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Blattläuse

Begonnen von HDD, März 15, 2012, 21:01:20 NACHMITTAGS

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HDD

Blattläuse  (Aphidoidea)

Blattläuse wurden bei Funden in Australien schon in die Zeit des Karbon und frühen Perm datiert. Es gibt 3000 bekannte Arten, davon ca.  850 in Mitteleuropa. Von ein und derselben Art gibt es die unterschiedlichsten Erscheinungsformen (Morphen). Die Blattläuse sind in erster Linie Phloemsauger, die nur die Amino-Säuren des gesaugten Saftes verarbeiten. Der Rest wird als ,, Honigtau ,, ausgeschieden und besteht aus kleinen Honig-Kügelchen die fast ausschließlich aus Zucker bestehen.
In diesen Zuckerkügelchen entwickelt sich nach einiger Zeit der Schwarzpilz, der die Blätter der Wirtspflanze angreift und zersetzt. Die Ameisen machen sich gerne über den Honigtau her und hegen und pflegen die Blattläuse. Sie beschützen sie regelrecht damit sie sie melken können.  Bei Nahrungsmangel bekommen die folgenden Blattlausgeneration Flügel.

Dieser Vorgang ist noch nicht ganz aufgeklärt, wird aber vermutlich durch Pheromone gesteuert, bzw. ausgelöst.

Ihre Vermehrung erfolgt durch Ei-Ablage als auch durch gebären von lebenden Jungen.
Bei der Ei-Ablage werden 40 bis 100 Eier gelegt deren Entwicklung je nach Bedingungen 7 bis 14 Tage dauert.
Blattläuse leben nur 3 bis 5 Wochen.

ENTWICKLUNGSREIHENFOLGE:

Ende des Sommers legen die Weibchen grundsätzlich Eier zum Überwintern.
Aus diesen Eiern schlüpfen Ende April nur Weibchen. Diese Weibchen gebären nur lebenden Nachwuchs bei dem männliche als auch weibliche Tiere vorkommen. Das geht über mehrere Generationen den ganzen Sommer über.

Wenn sich die Lebensbedingungen auf einer Pflanze verschlechtern, bekommt die folgende Generation der Blattläuse Flügel. Diese Art wechselt dann die Pflanze. Dieser Vorgang wird bei der Ablage des Honigtaus der letzten Generation durch Pheromone ausgelöst.
Wenn mehrere Tiere feststellen dass der Saft nicht mehr genügend Lebensstoff hergibt, wird beim Absondern des Honig-Kügelchens durch die beiden hinteren Röhren ein entsprechender Duftstoff abgegeben, der den Gattungswechsel zum geflügelten Tier auslöst.

Die geflügelten Blattläuse legen Eier aus denen sich wieder ungeflügelte Männchen und Weibchen entwickeln.
Gegen Ende des Sommers werden nach der letzten Paarung wieder nur geflügelte Tieren geboren, die sich keine safttragenden Pflanzen mehr suchen sondern altes trockenes Holz oder vertrocknete Borkenrinden in denen sie ihre Eier zum überwintern ablegen können.
Somit ist der jährliche Kreislauf wieder geschlossen.

Auslöser für das Verhalten der letzten Generation können folgende Ereignisse sein:

Sonnenscheindauer und Sonnenstand und somit sinkende Temperaturen.
Rückgang des Saftflusses in den Pflanzen.
Änderung des Geruchs in der Luft ( Steuerung über Pheromone )

Die Eier halten Temperaturen von über 20° minus aus dienen aber anderen Insekten im Frühjahr zur Nahrung. Marienkäfer sind besonders auf die Blattlausvertilgung spezialisiert.

Bei meinen Recherchen stieß ich immer nur auf Vernichtungsstrategien dieses invasorisch veranlagten Insektenstammes. Auch ich möchte sie nicht in meinen Pflanzen haben. Es ist aber eine faszinierende Überlebensstrategie und eine Meisterleistung an Anpassung mit denen diese Insekten seit Urzeiten überleben.

