Schwefel im Zerfall - für alle, die noch nicht genug haben

Begonnen von Fahrenheit, Dezember 20, 2008, 09:19:27 VORMITTAG

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Fahrenheit

Einen schönen guten Morgen!

Der Schwefel hat es mir ja nun angetan. Bei meiner Anfrage zur Herstellung von Dauerpräparaten hatte Klaus mich darauf hingewiesen, dass Schwefel eine metastabile Kristallstruktur hat, sich die Kristalle also verändern würden.

Wer genaueres wissen möchte: hier ein guter Link zum Thema:
Schwefel

Also habe ich mir meine Schwefelkristalle aus der Schmelze nun nach 6 Tagen 'Liegezeit' bei Raumtemperatur und ca. 80% Luftfeuchtigkeit noch einmal vorgenommen.

Das Ergebnis möchte ich nun vorstellen und zeigen, dass auch Zerfall noch sehr ästhetisch sein kann  ;)

Zunächst einige Aufnahmen im polarisierten Durchlicht ohne Hilfsobjekt, 100x mit 10x Leica Achromat, Phototechnik wie immer:

Bild 1: Die großflächigen Kristallstrukturen des frischen Präparates zerfallen über die Grenzen der Spannungsrisse hinweg zu kleineren Kristallen und verlieren auch ihre doppelbrechenden Eigenschaften (zumindest ist das meine Deutung der dunklen Flächen).


Bild 2: Hier ein anderer Ausschnitt mit unterschiedlichen Stadien. Interessant finde ich den oberen Bereich, in dem die alte Kristallstruktur vordergründig noch erhalten ist, im polarisierten Licht aber deutlich matter erscheint.


Bild 3: Nun ein Ausschnitt an der Grenze zwischen einer dünneren und einer dickeren Schicht des Präparats.


Nun noch eine 'Zoomfahrt' aus 4 Bildern (gleicher Ausschnitt wie Bild 2), diesmal mit Hilfsobjekt aus Acryl (die bekannte CD-Hülle).

Bild 4: 40x (Objektiv 4x Leica Achromat)

Das Bild ist leicht nachgeschärft.

Bild 5: 100x (Objektiv 10x Leica Achromat)


Bild 6: 200x (Objektiv 20x Leica C-Plan)


Bild 7: 400x (Objektiv 40x Leica C-Plan)


Die Bilder sind - soweit nicht anders vermerkt - bis auf die Wahl des Ausschnittes nicht nachbearbeitet.

So, das war's von meiner Seite mit Schwefel - versprochen!  ;D

Einen schönen Samstag!
Jörg
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Bernhard Lebeda


Hallo Jörg

Zitat
Bild 1: Die großflächigen Kristallstrukturen des frischen Präparates zerfallen über die Grenzen der Spannungsrisse hinweg zu kleineren Kristallen und verlieren auch ihre doppelbrechenden Eigenschaften (zumindest ist das meine Deutung der dunklen Flächen).

interessante Theorie, was sagen die Chemiker dazu? Hast Du die Probe gedreht? Wenn keine Dopelbrechung mehr vorliegt, müssen die Stellen unter allen Azimuten dunkel bleiben!


Zitat
Die Bilder sind - soweit nicht anders vermerkt - bis auf die Wahl des Ausschnittes nicht nachbearbeitet.

So, das war's von meiner Seite mit Schwefel - versprochen!  ;D



Ooch, ich könnte noch nen Nachschlag vertragen, die Bilder sind von beindruckender Qualität!!


