Dünnschliff vom Kyanitquarzit, Hälsjöberg

Begonnen von PolMik, September 11, 2023, 16:59:34 NACHMITTAGS

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PolMik

Hallo liebe Mineralienfreunde,

in weiteres interessantes Gestein in Schweden ist der Kyanitquarzit vom Hälsjöberg.

Der Hälsjöberg liegt 20 km nordöstlich Torsby in Schweden. Er beherbergt mehrere Körper eines kyanithaltigen quarzreichen Gesteines mit Al-Phosphaten. Es handelt sich um ein früheres Sediment, das metamorph und hydrothermal überprägt wurde. Das Alter wird mit rund 1,2 Mrd. Jahren angegeben. Andere Quellen geben allerdings Alter von 1,5 - 1,7 Mrd. Jahren an. Das bliebe zu überprüfen. Die Geologie am Hälsjöberg wurde 1852 erstmals untersucht. Die Mineralogie untersuchte Igelstrom 1852 und 1853 erstmals. Im Ergebnis wurden Quarzite mit Kyanit- und  Phosphatmineralisationen beschrieben. Der Mineralbestand wird mit 55 -70% Quarz, 25 - 40 % Kyanit, 3 - 7 % Rutil, 3 - 4 % Pyrit und akzessorisch Muskovit und Al-Phosphate angegeben.  Im Laufe des 20. Jahrhunderts kam es zu Probeabbauen mit dem Ziel der Aluminiumgewinnung. Die Probeverhüttungen wurden in Langban bei Filipstad durchgeführt. 1983 führte die staatliche LKAB Prospektionen durch. Daraufhin baute die Svenska Kyanit das Material ab. Es wurde vor Ort zerkleinert und nach Persberg bei Filipstad zur Verhüttung gebracht. Der Abbau war nicht rentabel und wurde eingestellt. Im Laufe des Bergbaues wurden 30 Minerale identifiziert. Zur Zeit sind bei mindat.org 42 angegeben. Heute betreibt die niederländische Firma Ekshärad Natursten einen geringfügigen Abbau zur Gewinnung der unter der Bezeichnung Caribbean Blue vermarkteten Steine für Baufliesen und Gartensteine. Zwei weitere Vorkommen dieser Art befinden sich in Schweden in Südschweden bei Hökensas und Västana. In den USA wurden gleichartige Gesteine in Haile, South Carolina und der Champion Mine, Kalifornien angetroffen.

Den Ort besuchte ich am 28. Mai 2023. Der Zugang ist durch eine Schranke versperrt. Die alle an einem Weg liegenden vorderen Tagebaue sind aufgelassen. Vor dem noch benutzten Tagebau ist ein Bauwagen, in dem man für etwas über 30 € mehr als 10 kg Steine mitnehmen darf. Ein paar Handstücke kosten nichts. Von dem Schild am Zugang, dem Tagebau, dem Gestein im Aufschluss, einem Brocken mit Rutil und einem Block nach dem Abbau je ein Bild. Ich fand den Kyanitquarzit und ein ziemlich großes Stück Rutil in Quarz (Foto). Von dem Kyanitquarzit habe ich bei Krantz zwei Dünnschliffe herstellen lassen.

Die Übersichtsfotos sind bei 20-facher Vergrößerung mit dem SMZ - 171 von Motic und der Leica Flexcam C3 gemacht. Leider war eine geringere Vergrößerung nicht möglich. Mit der wäre der metamorphe Charakter des Gesteines besser zu erkennen gewesen. Deshalb noch ein Bild 10gefüge. Die Dünnschliffe untersuchte ich dann mit dem Mikroskop DM 750P von Leica. Die Bilder wurden mit dem Objektiv HCX Fluotar 10x/0.30 Pol, der Kamera Canon EOS R10 und der Software EOS Utility angefertigt. Sie wurden mit Irfanview und MS Paint nachbearbeitet.
Folgende Minerale fand ich:
Quarz (SiO2, einachsig positiv, Brechungsindex 1,54 - 1,55, Doppelbrechung 0,009, IMA-Symbol Qz),
Kyanit (Al2(SiO4)O, zweiachsig negativ, Brechungsindizes zwischen 1,71 und 1,73, Doppelbrechung 0,015, 2V-Winkel 84°, IMA-Symbol Ky),
Rutil (TiO2, einachsig positiv, Brechungsindex 2,6 - 2,9, Doppelbrechung 0,294, IMA-Symbol Rt), sieht auf der Oberfläche zum Teil aus, wie ein gitterartiges Netzwerk (Sagenit),
Scorzalith (Fe2+Al2(PO4)2(OH)2, Brechungsindizes zwischen 1,63 und 1,68, zweiachsig negativ, Doppelbrechung 0,037, 2V-Winkel 62°, IMA Symbol Scz) und zu meiner Überraschung gerundeten
Granat (X3Z2(SiO4)3, X=zweiwertig positiv geladen, y=dreiwertig positv geladen, isotrop, Brechungsindex über 1,83, IMA-Symbol Grt). Da Granat als Schleifmittel durch
Siliziumcarbid ersetzt wurde scheint er tatsächlich in das Gestein zu gehören. Er wurde dort auch schon beschrieben, mich verwundert allerdings, dass er gerundet ist.


