Botanik: Auch ohne Malz, Gott erhalt's - Humulus lupulus, der Hopfen *

Begonnen von Fahrenheit, Juli 26, 2011, 21:35:39 NACHMITTAGS

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Fahrenheit

Liebe Pflanzenfreunde,

als ich Anfang Juni auf der Suche nach der Osterluzei war, habe ich quasi als Beifang Sprossstücke von der rotfrüchtigen und der weißen Zaunrübe mitgenommen. Die Bryonia-Arten gehören zur Familie der Kürbisgewächse (Cucurbitaceae) und weisen den typischen Sprossquerschnitt mit den bikollateralen Leitbündeln auf (vergleiche z.B. Wanner 2004, Seite 172 ff. - Curcurbita pepo).

Beim Schneiden der Weißen Zaunrübe war ich dann sehr überrascht, einen gänzlich anderen Querschnitt vorzufinden - uups, Fehlbestimmung.

Leider hatte ich nur ein Foto gemacht, was die Nachbestimmung nicht gerade erleichterte. Es folgte eine Suche nach in Deutschland in Flußtälern wild wachsenden Rankpflanzen, wobei Wein (Vitis) und Waldrebe (Clematis) schnell ausgeschlossen werden konnten. Es bleib von der Morphologie eigentlich nur noch der Hopfen. Allerdings fand ich das fünfzählige Blatt und den rötlichen Spross zunächst etwas irritierend.
Hopfen? Da war doch mal was! Genau: Leopold hat uns hier schon einmal seine schönen Hopfenschnitte gezeigt. Mit dem Vergleich der Präparate war die Suche dann beendet.  :D

Bild 1: Die Hopfenranke (Humulus lupulus) mit zwei gegenständigen Blättern und einer Blütenknospe zwischen anderen Pflanzen - das einzige Bild für den Bestimmungsversuch.


Wenn man die Illustration von Thomé betrachtet:

Bild 2: Humulus lupulus schön gezeichnet und koloriert


fällt auf, dass ein- und dreilappige Blätter abgebildet sind. Die Blätter meiner Pflanze hatten aber fünf Lappen. Nun, es können sieben, selten sogar neun werden:

Aus der Wikipedia:
ZitatDie Humulus-Arten sind schnellwachsende einjährige bis ausdauernde krautige Kletterpflanzen, die sich im Uhrzeigersinn winden. Die Stängel und Blattstiele besitzen steife, zweiarmige gestielte Haare. Die Stängel sind grob, sechsrippig bis geflügelt. Die gegenständigen, gestielten Laubblätter sind mehr oder weniger herzförmig und meist drei- bis sieben-, selten bis neunlappig. Es sind Nebenblätter vorhanden.

Humulus-Arten sind zweihäusig getrenntgeschlechtlich (diözisch). Die männlichen Blüten stehen in lockeren, rispigen Blütenständen zusammen. Die weiblichen Blüten stehen in zapfenförmigen, ährigen zymösen Blütenständen zusammen. Ihre Hochblätter vergrößern sich nach der Blütezeit. Die Nussfrüchte sind breit eiförmig, wobei der Kelch noch vorhanden ist.

Und zum echten Hopfen (Humulus lupulus):

ZitatDie Wildform des Echten Hopfens wächst bevorzugt an stickstoffreichen Standorten mit höherer Bodenfeuchte, zum Beispiel in Auwäldern, aber auch an Waldrändern und in Gebüschen auf trockeneren Flächen. Selten bildet er größere Bestände, kommt aber meist in kleinen Gruppen vor.

Aus einem dicken Wurzelstock (Rhizom) treibt der Hopfen meist sehr zahlreich aus. Die oberirdischen Triebe sind einjährig und sterben nach der Samenreife ab. Mit zwei bis sechs Metern Höhe ist die Wildform kleiner als die Zuchtsorten; ebenso sind die Blütenstände deutlich kleiner. In Mitteleuropa ist der Wilde Hopfen nahezu überall anzutreffen, kleinere Lücken gibt es im Alpenvorland. Der Hopfen ist eine zweihäusige Pflanze. Der männliche Blütenstand ist eine Rispe, der weibliche eine zapfenartige Ähre.

