Chinin eine Substanz mit vielen Eigenschaften

Begonnen von Klaus Herrmann, Dezember 01, 2010, 23:07:59 NACHMITTAGS

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olaf.med

Hallo Gerald,

ZitatWie muß ich mir die Kristallisation aus einer Schmelze vorstellen: ist das geschmolzene Material noch flüssig und darauf bilden sich die Kristalle?

Nein, die Kristalle bilden sich direkt aus der Schmelze. Man muss sich das so vorstellen, dass zunächst im geschmolzenen Zustand alle verfügbaren Atome frei beweglich durcheinanderschwirren. Beim Erkalten ordnen sie sich wie bei der BW, wenn sich die Vaterlandsverteidiger in Reih und Glied aufstellen - es entsteht ein Kristall, der durch einen hochgeordneten, dreidimensional periodischen Aufbau charakterisiert ist. Dabei wird Energie frei - daher passiert das überhaupt. Schöne Anwendung, die genau zur Jahreszeit paßt: wenn's friert spritzen die Winzer Wasser auf die Reben, es entsteht Eis und Wärme und die Trauben erfrieren nicht.

Bei allen sog. Schmelzpräparaten, die hier im Forum immer wieder gezeigt werden, kann man das direkt im Mikroskop beobachten. Man erhitzt auf dem Objektträger ein Pulver bis zur Schmelze, deckt mit einem Deckglas ab und läßt das Präparat dann abkühlen - Kristalle wachsen. Wenn keine Keime vorhanden sind dauerts manchmal einige Zeit, man spricht dann von unterkühlten Schmelzen, aber es passiert immer irgendwann. Sogar bei unserem Fensterglas, das nichts anderes ist als eine unterkühlte Schmelze. Dort geht's aber so langsam, dass wir nicht darauf warten können...

Probiers mal mit Hippursäure, da reicht schon die Kerzenflamme um eine Schelze zu bilden, und die Kristallisation ist spektakulär.

Gutes Wachstum,

Olaf
Gerne per Du!

Vorstellung: http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=4757.0

... und hier der Link zu meinen Beschreibungen historischer mineralogischer Apparaturen:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=34049.0

G. Helbig

Hallo Olaf,

vielen Dank für die Erklärung.

Klaus hat mal vor einiger Zeit hier Schwefelkristalle gezeigt. Hierzu wurde Schwefel in einem Tropfen Öl erhitzt und dann erkalten lassen. Waren das somit auch Kristalle aus der Schmelze?

Viele Grüße

Gerald

Klaus Herrmann

#17
Hallo Gerald,

ich bin mir nicht sicher, ob ich das damals erklärt habe. Das sind 2 Prozesse, die da ablaufen:

Der Schwefel schmilzt in dem Salatöl, weil das Öl als homogener Wärmeüberträger wirkt. Zusätzlich ist das Öl auch in begrenztem Umfang Lösungsmittel für den Schwefel.

Man hat dann 2 Phasen: Tropfen von geschmolzenem Schwefel in Öl und im Öl gelösten Schwefel.

Zuerst beginnen die geschmolzenen Schwefeltröpfchen zu kristallisieren, wenn das Ganze abkühlt. Das geht schlagartig aber völlig regellos. Wenn man bei gekreuzten Polarisatoren beobachtet ist alles dunkel und dann geht es los: überall blinken Kügelchen auf, weil die Tröpfchen des geschmolzenen Schwefels schlagartig auskristallisieren und dann durch die Doppelbrechung hell werden. Das sind aber verfilzte Mikrokristalle mit der äußeren Form einer Kugel - nicht besonders schön.
Nach einiger Zeit wachsen dann große schön ausgebildetet Schwefelkristalle aus der Lösung. Wunderschön anzusehen!

Ein einfacher Versuch, der sich lohnt: stecknadelkopf große Menge Schwefelpulver plus 2 Tropfen Salatöl (Kein Virgine, das verharzt nur!). Großes DG drauf und vorsichtig über Flamme erwärmen, dabei bekommt man die 2 Phasenmischung, wie oben erwähnt.

Vorsicht: nicht punktförmig erhitzen sonst knallt der OT, die sind ja nicht aus temeraturresistentem Geräteglas! Zur Sicherheit mit Reagenzglas- oder Wäscheklammer (aus Holz - nicht Plastik) halten.

