Botanik: Die Rückkehr des Rots - Spross des Goldahorns im Querschnitt *

Begonnen von Fahrenheit, Juni 07, 2010, 22:40:30 NACHMITTAGS

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Fahrenheit

Liebe Pflanzenfreunde,

meine letzten Schnitte habe ich in Vorbereitung eines anstehenden Projektes alle nach Wacker W3A gefärbt. Das waren das Zackenschötchen, die Sternmagnolie, der Raps und die Löwenzahnwurzel. In allen diesen Schnitten waren Rottöne Mangelware.
Die Begründung ist, dass in krautigen Pflanzen und bestimmten Pflanzenteilen eben keine verholzten Zellwände vorhanden sind, die in der W3A Färbung rot hervortreten. Aber eine gewisse Unsicherheit war da doch.

Also musste eine verholzte Probe her, in Form eines diesjährigen Ästchens unseres Goldahorns. Nun, was soll ich sagen: da ist es wieder, das Rot. ;D  ... und ich bin beruhigt, dass ich keinen Fehler in meinem Färbeprozess habe.

Den Goldahorn habe ich zunächst für eine der vielen Hybriden im Umfeld des Fächerahorns (Acer palmatum) gehalten. Dann aber bei der Vorbereitung dieses Beitrags herausgefunden, dass er eine Züchtung des japanischen Botanikers Shirasawa Homi (* 1868; † 1947) ist. Der wissenschaftliche Name ist Acer shirasawanum aureum und er gehört zu einer Reihe kleinwüchsiger Bäume (natürliche Bonsai), die wir dem umtriebigen Botaniker zu verdanken haben. Alle seine Kreationen und Entdeckungen tragen seinen Namen. Der Mann hatte also ein sehr starkes Ego oder viele gute Freunde.  ;)

Der Baum hat einen kompakten und dichtverzweigten Wuchs und zahlreich leuchtend gelbgrüne Blätter, die dachziegelartig übereinander liegen und somit eine dichte Krone bilden. Die roten Blattstiele stellen hierzu einen reizvollen Kontrast dar. Auch die Früchte sind zunächst leuchtend rot und später braunrot gefärbt. Die Herbstfärbung des Laubes ist ein kräftiger Gelbton, der blasser wird, bevor die Blätter abfallen.

Bild 1: unser Goldahorn. Der Baum ist 14 Jahre alt und gut 1,80 Meter hoch.


Bild 2: Eine Nahaufnahme des schönen Laubes mit rötlich-braunen Früchten und Blattstielen.


Bild 3: Eine schöne Illustration eines Acer palmatum möchte ich Euch aber nicht vorenthalten:

Quelle: Flora Japonica, Sectio Prima (Tafelband) von Philipp Franz von Siebold and Joseph Gerhard Zuccarini (1870), Public Domain.

Nun zu den Schnitten. Gefärbt nach einer Objektfixierung in AFE nach Wacker W3A. Schnitte mit dem Handzylindermikrotom und Leica-Einmalklingen im Klingenhalter. Das Holz ist für diese einfache Technik noch etwas hart (Daher sind die Schnitte etwas 'strubbelig', was man besonders an den teilweise zusammengeschobenen rechteckigen Zellen ums Cambium erkennt.  Ich werde eine Glyzerinstufe zwischen schalten.
Eingedeckt habe ich aus Xylol in Eukitt (Danke, Wolfgang!  :))

Die Technik wie gehabt: Leica DME mit C- und N-Plan Objektiven, Aufnahmen mit Canon A520 über den Herrmannschen Adapter mit einem Leica Periplan Okular.

Bild 4: Eine Sektion des Ästchens in der Übersicht, Vergrößerung 50x, Stapel aus 9 Bildern.

Kein Grund mehr, sich über zu wenig Rot zu beschweren. Der Durchmesser des gesamten Ästchens beträgt ziemlich genau 4 mm.

