Botanik: Der Klassiker mit Wurzel, Blatt und Spross - Zea mays *

Begonnen von Fahrenheit, Juli 29, 2018, 18:28:23 NACHMITTAGS

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Gerd Schmahl

#15
Hallo,
ich habe diesen alten Faden ausgegraben, weil ich gerade auf der Suche nach Informationen zum Mais bin, dessen Blätter ich für den Bioleistungskurs geschnitten, gefärbt und zu Dauerpräparaten in Euparal eingedeckt habe. Auch mir sind die in der Bilderserie 14 gezeigten bulliformen (blasenförmigen) Zellen auf der Blattunteroberseite aufgefallen.
Zitat von: FahrenheitInteressant ist eine Querverbindung zwischen zwei parallelen Leitbündeln in den Aufnahmen 14c&d sowie eine Reihe von bulliformen Zellen (Bul) in den Bildern 14a,b,e & f. Deren Vakuole ist mit Wasser gefüllt und sie dienen üblicherweise dazu, das Blatt bei zu großer Sonneneinstrahlung einzufalten. Dies geschieht durch Volumenverlust aufgrund einer erhöhten Verdunstungsrate. Wenn man Lage und Größe der Zellgruppen mit der Situation z.B. beim Strandhafer vergleicht und schaut, wie der Mais bei der grade anhaltenden Trockenheit aussieht, scheinen die heutigen Zuchtpflanzen diese Funktionalität verloren zu haben. 
Allerdings glaube ich, dass diese Zellen im Zusammenhang mit der Behaarung der Blattunteroberseite stehen. Das eine muss das andere nicht ausschließen, aber die Haare sind an diese Zellen gebunden, wie man hier sieht:
pystkd_sup6.JPG
Färbung FCA nach ETZOLD


pystkd_sup6_al2.JPG
Färbung: WACKER ASim III

Vielleicht dienen diese Zellen doch nicht zum Einrollen der Blätter.

LG Gerd
EDIT: Die Bilder sind nachträglich gedreht, so dass jetzt die Blattoberseite oben ist. Den Text habe ich sichtbar korrigiert.
Man sagt der Teufel sei, im Detail versteckt,
doch hab' ich mit dem Mikroskop viel Göttliches entdeckt.

Peter T.

Hallo Gerd,

ich glaube irgendwo mal gelesen zu haben, dass bulliforme Zellen beim Mais nur an der Blattoberseite vorkommen (und das Blatt sich entsprechend nur nach oben rollt), kann aber jetzt keine Literatur-Stelle zitieren. Die verdickten Zellen an der Trichombasis sehen auch nicht so "clean" und gleichmäßig aus wie die bulliformen Zellen in Jörgs Schnitten.
Möglicherweise dienen diese verdickten Basiszellen der mechanischen Verankerung des Trichoms und sind keine Bulliform-Zellen im engeren Sinn.
Liebe Grüße
Peter

Gerd Schmahl

#17
Hallo Peter,
Du hast Recht: Die Trichome und auch die bulliformen Zellen sind auf der Blattoberseite, aber sie stehen im Zusammenhang. Die Dimension und die Färbung sind genau gleich, egal ob mit oder ohne Trichom. Ich denke, dass die Basiszellen, wie fast alle Zellen der Blattoberfläche beim Mais, recht langgestreckt sind und man im Schnitte nur selten das Haar mit erwischt, aber letztlich kann ich das nur mit einem Flächenschnitt und Blick von Oben klären. Werde ich heute Abend mal versuchen. Leider habe ich nur noch fixiertes Material. In diesem Jahr sind wider Erwarten keine Maisfelder auf meinen täglichen Wegen. Die Probe habe ich mir mitbringen lassen und sofort in kleine Stückchen geschnitten und in Alkohol-Essig fixiert.
Text und Bild in meinem vorigen Beitrag habe ich angepasst.
LG Gerd
Man sagt der Teufel sei, im Detail versteckt,
doch hab' ich mit dem Mikroskop viel Göttliches entdeckt.

Peter T.

Spannende Sache!
Ich wohne jetzt auch nicht gerade am Rande eines Maisfeldes, aber sobald ich einen in die Finger kriege, werde ich da mal nachschauen. Wenn man ausreichend bulliforme Zellen ohne Haar und ausreichend Haare ohne bulliforme Zellen findet, könnte die Kombination ja auch Zufall sein.
Wenn nicht (immerhin hast Du ja zwei dieser Stellen dokumentiert, die sich auch sehr ähneln), stellt sich die Frage, worin der Sinn dieser Kombi liegen könnte.
Liebe Grüße
Peter

Gerd Schmahl

Hallo,
nach dem ich mir die Sache von oben und nicht nur von der Seite angesehen habe, bin ich sicher, dass jede dieser im doppelten Sinn hervorragenden Zellen zur Basis eines Trichoms gehört.
Das Material war fixiert in Alkohol mit etwas Essig. Deshalb die etwas eigenartige Farbe
Mit dem 4er Objektiv:
Trichome-Blöatt-OS-SPA4.jpg

Mit dem 20er Objektiv:
Trichome-BlattOS.jpg

dgl. für Kreuzblick-geübte:
Trichome-BlattOS-3D.jpg

Das Material war fixiert in Alkohol mit etwas Essig. Deshalb die etwas eigenartige Farbe. Einen richtigen Oberflächenschnitt habe ich nicht hinbekommen, weil die Stücke zu klein waren, sie um den Finger zu wickeln.