In Parks und Gärten würgt die Schlingpflanze andere teilweise recht große Pflanzen ab. Wegen seines weitverbreiteten Wurzelwerkes, über das sich der Wilde Hopfen auch fortpflanzt, ist es schwierig ihn zu beseitigen. Sehr junge Hopfensprosse bis zu einer Länge von ca. 30 cm werden gelegentlich als delikates Feingemüse empfohlen.

Seinen wissenschaftlichen Namen erhielt der Hopfen 1737 von Linné. Humulus ist die Verkleinerung von humlo (dem umgangssprachlichen lateinische Name für den Hopfen). Die Artbezeichnung lupulus ist wiederum eine Verkleinerungsform, diesmal von lupus, dem Wolf. Er soll auf den überwuchernden, verschlingenden Wuchs der Hopfenranken hin deuten.

Die Bitterstoffe des Hopfens werden in Europa seit dem Mittelalter genutzt, um den Geschmack des Bieres abzurunden. Von Süden kommend, hat er dabei den Gagelstrauch abgelöst. Dies nicht nur wegen seinem Geschmack, sondern auch weil die speziellen Bitterstoffe beim Brauen von Bier aufgrund ihrer bakteriziden Wirkung wesentlich zur Haltbarkeit des Gebräus beitragen. Die antiseptische Wirkung des Hopfens wird schon im Jahr 1153 n. Chr. von Hildegard von Bingen mit den Worten ,,putredines prohibet in amaritudine sua" (seine Bitterkeit verhindert die Fäulnis) beschrieben. Kommerziell relevant sind dabei nur die weiblichen Pflanzen, in deren Blütendolden die gewünschten Bitterstoffe vorkommen.

Ein hübscher Nebeneffekt war die Nutzung zur Feuchtigkeitsregulierung und als Schädlingsschutz in Bibliotheken: Hopfenranken mit den weiblichen Blüten wurden dazu in den Bücherregalen ausgelegt.

Zu guter Letzt ist der Hopfen aber auch eine Heilpflanze, aus der verschiedene Drogen mit hauptsächlich sedierender (beruhigender) Wirkung gewonnen werden.

Noch kurz zur Präparation:

Nach der dreitägigen Fixierung in AFE haben die Sprossstücke zunächst mehrere Wochen in Ethanol (70%) auf die Weiterverarbeitung gewartet. Geschnitten habe ich mit dem Handzylindermikrotom und Leica Einmalklingen im Halter. Die Schnittdicke beträgt ca. 50 µm.

Die Färbung ist eine Mehrfachfärbung nach Wacker W3A. Ein entsprechendes Arbeitsblatt kann hier heruntergeladen werden.

Nun aber zu den mikroskopischen Bildern:

Bild 3: Übersicht des Sprossquerschnitts, Vergrößerung 50x, Stapel aus 10 Bildern

Der Spross hat einen sechseckigen Querschnitt bei einem Durchmesser von ca. 4,5 mm.

Bild 4a/b: Detailaufnahme, Bild 4b mit Beschriftung, Vergrößerung 100x, Stapel aus 12 Bildern


Länge des Maßstabsbalkens 100µm.
EP & Cu : Epidermis und Cuticula
Fa         : Nester elastischer Fasern
RP         : Rindenparenchym
SG        : Sekretgänge?
PL         : Phloem
XL         : Xylem
jT          : juvenile Trachee - Zellwände noch nicht sklerifiziert
T           : Trachee
MS        : Markstrahl
PXl        : Protoxylem
MP        : Markparenchym

Das Phloem ist hier schlecht differenziert, darüber liegen im Rindenparenchym gelbe Nester elastischer Fasern zur Stabilisierung des Sprosses. Die Epidermis ist zweireihig, die untere Reihe erscheint mir leicht sklerifiziert und es gibt ein Eckenkollenchym.
Der Spross zeigt m.E. sekundäres Dickenwachstum. Gerade bilden sich sehr große neue Tracheen an der Grenze zwischen Xylem und Cambium. Die großen Wassergefäße sind sicher eine Voraussetzung für das große Längenwachstum der Sprosse. Diese sind ja nur einjährig und werden trotzdem 6 bis 12 Meter lang.
Weiterhin existiert eine große Markhöhle und im Markparenchym liegen unter den ältesten Tracheen Stränge von Protoxylem.