Bild 5: Ausschnitt aus dem Leitgewebe, Vergrößerung 100x, Stapel aus 9 Bildern

Von links nach rechts: Rindenparenchym mit Sklerenchymkappen, Phloem, Cambium, Xylem mit einzelnen großen Tracheen und Markstrahlen, Protoxylem und Markparenchym.

Bild 6a/b: das Protoxylem mit darüberliegendem Xylem, unterbrochen von Markstrahlen, Vergrößerung 200x, Stapel aus 11 Bildern. Bild 6b mit Maßstab


Der doppelte Markstrahl ganz links im Bild weicht etwas von den sonst einfachen Markstrahlen ab und verdient ein eigenes Bild.

Bild 7a/b: der doppelte Markstrahl, Vergrößerung 400x, Stapel aus 10 Bildern, Bild 7b mit Maßstab.


Zwei ein bzw. zwei Zellreihen starke Markstrahlen aus längst laufenden Zellen mit vielen großen Tüpfeln umschließen eine Reihe Tracheiden.

Bild 8: Epidermis und Cuticula, Vergrößerung 400x, Stapel aus 13 Bildern

Eine vielschichtige Epidermis wird von einer dünnen Cuticula nach außen hin abgeschlossen. Nach innen folgen die größeren und dünnwandigeren Zellen des Rindenparenchyms.

Vielen Dank fürs Lesen, Anregung und Kritik sind wie immer willkommen!

Herzliche Grüße
Jörg

Edit: 10.05.2011 verloren gegangene Bilder nachgetragen.
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Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

Mila

Lieber Jörg,

da sage ich doch mal: die Rückkehr des Rots ist Dir beeindruckend geglückt :) ein Goldahorn so bunt

Das ist wirklich ein schöner Schnitt mit einer brillianten Färbung (und die Anatomie ist diesmal so schön eindeutig ;D)
Klasse!

Herzliche Grüße über den Rhein,
Mila


Rolf-Dieter Müller

Lieber Jörg,

Schnitt und Färbung sind Dir sehr gut gelungen, ein wunderschönes Beispiel um die Leistungsfähigkeit der Wackerfärbung zu zeigen. Was anderes wäre aber von Dir auch nicht zu erwarten gewesen.

Bei stärker verholzten Schnitten wie bei diesem Goldhahorn lohnt es sich durchaus, die Standardfärbung etwas zu variieren. In solchen Fällen überfärbe ich kräftig mit Acridinrot, je nach Schnittdicke mindestens 15 bis 30 Minuten. Bei dickeren Schnitten nur 15 Minuten, dünne Schnitte <= 30 µm 30 Minuten. Dann mit Salzsäurealkohol mutig differenzieren und danach gut auswaschen. Astrablau kann stark verdünnt werden und als Färbezeit reichen nur wenige Sekunden.

Im Ergebnis werden die Markzellen deutlicher von der Rotfärbung getrennt.

Viele Mikrogrüße
Rolf-Dieter

Eckhard

Lieber Jörg,

toller Schnitt und auch super gefärbt. Rolf-Dieter's Rat schliesse ich mich an. Du kannst die Wacker-Färbung an das jeweilige Schnittgut anpassen. Drei Versuche, bis die Färbung perfekt ist, sind nicht ungewöhnlich.

Bild 6 ist mein Favorit.

Herzliche Grüsse
Eckhard
Zeiss Axioscope.A1 (HF, DF, DIK, Ph, Pol, Epifluoreszenz)
Nikon SE2000U (HF, DIK, Ph)
Olympus SZX 12 (HF, DF, Pol)
Zeiss Sigma (ETSE, InLens SE)

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Fahrenheit

Liebe Freunde,

wie immer vielen Dank für Euer Lob und Eure Hinweise!

Liebe Mila,

danke für das bunte Posting!  ;D
Ein Haar ist ja immer in der Suppe. Mir ist da dieser Markstrahl aufgefallen. Allerdings reichen meine Kenntnisse nicht, um zu beurteilen, ob das eben so vor kommt oder ob es einen Nutzwert für diese Struktur gibt.

