Warum sind mikroskopische Linsen so klein?(->möglichst kleiner Krümmungsradius!)

Begonnen von Oliver S., Februar 16, 2012, 21:19:42 NACHMITTAGS

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Oliver S.

Liebe Optikexperten,
das Sichtfeld des Auges wird beim Blick durch ein Mikroskop ja nicht gerade ausgenutzt.
Hat es eigentlich einen physikalischen oder anderen Grund, dass die Linsen eines Mikroskops so klein sind?
Gruß, Oliver
(gern per "Du" )

Denis

Hallo Oliver,

meiner Meinung nach spielt hierbei vor allem das Kleingeld eine Rolle;
man merkt ja schon den deutlichen Preisanstieg von 18er auf 22er Sehfeld.

Das liegt wiederrum vermutlich an der Fertigung der Linsen.
Optische Korrektheit auf einer großen Fläche zu erreichen,
ist extrem material- und zeitaufwändig.

Gruss
Denis

Gunther Chmela

Das wird kaum anders gehen, denn der Zusammenhang zwischen Krümmungsradius einer Linse und deren Brennweite ist folgendermaßen definiert.

1/f = (1 - n) (1/r + 1/r')
(n = Brechzahl des Glases, r und r' = Krümmungsradien der Linse)

Daraus folgt zwingend, daß man für hohe Vergrößerungen kleine Krümmungsradien braucht.

Beste Grüße!
Gunther Chmela

Florian Stellmacher

Lieber Oliver,

Leeuwenhoeks große Kunst bestand ja eben darin, dass er besonders kleine, hoch vergrößernde Linsen schleifen konnte. Wer mit den heutigen Mitteln einmal versucht, so eine Linse herzustellen, kann nur demütig den Hut ziehen. Als Beispiel mag die Arbeit von Chris Kirby dienen: http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=7139.0

Herzliche Grüße,
Florian
Vorwiegende Arbeitsmikroskope:
Zeiss Axioskop 2
Olympus BHS (DL, Pol, Multidiskussionseinrichtung)
Zeiss Axiophot (DIK und AL-Fluoreszenz)
Zeiss Axiovert (Fluoreszenz)
Wild M400 Fotomakroskop (DL, DF, AL, Pol)

ortholux

Zitat von: Gunther Chmela in Februar 16, 2012, 22:34:44 NACHMITTAGS
1/f = (1 - n) (1/r + 1/r')
(n = Brechzahl des Glases, r und r' = Krümmungsradien der Linse)

Daraus folgt zwingend, daß man für hohe Vergrößerungen kleine Krümmungsradien braucht.

Lieber Günter,

warum folgt das daraus? Ich sehe auf der linken Seite der Formel nur die Brennweite. Mikroobjektive bewegen sich im Millimeter-Bereich. Es spricht aber für mein Verständnis nichts dagegen, hohe Vergrößerungen mit größeren Brennweiten und damit verbundenen längeren Arbeitsabständen zu realisieren.

Hier kommt aber der Öffnungswinkel deutlich ins Spiel. Bei längeren Brennweiten müßte die Eintrittspupille und damit indirekt die Frontlinse riesig werden, um die Aperturen von Mikroobjektiven zu erreichen.

Gerne lasse ich mich aber anders belehren.

Gute Nacht
Wolfgang


Lothar Gutjahr

Hi,

ganz vereinfacht kann man natürlich schon sagen, daß die Vergrößerung auch bei größeren Brennweiten machbar ist. Dann kann unten eine 10cm Linse sitzen und wenn der Schornsteinabschluß ein entsprechendes Okular darstellt, haste auch ein Mikroskop. 3 m Ofenrohr dann für mittlere Größen. Bei 160 mm müssen dann die Linsen kleiner werden.

Hast du dein Mikroskop schon gerußt?

Guts Nächtle

Lothar

Oliver S.

Zitat von: Gunther Chmela in Februar 16, 2012, 22:34:44 NACHMITTAGS
Das wird kaum anders gehen, denn der Zusammenhang zwischen Krümmungsradius einer Linse und deren Brennweite ist folgendermaßen definiert.

1/f = (1 - n) (1/r + 1/r')
(n = Brechzahl des Glases, r und r' = Krümmungsradien der Linse)

Daraus folgt zwingend, daß man für hohe Vergrößerungen kleine Krümmungsradien braucht.