Bild 5a/b: Die Leitgefäße, Bild 5b mit Beschriftung (Legende wie Bild 4b, SZ Siebröhre).  Vergrößerung 200x, Stapel aus 10 Bildern


Hier kann man das Phloem etwas besser erkennen (Beschriftung wie oben, SZ = Siebröhre):

Bild 6a/b: Rund um die Fasernester, Bild 6b mit Beschriftung. Vergrößerung 200x, Stapel aus 10 Bildern.



Neben den klassischen Geweben (Legende wie unter Bild 4b) kann man hier so etwas wie Sekretgänge (SG1 bis SG3) erkennen und rund um die Fasernester gibt es seltsame großlumige Zellen mit deutlich verstärkten Zellwänden (*). Die Faserzellen weisen zwar nach innen verdickte Zellwände auf, die jedoch nicht verholzt (sklerifiziert) sind. Dies erkennt man an der gelben Färbung - Holzfasern wären wie im Xylem rot. Sie bleiben somit flexibel und können gleichzeitig entsprechenden Zugbelastungen stand halten - genau das richtige für eine rankende Pflanze mit großer Sprosslänge.

Bild 7: Mark und Protoxylem, Vergrößerung 200x, Stapel aus 14 Bildern.

In der Bildmitte das dunkelblaue Protoxylem, nach links - also nach außen hin - schließen sich Tracheiden und Tracheen an und schließlich ein Xylemring, in dem auch einreihige Markstrahlen erkennbar sind. Nach rechts - also zur Markhöhle hin - das Markparenchym, dessen Zellen sich am Rand der Markhöhle auflösen.

Vielen Dank fürs Anschauen, Anregungen und Kritik sind wie immer willkommen.

Herzliche Grüße
Jörg
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beamish

Hallo Jörg,

wiedermal superschöne Doku! Du bleibst beim Bier....  ;D

Hier übrigens 5-fach gelappte Blätter aus Bley 1897:
http://caliban.mpiz-koeln.mpg.de/bley/high/bley_tafel42.html

Herzlich

Martin
Zeiss RA mit Trinotubus 0/100
No-Name China-Stereomikroskop mit Trinotubus
beide mit Canon EOS 500D

Fahrenheit

Lieber Martin,

vielen Dank für Dein Lob und auch für das verlinkte Bild. Nicht nur mit fünffach gelappten Blättern sondern auch mit rötlichem Spross! :)

Herzliche Grüße
Jörg

p.s.
Dem vergorenen Fruchtsaft von Vitis viniferum bin ich auch alles andere als abgeneigt ...  ;D
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Rawfoto

Hallo Joerg

Ist wieder toll geworden! Aber wie immer beschaeftigen mich Deine Bilder, dieses Mal die Uebersicht. Wie schaut der Hopfen im Kernbereich aus. Ich beschaeftige mich ja jetzt (neben den Umbau und Behebungsarten) mit der Verbesserung meiner Schnitttechniken ... Hast Du auch eine gesamte Uebersicht fotografiert, dieser Innenbereich wirkt auf mich ausgerissen, wenn dem so ist dann kenne ich das auch von einigen meiner Schnitte.

Ist das so und wenn ja, hilft da nur die Einbettung?!?

:-)

Gerhard
Gerhard
http://www.naturfoto-zimmert.at

Rückmeldung sind willkommen, ich bin jederzeit an Weiterentwicklung interessiert, Vorschläge zur Verbesserungen und Varianten meiner eingestellten Bilder sind daher keinerlei Problem für mich ...

Hans-Jürgen Koch

Hallo Jörg,

eine gelungene und sehr informative Darstellung , danke.

@ Gerhard,

der Spross der Pflanze ist hohl, es gibt keine klare Abgrenzung des Markparenchyms.
Eine Einbettung hilft uns hier vermutlich nicht weiter.

Gruß
Hans-Jürgen
Plants are the true rulers - Pflanzen sind die wahren Herrscher.

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Gerne per "Du"

Fahrenheit

#5
Lieber Gerhard, lieber Hans-Jürgen,

vielen Dank für Euer Lob! Schön, dass Ihr Euch mit meinem Hopfen anfreunden konntet.  :D

Wie Hans Jürgen schon schrieb: der Stängel ist hohl und es gibt keinen scharfen Übergang zwischen Markhöhle und Markparenchym (wie auch in der Bildunterschrift zu Bild 7 beschrieben).