Lieber Rolf Dieter,

danke für den Hinweis zur Färbung und Differenzierung mit/des Acridinrot. Ich muss neue Schnitte machen, werde das aber auf alle Fälle probieren. Ich nehme an, das Markparenchym wird dann gelblich-braun hervortreten, ähnlich wie die Markstrahl-Zellen?

Lieber Eckhart,

Das Bild 6 ist auch mein Favorit. Das Spielen mit den Färbungsparametern werde ich probieren. Bisher habe ich die unterschiedlich ausfallenden Färbungen bei gleichem Prozess immer als Auswirkung unterschiedlicher Gewebearten interpretiert, also versucht, anhand der Farben eine Aussage zur Anatomie der Pflanze zu treffen.
Auf dieser Basis würde ich nun vermuten, dass die Markzellen ein wenig lignifiziert sind.

Wie zu erwarten, hat aber auch das Einschlussmittel Auswirkungen auf die Färbung. Hier zum Vergleich das Bild 6 und ein ähnlicher Bildausschnitte aus einem mit Malinol eingedeckten Präparat der gleichen Serie. Die Präparate wurden gemeinsam im Uhrglas gefärbt und über Isopropanol und Xylol entwässert.
Die eine Hälfte der 6 Schnitte habe ich dann mit Malinol, die andere mit Eukitt eingedeckt.

Die Bedingungen bei der Aufnahme (Vergrößerung, Brennweite der Kamera, Beleuchtungsstärke, Parameter bei der Anpassung des Schwarz- und Weißpunkts sowie Grad der Nachschärfung beim Verkleinern auf 800*600 sind nach Möglichkeit identisch.

Zunächst eine Wiederholung von Bild 6 (Eukitt) und direkt im Anschluss Bild 9 (Malinol), Vergrößerung 200x, Stapel aus 9 Bildern.



Herzliche Grüße
Jörg
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Muschelbluemchen

Hallo Jörg

Ein Farbenfeuerwerk - wirklich schön!

mit freundlichen Mikrogrüßen
Leopold

Rawfoto

Hallo Jörg

Auch bei mir ist Bild 6 der absolute Favorit, einfach spitzen Qualität die Du da zeigst ...

:-)

Gerhard
Gerhard
http://www.naturfoto-zimmert.at

Rückmeldung sind willkommen, ich bin jederzeit an Weiterentwicklung interessiert, Vorschläge zur Verbesserungen und Varianten meiner eingestellten Bilder sind daher keinerlei Problem für mich ...

Fahrenheit

Lieber Leopold, lieber Gergard,

auch Euch vielen Dank für Euer Lob!

Herzliche Grüße
Jörg
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carpe diem

Hallo Jörg,
eine klasse Doku mit aussagekräftigen Bildern eines gelungenen Präparates. Gerade die Übersichtsaufnahme gefällt mir sehr. :) Weiter so!

Beste Grüße
Sebastian
Die Neigung der Menschen, kleine Dinge für wichtig zu halten, hat sehr viel Großes hervorgebracht. Zitat von Georg Christoph Lichtenberg (1742-1799)

Eckhard

Lieber Jörg,

Zitatvielen Dank für Euer Lob!

Man kann auch sagen, dies ist die beste Färbung, die ich bisher von Dir gesehen habe!

Herzliche Grüsse
Eckhard
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Holger Adelmann

Lieber Jörg,

da halte ich es ganz mit Eckhard.
Das ist ein tolles Färbeergebnis ! Auch die Zwischentöne sind super fein abgestimmt.
Die ansonsten wiederum gelungene Gesamtschau ist man ja schon von Dir gewohnt - und sicher mit ein Grund, immer wieder ins Forum zu schauen   :D
Wann kommt der Bildband von Dir ? ;D

Herzliche Gruesse
Holger


Fahrenheit

Lieber Sebastian,

herzlichen Dank für Dein Lob! Es freut mich sehr, dass meine Arbeit so gut ankommt.