Viele Grüsse vom Pol

Bernhard

hinrich husemann

Hallo Freunde des gelben Elements,
fester Schwefel ist "polymorph"; bei hoher Temperatur entstehen aus der Schmelze zunächst monokline Kristalle; die sich bei tieferen Temperaturen (unter 95°C) langsam umwandeln in rhombische (bei Zimmertemperatur dauert das u.U. einige Tage). Da diese eine etwas andere Dichte haben; sich dabei also das Volumen ändert, "zerbröselt" das vorher Zusammenhängende natürlich.  Bezüglich der Doppelbrechung vermute ich das Gleiche wie Herr Lebeda, denn die rhombischen Kristalle sollten doppelbrechend sein (nur kubische sind es nicht).
Schwefelgelbe vorweihnachtliche Mikrogrüsse
H. Husemann

Klaus Herrmann

Hallo Bernhard/Jörg

ZitatBild 1: Die großflächigen Kristallstrukturen des frischen Präparates zerfallen über die Grenzen der Spannungsrisse hinweg zu kleineren Kristallen und verlieren auch ihre doppelbrechenden Eigenschaften (zumindest ist das meine Deutung der dunklen Flächen).


interessante Theorie, was sagen die Chemiker dazu? Hast Du die Probe gedreht? Wenn keine Dopelbrechung mehr vorliegt, müssen die Stellen unter allen Azimuten dunkel bleiben!


Zur Theorie der schwarzen Löcher kann man sicher in Wicki was finden. Das wird diese schwarzen Flächen aber nicht erhellen ;)

Wenn bei gekreuzten Polarisatoren etwas dunkel bleibt, dann ist das entweder nichts doppelbrechendes oder es ist eben gar nix.

Das letzere ist hier sicher der Fall und die Risse sind genau aus dem selben Grund schwarz.

Bei diesem Schmelzpräparat von Pyrogallol ist halt überall, wo nix ist "schwarz" bzw in diesem Fall dunkelblau, weil ich mit einer Kombination Lambda und Lambda/4tel. gearbeitet habe.

Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


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Fahrenheit

Hallo Bernhard, Hinrich und Klaus,

nun, dass da was ist, zeigen die Bilder 2 und 5 im Vergleich.  Bild 2 ist ohne Hilfobjekt aufgenommen und Bild 5 zeigt die selbe Stelle mit der CD-Hülle.

Ich werde den Schwefel noch mal auflegen und schauen, ob sich da ohne Hilfsobjekt bei Drehung was tut.
Das Ergebnis kommt dann gleich.

Bernhard, vielen Dank für das Lob und den Wunsch nach mehr. Wenn ich mich nicht zurückhalten kann, werde ich mich einfach auf Dich berufen . ;D

Allen vielen Dank für die Anregungen! Ich habe zwar beim Nachlesen häufig den Verdacht, dass das Gelesene auch schon mal Inhalt meines Chemie LK gewesen ist, aber die Zeit schüttet auch im Gedächnis vieles zu, was nicht genutzt wird. Das neu Entdecken und Freilegen macht mir jedenfalls riesigen Spaß.  :)

Jörg
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Klaus Herrmann

Hallo Jörg ich hab mal eines Deiner schönen Bilder genommen und da, wo für mich erkennbar nichts mehr ist einen + gemacht (Loch) und da wo die Schichtdicke auf null ausläuft einen *(auskeilend) gemacht.

Trifft das zu? sonst zeig mal den selben Ausschnitt im DF, da sollte man dann Kristalle sehen, wenn welche da sind.
Aber ich glaubs nicht, dass da welche sind!



Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


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Fahrenheit

Hallo Zusammen!

So, da bin ich wieder mit neuen Bildern  ;)

Alle Aufnahmen bis auf Bild 8 100x mit 10x Leica Achro, unbearbeitet und durchs Okular photografiert.

Bild 8: Zunächst einmal ein echtes Loch (40x mit 4x Leica Achro). Hier liegt eine Luftblase, die auch mit bloßem Auge auf dem Präparat erkennbar ist. Polarisiertes Licht ohne Hilfsobjekt. Dies ist das einzige meiner Bilder, das eine kristallfreie Fläche zeigt.