Die Markhöhle entsteht im allgemeinen durch ein Aufreißen des Markparenchyms in der Mitte des Sprosses. Die betroffenen Zellen sterben dabei ab.
Dieser "Flatterrand" ist allerdings nicht einfach zu schneiden, da das Material am Rande der Markhöhle ja nicht mehr zusammenhängt und entsprechend instabil ist.

Von daher glaube ich, dass es schon etwas bringen würde, mit Paraffineinbettung zu schneiden, wenn man genau wissen möchte, wie der Übergang zwischen Markparenchym und Markhöhle aussieht. Es treten dann einfach weniger Artefakte auf, da die Zellreste der Klinge nicht mehr ausweichen können.
Wenn ich mich recht erinnere, gibt es im Wanner eine schöne EM-Aufnahnme dazu. Ich schaue heute Abend einmal nach und stelle auch eine Makroaufnahme vom Querschnitt des fixierten Sprosses ein.

Herzliche Grüße
Jörg
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Jan Kros

Lieber Jörg
Wunderschöne Arbeit, ich schliesse mich vorige Schreibern an
Herzlichen Gruss
Jan

Ronald Schulte

Jörg,

Kenne mich zwar nicht in die Materie aus aber möchte mich auch anschließen. Besonders dein erstes Bild mag ich sehr.
Gut ausgeleuchtet und Scharf. Toppie!!
Glückwunsch.

Grüße Ronald
Mikroskope:
Leitz Orthoplan (DL, AL-Fluoreszenz und Diskussionseinrichtung).
Leica/Wild M715 Stereomikroskop.
Mikrotom:
LKB 2218 Historange Rotationsmikrotom.

Fahrenheit

Lieber Jan, lieber Ronald,

auch Euch vielen Dank für Euer Lob! Es freut mich sehr, dass Euch meine Bilder und Beschreibungen gefallen.

Liebe Pflanzenfreunde,

hier zunächst das angekündigte Bild vom - fixierten - Sprossstück:

Bild 8: Makroaufnahme vom Spross

Die recht große Markhöhle ist gut zu erkennen und ihre Wände wirken recht scharf begrenzt. Beim frischen Spross kann man jedoch eine leicht "pelzige" Oberfläche erkennen, die sich aus den Resten abgestorbener Markparenchymzellen ergibt.

In den Tracheen des Hopfens gibt es aber noch eine weitere Überraschung, die ich zunächst für einen Pilz gehalten habe. Dank Martins Hinweis auf das neue Buch "Atlas of stem anatomy in herbs, shrubs and trees" Band 1. der Autoren von Schweingruber/Börner/Schulze (Heidelberg 2011) war das Rätsel aber schnell gelöst - in den Tracheen gibt es "Schwielen".

Bild 9a/b: Tracheen im Sprossquerschnitt des Hopfens mit in das Tracheenlumen hineinragenden Wucherungen ("tylosis"), Bild 9b mit Beschriftung. Vergrößerung 200x, Stapel aus 13 Bildern.


Legende wie unter Bild 4b. Die Wucherungen in den Tracheen sind mit ty1 - 3 bezeichnet.

Auf Seite 95 des oben genannten Buches befindet sich eine Mikroaufname und eine entsprechende Beschreibung zu den Tracheen des echten Hopfens:

ZitatVessels are thick-walled an contain tylosis (Fig. 9)

Tylosis ist zunächst wohl ein Begriff aus der Humanmedizin und bezeichnet z.B. Hornhautschwielen (Wikipedia). In diesem Sinne wären die Einwachsungen in das Lumen der Tracheen also als Wucherungen an der Tracheenwand zu deuten. Aber was wuchert da? Die Tracheen bilden sich ja aus Zellen, deren Zellwände verholzen und die dann absterben - sie sind also totes Material. Ob es sich um Einwachsungen benachbarter Zellen z.B. über die Tüpfel handelt?
Andererseits ist das Material der Wucherungen ebenfalls rot gefärbt (im gleichen Ton - Verholzungsgrad? - wie die jeweilige Tracheenwand), es ist also auch ligninhaltig. Somit könnte es sich auch um eine Missbildung handeln, die während der Ausdifferenzierung der Trachee in der noch lebenden Zelle entsteht. Dies aber erst zu dem Zeitpunkt, ab dem die Zelle Lignin einlagert, da die juvenilen Tracheen mit unverholzten Zellwänden in meinen Schnitten keinerlei Wucherungen aufweisen. Es ist auch nicht jede ausgereifte Trachee betroffen und der Grad der Wucherungen ist unterschiedlich, wie auch das Bild 1 zeigt.