Scorzalith bildet mit Lazulith eine lückenlose Mischkristallreihe, in der sich Eisen und Magnesium diadoch ersetzen. Beides sind Sekundärminerale, die hydrothermal primäre Phosphate ersetzen. Da Scorzalith nicht
metamorph überprägt aussieht (siehe gefüge10), scheinen das ziemlich komplizierte Prozesse gewesen zu sein. Das trifft auch für Rutil zu.

Die Daten sind mindat.org entnommen. Die konoskopischen Betrachtungen führte ich mit dem Objektiv PL Fluotar 50x/0.85 P durch. So schöne Abbilder wie https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=45182.msg333311#msg333311 ,
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=25915.msg194533#msg194533 und https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=35974.msg263144#msg263144 kriegt man im Dünnschliff für Kyanit = Disthen allerdings nicht ansatzweise. Jeweils ein Bild ohne und mit gekreuzte Polarisatoren.

Auf der ersten Seite die Übersichtsbilder, auf einer zweiten dann die Mineralbilder.
Viele Grüße
Michael

PolMik

#1
Hier die Bilder mit den Mineralen.

Peter V.

Hallo,

ich bin jetzt wahrlich kein Experte für Mineralogie und Dünnschliffinterpreatation und schaue mir hin und wieder Schliffe einfach mal so an, deshlab frage ich ganz vorsichtig, auch auf die Gefahr, dass ich mich total blamiere: Die dick schwarz umrandete Struktur, die Du als Granat bezeichnest, hätte ich für eine Luftblase oder einen sonstigen Fehler in der Verkittung gehalten. Bist Du sicher, dass das ein Mineral ist?

Hezrliche Grüße
Peter
Dieses Posting ist frei von kultureller Aneigung, vegan und wurde CO2-frei erstellt. Für 100 Posts lasse ich ein Gänseblümchen in Ecuador pflanzen.

Ronald Schulte

Gut aufgebauter Beitrag, meinen Glückwunsch.

LG Ronald
Mikroskope:
Leitz Orthoplan (DL, AL-Fluoreszenz und Diskussionseinrichtung).
Leica/Wild M715 Stereomikroskop.
Mikrotom:
LKB 2218 Historange Rotationsmikrotom.

Dünnschliffbohrer

#4
Hallo Peter, Michael, und alle Mitlesenden,

Zitatich bin jetzt wahrlich kein Experte für Mineralogie und Dünnschliffinterpreatation und schaue mir hin und wieder Schliffe einfach mal so an, deshlab frage ich ganz vorsichtig, auch auf die Gefahr, dass ich mich total blamiere: Die dick schwarz umrandete Struktur, die Du als Granat bezeichnest, hätte ich für eine Luftblase oder einen sonstigen Fehler in der Verkittung gehalten. Bist Du sicher, dass das ein Mineral ist?

ich denke, Peter hat recht. Zwar ist Granat isotrop, aber ein Loch im Schliff ist es auch. Randlich um die Struktur, die ich auch als Loch deuten würde, keilen die angrenzenden Körner etwas aus, und randlich zeigt sich im Loch auch Brösel, und +/- in der Mitte des Loches hatte sich offenbar eine Luftblase mit Dreck drin gefangen. Das kenne ich von meinen Schliffen in dieser Form auch - es passiert halt sehr schnell einmal, und ich bin selbst oft genug darauf reingefallen. Hoffentlich stimmt die Schliffdicke, denn die Interferenzfarben erscheinen mir "rein gefühlsmässig" etwas hoch. Ich weiss nicht, wie weit man der Fa. Krantz hier trauen kann.
"Und Gott sprach: Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei; und er schuf um ihn Laubmoose und Lebermoose und Flechten und ein Mikroskop!"
[aus: Kleeberg, Bernhard (2005): Theophysis, Ernst Haeckels Philosophie des Naturganzen,  S. 90]

olaf.med

Lieber Michael,

das ist ja ein wirklich interessantes Gestein und besonders eindrucksvoll finde ich die Verwachsungsgefüge des Scorzalits (Schulmeistermodus an: Scorzalit im deutschen Sprachgebrauch ohne h am Ende. Schulmeistermodus aus) mit den 120°Korngrenzwinkeln.

Bezüglich des "Granats" hat Peter absolut recht. Es handelt sich um einen Ausbruch im Schliff und das ist bei Disthen-haltigen Gesteinen die Regel und nicht die Ausnahme da dieser sehr spröde und perfekt spaltbar ist. In dem entstandenen Freiraum hat sich loses SiC-Schleifkorn von der händischen Endbearbeitung festgesetzt (schwarze Krümel). Beim Eindecken des Schliffs entstand das rundliche Gebilde duch Lufteinschluß.

