Homalozoon: mit und ohne Zoochlorellen ??

Begonnen von Michael Plewka, Dezember 12, 2009, 10:16:25 VORMITTAG

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Michael Plewka

liebes Forum, liebe Tümplerinnen und Tümpler,
symbiontische Algen bei Protisten ist ein interessantes Thema, erst in dieser Woche gab es zwei Beiträge dazu. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch immer die Frage, ob es sich bei diesen, meist Zoochlorellen-haltigen Formen um eigene Arten handelt.
Ich zeige hier noch ein Beispiel von einem Ciliaten, dem (laut "Wassertropfen")  Kiel"wurm"  Homalozoon vermiculare, mit einem charakteristischen perlschnurartigen Makronukleus (gelbe Pfeile), zunächst ohne Zoochlorellen:




auffällig und bei den in der "Ciliatenrevision" von FOISSNER aufgelisteten Arten als einzigartig zu bezeichnen ist eine körnige Struktur unterhalb des Vorderendes, die sogenannte parapharyngeale Masse. Daneben sieht man noch die Extrusomen, von FOISSNER als Toxicysten gekennzeichnet:


In einer Moorprobe fand ich im November ein (einzelnes) Exemplar mit ähnlichen Strukturen, gefüllt mit grünen Körperchen, die  symbiontische Algen sein könnten. Hier zunächst als Übersicht:




Hier die paraparyngeale Masse und die Extrusome:





Detailansicht:


Es besteht natürlich auch die Möglichkeit, dass es sich um (halb) verdaute Nahrung handelt. Ich hätte hier allerdings dann vermutet, dass sich diese in Nahrungsvakuolen befinden würde, was ich nicht erkennen kann.

viel Spaß beim Anschauen wünschte Michael Plewka





Ernst Hippe

Hallo Herr Plewka,

daß es sich um Zoochlorellen und nicht um Nahrung handelt, nehme ich auch an. Aber obwohl ich es schon öfter gesehen hatte, war es immer ohne diese. Vielleicht hängt das auch mit dem Umfeld zusammen.
Sehr gute Aufnahmen!
Gruß Ernst Hippe
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Michael Plewka

hallo Herr Hippe,
mittlerweile bin ich selbst wieder unsicher: wenn ich mir die Bilder von Arten anschaue, bei denen gesichert ist, dass sie Zoochlorellen enthalten (z.B. Paramecium bursaria, Stentor polymorphus, Pseudoblepharisma tenue, Spirostomum semivirescens, um nur einige zu nennen), so stelle ich fest, dass dort ausschließlich grüne  Chlorellen zu sehen sind, d.h offensichtlich keine Abbauprodukte erkennbar sind.
Anders jetzt hier: vielleicht also doch nur direkt oder indirekt gefressenen Algen ... wer weiß?
beste Grüße Michael Plewka

ludo


Wunderschöne Bilder ! Und die Frage von Michael interessiert  ebenfalls sehr. In den "Protozoological Monographs" steht, dass Zoochlorellen in perialgalen Vakuolen gehalten werden, die sich allerdings in Nahrungsvakuolen verwandeln können, um die Symbionten wieder abzubauen. So könnte möglicherweise beides zugleich nebeneinander bestehen. Symbionten in perialgalen Vakuolen und zugleich etwa bei Lichtmangel bereits als Nahrung in umgewandelten Nahrungsvakuolen.
viele Grüße
ludwig

Michael Plewka

hallo Ludwig,
das war mir schon klar, doch geht meine Frage bzw. mein Zweifel in eine etwas andere Richtung:  es müssten doch dann z.B. bei den oben angeführten Arten zumindest mal irgendwann  Exemplare auftauchen, bei denen die Zoochlorellen im Stadium des Abbaus anhand der nicht-grünen, d.h. meist braunen Färbung erkennbar sind. Ich habe meine Fotos von diesen Arten durchgesehen und finde keine Zellen  mit braunem Inhalt. Vielleicht können die anderen Kolleginnen und Kollegen mal diesbezüglich aktiv werden und mitteilen, ob sie schon mal z.B. P.bursaria etc. mit braunen Abbauprodukten der Zoochlorellen gesehen haben (am besten mit Fotos).
beste Grüße Michael

Eckhard

#5
Hallo Michael,

ich habe meine Fotos von P. bursaria auch durchgesehen. Ab und zu finden sich ein paar braune Zellen:



Ob es sich dabei um verdaute Zoochlorellen oder andere Nahrung handelt, vermag ich nicht zu sagen.