Vielleicht noch etwas zu den Größen:  die Trachee mit der Wucherung ty1 hat eine Länge von rund 90 µm. Die Wucherung nimmt gut 40% des Lumens ein und ragt bis zu 36 µm in dieses hinein. ty2 füllt seine Trachee bis zur Unbrauchbarkeit aus, während die kleine Trachee mit rund 30 µm Durchmesser im Umfeld des Protoxylems nur sehr kleine Wucherungen aufweist (ty3).   

Herzliche Grüße
Jörg

 
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Holger Adelmann

Das ist wieder sehr schoen und lehrreich geworden, lieber Joerg.

Hatten wir solche gekoernten Strukturen nicht auch beim Eidechsenschwanz? Nicht so weit in Lumen ragend - zugegeben.
Auch wuerde ich mir unter einer Verschwielung einer Trachee eher eine Wandverdickung vorstellen??

Herzliche Gruesse
Holger

Rawfoto

Hallo Joerg

Es wird ja immer spannender, super ...

Die scharfe Abgrenzung in der Makroaufnahme meine ich, das wuerde ich gerne bei vergleichbaren Pflanzen bis zum Schnitt bringen ...

Erste Testbloecke habe ich am Wochenende mal gegossen, mit und ohne Durchtraenkung des Objekts. Erste Schnittversuche zeigen deutliche Vorteile da die Schnitte weit weniger ausreissen. Dafuer rollen sich die Schnitte wie verrueckt. Als naechstes muss ich Versuche bezueglich Strecken und Aufkleben machen ...

Es gibt halt noch viele Baustellen am Weg zum Erfolg :-)

Gerhard
Gerhard
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Fahrenheit

Lieber Holger,

ja, ich war auch sehr überrascht. Wie gesagt, erst dachte ich an Pilze und war am überlegen, wie ich das wohl prüfen könnte. Dann kam Martins Hinweis auf das neue Buch aus Heidelberg. Ich habe so was bisher auch noch nie gesehen.
Beim Eidechsenschwanz tritt diese Tylosis auch nicht auf, die Tracheen sind sauber. Es gibt aber große sklerifizierte Zellen am Rande der Leitbündel (Sklerenchymring oder Leitbündelscheide), die noch Reste vom Zellplasma oder andere Artefakte zu enthalten scheinen - siehe Bild 9 im oben verlinkten Thread. Die Farbe stimmt da regelmäßig auch nicht mit der der Zellwand überein.

Über die Bedeutung "Schwiele" war ich bei meinem Übersetzungsversuch auch überrascht, ich finde "Wucherung" trifft es besser. Vielleicht gibt es aber auch einen besseren Fachbegriff aus der Botanik? Ich habe jedenfalls nichts gefunden - wie so oft, wenn man nicht genau weiß, wonach man suchen soll.  :D 

Das Ganze ist auf dem Schnittbild im Buch auch nicht so extrem, wie bei ty1 und 2 in meinem Beispiel. Eher so wie bei ty3. Vielleicht hat einer der Mitleser schon mal Ähnliches gesehen oder hat weitere Informationen?

Ich werde mal schauen, ob ich eine Stelle finde, an der die Wucherungen Kontakt zur Tracheenwand haben, um zu sehen, ob eine Verbindung besteht und wie die ggf. aussieht. Hab' lange nicht mehr mit Öl gepanscht.  ;D

Lieber Gerhard,

ich bin gespannt auf Deine Ergebnisse! Könntest Du Dich zum direkten Vergleich auch mal am Hopfen versuchen? Bisher habe ich mir wenig Gedanken um die Ausrisse am Rande der Markhöhle gemacht, da dort sowieso aufgerissene Zellreste vorliegen.
Im Makrobereich sieht der Rand schon recht scharf aus, es geht ja nur um ein bis zwei Zelllagen - wenn man in einen frischen Stängel schaut, kann man diese anhand der samtigen Oberfläche erkennen.

p.s.
Wenn Du Hopfen schneidest, könntest Du auch mal schauen, ob Du die Wucherungen oder Tylosis findest. Nicht, dass wir am Ende doch nur einem Artefakt hinterher laufen.
Wenn sonst noch jemand möchte ...  ;)