Die folgenden Aufnahmen wurden mit der gleichen Methode wie die Fliegenporträts hergestellt. Da die Blattläuse beim saugen relativ still halten, konnten in mehreren Stacks diese Aufnahmen erstellt werden.
Es sind zwischen 7 bis 14 Stacks gemacht worden. DieTiere saßen auf einem Knoblauch-Halm der frisch aus einer Knoblauchzehe getrieben war.

( Vielleicht haben sie deshalb still gehalten)  :D :D  Man achte auf die Form der Augenzellen.

Die von mir gemachten Beobachtungen und Recherchen sind mit Sicherheit nicht vollständig. Ich glaube man könnte Jahre mit der Beobachtung dieser Tiere verbringen um ihre exakten Entwicklungsvorgänge zu entschlüsseln.

Viel Spaß mit den Bildern









HDD


HDD


BergerN

Horst-Dieter,
das sind sehr schöne Bilder.
Ich wühle mich hier oft durch die Beiträge, und komme nicht aus dem Staunen heraus.
Herzlichen Dank für die Erläuterungen und Bilder.

Die Augenform ist tatsächlich bemerkenswert.
Wenn du im Sommer noch Bilder einer geflügelten Blattlaus dazu stellen könntest, bin ich gespannt, ob es da einen Unterschied gibt.
Auch Schnitte dazu, von den Präparierexperten, könnten interessant sein.

Herzlichen Gruß vom Nick

Lothar Gutjahr

Hallo Horst Dieter,

wo hast du diese werbefreien Blattläuse her ? Ich stelle mal ein unscharfes Foto ein, welches den Mißstand aufzeigt. Bei uns laufen die allesamt für "ADIDAS":

NIKON Coolpix P100 Zoom 26 x fach mit Vorsatzlinse. Entfernung ca. 50 cm. Frei Hand.


Lieben Gruß Lothar

Kurt Wirz

Hallo Horst-Dieter
Das sind speziell gelungene Bilder, ich gratuliere!
Vielen Dank auch für die interessanten Erläuterungen.
Bei dieser Vergrösserung sind mir diese Kerle
recht sympathisch.

Gut Stack

Kurt

Bernhard Lebeda

Hallo Horst-Dieter

absolut großartig was Du in letzter Zeit hier zeigst!!

Man kriegt ja langsam Komplexe  :-\


Viele Mikrogrüße

Bernhard
Ich bevorzuge das "DU"

Vorstellung

Klaus Herrmann

Lieber Horst-Dieter,

phantastisch, was man aus den unscheinbaren Tieren an Ästhetik rausholen kann!

Irgendwie wirken sie ganz archaisch - na ja, wenn sie seit dem Karbon existieren- also dem Erdzeitaltertum, dann haben sie eine gute Überlebensstrategie!

Das Auge ist in der Tat interessant mit diesem kleinen Dreieck - wohl der "Rückspiegel"

Toll auch deine Lichtführung, dadurch wirken sie ganz "saftig".

Sind die auch mit dem Mess-Mikroskop gemacht?
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


Vorstellung: hier klicken

Michael Plewka

hallo Horst Dieter,

ich schließe mich der Begeisterung der Vorredner an: sehr schöne Bilder, auch die Fliegen-Porttraits sind klasse!
beste Grüße Michael Plewka

Oliver

Hallo Horst-Dieter,

das sind tolle Fotos. Das möchte ich auch können!
Was ich ganz spannend finde: Auf dem einen Foto, auf dem sich die beiden Blattläuse gegenüber sitzen: Die linke sieht verdächtig danach aus, einen Alien in sich zu tragen. Wenn es die Tiere noch gibt, wäre es total spannend im Laufe der nächsten Tage noch mal Fotos zu machen und zu sehen, ob sich das Tier in eine sog. Mumie verwandelt, dann ist es eindeutig, dann hat nämlich kurz zuvor eine Schlupfwespe ein Ei hineingelegt. Die Schlupfwespenlarve schlüpft im Innern der Blattlaus, frisst die nach und nach von innen aus, wobei sie die lebenswichtigen Organe erst zum Schluss vertilgt.

Am Ende kann das so aussehen:





Die hellen kugelförmigen Gebilde sind die Mumien. Die grünen und die dunklen Tiere sind noch gesunde Läuse.