Herzliche Grüsse
Eckhard
Zeiss Axioscope.A1 (HF, DF, DIK, Ph, Pol, Epifluoreszenz)
Nikon SE2000U (HF, DIK, Ph)
Olympus SZX 12 (HF, DF, Pol)
Zeiss Sigma (ETSE, InLens SE)

www.wunderkanone.de
www.penard.de
www.flickr.com/wunderkanone

ludo

Michael meint ja "Zellen" und nicht Vakuolen, oder doch ?  Bei Eckhards Bild könnten dies ja durchaus zu Nahrungsvakuolen umgewandelte perialgale Vakuolen sein, die gerade die Symbionten verdauen. Und solche braune Vakuolen könnte ich auch in Michaels Bildern finden. Und wenn alle Symbionten verdaut werden, müsste die Zelle allmählich braun werden. Richtig ?

gruß
ludwig

Detlef Kramer

Hallo,

das ist doch nur ein Missverständnis. Die Zoochlorellen sind natürlich Zellen, nämlich einer Chlorella-Art. Sie sind in der Wirts-ZELLE von einer Membran umgeben, die ursprünglich von der Plasma-Menbran stammt, denn die Algen gelangen per Phagocytose in die Wirts-Zelle, indem diese sie über eine Einstülpung der Plasma-Membran in das Zell-Innere transportiert. Und, wenn die Endosymbionten-Theorie stimmt (es zweifelt kaum noch jemand daran), dann entspricht diese Membran der äußeren Chloroplasten- bzw. Mitochondrien-Membran, wobei es sich bei Chloroplasten und Mitochondrien natürlich ursprünglich um Bakterien handelt, während hier in unserem Fall der Endosymbiont bereits eine eukaryotische Pflanzenzelle ist. Wenn diese Chlorellen dann absterben sollten, wird sich diese äußere Membran in einen Tonoplasten umwandeln und den Inhalt verdauen und/oder ausscheiden, wiederum durch Verschmelzung mit der Plasma-Membran.

Ein klein wenig Cytologie zum 3. Advent, herzliche Grüße,

Detlef
Dr. Detlef Kramer, gerne per DU

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Michael Plewka

hallo zusammen,
ja, ich habe mich  ungenau ausgedrückt: mit "Zellen" waren die Wirtszellen gemeint. Letztendlich ist dieses, bezogen auf die Fragestellung, aber nicht so relevant. Herr Kramer hat das  noch mal genau erläutert.  Wichtiger ist aber für mich das Bild von Eckhard: hier kann ich nämlich etwas sehen, was ich vorher noch nicht gesehen habe, nämlich ganz platt ausgedrückt: braune Körnchen bei einen zooxanthellenhaltigen Ciliaten. Es könnte jetzt so sein: Der Wirt verdaut seine Algen und dabei entstehen braune Abbauprodukte (ob die Algen eines "natürlichen Todes" sterben oder durch irgendwelche Verdauungsenzyme ist für meine Fragestellung erst mal nicht relevant). Für "mein" Homalozoon folgt daraus, dass zumindest nicht ausgeschlossen werden kann, dass es sich bei den dort vorhandenen braunen Körnchen ebenfalls um verdaute Zoochlorellen handelt. Mehr aber auch nicht. Es besteht also immer noch die Möglichkeit, dass die grünen Körnchen Zoochlorellen sind. Es müssen also nicht notwendigerweise gefressene Algen sein oder aber symbiontische Algen aus einem  Ciliat welcher Zoochlorellen enthält.

Da schließt sich aber für mich sofort eine weitere spekulative Frage an: Homalozoon ist ein gefräßiger Ciliaten-Räuber. Angenommen, Homalozoon würde ein Paramecium bursaria (zoochlorellenhaltig) fressen. was würde mit den Zoochlorellen geschehen könnte diese in ihrem neuen Wirt überleben?

