maße zum Rande hin ab wie auch die Sehschärfe. Daraus folgt aber nicht unbedingt ein ausschließlicher direkter Zusammenhang mit der Sehschärfe, weil wiederum die Änderung der Sehzelleneigenschaften nach außen hin etwas mit der evolutionären Funktion (z.B. Erkennen von Bewegung und Gefahren, auch in Dunkelheit) sowie der optimalen Anpassung an die bestehenden optischen Mängel des Auges zu tun hat.

ZitatDie Abbildungsqualität der Augenlinse kann bei dieser Abweichung von 20° kaum so stark abfallen und wird eher von der Blendenöffnung (Pupillenweite) beeinflusst. Außerdem würden sich diese Fehler auch zentral auswirken.
Zwischen den axialen und den peripheren Bildfehlern gibt es bezüglich der physikalischen Ursache große Unterschiede, Koma oder Astigmatismus treten nur bei außeraxialen Strahlenbündeln auf. Das Auge ist kein sehr gutes optisches System, es besteht im Prinzip nur aus einer Linse und kann daher solche Fehler nicht kompensieren (etwas korrigierende Effekte gibt es durch die z.T. asphärische Form der Augenlinse). Das Bild zeigt schematisch typische außeraxiale unsymmetrische Bildfehler. Das 2. Bild die gerechnete Bildqualität eines Objektpunktes für eine augenähnliche Linse bis 20° außeraxialer Abstand und mittlerem Pupillendurchmesser (4 mm).

Auge Bildfehler.jpg

Bildfehler Peripherie 20grd.jpg

Z.B. beträgt der Farbfehler zwischen Blau und Rot bis zu 1.5 Dioptrien, d.h. man kann ein voll chromatisches Objekt nicht scharf sehen. Das wurde aber durch die Evolution dadurch Großteils kompensiert dass es im innersten Netzhautbereich der schärfsten Sehens, der Foveola, nur noch grüne und rote Zapfen gibt. So wie auch die zentrale Zapfengröße nahezu ideal mit dem notwendigen Sensordurchmesser für die beugungsbegrenzte Auflösung des Auges übereinstimmt. Ich gehe jedenfalls davon aus dass sich auch die periphere Stäbchenzahl und ihre Verschaltung z.T. an die reale optische Abbildungsqualität angepasst hat.

Hubert

Heribert Cypionka

Hallo Hubert,

Zitatdass der Hintergrund horizontal periodische Muster aufweist, mit nicht zu großer oder zu kleiner Periodizität.

ich kenne einen Fall, bei dem es auch mit Mustern im Vordergrund interessante 3D-Effekt gibt: Unser Backofen hat ein Fenster mit regelmäßig angeordneten schwarzen Punkten. Wenn ich da hindurch aus einer passenden Entfernung auf mein Brot schaue, sehe ich sehe ich darauf räumlich gestaffelte Querfurchen...

LG
H.