Ich find das immer wieder faszinierend.

Beste Grüße vom Oliver

HDD

Vielen Dank für Eure Stellungnahmen.

@ Klaus: Die Aufnahmen sind alle mit dem Meßmikroskop gemacht worden.
              Gestackt wurde in den feinsten Schritten, die die Meßtrommel zulässt. Es sind 0,005 mm.
              Objektive waren ein Epiplan 4 und 8.

@ Bernhardt: Ja es ist in der Tat so. Seit ich das Meßmikroskop von Klaus erworben habe ist ein neuer
              Horizont aufgegangen.

@ Michael: Es freut mich immer wieder, wenn ich auch die alten Hasen mit meinen Aufnahmen erfreuen kann.

@ Oliver: Ich kann mit Sicherheit behaupten, dass es sich bei den Farbunterschieden um altersbedingte Haut-
               oberflächen handelt. Der " Läusert " im ersten Bild ist max. 3 Tage alt. Er hat in seinem ganzen Verhalten,
               seine Neugier und seine Gangart und das Anheben und absenken der hinteren Röhren einen Macho-Stil
               an den Tag gelegt, wie es nur ein Platzhirsch kann. Es war köstlich dieses Verhalten zu beobachten.
               Wobei ich nicht einmal weiß ob es ein paarungsbereites Weibchen oder ein Männchen handelt.

               Meine Frau meinte nach einiger Zeit der Beobachtung unterm Stemi: " Das ist der Dorf-Rocker!"

               Das dunkelgrüne Tier ist ein älteres Exemplar gewesen. Wir haben sie über mehrere Tage beobachtet.
               Die Blattläuse wurden unter Zimmerbedingungen an einer ausgetriebenen Knoblauchzehe gezogen.
               Ich hatte in der unmittelbaren Umgebung dieses Blattlausstammes mehrere Venusfliegenfallen stehen.
               Mal sehen ob wir in diesem Jahr unsere Erkenntnisse mit neuen Beobachtungen und Bildern vertiefen können.

Ich bin dankbar für jeden Tipp denn man ist ja nicht immer in der Lage, systematische Langzeitbeobachtungen zu machen.
Insbesondere wenn man noch mit Broterwerb in einer ganz anderen Fachrichtung beschäftigt ist. ;)

Danke an Alle für Ihre Stellungnahmen und Herzliche Grüße

Horst-Dieter

liftboy

Hallo Horst-Dieter,
Hut ab!
Gruß
Wolfgang
http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=785.msg3654#msg3654
LOMO-Service
Das Erstaunen bleibt unverändert- nur unser Mut wächst, das Erstaunliche zu verstehen.
Niels Bohr

Klaus Herrmann

Lieber Horst-Dieter,

ZitatDie Aufnahmen sind alle mit dem Meßmikroskop gemacht worden.
              Gestackt wurde in den feinsten Schritten, die die Meßtrommel zulässt. Es sind 0,005 mm.
              Objektive waren ein Epiplan 4 und 8.

Der schönste Konzertflügel taugt nichts, wenn man nicht meisterhaft spielen kann - umgekehrt hätte Alfred Brendel auf einem verstimmten Schifferklavier die Beethoven Sonaten nie so traumhaft schön eingespielt.

Zur Meisterschaft gehört halt beides: gutes Material und einer ders gelernt hat es optimal zu nutzen!

Ich finde toll, wie du dich beharrlich immer weiter verbessert hast. Das Messmikroskop ist ja eigentlich nur eine sehr präzise und stabile Hebebühne für Objektiv plus Kamera.

Kannst du mal die Adaption deiner Canon ans Mikroskop beschreiben?
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


Vorstellung: hier klicken

HDD




Hallo Klaus

Ich habe, so photobucket es will, ein paar Bilder des Messmikroskops mit der Kamera-Adaption eingestellt.

Es ist der Trino, den ich auch auf dem Standard verwende, mit dem Kamera-Anschluss von Dir.
In dem silbernen Adapter befindet sich ein KPL 10x/ 20 Brille der das Bild auf den Chip projiziert

HDD



Hier ist die Messtrommel des Feintriebes zu sehen. Die Teilung beträg 0,001 mm.