Allen herzliche Grüße
Jörg
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Detlef Kramer

Hallo,

gemeint ist vielleicht die sog. Thyllenbildung, die eigentlich in jedem Lehrbuch behandelt wird. Sie ist besonders gut an mehrjährigen Zweigen der Robinie zu erkennen. Die Tracheen selbst sind ja tot, nicht aber die umgebenden Xylemparenchymzellen. Diese können also durch die einseitig behöften Tüpfel in die Tracheen wachsen und diese dadurch verschließen. Die gilt als ein möglicher Schutz vor Luft-Embolie größerer Holzbereiche, da die Tracheen ja weitgehend frei untereinander verbunden sind.

Allerdings sehen diese Thyllen ganz anders aus, eher wie Blasen. Also mich befriedigt die Erklärung noch nicht so ganz.

Herzliche Grüße

Detlef
Dr. Detlef Kramer, gerne per DU

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Fahrenheit

#13
Lieber Detlef,

danke für Deinen Hinweis! Schön, jemanden mit Deiner Erfahrung im Forum zu haben!

Ich habe auch noch mal ein bisschen geschaut und bin über einige Links und das Langenscheidt Fachwörterbuch Biologie Englisch / Deutsch:
Zitat(Bot) tylose, tylosis, thyllosis ( Einstülpungen in Tracheen) Thyllenbildung /tylose (tylosis)
auf den Fachbegriff Thylle gestoßen.

Dann war es wieder einfach - siehe z.B. Wikipedia:
ZitatAls Verthyllung bezeichnet man das Verschließen nicht mehr genutzter Tracheen speziell bei bedecktsamigen Pflanzen.

Im Holz von Bedecktsamern (Angiospermen) finden sich weite großlumige Gefäße für den Wassertransport. Im Zuge des sekundären Dickenwachstums des Sprosses werden diese von der Wachstumsschicht (Kambium) immer wieder neu angelegt. Die weiter innen liegenden Tracheen sind dadurch nicht mehr aktiv am Wassertransport beteiligt und werden von der Pflanze nicht mehr benötigt.

Deshalb verschließt die Pflanze diese Gefäße durch die Bildung und Platzierung einer sackartigen Ausstülpung einer benachbarten Parenchymzelle (Thylle) innerhalb der Trachee. Als Verbindung zwischen Trachee und Parenchymzelle werden in der Regel Tüpfelkanäle zwischen den benachbarten Zellen genutzt. Die neu gebildeten Thyllen können wiederum eine eigene Zellwand ausbilden und als eigenständige Zelle innerhalb der Trachee fungieren. Ihre Aufgabe ist dann beispielsweise die Speicherung von Stärke.

Die Schwiele aus der Zoologie bzw. Medizin war da eine gelungene Ablenkung ...  ;D

Die Beschreibung zur Thyllenbildung (ist auch im Eschrich beschrieben) passt allerdings nicht zu den Bildern. Das sind ja keine Blasen zum Abdichten der Tracheen sondern wirklich eher lose Wucherungen (doch ein Pilz?) - oder eben Artefakte.
Eine Verwundung liegt ja auch nicht vor - der Spross war bei der Probenahme unverletzt - und die jüngeren Tracheen (ty1 und ty2) sind weit aus stärker betroffen als die ältere am Rande des Protoxylems (ty3). Mal sehen, was die neuen Bilder zeigen.

Hier noch eine Link auf einen englischen Aufsatz zu den Abläufen bei der Thyllenbildung.

Herzliche Grüße
Jörg
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Mila

Lieber Jörg,

einen sehr schönen Beitrag hast Du wieder erstellt. Toll!

Nun habe ich eben auch zum Thema Thyllen nachgelesen und ein Foto gescannt, aber Du und Detlef seid einfach zu schnell :)

Interessant ist vielleicht noch (auch wenn OT), dass es Untersuchungen zur krebshemmenden Wirkung eines Inhaltsstoffes gibt.
Eine antibakterielle Wirkung ist erwiesen (=> unterstützende (!) Therapie einer Harnwegsinfekion mit - alkoholfreiem - Bier), außerdem fördert Hopfen (-extrakt) den Appetit und wirkt in vitro östrogen.
Schön, dass Du uns diese H. präsentierst :)

Herzliche Grüße
Mila