Botanik: mal wieder was vom Efeu (Hedera helix): Spross-Wurzel-Blattstiel-Blatt*

Begonnen von Fahrenheit, Dezember 11, 2011, 09:37:37 VORMITTAG

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David 15

Lieber Jörg,

Toller Beitrag zur Wurzel. Die Unterschiede zum Spross sind sehr gering. Als ich mal eine Wurzel einer anderen Pflanze schnitt, war ich sehr verwundert  ;D Auf den ersten Blick sah die Wurzel genauso wie der Spross aus. Auf meinem Gesicht war ein großes Fragezeichen  :D

Viele Grüße
David

''Wir leben in einem gefährlichen Zeitalter. Der Mensch beherrscht die Natur, bevor er gelernt hat, sich selbst zu beherrschen.'' ( Albert Schweitzer)

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Detlef Kramer

Lieber David,

grundsätzlich unterscheidet sich die Wurzel im Querschnitt ganz wesentlich vom Spross. Vielleicht sollten wir das einmal zu einem Thema machen? Eine Anregung!

Herzliche Grüße
Detlef
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David 15

Lieber Detlef,

Du hast natürlich recht aber als ich zum ersten mal einen Wurzelquerschnitt gemacht habe war ich eben etwas verwirrt, da mir bei schwacher Vergrößerung , auf den ersten Blick, kaum Unterschiede zum Spross aufgefallen sind. Ich habe nämlich einen primären Spross erwartet und keinen sekundären  ;) Beim primären  wäre mir sofort alles klar gewesen  :)

ZitatVielleicht sollten wir das einmal zu einem Thema machen?

Wie meinst du das ?

Viele Grüße
David
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Fahrenheit

Lieber Detlef,

ja, Du hast Recht. Wurzeln sieht man hier leider recht selten. Ich denke, ich werde bei den nächsten Proben auch mal unter der Erde nachsehen. Vielleicht haben die anderen "Schnippler" ja auch ein wenig Lust zu buddeln.  ;)

Herzliche Grüße
Jörg
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Fahrenheit

#34
Liebe Pflanzenfreunde,

in Vorbereitung auf ein MINT Camp am Gymnasium Nonnenwerth habe ich mir auch den Blattstiel des Gemeinen Efeus noch einmal etwas näher angesehen. Die Ergebnisse möchte ich Euch nicht vorenthalten, da Sie aus meiner Sicht Eckhards Thread schön ergänzen.
Gefärbt habe ich zum besseren Vergleich mit den anderen Geweben aus Spross und Wurzel ebenfalls mit W3Asim II nach dem eingangs beschriebenen Rezept.

Bild 36: Makroaufnahme eines Schnittes mit der Canon S3IS (dazu lag das Präparat direkt auf der Frontlinse auf)

Der Durchmesser des Blattstiels an der Schnittstelle beträgt etwa 3,9 mm.

Bild 37 a/b: Übersicht, Bild 37b mit Beschriftung. Vergrößerung 50x, Stapel aus 8 Bildern.


Die Beschriftung von Innen nach Außen:
MP: Markparenchym
PXl: Primäres Xylem
Xl:   Xylem
Pl:   Phloem
Skl: Sklerenchym
SK:  Sekretkanal
RP:  Rindenparenchym
D:   Calciumoxalat-Druse
Kol: Kollenchym
Ep:  Epidermis
Cu:  Cuticula

Bild 38 a/b: eines der Leitbündel, Bild 38a ungefärbt. Vergrößerung 100x, Stapel aus 14 bzw. 8 Bildern



Bild 39: Das primäre Xylem, Vergrößerung 200x, Stapel aus 4 Bildern


Bild 40 a/b: In den Markstrahlen zwischen den Leitbündeln finden sich Riesenzellen mit sklerifizierten Zellwänden, Bild 40b mit Maßstab. Vergrößerung 200x, Stapel aus 16 Bildern.



Bild 41: Sekretkanal, Vergrößerung 400x, Stapel aus 5 Bildern

Das Lumen des Kanals ist ca. 36 mm lang und 18 µm breit. Schön ist der "doppelwandige" Aufbau aus zwei ringen konzentrisch angeordneter Zellen zu erkennen. Die ganz innen liegenden Zellen sind Drüsenzellen, deren Sekret den Kanal füllt. Unten auf 05:30 Uhr eine schöne Oxalatdruse.

Vielen Dank fürs Anschauen, Anregung und Kritik sind wie immer willkommen.

Herzliche Grüße
Jörg
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Holger Adelmann

Wow, eine tolle Geometrie, Jörg !
Es ist immer wieder erstaunlich was die kleine Canon im Nahbereich leistet.

Herzliche Grüsse
Holger

Fahrenheit

Lieber Holger,

danke für Dein Lob, das ich spontan auf den Sekretkanal beziehe. Aber beim Blick durchs Okular ist der Ausschnitt halt auch farblich noch brillanter. Vor allem aber wäre das ein Motiv, das mit Deinem 63er Öl sicher noch deutlich prägnanter in Szene zu setzen ist.