In diesem Sinne noch einen schönen Abend bzw. einen schöne Woche wünscht Michael Plewka


Bernhard Lebeda

Zitat von: Michael Plewka in Dezember 13, 2009, 22:11:51 NACHMITTAGS


Da schließt sich aber für mich sofort eine weitere spekulative Frage an: Homalozoon ist ein gefräßiger Ciliaten-Räuber. Angenommen, Homalozoon würde ein Paramecium bursaria (zoochlorellenhaltig) fressen. was würde mit den Zoochlorellen geschehen könnte diese in ihrem neuen Wirt überleben?




..-oh je, mach es nicht noch komplizierter  ;D

Die Thematik interessiert mich sehr und es gab darüber auch schon heiße Diskussionen (denk Dir einfach die Bilder dazu!)

http://www.mikroskopie.de/mikforum/read.php?2,19331,19331#msg-19331

Bin gespannt zu welchen Erkenntnissen wir noch kommen.


viele Adventsgrüsse


Bernhard

Ich bevorzuge das "DU"

Vorstellung

ludo

Hallo Bernhard,

vielen Dank, dass Du das "Advents"-türchen ins Archiv aufgemacht hast. Das ist ja hochinteressant, was dort steht. Das muß ich erst mal alles durcharbeiten. Und wenn Michaels Homalozoon auch noch das Paramecium samt Zoochlorellen frißt, wird es ja noch spannender.

schöne Grüße
ludwig

G. Helbig

Hallo Herr Plewka,

das ganze Wochenende beschäftigte ich mich (neben den Familienarbeiten) mit dem Thema der eingelagerten Chlorella.
In der Rohkultur, aus welcher ich die grünen Amphileptus entnehme war ein Überangebot an Chlorella. Die von mir selektierten grünen Amphileptus haben in dem neuen Kulturmedium innerhalb von 24 h keine Chlorella mehr.  Kann es sein dass die Chlorella in das Endoplasma als Energiespeicher und nicht zum Zweck der Symbiose eingelagert werden?

Wie ich Ihnen ja in dem Beitrag Amphileptus geschrieben habe versuche ich in dieser Woche weiteres Bildmaterial aus den Kulturen zu gewinnen. Vorab möchte ich ein paar Bilder zeigen.

Zuerst ein grüner Amphileptus mit einer Verdauungsvakuole, welche im nächsten Bild ausgeschieden wird. Darunter befinden sich unter Anderem auch grüne Chlorella. Bei anderen Einzellern mit eingelagerten Chlorella (Paramecium bursaria / Stentor polymorphus) konnte ich nie beobachten, dass die symbiotischen Algen ausgeschieden wurden.




10x, Optovar 1,6x, DIC, Blitz, EOS450D

Dieses Bild habe ich eigentlich wegen dem zweiteiligen Makronukleus gemacht. Doch sieht man sehr schön die (eingelagerten) Chlorella. Bei den Pfeilen erkennt man die umgebende Vakuole.


63x Öl, Optovar 1,6x, DIC, Blitz, EOS450D

Hier finden sogar Zellteilungen der Chlorella statt.

63x Öl, Optovar 1,6x, DIC, Blitz, EOS450D, Ausschnittsvergrößerung

Viele Grüße

Gerald Helbig

Michael Plewka

hallo zusammen,
leider komme ich erst jetzt dazu, mich für die äußerst hilfreichen Beiträge zu meinen "Problem" zu bedanken. @ Herrn Helbig:
neben der gewohnt hervorragenden fotografischen Qualität der Bilder sind die weiteren Erkenntnisse über die Algen sehr interessant. Solche Teilungsstadien  bei symbiontischen Algen habe ich noch nie gesehen : einfach nur klasse!
@ Bernhard: vielen Dank für den Hinweis auf den Monster-Thread im alten Forum; ich bin noch dabei, diesen zu verarbeiten, soll heißen: durch weitere Literatur zu ergänzen. Zu der damaligen Zeit war ich noch nicht im Forum, daher ist es relativ logisch, dass ich mich nicht erinnert habe. Unter anderem kann man an diesem Thread lernen, dass es nicht immer angebracht ist, Tümpelproben möglichst schnell zu entsorgen. Im nachhinein ärgere ich mich auch ein wenig, dass ich nicht mehr Detailfotos von meinen Viech gemacht habe. Der Thread ist außerdem ein wunderschönes Beispiel für den tollen Informationsaustausch, der hier im Forum stattfinden kann. Hoffentlich gibt es im Laufe der Zeit noch mehr erhellende Beobachtungen zu diesem Thema.
beste Grüße Michael Plewka