LG Gerd
Man sagt der Teufel sei, im Detail versteckt,
doch hab' ich mit dem Mikroskop viel Göttliches entdeckt.

Peter T.

Hallo Gerd,

das sind eindrucksvolle Aufnahmen. Es sind keine bulliformen Zellen ohne Trichome zu sehen. Man kann sich auch leicht vorstellen, dass bei entsprechender Schnittführung (knapp am Haar vorbei) nur die aufgeblähten Zellen im Schnitt zu sehen sind. (Nebenbefundlich eindrucksvoll ist die große Menge an Spaltöffnungen an der Blattoberseite und ihre Verteilung entlang der parallel laufenden Blattrippen.)

Was heißt das jetzt? Sind die bulliformen Zellen einfach basale Stützzellen für Trichome? Sind die Trichome von Bedeutung für die Blattfaltung bei Trockenheit? Im Netz finde ich nichts dazu.

Spannende Sache, die Du da entdeckt hast.

Liebe Grüße
Peter

Gerd Schmahl

#21
Hallo,
es ist doch oft komplizierter als man denkt. Ich habe mir jetzt von einer 4-tägigen Urlaubsfahrt frischen Mais mitgebracht und muss mich berichtigen. Ich habe Lackabdrücke von frischen Blättern gemacht und da sieht man sehr deutlich, dass die Haare in auffälligen Zellreihen stehen, die wohl den bulliformen Zellen in Jörgs Bildern entsprechen. In den Aufsichten auf das fixierte Material war das für mich nicht ersichtlich:
01Mais-Blatt-frisch-SPA4-1600pix.JPG

Dann ist mir aufgefallen, dass das Blatt, wenn es trocknet, sich nicht einrollt, sondern zusammenklappt. Die Blattmitte ist das Scharnier. Also habe ich von dem weißen, chlorophyllfreinen Bereich über der Mittelrippe auch noch einen Lackabdruck gemacht und siehe da: Auch hier finden sich am Rand die auffälligen Zellreihen, aber mit viel mehr Zellen:
02Mais-Mitte-Frisch-SPA4-quer-1600.JPG

Diese Zellreihen am Rand der zentralen Blattader tragen nur sehr selten Trichome, während sie auf der Blattspreite in regelmäßigen Abständen zu finden sind. In der Mitte direkt über der Mittelrippe gibt es nur einfach gebaute Epidermiszellen und kaum Spaltöffnungen (sind ja auch nicht nötig, wo keine Photosynthese stattfindet). Hier ein Bild mit dem 20er Objektiv:
03Mais-Mitte-Frisch-SPA20-hoch-1600.jpg
Links die auffällige Zellreihe am Rand der Mittelrippe, rechts direkt über der Mittelrippe

Da das ein Stak aus 10 Einzelbildern ist, kann das Stakingprogramm PICOLAY daraus 3-D-Bilder generieren. Hier für die Rot-Cyan-Anaglyphenbrille:
04Maisblatt-Mitte-rot-cyan-SPA20-1600.jpg

Und hier zum Schielen:
05Mais-Blattmitte-R-L-SPA20-1600pix.jpg

Was ich aber außerdem noch sehr spannend finde: Die Verzahnung der Epidermiszellen:
06Mais-Blatt-trocken-SPA40-Rahmen1600pix.JPG

Ich möchte auch noch Querschnitte von der Mittelrippe machen, aber dazu muss ich sie erst in PEG einschließen, was 4 Tage in Anspruch nimmt. Frisch in der Möhre sind sie mir leider zerrissen.

LG Gerd
Man sagt der Teufel sei, im Detail versteckt,
doch hab' ich mit dem Mikroskop viel Göttliches entdeckt.

Peter T.

Hallo Gerd,

das sind zum einen ganz fantastische Aufnahmen und zum anderen ist das eine tolle Doku, die Licht ins Dunkel bringt. Du hast dann wohl mit Deinen Schnitten einfach Glück gehabt, dass Du in der Zellreihe gerade die Stelle erwischt hast, an der Haare wachsen.
Jetzt wissen wir, wie der Zusammenhang zwischen bulliformen Zellen und Trichomen ist - anders als zuerst gedacht, aber doch vorhanden.
Liebe Grüße
Peter