Herzliche Grüße
Jörg
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Omaruru

#37
Hallo Jörg,

Schnitt und Färbung, wie immer perfekt,
aber arbeitest du jetzt für versteckte Kammera  ;)
Kreisrunde Anordnung der Leitbündel ohne erkennbare Lücke und Kambium eindeutig zwischen Xylem und Phloem, selbst im Markstrahl sind erste Teilungsstadien erkennbar !
Sekundäres Dickenwachstum im Blattstiel ???
Willst du das wirklich so weiter verbreiten ?

Was war denn alles in deinem Fixiergemischpool ?

Herzlich

Klaus
Ich bevorzuge ein kollegiales Du ;-).

Scientists like to name anything.
      Jack Horner

Fahrenheit

#38
Lieber Klaus,

Isch schwör!  ;D
Und ja, ich will und werde!  ;)

Rolf-Dieter Müller war bei der Probename live dabei und kann bestätigen: es handelt sich um den Blattstiel des Gemeinen Efeus. Der sieht ja nun auch deutlich anders aus, als die Spross-Querschnitte im Eröffnungsbeitrag.

Natürlich findet im Blattstiel auch Wachstum statt, was man schön im Vergleich zu Eckhards Bild sehen kann, das ich hier einmal zur direkten Gegenüberstellung mit hineinnehme. Es stammt sicherlich von einem jüngeren Blattstiel und zeigt die gleichen muschelförmigen Leitbündel, wie in meinem Schnitt von einem großen Blatt an einem juvenilen Spross (der Blattstiel war gute 12 - 14 cm lang, bei einem Durchmesser von fast 4 mm an der Schnittstelle - und er trug ein mehr als handtellergroßes Blatt).

Bild 42: Eckhards Schnitt eines jungen Blattstiels

Hier sind die 6 muschelförmigen Leitbündel noch etwas kleiner und durch breite Parenchymstreifen getrennt.

Bild 36: leider nur ein Makro  :)

Diesmal 8 ebenfalls muschelförmige Leitbündel mit deutlich kleineren Lücken, die aber ebenfalls von großen Parenchymzellen gefüllt sind. Einige davon jedoch mit eindeutig sklerifizierten Zellwänden - siehe Bild 40 a/b.

Zur Verdeutlichung habe ich noch mal ein Bild vom Übergang zwischen Xylem (oben) und Phloem (unten) gemacht:

Bild 43: ist das ein Cambium? Vergrößerung 400x, Stapel aus 5 Bildern.

Wenn mir jemand das Bild ohne weitere Erläuterung zum Beschriften gegeben hätte, hätte ich sicher Cambium an die dünnwandige, backsteinförmige Zellreihe geschrieben. Auffällig finde ich nur den sehr harten Übergang zum Xylem. Es sind keinerlei Zwischenstufen noch nicht ganz ausdifferenzierter Xylemzellen zu sehen, wie man sie sonst in Sprossquerschnitten findet. Das kann natürlich auch daran liegen, dass nun im Winter alle Xylemzellen bereits ausdifferenziert sind und eben in der kalten Jahreszeit keine weiteren Zellen mehr nachgewachsen sind, die noch im Wachstum wären.

Die Lehrbücher kenne ich natürlich auch. Aber das, was ich hier zeige IST der Querschnitt eines Blattstiels. Hier steh' ich nun und kann nicht anders.  ;D

Wir hatten vor nicht all zu langer Zeit schon einmal ein Präparat mit einem Cambium, wo keines zu erwarten gewesen wäre. Leider erinnere ich mich nicht mehr, was das genau war. Detlef meinte damals etwas in der Form, dass die Natur nicht immer gewillt wäre, gemäß den Vorgaben der Standardliteratur zu wachsen. Wer weiß Rat?

Herzliche Grüße
Jörg



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Omaruru

Hi Jörg,

Bild 42 könnte Blattstiel sein. Die Auflösung im Bereich Xylem / Phloem reicht nicht.

Bild 43 / 37 ist eindeutig Kambium, siehe Korkkambium.

Versuche nicht zu schwören sondern zu werden und frage bitte Detlef.

Wie auch immer, erzähl mir eine Alternative.

Klaus
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      Jack Horner

Fahrenheit

#40
Lieber Klaus,

Bild 42 ist ein Blattstiel weil Eckhard ihn uns als Blattstiel vorgestellt hat, er sicher in der Lage ist, einen Blattstiel von einem Spross zu unterscheiden und es nicht den geringsten Anlass gibt, anzunehmen, dass er uns nicht die Wahrheit sagt. Zwei weitere Aufnahmen des selben Schnittes in höheren Vergrößerungen findest Du übrigens in seinem Thread, den ich im Eingangsposting und in meinem Posting zum Blattstiel verlinkt habe und den ich für Dich hier gerne ein drittes mal verlinke: http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=2534.0.

Aus dem gleichen Grund wie bei den Aufnahmen von Eckhard handelt es sich bei den Bildern 36 bis 41 und 43 ebenfalls um Aufnahmen vom Querschnitt eines Blattstiels.