Lieber Eckhard,

auch Dir abermals vielen Dank! Aber ich denke, ein Großteil des Lobes gebührt dem Ahorn.  ;)

Zur Zeit bereite ich ja ein Projekt vor, dass ich Ende des Monats an der Schule meiner Tochter durchführen möchte. Ziel wird es sein, interessierten Schülerinnen und Schülern ab der Jahrgangsstufe 9 in die Grundlagen der botanischen Mikrotechnik einzuführen. Vom Freihandschnitt über Etzold Grün und Wacker Färbung bis zum Eindecken der Präparate inklusive der anschließenden Interpretation und Dokumentation.
Dazu habe ich, wie oben beschrieben, die letzten Schnitte alle nach Wacker W3A gefärbt - und zwar immer nach dem gleichen Prozess oder mit einer speziellen Änderung (hier z.B. das Eindecken mit Eukitt und Malinol - normalerweise nutze ich ja Euparal). Färbezeiten und Ausgangslösungen waren jeweils bis auf Nuancen identisch.

Die Bilder der vorangegangenen Färbungen kennst Du aus den entsprechenden Threads. Krautiges Material liefert meiner Ansicht nach eben keine so spektakuläre Färbungen, wie verholztes. Buchs und Lorbeer unterstützen, denke ich, diese These.
Deines hohen Lobes würdig wäre ich vielleicht, wenn es mir gelingen würde, die einzelnen Gewebe noch sauberer differenziert und ohne Überfärbung wie z.B. bei den Sklerenchymkappen zu zeigen. Dazu gehören aus meiner Sicht dünnere Schnitte, die von Dir und Rolf-Dieter vorgeschlagenen Anpassungen am W3A Prozess und sicher auch noch einige Verbesserungen an der Aufnahmetechnik. Einiges davon werde ich nach der Kornrade und dem Projekt in Angriff nehmen.

Wenn Du magst, können wir uns am Wochenende ja einmal am Ahorn versuchen. Das gibt mit Sicherheit sehr plakative Präparate.

Lieber Holger,

eben sehe ich Deinen Beitrag. Auch Dir herzlichen Dank für Deine netten Worte, sie sind mir ein Ansporn!
Bildband ist ein großes Wort - ich bin ja froh, dass ich akzeptable Photos in der Forenauflösung 800*600 hin bekomme. 
Da müsste der zukünftige Verlag schon eine deutlich bessere Ausrüstung springen lassen ...  ;D ;D ;D

Herzliche Grüße
Jörg
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Fahrenheit

Liebe Pflanzenfreunde,

auch in diesem Thread sind die Bilder meines Eingangspostings über die Zeit verschwunden, ich habe sie noch einmal nachgetragen und hoffe, dass sie nun Bestand haben.

Herzliche Grüße
Jörg
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Ronald Schulte

Lieber Jörg,

Auch deine Bilder sind wie immer Fantastisch um es an zu sehen. Die Farbkraft von die Wacker Färbung ist super. Ich habe die Stoffe schon zeit einen Jahr zu Hause aber es fehlt mir noch an Material und Kenntnis wie so was zu machen. Die Histologie ist nicht immer so einfach aber solche schöne Pflanzen Schnitte Farben ist auch mehr wie Hochschule denke ich.

Grüße Ronald
Mikroskope:
Leitz Orthoplan (DL, AL-Fluoreszenz und Diskussionseinrichtung).
Leica/Wild M715 Stereomikroskop.
Mikrotom:
LKB 2218 Historange Rotationsmikrotom.

Fahrenheit

Lieber Ronald,

vielen Dank für Dein Lob! die Schnitte vom Goldahorn sind hinsichtlich der Farbwirkung der Wacker W3A Färbung auch die Besten, die mir bisher gelungen sind.
Bei den Färbungen Pflanzlichen Materials besteht neben den üblichen Variablen durch Fixierung und Farbkonzentration und Färbedauer eine sehr große Abhängigkeit vom Aufbau und der Zusammensetzung der Probe selbst.

Herzliche Grüße
Jörg
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