Bitte erlaube mir noch eine konstruktive Kritik: Deine Geländeaufnahmen sind offenbar mit einer Kameraeinstellung auf Kunstlicht entstanden und daher sehr blaustichig. So blau färbt selbst der blaue Disthen - Kyanit - kein Gestein  ;D. Hier wäre ein Weißabgleich hilfreich. Ich habe das einmal auf die Schnelle für das Willkommensschild gemacht.

Herzliche Grüße,

Olaf

Gerne per Du!

Vorstellung: http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=4757.0

... und hier der Link zu meinen Beschreibungen historischer mineralogischer Apparaturen:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=34049.0

PolMik

#6
Hallo Peter, Ronald, Dünnschliffbohrer und Olaf,
schönen Dank für die Antworten. Beim SiC war ich mir eben nicht sicher, ob das bei nicht gekreuzten Polarisatoren farblos daherkommt. Das kannte ich auch schon als Falle in Schwermineral-Streupräparaten, dort allerdings deutlich blaugrün gefärbt und mit winzigen Einschlüssen. Jedenfalls wieder ewas dazugelernt. Text korrigiert und Bilder entfernt. Es ist richtig, dass es sich wohl um einen Ausbruch aus dem Schliff handelt. Am Pol-Bild hätte ich das erkennen müssen. Es ist allerdings nicht, wie Peter vermutete eine Luftblase, sondern wie Dünnschliffbohrer und Olaf anmerkten ein Schliff-Ausbruch mit ein paar Körnern SiC.

Skcorzalith ist so selten (ich las etwas von 60 Fundorten weltweit), dass es in meinem Rösler Mineralogie-Lehrbuch und weiteren  Mineralogiebüchern nicht existiert. Auch in meinem Strunz steht Skcorzalith.  Bei Wikipedia steht auch Skcorzalith. Bei mindat.org steht bei deutsch ebenfalls Skcorzalith. Freut mich, dass unsere Qualitätssicherung sich endlich einmal irrt.  8)

Was die Fotos anbetrifft, beim EOS Utility habe ich für die Mikroskopbilder unter Weißabgleich Kunstlicht eingestellt. Dann habe ich allerdings alle Bilder nachträglich mit Irfanview einer automatischen Farbkorrektur unterzogen. Das muss ich überprüfen und verbessern. Die von mir im Gelände verwendete uralte EOS 550D ist sicherlich nicht auf Kunstlicht eingestellt. Das muss ich bei der Nachbearbeitung vergeigt haben.

Dünnschliffbohrer hat, was die Schliffdicke anbetrifft recht. Ich werde mir die Prüfung der Schliffdicke mal in mein Hausaufgabenheft eintragen. Denn das Bild 10gefüge wirkt nur auf einer Seite verwaschen, wenn es am Stereomikroskop liegen würde, müssten wohl alle Ränder unscharf sein.

Viele Grüße
Michael

olaf.med

Hallo Michael,

beim Scorzalith hast Du, was das h am Ende betrifft, unbedingt recht, allerdings solltest Du ihn dann auch mit c am Anfang schreiben statt mit k  ;D - soweit die Qualitätskontrolle.

Natürlich ist das was da so rundlich erscheint ein Einschluß mit ganz niedrigem Brechungsindex (daher die schwarzen Ränder in denen Totalreflektion eintritt), und das ist sicher Luft, die beim Abdecken eingeschlossen wurde. Insofern hat Peter mit seiner Blase doch recht.

Herzliche Grüße,

Olaf, der Besserwisser  ;D
Gerne per Du!

Vorstellung: http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=4757.0

... und hier der Link zu meinen Beschreibungen historischer mineralogischer Apparaturen:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=34049.0

PolMik

Besserwissende, Qualitätssicherung Oberlehrer Olaf,
das habe ich korrigiert.  :-[ Luftblase hin oder her, es war ein Ausbruch aus dem Schliff mit offenbar SiC. Das hätte ich als solches erkennen müssen. Im Text hatte ich ja angedeutet, dass das merkwürdig aussieht.
Viele Grüße
Michael

Florian D.

Hallo Michael,

die Dicke der Schliffe kannst Du evtl mit dem Feintrieb am Mikroskop vermessen, indem du den scheinbaren Abstand zwischen Schliffober- und -unterseite vermisst und mit dem Brechungsindex des Schliffes (bei Quarz ca. 1.5) multiplizierst. Die Doppelbrechung Deiner Quarze ist mir deutlich zu hoch (gelb). Ich vermute auch, dass die Schliffe etwas zu dick sind.

Viele Grüsse
Florian

PolMik

Hallo Florian,
das sehe ich auch so. Die Methode ist in
Leitfaden zur Dünnschliffmikroskopie
Michael M. Raith, Peter Raase & Jürgen Reinhardt
beschrieben. Ungeachtet dessen, dass der Schliff vielleicht nicht ganz perfekt ist, nehme ich nicht an weitere Minerale darin zu entdecken. Nur die anderen muss ich dann auch alle nachmessen. Das sind nicht wenige. Bei der nächsten Bestellung würde ich auf das Messergebnis hinweisen, falls es in den anderen Schliffen auch arge Abweichungen gibt. 
Viele Grüße
Michael