Ich habe (leider) nicht Biologie studiert - Du bist Biologe. Bevor Du also die Darstellung hier in Zweifel ziehst, versuche es doch bitte einmal mit einer Theorie, die das gesehene erklären könnte.    

Herzliche Grüße
Jörg

p.s.
Es handelt sich um einen frischen Schnitt mit anschließender Schnittfixierung. Eine Verwechselung ist ausgeschlossen.
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Detlef Kramer

Hallo Kollege Klaus,

das Dogma "kein Kambium in Blättern, mit der Ausnahme der Coniferen-Nadeln" habe ich jahrzehntelang im Unterricht und einige Jahre auch hier vehement vertreten, Jörg erinnert sich sicherlich. Im vergangenen Jahr sind mir dann doch einmal Zweifel gekommen und dann habe ich mal den Esau (Übersetzung von Eschrich) genauer studiert und siehe da, es gibt das sekundäre DW in Blättern sehr wohl. Ich kann mich leider nicht mehr erinnern, woher das Dogma bei mir kam, jedenfalls ist es falsch.

Detlef
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Eckhard

#42
Lieber Jörg,

Zitater sicher in der Lage ist, einen Blattstiel von einem Spross zu unterscheiden

Ich danke Dir für die Verteidigung meiner Ehre, möchte dies jedoch einschränken: Es könnte schon Abende gegeben haben, da hätte ich ab einem gewissen Zeitpunkt dafür meine Hand nicht ins Feuer legen wollen. Allerdings pflege ich in an solchen Abenden weder Spross noch Stiel in kleine Scheibchen zu zerschneiden ;)

Herzliche Grüsse zum Wochenende,
Eckhard
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Fahrenheit

#43
Lieber Detlef,

danke fürs Nachschlagen! Ich habe heute nach dem MINT Camp auch noch mal die Literatur gewälzt und finde im Raven/Evert/Eichhorn:

ZitatDie Blattnerven besitzen Xylem und Phloem, die im allgemeinen ausschließlich primären Ursprungs sind. Bei einigen magnoliiden und eudicotylen Blättern findet bei der Mittelrippe und machmal auch bei den größeren Seitenadern begrenztes sekundäres Wachstum statt.
Biologie der Pflanzen, 3. Auflage 2000, Kapitel 26.5.3, S. 668.

Hedera helix ist eine Asteride, welche eine der beiden großen Gruppen der Eudikotyledonen bilden, und gehört somit zu den Pflanzen, auf die das bei Raven/Evert/Eichhorn gesagte zutrifft.

Im Pflanzenanatomischen Praktikum von Braune/Leman/Taubert findet sich etwas weniger spezifisch (9. Auflage 2009, S. 173, Kapitel 2.1.1.3) zum Leitbündel der Blätter:

ZitatAufbau entspricht dem Leitbündelbau der Sproßachse. Meist kollateral.

Die Blattstiele, die wir heute auf Nonnenwerth geschnitten haben, zeigten - wie nicht anders zu erwarten - den gleichen Aufbau wie das hier dokumentierte Exemplar. Das Cambium war klar zu erkennen und wurde auch von der LK-Leiterin als solches benannt.


Lieber Eckhard,

genau wegen der von Dir geschilderten Gefahr beginnen auch nur Kochrezepte (und keine Präparationsanleitungen) mit dem schönen Satz "Man fülle ein Glas besten Rotweins in den Koch."
;D

Euch beiden vielen Dank für Eure Kommentare und herzliche Grüße
Jörg
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Omaruru

Hallo zusammen,

ich habe mir mittlerweile auch noch einmal einen Blattstiel eines Efeu Jugendblattes ( 5-zackig ) angesehen. Und wie ich es erwarte habe und es auch in Eckhards Bild zu sehen ist, finde ich genau 5 weit von einander getrennte Leitbündel. Für jede Haupt-Blattader eines. Diese weisen durchaus im geschlossenen Leitbündel ein Kambium und sekundäre Elemente auf ( siehe auch http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=11407.msg83849#msg83849 von Hans-Jürgen Koch und auch in seinen Bilder vom Efeu Blattstiel, der aber vermutlich näher an der Blattspreite geschnitten war. ), nicht aber im Bereich dazwischen ( Markstrahl eigentlich nur im Sproß ? ) und das war seither das Kriterium für mich - der geschloßene Kambiumzylinder - für sekundäres Dickenwachstum.
In Jörgs Übersicht sind allerdings 8 einzelne Leitbündel zu erkennen mit nur schmalen - 2-3 Zellen breiten - parenchymatischen Bereichen in denen, ich zumindest, Teilungsstadien erkenne. Als der Beginn für einen geschloßenen Kambiumzylinder, der, weiterhin meiner Meinung nach, nur im Sproß zu finden ist.
Gut, in der Natur gibt es nichts, das es nicht gibt und vor allem viele Dinge zwischen Himmel und Erde mit denen die Schulweisheit heute noch nichts anfangen kann.

Jörg ich bezweifle nicht daß du ein Blatt oder Blattstiel erkennst aber ich konnte mir das Bild nur im Rahmen einer Verwechslung von Probenstücken erklären.

Herzliche Grüße

Klaus
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