Bild 9 und 10: der gleiche Ausschnitt in gleicher Lage wie Bild 2 und 5. Man sieht, dass der Umbau vom monoklinen zum rhombischen Schwefel seit heute Morgen schon weiter fortgeschritten ist. Zunächst polarisiertes Licht ohne HO, dann mit Acryl (CD Hülle).



Bilder 11 und 12: wieder die selbe Stelle im Präparat, nun um 180 Grad gedreht. Wie oben zunächst polarisiertes Licht ohne HO, dann mit Acryl.



Bilder 13 und 14: nochmal die selbe Stelle im Präparat, diesmal liegt der Objektträger etwas schräg auf den Führungsschienen des Kreuztisches (daher wohl auch die Unschärfe nach rechts unten hin). Beleuchtung wie oben.



Ich denke, man kann anhand der unterschiedlichen Lage des Präparates und der jeweiligen Durchleuchtung ohne und mit HO schon erkennen, dass die gesamte gezeigte Fläche mit Schwefel überzogen ist. Meine Schlußfolgerung dunkle Stellen -> rhombischer Schwefel ist nicht doppelbrechend war natürlich voreilig und falsch. Man muss nur den richtigen Dreh raus haben ...

Und sag niemals nie  ;D

Einen schönen Abend!
Jörg
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Fahrenheit

Noch mal ich!

Klaus hat um eine Dunkelfeld-Aufnahme gebeten, quasi als Beweis. Hier ist sie. Leider musste ich auf ISO400 hochgehen, aber ich denke, das Wichtigste ist zu sehen - kein Loch!

Es war ja auch schon schlimm genug, über schwarze Löcher im LHC zu spekulieren, aber auf meinem Objektträger?  ;D

Wieder 100x mit dem Zehner-Objektiv und ja, wieder der selbe Ausschnitt aus dem Präparat.

Bild 15:


Schöne Grüße!
Jörg
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Klaus Herrmann

Dann ist alles klar

an den dunklen Stellen bist Du so dünn, dass die minimale Schicht gerade mal etwas mehr als rot I zeigt. Das meinte ich mit "Auskeilend gegen null"
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


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Fahrenheit

#9
Hallo Klaus,

ich muss gestehen: so ganz verstehe ich es noch nicht.

Was ist denn mit der zentralen Stufenförmigen Struktur im Zentrum der Bilder? Die zeigt sich ja immer schön in allen Regenbogenfarben. Die Ausnahme bildet Bild 13 (die 'schräge' Aufnahme ohne HO). Da gibt es auch in diesem Bereich dunkle Strukturen bis hin zum Schwarz.

Durch Verschieben des Weisspunktes in der Originalaufnahme zum Dunkleren auf den Schwarzpunkt zu zeigt sich, dass diese Stellen einen Tick früher verschwinden wie die Dehnungsrisse. Also ganz schwarz sind sie nicht - aber ich denke, da läuft man dann auch schon in die Fehlertoleranzen beim Digitalisieren und Komprimieren des Bildes durch die Kamera.

Somit muss es ausser der Schichtdicke zumindest noch die Winkelabhängigkeit und Spannungen in den Kristallen als bestimmenden Faktoren geben.

Puzzled
Jörg

Änderung: Spannungen ergänzt am 21.12. 08:40
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G. Helbig

Hallo Jörg,

wunderschöne Fotos - ich glaube ich muß auch mal in meiner Apotheke des Vertrauens um etwas Schwefel bitten  ;)

Viele Grüße

G. Helbig

Fahrenheit

Hallo Gerald,

vielen Dank für das Lob gerade aus Deinem Mund.

Wenn Du Dich mit den Schwefelschmelzen beschäftigst, wirst Du merken, dass solche Bilder mit wesentlich geringerem Aufwand zu erstellen sind wie Deine erstklassigen Aufnahmen der belebten Natur. Schwefel schwimmt einem z.B. nicht dauernd aus dem Gesichtsfeld  ;D

Schöne Grüße
Jörg
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