Vielleich findet jemand meine Bilder von damals?

# Olaf, Du hast natürlich mit Kennerblick entlarvt: das "Eiskristallbild" ist Auflicht-DIC

# Gerald: ich wäre bereit und willens Dir eine kleine aber lehrreiche Menge von Hippursäure mit der Deutschen Schneckenpost zukommen zu lassen ;)
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


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treinisch

Zitat von: Klaus Herrmann in Dezember 03, 2010, 23:51:00 NACHMITTAGS
Vielleich findet jemand meine Bilder von damals?

Hallo,

mitten in diesem Thread über Tee und Coffein befindet sich ein Artikel über Schwefel
und Salatöl, sind das die gesuchten Bilder?

http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=668.0

Viele liebe Grüße

Timm
Gerne per Du!

Meine Vorstellung.

Ernst Hippe

Noch ein Hinweis zur Schmelze: ohne Gefahr des Platzens gehts am besten auf einer Ceran-Herdplatte, auch mit Deckglas drauf. Man muß nur sofort, wenn alles geschmolzen ist, das Präparat von der Hitze wegziehen (möglichst nicht mit den Fingern!).
Gruß Ernst Hippe
Vorstellung:Hier klicken

G. Helbig

#20
Zitat von: Klaus Herrmann in Dezember 03, 2010, 23:51:00 NACHMITTAGS
# Gerald: ich wäre bereit und willens Dir eine kleine aber lehrreiche Menge von Hippursäure mit der Deutschen Schneckenpost zukommen zu lassen ;)

Hallo Klaus,

kannst Du Gedanken lesen? Ich habe natürlich sofort nach Hippursäure "gegoogelt" und wollte demnächst die Apotheke meines Vertrauens aufsuchen. Doch wahrscheinlich werden sie die Substanz nicht haben. Und wenn doch, dann habe ich ein schlechtes Gewissen. Letztens habe ich 50ml Essigsäure gekauft: sie haben 15min gebraucht, bis es aus dem Lager geholt, unter der Belüftung abgefüllt, richtig etikettiert war. Und dann haben sie nur 1 Euro verlangt. Betriebswirtschaftlich ein Todesstoß. Also wenn Du mir ein kleines bisschen zusendest und dabei nicht gegen 100 Regeln der Beförderungsrichtlinien und Terrorabwehr verstößt, lege ich es mir hübsch verpackt unter den Weihnachtsbaum und freue mich riesig.

Danke und viele Grüße

Gerald


Klaus Herrmann

Vielen Dank Timm,

das ist der gesuchte Link im Link.

Hier sieht man auch den "Sternenhimmel" aus Schwefeltröpfchen, die schon kristallisiert sind und weil ich nicht nur gekreuzte Polfilter verwendet habe, sondern wohl auch noch λ  und ¼λ ist der Untergrund aufgehellt. (Könnte auch DIC sein mit λ  und ¼λ) Irre praktisch die eigene Schreibhilfe ;D
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


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Klaus Herrmann

Hallo Gerald,

wenn Du Veganer wärst, dann könntest Du Harn sammeln und daraus Hippursäure gewinnen, weil Pflanzenfresser sie als Stoffwechselprodukt ausscheiden. Liebig (der Fleischextrakt-Liebig) hat sie 1829 im Pferdeharn entdeckt. (Daher der Name! Griechisch: Hippos= Pferd; Uron= Harn)

Aber einfacher ist wohl doch die Probe von mir. Kommt noch garantiert zum Fest! ;) Schmelzpunkt 190-193°. Auch gut löslich in heißem Ethanol, gibt dann ganz andere Kristallausbildung!

Und in der Apotheke wird die Substanz wohl nicht geführt; ich kenne keine Anwendung in der Medizin.
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


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Klaus Herrmann

Noch ein Nachtrag,

leider habe ich in meiner Pharmaziesammlung nicht die passende Flasche, wahrscheinlich gibt es die mit Schild Hippursäure auch gar nicht. Sonst hätte ich Dir die natürlich in der Flasche geschickt. Nun wird es schnöde bruchsichere Plastik werden!
Die Substanz ist aber nicht beim BKA gelistet, so dass es keine Beschränkungen gibt für den Postversand! :D

So eine Flasche wärs gewesen:  ;)

Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


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