Beste Grüße!
Gunther Chmela

Zunächst mal vielen Dank für die Antworten!

Wenn es also für eine angemessene Vergrößerung bei annehmbarer Mikroskoplänge nötig ist, möglichst kleine Krümmungsradien für die Linsen zu wählen, und wenn es gleichzeitig möglich ist, optisch flach wirkende Bilder zu erzeugen, dann sollte es doch eigentlich auch möglich sein, solche Linsensysteme bienenwabenartig zusammenzusetzen und dadurch jedes beliebig große Blickfeld zu ermöglichen... Mal vom Preis abgesehen...
Gruss, Oliver
(gern per "Du" )

ortholux

Lieber Oliver,

die Geometrie Deines Vorschlags kann ich mir im Moment nicht so recht vorstellen. Aber einfacher ist es sicher, die Probe auf einen Scantisch zu legen und das Bild "elektrisch" wieder zusammenzusetzen.

Den umgekehrten Weg geht man, um den Öffnungswinkels von Radioteleskopen zu erhöhen, indem man ein Array von Einzelantennen aufbaut, das den Durchmesser einer fiktiven Riesenantenne hat.

Wolfgang

Werner

Solch riesige Mikroskope gibt es übrigens!

Einige Meter hoch, Abbildung extrem fehlerfrei, also viele große Linsen, Linsengewicht zusammen im Zentnerbereich.
Verwendet werden sie aber umgekehrt, nämlich zum Verkleinern - für die Ätzmasken in der Chipfertigung.
Irgendwo habe ich mal ein Bild gesehen, ist beeindruckend.
Zur Bezahlung muß man warscheinlich ein paar Luxusjachten verkaufen.

Gruß   -   Werner

Oliver S.

#9
Zitat von: ortholux in Februar 17, 2012, 09:29:49 VORMITTAG
Lieber Oliver,

die Geometrie Deines Vorschlags kann ich mir im Moment nicht so recht vorstellen. Aber einfacher ist es sicher, die Probe auf einen Scantisch zu legen und das Bild "elektrisch" wieder zusammenzusetzen.

Den umgekehrten Weg geht man, um den Öffnungswinkels von Radioteleskopen zu erhöhen, indem man ein Array von Einzelantennen aufbaut, das den Durchmesser einer fiktiven Riesenantenne hat.

Wolfgang

Lieber Wolfgang,
allein die Tatsache, dass ich die Eingangsfrage gestellt habe, zeigt ja, dass ich mich mit den physikalischen Grundlagen der Optik nicht gut auskenne. Bei der Geometrie meines Vorschlags dachte ich an Linsensysteme aus 6-eckig geschliffenen Linsen, die man wie ein Facettenauge  eines Insekts zusammensetzt. Ob sowas machbar oder sinnvoll ist, weiß ich natürlich nicht. Vielleicht sollte man mal ein paar Plexiglas-Abdrücke von Insektenaugen gießen und daraus dann ein Mikroskop bauen  ;D
Gruss, Oliver
(gern per "Du" )

Lothar Gutjahr

Lieber Oliver,

da solltest du dir das Insektenauge aber genauer ansehen. Schnapp dir im Frühjahr die nächstbeste Stall-oder Stubenfliege und schau dir das genau an. Ich weiß auch nicht wo das Märchen mit den sechseckigen Wabenaugen herstammt ?

aus meinen ersten Stacking-Versuchen:


Täte mir Leid, wenn ich hier ausgerechnet eine Fliege mit Kontaktlinsen erwischt habe. Aber Mehrfachlinsen sind quadratisch auch denkbar. Man verwendet solche mit n x n Anordnung als flacheren Kondensor in den Lichtwurflampen von älteren Beamern.

