Parasiten begeißelter Grünalgen

Begonnen von Bernd, Februar 09, 2009, 20:32:40 NACHMITTAGS

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Bernd

Liebe Forums-Leser,

einer meiner Lieblingsteiche ist seit einigen Wochen von einer dicken Eisschicht bedeckt. Vorige Woche war das Wetter etwas wärmer. Dadurch war das Eis an einer Stelle am Rand etwas angetaut, so daß ein wenige Zentimeter breiter Zugang zum Wasser eine Probenentnahme ermöglichte. Die in der Probe in großer Zahl vorhandenen begeißelten Grünalgen (wahrscheinlich Chlamydomonas sp.) waren zu einem großen Teil von einem oder mehreren Parasiten befallen. Bei diesen pilzlichen Parasiten handelt es sich vermutlich Phycomyceten aus der Reihe Chytridiales.

Das erste Foto zeigt Zoosporangien (A – C) und eine Dauerspore (D). Die Größe der Grünalgen beträgt ca. 25 µm.



Das zweite Foto zeigt verschiedene Zoosporangien auf einer Algenzelle, auf zwei verschiedene Ebenen fokussiert.



In Bild 3 ist ein Zoosporangium mit Rhizoidenbüschel (Pfeil) zu sehen.



Im Bild 4 sind zwei Zoosporangien und die zugehörigen Rhizoide (Pfeile) zu sehen.



Bild 5 zeigt eine Dauerspore auf der leeren Hülle einer begeißelten Grünalge.


(Canon Powershot G5, Zeiss Axioskop, Hellfeldbeleuchtung)

Sollten Pilzexperten näheres über die gezeigten Organismen wissen, wäre ich für jeden Hinweis dankbar.


Viele Grüße,

Bernd

Ernst Hippe

Hallo Bernd,

nachdem sich bisher kein Experte gemeldet hat, will ich (als Nichtexperte) etwas anmerken. Ich habe mal bei Sparrow, Aquatic Phycomycetes (1100 Seiten!) gesucht. Die Chytridiales sind eine riesige Gruppe. Als Parasiten bei Chlamydomonas werden 16 Arten verschiedener Gruppen genannt, darunter mehrmals - und nach einigen Abbildungen für diesen Fall denkbar- die Gattung Rhizophydium. Von der gibt es aber über 100 Arten, und man kann vor allem wegen der rundlichen Form und den "Wurzeln" nur vage Vermutungen anstellen. Offenbar müßte man auch den ganzen Entwicklungszyklus sehen können, um weiter zu kommen. Also ein arg weites Feld...
Aber es ist jedenfalls sehr interessant, mal so etwas zu Gesicht zu bekommen!
Gruß Ernst Hippe
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volkera

Hallo,

sehr spannende Bilder...

mich irritiert nur der Name "Zoosporangien"...

Zoo ... verbinde ich eher mit Tieren und hier handelt es sich ja um Pilze ...


Oder hat das hier eine andere Bedeutung?

Gruß, Volker

Jürgen Boschert

Hallo,

hier müssen wir erst mit dem Begriff Zoospore beginnen; das sind die beweglichen a_s_e_xuellen (entschuldigung, hier wollte die Zensur zuschlagen, daher die merkwürdige Schreibweise) Vermehrungsstufen, wie sie bei Algen und Pilzen vorkommen können und der Verbreitung dienen. Wenn die Zoospore eine geeignete Umgebung vorfindet wird / (werden) die zur Bewegung benötigte(n) Geißel(n) abgeworfen und die Spore keimt aus. Letztlich abgeleitet von Zoon = Lebewesen (worunter in archaischen Zeiten nur bewegliche Wesen verstanden wurden). Leider habe ich kein etymologische Wörterbuch um die Herkunft von Spore heruaszufinden. Sporen enthalten einen vollständigen Chromosomensatz, was sie von Gameten abgrenzt, die ja haploid sind.

Sporangien sind nun Entwicklungsstufen, in denen die Spore(n) gebildet wird / (werden). Etymologisch ist hier Angium = Gefäß, Behältnis eingeflossen. Zoosporangien sind also Gebilde, in denen Zoosporen entstehen.

Ich hoffe, das hilft ein wenig.

Gruß !

JB
Beste Grüße !

JB

Bernhard Kaiser

#4
Hallo Volkera,

"Zoo ... verbinde ich eher mit Tieren und hier handelt es sich ja um Pilze ...",

nachdem von Herrn Boschert die Zoospore erklärt wurde, möchte ich den verbreiteten Irrtum, daß Pilze zu den Pflanzen gehören, zurechtrücken. Pilze wurden früher aufgrund ihrer Unbeweglichkeit dem Pflanzenreich zugeordnet.

Pilze ernähren sich hingegen rein heterotroph d.h. sie sind ausschließlich auf bereits vorgebildete organische Nahrung (Pflanzen oder Tiere und natürlich auch Pilze) angewiesen.Damit stehen sie den Tieren am nächsten.
Pflanzen wiederum  bauen ihren Körper autotroph auf. Sie sind in der Lage nur durch Assimilation mithilfe des Sonnenlichtes Zuckerstoffe, Stärke und Zellulose herzustellen.

Heute werden die Lebewesen in 3 Reiche eingeteilt. Pflanzenreich, Tierreich und Pilzreich.

Mit freundlichen Grüßen
Bernhard Kaiser


Ernst Hippe

Hallo,

zur Ergänzung:
Spore kommt vom griechisch sporos oder spora = Same, Saat. Vgl. Werner, Wortelemente Lat.-griech. Fachausdrücke in den biologischen Wissenschaften, Leipzig 1961.
Gruß Ernst Hippe
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Detlef Kramer

Hallo Herr Kaiser,

Sie schreiben:
ZitatHeute werden die Lebewesen in 3 Reiche eingeteilt. Pflanzenreich, Tierreich und Pilzreich.
. Das stimmt so natürlich allenfalls für die Eukarioten, also die Organismen mit Zellkern. Daneben gibt es aber noch die Prokarioten, die man heute in Archae und Eubacteria unterteilt. Und dann ist noch die Frage offen, ob die Myxomyceten überhaupt zu den Pilzen gezählt werden dürfen oder aber ein eigenes Reich bilden, bzw. vielleicht sogar zwei, nämlich die echten und die unechten Schleimpilze.

Alles ganz schön komplex!

Herzliche Grüße

Detlef Kramer
Dr. Detlef Kramer, gerne per DU

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Bernhard Kaiser

#7
Guten Morgen Herr Kramer,

natürlich meinte ich in diesem Zusammenhang die Eukaryonten. Die Prokaryonten habe ich gar nicht angesprochen, um die Sache nicht zu komplizieren. Insofern war meine Aussage nicht ganz korrekt. Bitte um Entschuldigung.

Bei Pilzexkursionen der Naturhistorischen Ges. Nürnberg, an denen ich öfter teilnehme, stelle ich immer wieder fest, daß die Leute die Fakten gar nicht kennen und die Pilze immer den Pflanzen zurechnen.Wenn überhaupt. Die Mehrzahl interessieren sich ohnehin nur dafür "kann man den essen".

Die Schleimpilze gehören meiner Meinung nach auch nicht zu den Pilzen. Aber bis diese Wunderwesen in der Wissenschaft ihren endgültigen, anerkannten Platz gefunden haben, werden wir wahrscheinlich beide nicht mehr erleben.

Herzliche Grüße und einen schönen Tag wünscht
Bernhard Kaiser