Gruß Lothar

Florian Stellmacher

Hallo Lothar,

ZitatIch weiß auch nicht wo das Märchen mit den sechseckigen Wabenaugen herstammt ?

vielleicht trügt aber auch Dein lichtmikroskopisches Bild. Unter dem REM sieht die Sache schon ganz anders aus:


http://agrent.blogfa.com/8708.aspx

Mit Entwicklung des EMs haben Mikroskopiker z.B. auch bezüglich der Strukturen von Diatomeen, die wir von der Lichtmikroskopie her kennen, umdenken müssen - nicht alles, was rund aussieht, ist es auch!  ;)

Herzliche Grüße,
Florian
Vorwiegende Arbeitsmikroskope:
Zeiss Axioskop 2
Olympus BHS (DL, Pol, Multidiskussionseinrichtung)
Zeiss Axiophot (DIK und AL-Fluoreszenz)
Zeiss Axiovert (Fluoreszenz)
Wild M400 Fotomakroskop (DL, DF, AL, Pol)

Lothar Gutjahr

Lieber Florian,

du meinst also, ich soll besser an meinem Leitz Akashi arbeiten, anstatt zu versuchen die Lichtmikroskopie bis an die Grenzen des machbaren treiben zu wollen ?
Ganz bin ich noch nicht überzeugt, daß diese Facetten tatsächlich hexagonal aufgebaut sind. Unter Umständen drücken die sich bei großer Anzahl auch nur so zusammen ? Aber das ist ein interessantes Thema. Ich habe mal geschaut, was es an Bildern gibt und bin dann auf diese REM-Aufnahme gestoßen:

http://www.fotocommunity.de/pc/pc/display/22954499

Da ist meiner Meinung nach der Eindruck des Hexagons schon deutlich geringer. Aber da bleiben wir drann, oder ? Als absoluter Laie bin ich da schon auf die Unterstützung der Fachleute angewiesen. Manchmal verrennt man sich ja auch in so eine spinnerte Idee.

Dann noch einen schönen Tag

Lothar

Oliver S.

Zitat von: Lothar Gutjahr in Februar 17, 2012, 11:53:21 VORMITTAG
Lieber Oliver,

da solltest du dir das Insektenauge aber genauer ansehen. Schnapp dir im Frühjahr die nächstbeste Stall-oder Stubenfliege und schau dir das genau an. Ich weiß auch nicht wo das Märchen mit den sechseckigen Wabenaugen herstammt ?

aus meinen ersten Stacking-Versuchen:


Täte mir Leid, wenn ich hier ausgerechnet eine Fliege mit Kontaktlinsen erwischt habe. Aber Mehrfachlinsen sind quadratisch auch denkbar. Man verwendet solche mit n x n Anordnung als flacheren Kondensor in den Lichtwurflampen von älteren Beamern.

Gruß Lothar

Hallo Lothar und Florian,
so wie es aussieht wählen die Insekten verschiedene Packungsarten für ihre Augenzellen. Während bei Lothasrs Fliege jede Zelle von 8 weiteren koordiniert ist, sind es bei Florian offensichtlich nur 6 Nachbarzellen. Demnach müssten die Augenzellen von Lothars Fliege eigentlich an ihrer Grenze 8-eckig wie ein Stopp-Schild sein, während die von Florian bienenwabenartig aussehen.
Noch interessanter finde ich die Sache mit den 4-eckingen Linsen. Das würde dem Format von Fotos doch eigentlich optimal entgegen kommen.
Gruss, Oliver
(gern per "Du" )

Lothar Gutjahr

Hallo Oliver,

wo siehst du ein Achteck ? Die Aufnahme ist gefährlich, da sie eine Stackverarbeitung auf einer gewölbten Fläche in eine Ebene herabzieht.
Aber im wesentlichen sehe ich da nur zwei resultierende Linien, die dann eher  Quadrate gerechtfertigen. Man sieht oder erahnt in den Ecken noch etwas, was aber nicht direkt zu der individuellen "Linse" gehören muß und noch kein Achteck daraus macht ?

Zu deiner Idee mit den viereckigen Linsen: da änderst du die Abbildungsphysik in keinster Weise. Um dir das besser vorstellen zu können, kannst du ja mal "Omas Vergrößerungsglas" entsprechend abkleben und dir die Projektion des Küchenfensters an der Wand ansehen und dabei das Glas mal verdrehen. Der Vergleich der beiden REM-Aufnahmen zeigt übrigens auf, ersteres besitzt einen hohen Augeninnendruck und das zweite eher umgekehrt. Wagt man ein wenig daran zu denken, daß die Fliege diesen Druck nicht nur beim Schlüpfen zum Sprengen der Puppenkapsel aufbringt, sondern unter Umständen diese gesamte Linsenanordnung nach Bedarf zur Akomodation heranziehen könnte, dann erscheint das mal mehr und mal weniger rund / sechseckig. Ist also schon noch etwas denkbar.

Gruß Lothar